TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/31 I409 2118474-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.01.2020
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Entscheidungsdatum

31.01.2020

Norm

AVG §19
AVG §19 Abs1
AVG §19 Abs2
BFA-VG §34 Abs2
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §17
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I409 2118474-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Florian Schiffkorn als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, Staatsangehörigkeit Nigeria alias Liberia, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 8. Oktober 2018, Zl. 1 031 461 602 - 151848701, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 8. Oktober 2018 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß "§ 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz" auf, am 19. Oktober 2018 um 09:00 Uhr "als Beteiligter persönlich" zum Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX, zu kommen und näher bezeichnete Dokumente mitzubringen. Als Gegenstand der Amtshandlung wurde angegeben: "Identitätsfeststellung". Für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes wurde überdies seine Festnahme gemäß "§ 34 Absatz 2 Ziffer 1 BFA-Verfahrensgesetz" angedroht (Spruchpunkt I). Darüber hinaus wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß "§ 13 Absatz 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, idgF" ausgeschlossen (Spruchpunkt II).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 23. Oktober 2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Im Wesentlichen bringt er darin vor, dass er am 24. Juli 2018 einen Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt habe, da er an Aids erkrankt sei und eine Behandlung in Nigeria für ihn nicht finanzierbar wäre. Die belangte Behörde habe zwar mit Bescheid vom 30. August 2018 seinen faktischen Abschiebeschutz aufgehoben, jedoch sei diese Entscheidung noch nicht vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden. Darüber hinaus sei seine Abschiebung nach Nigeria aufgrund seiner Erkrankung ohnedies aus Gründen des Art 3 MRK unzulässig, sodass seine Identitätsfeststellung aufgrund der Unmöglichkeit seiner Abschiebung nicht notwendig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Entscheidung über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid

A) 1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer verwendete gegenüber der belangten Behörde eine Aliasidentität und behauptete in Liberia geboren und in Südafrika aufgewachsen zu sein; außerdem legte er eine Geburtsurkunde vor, die sich als Totalfälschung erwies. Tatsächlich ist der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsbürger.

Feststellungen zu seiner Identität - vor allem zu seinem Namen und seinem Geburtsdatum - können nicht getroffen werden.

Der Beschwerdeführer stellte am 16. September 2014 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich; nach der rechtskräftigen Abweisung dieses Antrages mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29. Mai 2018 und der gleichzeitigen Erlassung einer Rückkehrentscheidung kam er seiner Verpflichtung zur Ausreise bis dato nicht nach.

Am 24. Juli 2018 stellte der Beschwerdeführer einen Folgeantrag auf internationalen Schutz, den er mit seiner am 2. Dezember 2016 diagnostizierten HIV-Infektion begründete.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. August 2018 wurde der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers aufgehoben, wobei die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 8. Jänner 2019 für nicht rechtswidrig erklärt wurde.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 2019 wurde der Folgeantrag des Beschwerdeführers wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und eine neuerliche Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen.

Mit Erkenntnis vom heutigen Tage wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 24. Juli 2019 als unbegründet ab.

A) 2. Beweiswürdigung

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz sowie in das Zentrale Melderegister Beweis erhoben.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nigerianischer Staatsangehöriger ist, beruht dem Gutachten des linguistischen Sachverständigen Dr. XXXX, dem zufolge er im Süden Nigerias hauptsozialisiert wurde; da er selbst bestreitet, jemals in Nigeria gewesen zu sein, ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch nigerianischer Staatsbürger ist.

A) 3. Rechtliche Beurteilung

A) 3.1. Zur anzuwendenden Rechtslage:

1. § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2018, lautet:

"Ladungen

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handeln zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung."

2. § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 lautet:

"Aufschiebende Wirkung

§ 13. (1) Eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat aufschiebende Wirkung.

(2) Die Behörde kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen."

A) 3.2. Zur Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides:

A) 3.2.1. Zur Ladung des Beschwerdeführers (Spruchpunkt I der angefochtenen Entscheidung):

1. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgeführt, dass Ladungen eines Fremden zum Zweck einer Befragung durch Vertreter des Herkunftsstaates zulässig sind, wenn die weiteren Voraussetzungen des dafür als Rechtsgrundlage allein in Frage kommenden § 19 AVG erfüllt sind (vgl. näher etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. Juni 2013, 2012/21/0121, mwN).

2. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegen die Voraussetzungen an einen Bescheid iSd § 19 AVG vor:

2.1. Im angefochtenen Bescheid werden der Ort und die Zeit sowie der Gegenstand der Amtshandlung bezeichnet; weiters wird angegeben, in welcher Eigenschaft der Beschwerdeführer geladen wird, dass er persönlich zu erscheinen hat und welche Rechtsfolgen an ein unentschuldigtes Fernbleiben geknüpft sind.

Insoweit entspricht der angefochtene Bescheid den Inhaltserfordernissen des § 19 Abs. 2 AVG.

2.2. Nach Maßgabe des § 19 Abs. 1 AVG ist überdies zu prüfen, ob der Beschwerdeführer im Amtsbereich der belangten Behörde seinen Aufenthalt hat und ob sein Erscheinen nötig ist:

Der Beschwerdeführer hat seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, sodass die Voraussetzung des Aufenthaltes im Amtsbereich der belangten Behörde erfüllt ist.

Angesichts der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung und seiner evidenten Weigerung, freiwillig das Bundesgebiet zu verlassen, erachtete die belangte Behörde auch sein persönliches Erscheinen zur Regelung der Angelegenheit seiner Ausreise in Anwesenheit eines Behördenvertreters zu Recht für erforderlich (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Februar 2014, 2013/21/0227).

3. Aus dem Gesagten war die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I als unbegründet abzuweisen.

A) 3.2.2. Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt II der angefochtenen Entscheidung):

Mit Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid ausgeschlossen, weil "nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der

vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides ... wegen Gefahr im

Verzug dringend geboten ist".

Nach den die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung regelnden Bestimmungen des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auch auf Sachverhaltsänderungen nach Erlassung des Bescheides Bedacht zu nehmen und seine Entscheidung an Hand der im Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu treffen (vgl. dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. April 2019, Ro 2018/20/0013, mwN).

Die Voraussetzung des § 13 Abs. 2 VwGVG ist im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt, weil der Beschwerdeführer nicht ausreisewillig ist und auch nach dem negativen Abschluss seines ersten Asylverfahrens und nach der Erlassung einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung den gegen ihn den Ausreisebefehl nicht befolgte, unrechtmäßig im Bundesgebiet verblieb und einen offenkundig unzulässigen Folgeantrag stellte.

Dazu kommt, dass er gegenüber der belangten Behörde eine Aliasidentität verwendete und seine nigerianische Herkunft verschleierte. Außerdem legte er eine totalgefälschte Geburtsurkunde vor.

Die Vorbereitung seiner Außerlandesbringung ist also auch zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens unverzüglich erforderlich.

Es lag für die belangte Behörde somit - vor dem Hintergrund der unter A) 1. getroffenen Feststellungen - auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung vom Ausschluss der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen, sodass die Beschwerde auch hinsichtlich Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, aufschiebende Wirkung - Entfall,
Identitätsfeststellung, Ladungen, Ladungsbescheid, Rechtskraft der
Entscheidung, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I409.2118474.3.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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