TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/10 G311 2218253-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.03.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.03.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3

Spruch

G311 2218253-1/13E

Schriftliche Ausfertigung des am 04.07.2019 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, geboren amXXXX, Staatsangehörigkeit: Bundesrepublik Deutschland, vertreten Rechtsanwalt Dr. Karl SCHÖN, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019, Zahl XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.07.2019, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf drei (3) Jahre herabgesetzt und ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gemäß § 70 Abs. 3 FPG erteilt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2019 wurde über den sich im Stande der Strafhaft befindenden Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von sieben Jahren verhängt (Spruchpunkt I.). Dem Beschwerdeführer wurde weiters gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Brandstiftung und Betruges verwiesen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seines bevollmächtigten Rechtsvertreters vom 11.04.2019, beim Bundesamt am selben Tag per E-Mail einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge in Stattgebung der Beschwerde den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass gegen den Beschwerdeführer kein Aufenthaltsverbot erlassen wird; in eventu den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und infolge Rechtswidrigkeit des Inhaltes beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und die Rechtssache an das Bundesamt zurückverweisen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass vom Beschwerdeführer keine aktuelle und gegenwärtige Gefahr ausgehe. Er habe ein einmaliges Fehlverhalten gesetzt, dass ihm sehr leid tue. Es werde nie wieder vorkommen. Eine einmalige Straftat bei sonstigem Wohlverhalten seit seiner Einreise am 03.04.2009, regelmäßiger Erwerbstätigkeit, seiner hier lebenden Familie mit drei kleinen Kindern und Integration spreche keinesfalls für den Fortbestand einer Gefährdungsprognose. Das Bundesamt habe eine rechtlich unrichtige Abwägung zwischen den öffentlichen Interessen und den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers vorgenommen. Er halte sich seit 03.04.2009 in Österreich auf, habe 2014 eine österreichische Staatsangehörige geheiratet und habe mit dieser drei gemeinsame Kinder (geboren 2013, 2015 und 2017). Die Ehe sei 2018 geschieden worden, jedoch hätten die Ehegattin und er wenige Monate danach wieder zueinander gefunden und hätten bereits vor Haftantritt des Beschwerdeführers neuerlich eine Beziehung bei räumlicher Trennung geführt. In dieser Zeit habe er seine Kinder regelmäßig etwa drei bis vier Mal wöchentlich gesehen und auch teilweise mit ihnen übernachtet. Er habe ein sehr gutes Verhältnis zu seinen Kindern und benötige auch seine Ex-Frau/Freundin die Unterstützung des Beschwerdeführers bei der Pflege und Erziehung der Kinder. Er nehme seine Vaterrolle ernst und wolle am Leben seiner Kinder teilhaben. Er würde bald aus der Haft entlassen und wolle wieder bei der Ex-Frau/Freundin und den Kindern einziehen. Sein Lebensmittelpunkt und sein Familienleben würden sich in Österreich befinden. Er habe auch einen Arbeitsplatz in Aussicht. Es läge somit ein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich vor. Im Falle der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes wäre es für die Ex-Frau/Freundin und die Kinder unzumutbar, nach Deutschland zu ziehen. Die beiden älteren Kinder würden bereits den Kindergarten besuchen und so aus der gewohnten Umgebung herausgerissen, zumal die gesamte Familie der Ex-Frau/Freundin in Österreich lebe und der Beschwerdeführer zu seiner Familie in Deutschland seit Jahren keinen Kontakt habe. Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich würden die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sei daher unzulässig und damit auch die Versagung des Durchsetzungsaufschubes. Dennoch werde beantragt, dem Beschwerdeführer einen Durchsetzungsaufschub im höchstzulässigen Ausmaß einzuräumen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Einvernahme der Ex-Frau/Freundin und des Schwagers werde beantragt. Das Bundesamt habe zum Familienleben des Beschwerdeführers keine Ermittlungsschritte gesetzt.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten am 06.05.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Das Bundesamt nahm zur Beschwerde Stellung und führte zusammengefasst aus, dass es lediglich glücklichen Umständen zu verdanken sei, dass bei der vom Beschwerdeführer verursachten Feuersbrunst keine anderen Personen verletzt oder sonst zu Schaden gekommen seien. Aufgrund des konkreten Sachverhalts gehe vom Beschwerdeführer aus Sicht der Behörde eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit aus. Das Aufenthaltsverbot werde als notwendig erachtet, um einen "Wertewandel" herbeizuführen. In Anbetracht der beschriebenen Umstände sei aus Sicht des Bundesamtes weiters auch die sofortige Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, sodass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen gewesen sei. Das bestehende Privat- und Familienleben in Österreich habe der Beschwerdeführer durch seine Straftat bewusst aufs Spiel gesetzt. Bei den vom Beschwerdeführer begangenen Delikten handle es sich um keine "Kavaliersdelikte". Es werde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.05.2019, G311 2218253-1/3Z, wurde der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Der Beschwerdeführer wurde am 06.06.2019 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren aus der Strafhaft entlassen. Darüber hinaus wurde die Bewährungshilfe angeordnet.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.07.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und ein Substitut seines bevollmächtigten Rechtsvertreters teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme an der Verhandlung. Darüber hinaus wurde die Ex-Frau des Beschwerdeführers als Zeugin einvernommen.

Auf Befragen gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, in Deutschland geboren zu sein und dort die Grundschule besucht zu haben. 1997 sei er in die Türkei gezogen, wo er bis 2009 gelebt habe. Mit der Absicht, ein in der Türkei begonnenes Wirtschaftsstudium Studium abzuschließen, sei er 2009 nach Österreich gereist. Das Studium habe er aber nicht beendet. Sein Bruder habe bereits zuvor in Österreich gelebt. Er habe in Österreich gearbeitet und sich zwischenzeitlich auch zwischen 01.04.2014 und 08.10.2015 in Deutschland aufgehalten, um eine Ausbildung zum Schweißer zu absolvieren. Mit seiner Ex-Frau, einer österreichischen Staatsangehörigen, habe er drei gemeinsame Kinder, ebenfalls österreichische Staatsangehörige. Die beiden älteren Kinder (sechs und vier Jahre alt) würden den Kindergarten besuchen. Im Herbst komme das älteste Kind in die Schule. Die Ex-Frau sei derzeit noch in Karenz, beabsichtige dann aber wieder eine Beschäftigung aufzunehmen. Der Beschwerdeführer arbeite derzeit noch geringfügig, ab nächsten Monat in Vollzeit. Sein Lebensmittelpunkt, insbesondere sein Familienleben, befinde sich in Österreich. In Deutschland habe er keine Kontakte und keine Familie mehr. Die Kinder würden ihn täglich sehen wollen, er hole sie vom Kindergarten ab. Zur von ihm verübten Straftat gab der Beschwerdeführer auf Befragen an, dass das Geschäft einem Freund gehört habe. Es tue ihm sehr leid, es sei alles schiefgelaufen. An derartige Konsequenzen habe er nicht gedacht und er wisse, dass er einen großen Fehler gemacht habe und er selbst auch dabei hätte sterben können.

Die als Zeugin einvernommene Ex-Frau des Beschwerdeführers gab im Wesentlichen an, sie sei in der Türkei geboren, lebe aber seit ihrem vierten Lebensjahr in Österreich und sei österreichische Staatsangehörige. Sie habe mit dem Beschwerdeführer drei Kinder und sei derzeit bis Dezember 2019 in Karenz. Sie seien zwar offiziell geschieden, hätten sich aber zwei bis drei Monate nach der Scheidung wieder versöhnt und sich wieder angenähert. Der Beschwerdeführer sei derzeit bei ihrem Bruder (seinem Schwager) gemeldet, da die Zeugin bald in eine andere Wohnung umziehen müsse. Sie betrachte den Beschwerdeführer nach wie vor als ihren Ehemann. Er komme täglich und übernachte auch dort, sodass die Zeugin auch einmal abends weggehen könne und er auf die Kinder aufpasse. Im Zuge der vom Beschwerdeführer verübten Straftat sei er selbst schwer verletzt und auf der Intensivstation behandelt worden. Er habe die Zeit in der Haft zum Nachdenken genützt und viel gelernt. Sie brauche ihn zur Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Für den Fall der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes müsse sie ihn mit den Kindern begleiten. Das gesamte soziale Umfeld (auch der Kinder) befinde sich aber in Österreich. Es sei geplant, neuerlich zusammen zu ziehen.

Nach Schluss des Beweisverfahrens und der mündlichen Verhandlung wurde die gegenständliche Entscheidung samt den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet und die Rechtsmittelbelehrung erteilt.

Mit Schriftsatz des Rechtsvertreters vom 18.07.2019 wurde die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX2018, Zahl XXXX, rechtskräftig am XXXX.2018, erging über den Beschwerdeführer (V.A.) und zwei Mittäter folgender Schuldspruch:

"V.A., A.A. und A.A. sind schuldig, sie haben in W.

I./ V.A. am XXXX2017

A./ versucht (§ 15 StGB), an einer fremden beweglichen Sache ohne Einwilligung des Eigentümers, nämlich an dem zu 28/32 Anteilen im Eigentum der I.R. GmbH und zu 4/32 Anteilen im Eigentum von A.O. stehenden Geschäftslokal [....] sowie den umliegenden Wohnungen, eine Feuersbrunst zu verursachen, indem er an zumindest zwei voneinander unabhängigen Stellen im Geschäftslokal Brandbeschleuniger anbrachte, der aus nicht mehr feststellbaren Gründen in Brand geriet, wobei es beim Versuch blieb, weil sich das Brandgeschehen aufgrund des Mangels an Sauerstoff nicht auf die umliegenden Räumlichkeiten und Wohnungen ausbreitete und der Brand letztlich von der Feuerwehr gelöscht werden konnte;

B./ zur Ausführung der von A.A. begangenen, unter Punkt IV./ genannten Tathandlung dadurch beigetragen, dass er in Kenntnis des Motives, ungerechtfertigt Versicherungsleistungen in Anspruch zu nehmen, dass in [...] etablierte Geschäftslokal in Brand setzte;

II./ A.A. und A.A. zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 2017 V.A. durch die Aufforderung, das Geschäftslokal an der Adresse [...] in Brand zu setzen, zu der in Punkt I./ genannten Tathandlung bestimmt;

[...]

IV./ A.A. am XXXX2017 mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Angestellte der Z. Versicherungs-AG durch Verschweigen der gewollten Inbrandsetzung in der Schadensmeldung, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, nämlich zur Gewährung von Versicherungsleistungen zu verleiten versucht (§ 15 StGB), wodurch Verfügungsberechtigte der Z. Versicherungs-AG in einem nicht mehr feststellbaren, jedoch EUR 5.000,-- übersteigenden Betrag am Vermögen geschädigt werden sollten, wobei es beim Versuch blieb, da die Z. Versicherungs-AG bislang keine Auszahlung leistete.

Es haben hiedurch

V.A.

zu I./A./ das Verbrechen der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs. 1 StGB;

zu I./B./ das Vergehen des schweren Betruges als Beteiligter nach §§ 12 dritter Fall, 15, 146, 147 Abs. 2 StGB;

[...]

begangen und werden hiefür jeweils unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach dem § 169 Abs 1 StGB wie folgt verurteilt, und zwar

V.A.

Freiheitsstrafe von 24 (vierundzwanzig) Monaten

[...]

Gemäß § 389 Abs 1 StPO werden alle drei Angeklagten zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Gemäß § 43a Abs 3 StGB wird bei V.A. ein Teil der verhängten Freiheitsstrafe im Ausmaß von 16 (sechzehn) Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

[...]

Die Privatbeteiligte Z. Versicherungs-AG wird mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen."

In den Entscheidungsgründen führte das Landesgericht für Strafsachen zusammengefasst aus, dass der Beschwerdeführer (der Erstangeklagte) deutscher Staatsangehöriger, verheiratet und ohne Beschäftigung sei. Er erhalte monatlich EUR 1.200,00 aus der Sozialversicherung, habe kein Vermögen, keine finanziellen Verpflichtungen und sei sorgepflichtig für drei Kinder. Der Drittangeklagte (ein türkischer Staatsangehöriger) habe im November 2015 in W. ein Geschäftslokal gemietet, das erst als Cocktailbar fungierte, sich jedoch nicht rentierte und zu Schulden beim Drittangeklagten in Höhe von etwa EUR 5.000,00 geführt habe. Danach habe er das Geschäftslokal in ein Imbisslokal um etwa EUR 80.000,00 umgebaut. Der Umbau sei im April 2017 fertiggestellt worden. Der Zweit- und Drittangeklagte sowie deren Vater hätten den Imbiss betrieben. Der Beschwerdeführer, der mit dem Zweitangeklagten seit Jahren befreundet sei, sei in weiterer Folge als Hilfskraft im Imbiss geringfügig beschäftigt worden. Das Lokal sei vom Drittbeschwerdeführer bei der Z. Versicherung AG betriebsversichert worden, davon mit einem Betrag von EUR 150.000,00 für Brandschäden. Das Lokal habe wegen der geringen Umsätze im August 2018 geschlossen werden müssen. Der Zweit- und Drittangeklagte hätten den Beschluss gefasst, das Lokal in Brand zu stecken und die Versicherungsleistung zu lukrieren. Da sie als Begünstigte im Versicherungsfall jedoch zu den Hauptverdächtigen zählen würden, hätten sie den Erstbeschwerdeführer mit der Brandstiftung beauftragt. Der Zweitangeklagte hätte sich dazu bereits Ende Juli 2018 im Internet mittels seines Mobiltelefons informiert ("Brand durch Fritteuse"; "Brand durch Zigarette zahlt Versicherung"; "Wie entsteht ein Fettbrand"). Am 20.08.2018 hätten sich der Beschwerdeführer und der Zweitangeklagte sich nach mehrmaligem telefonischem Kontakt gegen 23:00 Uhr in W. getroffen. Danach sei der Beschwerdeführer gegen 00:26 Uhr zum Lokal gefahren, habe die Eingangstüre aufgesperrt und mitgebrachtes Benzin zunächst in der Küche neben leeren Getränkekisten und in weiterer Folge in einer Ecke des Gastraumes nahe der Sitzbank ausgegossen. Aus bislang ungeklärter Ursache, vermutlich aber durch einen Initialfunken, sei der Brandbeschleuniger entzündet worden, als der Beschwerdeführer damit im Gastraum hantiert habe. Er habe dadurch schwere Brandverletzungen im Ausmaß von 15 % der Körperoberfläche, nämlich an den Händen, den Armen, im Gesicht, den Oberschenkeln und im Hüftbereich erlitten. Er sei aus dem Lokal geflüchtet und habe die Türe hinter sich zugezogen, den Schlüssel jedoch stecken gelassen. Der Beschwerdeführer sei auf nicht mehr feststellbare Weise zum Wohnhaus seiner Ehegattin gelangt, von welcher er zu diesem Zeitpunkt getrennt gelebt habe. Er habe erst eine ärztliche Behandlung verweigert. Erst der Zweitangeklagte habe in ins Krankenhaus bringen können, wo die Verbrennungsintensivstation die Polizei verständigt hätte. Bis zum Eintreffen der Polizei und der Feuerwehr beim Geschäftslokal sei der Brand etwa vier Stunden unbemerkt geblieben und auf das Innere des vollständig vom Brand betroffenen Lokals wegen des herrschenden Sauerstoffmangels begrenzt geblieben. Da sich im Gastraum brennbare Stoffe, in der Küche darüber hinaus der ausgebrachte Brandbeschleuniger und auch der Gaszähler befunden hätten und der Brand nur mit massiven Löschmitteln und Atemschutz durch die Feuerwehr gelöscht habe werden können, sei die Gefahr einer weiteren Brandausbreitung konkret gegeben gewesen. Der durch den Brand am Inventar des Lokals verursachte Schaden belaufe sich etwa auf EUR 30.000,--, jener am Gebäude selbst auf EUR 44.453,--. Der Drittangeklagte habe das Brandgeschehen seinem Versicherungsmakler gemeldet und eine Schadensmeldung verfasst, die sein Vater unterschrieben habe. Die Versicherung habe eine Auszahlung der Schadenssumme bis dato abgelehnt. Der Begriff Feuersbrunst werde rechtlich als räumlich ausgedehnter Brand umschrieben, der mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr unter Kontrolle zu bringen sei. Es werde dazu auf die räumliche Ausdehnung und die Unbeherrschbarkeit sowie die Gemeingefährlichkeit des Feuers abgestellt. Bei Eintreffen der Feuerwehr sei das Lokal in Vollbrand gestanden, wobei die Brandausbreitung auf die darüber liegenden Wohnungen durch die Feuerwehr habe verhindert werden können. Aufgrund des Löscheinsatzes sei es zwar nicht zu einer weiteren räumlichen Ausdehnung gekommen und damit nicht zum Eintritt einer "Feuersbrunst", jedoch sei der Vorsatz der Angeklagten darauf gerichtet gewesen, sodass der Tatbestand der versuchten Brandstiftung erfüllt sei. Mangels Eintritts eines Vermögensschadens bei der Versicherung liege gegenständlich ein versuchter Betrug vor.

Bei der Strafzumessung sei gemäß § 169 Abs. 1 StGB von einem Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren auszugehen gewesen. Beim Beschwerdeführer sei als mildernd das Geständnis, der bisher ordentliche Lebenswandel, dass es beim Versuch geblieben sei und, dass er bei der Tat selbst schwer verletzt worden sei, hingegen als erschwerend das Zusammentreffen von einem Verbrechen und einem Vergehen zu werten gewesen. Aus Sicht des Senats des Straflandesgerichtes seien die Bestimmungstäter strenger zu bestrafen gewesen als der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter, welcher das volle - im konkreten Fall auch schlagend gewordene - Risiko getragen habe, jedoch nicht den vollen wirtschaftlichen Vorteil erlangt hätte. Gerade bei massiven Verbrechen wie jenem der Brandstiftung seien auch aus generalpräventiven Erwägungen empfindliche Strafen zu verhängen, zumal derartige Delikte ein massives Unsicherheitsgefühl in der Bevölkerung und drastische Folgen für die Psyche der Opfer auszulösen geeignet seien. Aufgrund der Tatsache, dass die Angeklagten erstmals straffällig geworden und sozial integriert seien, habe mit einer teilbedingten Strafnachsicht das Auslangen gefunden werden können. Der Senat gehe davon aus, dass eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehe, dass die Angeklagten keine weiteren strafbaren Handlungen begehen würden.

Aufgrund des zitierten strafgerichtlichen Urteiles wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die im genannten Urteil festgestellten strafbaren Handlungen begangen und er das umschriebene Verhalten gesetzt hat.

Der Beschwerdeführer trat seine Haftstrafe am 27.12.2018 selbstständig an und wurde am 06.06.2019 bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren und unter Anordnung der Bewährungshilfe aus der Strafhaft entlassen (vgl aktenkundige Vollzugsinformation, etwa AS 57; Strafregisterauszug vom 03.05.2019; Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.07.2019).

Der Beschwerdeführer weist laut Zentralem Melderegister nachfolgende Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 04.07.2019):

-

03.04.2009-25.06.2010 Hauptwohnsitz

-

25.06.2010-18.08.2010 Hauptwohnsitz

-

18.08.2010-06.12.2010 Hauptwohnsitz

-

06.12.2010-11.07.2012 Hauptwohnsitz

-

11.07.2012-23.04.2013 Hauptwohnsitz

-

23.04.2013-31.03.2014 Hauptwohnsitz

-

01.04.2014-07.10.2015 keine Meldung im Bundesgebiet

-

08.10.2015-09.11.2015 Hauptwohnsitz

-

10.11.2015-31.01.2016 keine Meldung im Bundesgebiet

-

01.02.2016-06.06.2016 Hauptwohnsitz

-

06.06.2016-07.10.2016 Hauptwohnsitz

-

07.10.2016-20.12.2016 Hauptwohnsitz

-

21.12.2016-08.01.2017 keine Meldung im Bundesgebiet

-

09.01.2017-02.02.2018 Nebenwohnsitz

-

03.02.2018-27.05.2018 keine Meldung im Bundesgebiet

-

27.12.2018-06.06.2019 Nebenwohnsitz Justizanstalt XXXX

-

28.05.2018-Entscheidungszeitpunkt Hauptwohnsitz

Der Beschwerdeführer hielt sich im Zeitraum von 03.04.2009 bis 31.03.2014 (vier Jahre, elf Monate und 29 Tage) im Bundesgebiet auf, bevor er sich von 01.04.2014 bis 07.10.2015 (ein Jahr, sechs Monate und sechs Tage) zu Berufsausbildungszwecken seines österreichischen Arbeitgebers in Deutschland aufhielt. Weiters weist der Beschwerdeführer im Zeitraum 10.11.2015 bis 31.01.2016 (zwei Monate und 20 Tage) sowie von 21.12.2016 bis 08.01.2017 (daher 19 Tage) weder eine Meldung noch eine Beschäftigung im Bundesgebiet auf, sodass festzustellen ist, dass sich der Beschwerdeführer in diesen Zeiträumen nicht im Bundesgebiet aufhielt (vgl Angaben Beschwerdeführer, Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2019, S 3; Auszug aus den Sozialversicherungsdaten sowie dem Zentralen Melderegister, jeweils vom 04.07.2019).

Darüber hinaus weist der Beschwerdeführer im Zeitraum von 03.02.2018 bis 27.05.2018 (daher drei Monate und 23 Tage) keine Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf, bezog laut Sozialversicherungsdatenauszug in dieser Zeit aber Notstandshilfe und ging in dieser Zeit weiters einer geringfügigen Beschäftigung nach, sodass festzustellen war, dass sich der Beschwerdeführer trotz fehlender Wohnsitzmeldung im Bundesgebiet aufhielt (vgl Auszug aus den Sozialversicherungsdaten sowie dem Zentralen Melderegister, jeweils vom 04.07.2019).

Aus dem Sozialversicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers ergeben sich weiters folgende Versicherungszeiten in Österreich (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 04.07.2019):

Zeitraum

Versicherung

13.04.2010-14.07.2010

Arbeiter

15.07.2010-14.04.2011

Keine Versicherung

15.04.2011-04.05.2011

Arbeiter

03.05.2011-23.07.2011

Arbeiter

24.07.2011-11.07.2012

Keine Versicherung

12.07.2012-03.08.2012

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

04.08.2012-31.07.2013

Keine Versicherung

01.08.2013-18.11.2013

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

19.11.2013-01.12.2013

Keine Versicherung

02.12.2013-28.03.2014

Arbeiter

29.03.2014-10.02.2016

Keine Versicherung

11.02.2016-06.05.2016

Arbeiter

08.05.2016-29.05.2016

Arbeitslosengeld

30.05.2016-31.10.2016

§ 2 Abs 1 Z 1 GSVG selbstständig Erwerbstätig

01.11.2016-14.12.2016

Arbeitslosengeld

15.12.2016-06.01.2017

Keine Versicherung

07.01.2017-23.01.2017

Arbeitslosengeldbezug

24.01.2017-25.01.2017

Arbeiter

26.01.2017-15.02.2017

Arbeitslosengeldbezug

16.02.2017-27.02.2017

Krankengeldbezug

28.02.2017-22.03.2017

Arbeitslosengeldbezug

23.03.2017-28.03.2017

Krankengeldbezug

29.03.2017-10.04.2017

Arbeitslosengeldbezug

11.04.2017-23.04.2017

Notstandshilfe

24.04.2017-24.04.2017

Krankengeldbezug

25.04.2017-02.05.2017

Notstandshilfe

03.05.2017-19.05.2017

Arbeiter

20.05.2017-23.08.2017

Notstandshilfe

01.08.2017-28.09.2017

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

24.08.2017-05.11.2017

Krankengeldbezug

06.11.2017-05.02.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

07.11.2017-09.11.2017

Notstandshilfe

16.11.2017-31.10.2018

Notstandshilfe

19.02.2018-18.04.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

16.04.2018-16.07.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

17.07.2018-20.07.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

23.07.2018-26.07.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

30.07.2018-27.08.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

04.09.2018-12.09.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

13.09.2018-05.10.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

08.10.2018-31.10.2018

Geringfügig beschäftigter Arbeiter

01.11.2018-20.11.2018

Arbeiter

21.11.2018-28.12.2018

Arbeiter

29.12.2018-24.06.2019

Keine Versicherung

25.06.2019-Entscheidungszeitpunkt

Notstandshilfe

Das Verfahren über den am 25.03.2013 gestellten Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers für seine Anmeldebescheinigung als Arbeitnehmer wurde am 10.04.2015 eingestellt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt über eine Anmeldebescheinigung verfügt (vgl Fremdenregisterauszug vom 03.05.2019).

Der Beschwerdeführer ist in Deutschland geboren und hat dort die Grundschule besucht, bevor er 1997 mit seiner Familie in die Türkei zog, wo er bis 2009 gelebt und auch studiert hat. 2009 zog der Beschwerdeführer in der Absicht, sein in der Türkei begonnenes Studium fortzusetzen nach Österreich, wo er den oben festgestellten Beschäftigungen nachging bzw. Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezog. Sein Studium setzte er nicht fort. Zwischen 01.04.2014 und 07.10.2015 hielt sich der Beschwerdeführer zur Berufsausbildung zum Schweißer in Deutschland auf (vgl Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2019, S 3 ff; Auszüge aus den Sozialversicherungsdaten und dem Zentralen Melderegister jeweils vom 04.07.2019; Beschwerdevorbringen, AS 163 ff).

Der Beschwerdeführer heiratete im Jahr 2014 XXXX, eine österreichische Staatsangehörige. Der Ehe entstammen drei minderjährige Kinder, die ebenfalls österreichische Staatsangehörige sind. Die Ehe wurde 2018 geschieden, die Beziehung des Beschwerdeführers mit seiner Ex-Ehegattin aber wenige Monate danach wieder fortgesetzt. Vor dem Haftantritt besuchte der Beschwerdeführer seine Kinder etwa drei bis vier Mal wöchentlich, holte sie vom Kindergarten ab und passte auch abends auf sie auf (mit Übernachtungen in der Wohnung der Ex-Ehegattin). Zum Entscheidungszeitpunkt besteht jedoch noch kein gemeinsamer Haushalt. Das älteste Kind besucht im Herbst die erste Klasse der Volksschule, das zweitälteste Kind besucht den Kindergarten. Die Ex-Ehegattin ist bis Dezember 2019 karenziert und plant dann wieder die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Zum Entscheidungszeitpunkt beabsichtigt auch der Beschwerdeführer wieder die Aufnahme einer Vollzeitbeschäftigung. Sonst hat der Beschwerdeführer weder in Deutschland noch Österreich familiäre Bindungen. Die Ex-Ehegattin plant für den Fall des Erlasses eines Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer, mit diesem und den Kindern vorübergehend nach Deutschland zu ziehen (vgl Angaben Beschwerdeführer, Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2019, S 3 ff; Angaben Zeugin, Verhandlungsprotokoll vom 04.07.2019, S 4 f; Beschwerdevorbringen, AS 163 ff).

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.

Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Zentralmelderegisterauszug, einen Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister, einen Auszug aus dem Schengener Informationssystem sowie des Strafregisters und der Sozialversicherungsdaten des Beschwerdeführers ein.

Das genannte strafgerichtliche Urteil ist aktenkundig.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden und jeweils in Klammer angeführten Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit "Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen" betitelte Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürgerrichtlinie) lautet:

"(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedsstaat aufgehalten haben.

(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedsstaat oder einen Drittstaat berührt.

(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedsstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust."

Der mit "Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts" betitelte § 9 NAG lautet:

"§ 9. (1) Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts für mehr als drei Monate werden auf Antrag ausgestellt:

1. eine "Anmeldebescheinigung" (§ 53) für EWR-Bürger, die sich länger als drei Monate in Österreich aufhalten, und

2. eine "Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers" (§ 54) für Drittstaatsangehörige, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern sind.

(2) Zur Dokumentation des unionsrechtlichen Daueraufenthaltsrechts werden auf Antrag ausgestellt:

1. eine "Bescheinigung des Daueraufenthalts" (§ 53a) für EWR-Bürger, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, und

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten