TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/16 G310 2229511-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.03.2020
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Entscheidungsdatum

16.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §39 Abs2
BFA-VG §18 Abs1 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §17

Spruch

G310 2229510-1/2E

G310 2229511-1/2E

G310 2229512-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von 1. XXXX, geboren am XXXX, 2. mj. XXXX, geboren am XXXX, und 3. mj. XXXX, geboren am XXXX, beide gesetzlich vertreten durch ihre Mutter XXXX, alle albanische Staatsbürger, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich und Mag. Dr. Helmut BLUM, Rechtsanwalt, gegen die Bescheide des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX.02.2020, Zl.: XXXX, XXXX und XXXX, betreffend den Antrag auf internationalen Schutz zu Recht erkannt:

A) Der Antrag, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung

zuzuerkennen, wird als unzulässig zurückgewiesen.

B) Die Beschwerdeverfahren werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 39 Abs. 2

AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

C) Der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird teilweise Folge

gegeben und Spruchpunkt VI. des Bescheids mit der Zl. XXXX ersatzlos behoben.

D) Die Beschwerden des Zweit- und Drittbeschwerdeführers werden als

unbegründet abgewiesen.

E) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Die Erstbeschwerdeführerin (BF1) und ihre minderjährigen Söhne, der Zweitbeschwerdeführer (BF2) und der Drittbeschwerdeführer (BF3) wurden am 21.09.2019 in Wien einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen. Im Zuge dessen beantragte die BF1 für ihre Söhne und sich internationalen Schutz. Bei der am selben Tag durchgeführten Erstbefragung gab sie an, am 14.09.2019 legal Albanien verlassen zu haben. Nach einem fünftägigen Aufenthalt in Italien seien sie in Richtung Österreich gereist. Grund für die Ausreise seien finanzielle Probleme ihres Ex-Mannes gewesen, welcher deswegen bereits im Februar 2017 aus Albanien ausgereist sei und sich in Österreich aufhalte. Um seiner habhaft zu werden, sei sie bedroht worden. Aus Angst sei sie auch bereit gewesen, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen. Für ihre Kinder machte sie keine eigenen Fluchtgründe geltend.

Der Ex-Mann der BF1 stellte am 18.04.2019 im Stande der Strafhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom XXXX.11.2019, Zl.:

XXXX zur Gänze abgewiesen wurde (Spruchpunkte I. und II.). Es wurde kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilt (Spruchpunkt III.), eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Albanien festgestellt (Spruchpunkt IV. und V.), ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.), keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt VII.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VIII.). Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG) vom 04.03.2020, GZ. 310 2219131-2, teilweise Folge gegeben und die Dauer des Einreiseverbots auf 10 Jahre herabgesetzt.

Nach niederschriftlicher Einvernahme vor dem BFA am 23.10.2019 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz mit den oben angeführten Bescheiden sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten als auch von subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkte I. und II.), Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs 9 FPG die Zulässigkeit der Abschiebung nach Albanien festgestellt (Spruchpunkt V.), keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt VII. bzw. VI.) und Beschwerden gemäß § 18 Abs 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VIII bzw. VII.). Zusätzlich wurde gegen die BF1 gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI. des Bescheids mit der Zl. 1246843601-190963749). Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz wurde zusammengefasst damit begründet, dass die BF nicht glaubhaft machen konnten, in Albanien einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt zu sein. Außergewöhnliche Umstände, die zu einer Verletzung von Art 3 EMRK durch die Abschiebung führen würden, lägen nicht vor. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG seien nicht erfüllt. Aufgrund des kurzen Inlandsaufenthalts der BF und des Umstands, dass sie gemeinsam in ihr Heimatland zurückkehren sollen und kein Kontakt zum Ex-Mann und Kindesvater bestehe, verletze die Rückkehrentscheidung Art 8 EMRK nicht. Die Abschiebung sei zulässig, weil die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 bis 3 FPG nicht vorliegen. Aufgrund der Mittellosigkeit bestehe bei der BF1 die Gefahr, sich die Mittel zum Unterhalt aus illegalen Quellen zu beschaffen. Die BF stammen aus einem sicheren Herkunftsstaat. Bei ihrer Rückkehr bestehe keine reale Gefahr einer Menschenrechtsverletzung, sodass es ihnen zumutbar sei, den Verfahrensausgang in ihrem Herkunftsstaat abzuwarten. Daher sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen und es bestünde keine Frist für die freiwillige Ausreise.

Dagegen richten sich die Beschwerden mit den Anträgen, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den BF den Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu, den BF den Status von subsidiär Schutzberechtigen zuzuerkennen, einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbots Abstand zu nehmen und den Spruchpunkt betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu beheben. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt. Dies wird zusammengefasst damit begründet, dass es aufgrund von Korruption und Amtsmissbrauch kein ausreichender staatlicher Schutz in Albanien bestehe. Auch sei nicht ausreichend begründet worden, weswegen gegen die BF1 ein Einreiseverbot erlassen wurde.

Die Beschwerden und die Verwaltungsakten wurden dem BVwG vorgelegt, wo sie am 13.03.2020 einlangten.

Feststellungen:

Die BF sind Staatsangehörige von Albanien. Sie gehören der albanischen Volksgruppe an und sprechen Albanisch. Gesundheitliche Probleme liegen nicht vor. Die BF1 verfügt auch über Italienischkenntnisse. Vor ihrer Ausreise lebten die BF in einem gemeinsamen Haushalt in Albanien, wo sich noch die Eltern und der Bruder der BF1 aufhalten. Die Familie der BF1 besitzt in Albanien mehrere Grundstücke.

Die Ehe der BF1 wurde mit Beschluss Nr. XXXX des Gerichts XXXX, AZ. XXXX, am XXXX geschieden. Der Ex-Mann der BF1 befindet sich seit 27.08.2018 in Haft und verbüßt eine vierjährige Freiheitsstrafe.

Im Herkunftsstaat besuchte die BF die Grundschule, das Gymnasium und studierte drei Jahre XXXX, ohne das Studium abzuschließen. Sie verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Bis zum 31.08.2019 ging sie in Albanien einer Arbeit in einem XXXX nach, wo sie ein Jahr beschäftigt war.

Die BF sind im Besitz von gültigen albanischen Reisepässen und weisen seit 27.09.2019 eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf. Sie waren bereits von 13.04.2017 bis 08.10.2018 in Österreich mit durchgehendem Wohnsitz gemeldet.

Sie beziehen Leistungen der staatlichen Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig. Abgesehen vom Ex-Mann der BF1 gibt es im Bundesgebiet keine familiären oder beruflichen Anknüpfungspunkte. Anhaltspunkte für eine Integration der BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher oder gesellschaftlicher Hinsicht liegen nicht vor.

Albanien gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Die BF haben bei einer Rückkehr nach Albanien dort keine Sanktionen zu befürchten. Sie werden weder strafrechtlich noch politisch noch aus anderen Gründen verfolgt. Sie hatten keine Probleme mit den dortigen Behörden; solche sind auch bei ihrer Rückkehr nicht zu befürchten. Ebenso wenig ist zu befürchten, dass sie nach ihrer Rückkehr in Albanien in eine unmenschliche oder erniedrigende Lage geraten wird.

Politische Lage

Die Republik Albanien ist seit dem politischen Umbruch in den Jahren 1991/92 eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem. Politische Parteien können sich frei betätigen. Das demokratische System krankt jedoch an Defiziten, die auf historische, politische und kulturelle Faktoren zurückzuführen sind. Das politische Leben ist stark polarisiert; Clanstrukturen dominieren die Parteien. Die großen Fortschritte, die Albanien in allen Bereichen erzielt hat, wurden durch die Verleihung des EU-Kandidatenstatus im Juni 2014 gewürdigt. Drei Parteien bestimmen die politische Landschaft: die Sozialistische Partei Albaniens, die aus der (kommunistischen) Partei der Arbeit Albaniens hervorgegangen ist und deren beherrschende Persönlichkeit Premierminister Edi Rama ist; die Demokratische Partei unter Lulzim Basha, bei der aber noch immer der langjährige Ministerpräsident Berisha wichtige Fäden zieht sowie die von der Ehefrau von Staatspräsident Meta, Monika Kryemadhi, geführte Sozialistische Bewegung für Integration. Aus den Parlamentswahlen vom 25.6.2017 ging die regierende Sozialistische Partei mit Edi Rama als Ministerpräsident mit absoluter Mehrheit erneut als Sieger hervor. Die Parlamentswahlen im Juli 2017 waren weitgehend frei und fair, allerdings nach ODIHR-Bericht mit einigen Mängeln behaftet (insbesondere Stimmenkauf und Einschüchterungen). Eine Wahlrechtsreform ist angelaufen. Albanien ist seit 1991 Mitglied der OSZE, seit 1995 Mitglied des Europarates, seit 1.4.2009 NATO-Mitglied (AA 10.8.2018).

Dem Parlament der Republik (Kuvendi i Republikes) steht die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu. Staatsoberhaupt ist der Präsident der Republik, dessen Wahl auf fünf Jahre durch das Parlament erfolgt. Höchstes Exekutiv-Organ ist der Ministerrat, der durch den Präsidenten ernannt und vom Parlament bestätigt wird. Regierungschef ist der Vorsitzende des Ministerrats (Ministerpräsident). Entscheidungen des Verfassungsgerichts binden die Staatsorgane (AA 9.2017a).

Die EU-Kommission veröffentlichte am 17.4.2018 die sog. Fortschrittsberichte für die EU- Beitrittskandidaten, einschließlich Albanien. Der Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Albanien wird von der Kommission empfohlen. Weitere Anstrengungen bei politischen und wirtschaftlichen Reformen seien nötig, insbesondere hinsichtlich der Lage und Integration der Roma, der Bekämpfung der Korruption sowie der Verbesserung der Medienfreiheit. Albanien bekommt eine positive Bewertung - gewürdigt wird der Beginn der umfassenden Justizreform, erste Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung und bei der Bekämpfung des illegalen Cannabis-Anbaus (BN 23.4.2018).

Die EU-Staaten haben der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Albanien grundsätzlich zugestimmt. Die Europaminister hätten bei ihrem Treffen in Luxemburg "einen Weg in Richtung der Eröffnung von Beitrittsverhandlungen" im Juni 2019 vereinbart (Zeit Online 26.6.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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AA - Auswärtiges Amt (9.2017b): Länderinformationen, Albanien, Innenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/albanien-node/-/216276, Zugriff 17.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (23.4.2018): BN - Briefing Notes vom 23. April 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442606/1226_1536221927_deutschland-bundesamt-

fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-23-04-2018-deutsch.pdf, Zugriff 14.1.2019

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Zeit Online (26.6.2018): Westbalkan: EU nimmt Beitrittsgespräche mit Albanien und Mazedonien auf, https://www.zeit.de/politik/ausland/2018-06/westbalkan-albanien-mazedonien-eu-beitritt, Zugriff 25.1.2019

Sicherheitslage

Nach jahrzehntelanger selbst gewählter Isolation, sieht Albanien seit dem Umschwung 1991 seine Zukunft in Europa. Es strebt die volle Integration in euro-atlantische Strukturen an. Albanien betreibt eine konstruktive Regionalpolitik. Albaniens Außenpolitik ist darauf gerichtet, gut- nachbarschaftliche Beziehungen auszubauen und die Zusammenarbeit in der Region weiter zu fördern. Die bilateralen und multilateralen Kontakte sind rege. Dabei spielt Albanien eine konstruktive Rolle im Aufbau gemeinsamer Sicherheits- und Wirtschaftsstrukturen in der Region und beteiligt sich aktiv am sogenannten "Berlin-Prozess". Albanien beteiligt sich an einer Vielzahl regionaler Initiativen, wie dem Schwarzmeer-Wirtschaftsrat (BSEC - Black Sea Economic Council), dem Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen (CEFTA) und dem South East Europe Cooperation Process (SEECP), dessen Vorsitz es von Mitte 2014 bis Mitte 2015 führte. Albanien erwartet und baut darauf, dass mit fortschreitender Integration des Balkan in europäische Strukturen die Nationalitätenprobleme relativiert werden. Neben den weitgehend normalisierten Beziehungen zur Mazedonien haben diejenigen zu Italien und Griechenland besondere Bedeutung. Die Verbindungen nach Kosovo, das mehrheitlich von albanischstämmiger Bevölkerung bewohnt wird, werden von beiden Seiten mit besonderer Intensität gepflegt. Immer wieder unterstellte Bestrebungen nach einem "Groß-Albanien" sind kein Element der albanischen Außenpolitik (AA 9.2017a).

Albanien hat die Antiterrormaßnahmen im Jahr 2017 stark unterstützt und die Teilnahme an der globalen Koalition zur Bekämpfung des ISIS fortgesetzt, indem es bedeutende Waffen- und Munitionsspenden geleistet hat, laut dem Terrorismus-Länderbericht 2017 des US-Außenministeriums. Laut diesem Bericht haben die albanischen Behörden ihre Bemühungen verstärkt, potenziellen terroristischen Bedrohungen entgegenzuwirken. Die kürzlich personell aufgestockte albanische Antiterroreinheit arbeitete eng mit dem Internationalen Strafverfolgungshilfeprogramm (ICITAP) des US-Justizministeriums zusammen. Trotz der Knappheit der Ressourcen hat die Antiterroreinheit auch an mehreren erfolgreichen Fahndungen bekannter oder mutmaßlicher Terroristen teilgenommen. Die albanische Grenzpolizei berichtet, dass aufgrund strengerer Maßnahmen an den albanischen Grenzübergängen in den ersten beiden Monaten dieses Jahres 3.000 albanischen Staatsbürgern wegen fehlender Dokumente die Weiterreise Richtung Schengenraum verweigert wurde. Sie standen im Verdacht, Asylsuchende zu sein. Laut Direktion wurden im selben Zeitraum 246 Minderjährige daran gehindert, das Land zu verlassen (VB 15.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (9.2017a): Länderinformationen Albanien, Außenpolitik,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/albanien-node/-/216274, Zugriff 17.6.2018

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VB des BM.I für Albanien (15.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor. Allerdings verhindern politischer Druck, Einschüchterung, weit verbreitete Korruption und beschränkte Mittel, dass die Justiz unabhängig und effizient arbeitet. Die Gerichtsanhörungen finden oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung vor. Der Angeklagte hat das Recht auf einen Anwalt und falls er sich keinen Anwalt leisten kann, wird auf Staatskosten ein Pflichtverteidiger bereitgestellt. Das Gesetz bietet den Angeklagten ausreichend Zeit und Möglichkeiten, eine Verteidigung vorzubereiten. Im Allgemeinen respektiert die Regierung diese Rechte in der Praxis, obwohl die Gerichtsverfahren nicht immer öffentlich sind und der Zugang zu einem Anwalt manchmal problematisch ist (USDOS 20.4.2018).

Das EU-Parlament hat am 30.11.2018 die Entwicklung der westlichen Balkanländer im Hinblick auf einen EU-Beitritt bewertet. Albanien zeigt laut dieser Bewertung stetige Fortschritte bei den Reformen in Bezug auf die Unabhängigkeit und Professionalität der Justiz und bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Sorge bereitet das anhaltend hohe Maß an Korruption (BN 3.12.2018).

Das Strafgesetzbuch wird kontinuierlich überarbeitet, um westlichen Standards zu entsprechen. Aufgrund der Schwäche der Institutionen des Staates werden viele Rechtsverstöße entweder nicht oder nicht in ausreichendem Maße verfolgt. Untersuchungshäftlinge müssen teilweise sehr lange auf ihren Prozess warten. Verfahren können mitunter mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Mangelnde Qualifikation und Anfälligkeit der Richter für Korruption können zu rechtsstaatlich zweifelhaften Ergebnissen führen. Im Zuge der Justizreform zeigen sich erste Verbesserungen. Die von der IRZ [Internationale Rechtliche Zusammenarbeit; Anm.] geführte EU- Rechtsberatungsmission EURALIUS hat gemeinsam mit anderen internationalen und nationalen Experten das Reformpaket erarbeitet und unterstützt bei der Umsetzung. Bestandteil der Reform sind u.a. auch eine neue Strafprozessordnung und das Jugendstrafrecht (AA 10.8.2018).

Einer der wichtigsten Aspekte der Justizreform, um die Beitrittsverhandlungen zur EU im Juni 2019 zu eröffnen, ist der "Vetting" Prozess. Dabei werden die Qualifizierung, die Integrität und die Vermögenswerte der Richter und Staatsanwälte überprüft. Bis Ende 2018 wurden 35 von insgesamt 77 Richter und Staatsanwälte, die bislang das Verfahren durch die unabhängige Kommission absolvieren mussten, ihres Amtes enthoben. Darunter auch die Mehrheit der Mitglieder des Verfassungsgerichts und der Mitglieder des Obersten Gerichtshofes, sowie mehrere Präsidenten einiger Bezirksgerichte und Bezirksstaatsanwaltschaften. 16 Richter und Staatsanwälte sind freiwillig zurückgetreten. Im Rahmen des Vetting-Prozesses, als Teil der umfassenden Justizreform, wurden Ende 2018 noch der "Hohe Rat der Justiz", der "Hohe Rat der Staatsanwaltschaft" und der "Rat für Ernennung in der Justiz" als wesentliche Elemente zur Einrichtung neuer Justizinstitutionen in Albanien neu besetzt. Anfang 2019 begann zudem die Gründung der SPAK "Antikorruptionssondereinheit". Die Neu- bzw. Wiederbesetzung des Verfassungsgerichts, des Obersten Gerichts sowie der anderen Justizeinrichtungen stehen noch aus. Der bisherige Erfolg der Justizreform ist noch bescheiden, die Reform ist aber unumkehrbar und hat parteiübergreifende Unterstützung gefunden (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (3.12.2018): BN - Briefing Notes, 3. Dezember 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001579/Deutschland+_+Bundesamt+f%C3%Bcr+Migration+und+Fl%C3%Bcchtlinge%2C+Briefing+Notes%2C+03.12.2018+%28deutsch%29.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

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VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Sicherheitsbehörden

Die zivilen Behörden üben effektive Kontrolle über alle Sicherheitskräfte aus. Während die Regierung über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption verfügt, bleibt die Polizeikorruption ein Problem. Die staatliche Dienstaufsicht für innere Angelegenheiten und Beschwerden erhielt bis zum 31.7.2017 3.811 telefonische Beschwerden über die sog. "grüne Linie" zur Korruptionsbekämpfung. Die Mehrheit davon betraf "Untätigkeit von Polizeibeamten", "ungerechte Geldstrafen" oder "Verstoß gegen die üblichen Standardverfahrensabläufe". Die Dienstaufsicht meldete 43 administrative Übertretungen und empfahl für 57 Polizisten die Einleitung von Disziplinarverfahren. Die Missbrauchsfälle von fünf Beamten wurden an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Im Laufe des Jahres bearbeitete der Ombudsmann auch Beschwerden gegen Polizeibeamte, vor allem im Zusammenhang mit Problemen bei Verhaftungen und Inhaftierungen (USDOS 20.4.2018).

Dank personeller Umbesetzungen, Umstrukturierung und Lohnerhöhungen hat sich der Ruf der Polizei verbessert. Die albanische Staatspolizei ist stark hierarchisch ausgerichtet und unterliegt einer ausgeprägten politischen Steuerung. In Folge werden polizeiliche Aktivitäten oft von der jeweiligen politischen Interessenlage beeinflusst. Die Regierung unternimmt große Anstrengungen, die Professionalisierung der Polizei voranzutreiben. Auch für die Polizei hat ein Durchleuchtungsprozess ähnlich dem Vetting der Richter und Staatsanwälte begonnen. Personelle Veränderungen haben ebenfalls zu einem effizienteren Agieren der Polizei geführt. Die Staatspolizei ist in vier Abteilungen unterteilt, darunter: Generaldirektion zur Bekämpfung der Schweren und Organisierten Kriminalität (Kriminalpolizei), Generaldirektion Migration und Grenze (Grenzpolizei) und Generaldirektion Öffentliche Sicherheit (uniformierte Polizei). Daneben wurde am 1.1.2015 eine Direktion zur Bekämpfung des Terrorismus eingerichtet. Eine neue ressortübergreifende Spezial-Task Force bekämpft Organisierte Kriminalität. Eine Sonderstruktur zur Korruptionsbekämpfung befindet sich im Aufbau. Der Innenminister der zweiten Regierung Rama widmet sich der Bekämpfung der OK mit hohem Engagement (AA 10.8.2018).

In der Polizeidirektion Vlora wurde gegen elf Polizeibeamte ein Disziplinarverfahren wegen Kooperation mit einem kriminellen Cannabiskartell eingeleitet. Drei weitere Polizisten wurden diesbezüglich entlassen. Die Region Vlora (Hafenstadt in Südalbanien; Anm.) war eine der problematischsten Gebiete hinsichtlich Cannabisanbau und -handel. Am Flughafen Rinas (Tirana International Airport - liegt 17 Kilometer nordwestlich von Tirana beim Dorf Rina; Anm.) wurden am 14.1.2018 insgesamt 13 Polizisten und Spezialisten des Grenzpolizeikommissariats ihren bisherigen Aufgaben enthoben und in die Polizeidirektion Tirana versetzt. Offizielle Quellen berichteten, dass die neuen Polizeibeamten sehr genau ausgewählt werden würden, um die Situation der Grenzpolizei am Grenzübergang - Flughafen/Rinas zu verbessern. Laut Medien sollte dies der erste Schritt einer vollständigen Erneuerung der grenzpolizeilichen Strukturen sein. Am 21.9.2018 verhaftete die Behörde für innere Angelegenheiten und Beschwerden sechs Beamte der Grenz- und Migrationspolizei in Gjirokastra. Die Beamten werden verdächtig, den illegalen Übergang an der griechisch-albanischen Grenze, an albanische und ausländische Staatsbürger erleichtert zu haben. Sie werden wegen Korruption, Amtsmissbrauch und gesetzwidriger Grenzüberschreitung angeklagt (VB 15.1.2019).

Einer der wichtigsten Drahtzieher des Drogenhandels von Albanien nach West- und Nordeuropa, Klement Balili, hat sich freiwillig den Behörden gestellt, nachdem zwei Jahre nach ihm gefahndet wurde. Dem "Pablo Escobar des Balkans" werden auch enge Verbindungen zu Spitzenpolitikern nachgesagt, er war selbst jahrelang Beamter in der staatlichen Verwaltung. Jahrelang galten die Drogenbarone in Albanien als unantastbar. Die US-Botschaft in Tirana und die Europäische Union hatten Zweifel an der Entschlossenheit der Behörden, die Drogenbanden zu zerschlagen. Die erfolgreiche Bekämpfung von Drogenkriminalität und organisierter Kriminalität sind Schlüsselkriterien für Aufnahme von Beitrittsverhandlungen. Mittlerweile macht das Land gute Fortschritte im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität. Erst im Oktober 2018 wurden 27 mutmaßliche Drogendealer verhaftet (BN 21.1.2019).

Im Zeitraum Jänner - Oktober 2018 wurden in Albanien 19.260 kg Cannabis sativa sichergestellt, ein wesentlicher Rückgang zum Vergleichsraum 2017. Im Jahre 2017 wurden im Zeitraum Jänner - Oktober 74.045 kg sichergestellt. Erwähnenswert ist auch, dass viele Sicherstellungen von Cannabis an der italienischen Küste, mit Schnellbooten aus Albanien, durchgeführt werden die natürlich nicht in der Statistik aufscheinen (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (21.1.2019):

Briefing Notes vom 21. Januar 2019, per E-Mail

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

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VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

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VB des BM.I für Albanien (15.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Folter und unmenschliche Behandlung

Obwohl die Verfassung und das Gesetz Folter und unmenschliche Behandlung verbieten, werden Verdächtige und Gefangene von Polizei und Gefängniswärtern in manchen Fällen geschlagen und missbraucht. Bis September 2017 erhielt der Dienst für Innere Angelegenheiten und Beschwerden Beschwerden (ohne Zahlenangaben; Anm.) über Polizeimissbrauch und Korruption, die sowohl zu verwaltungsrechtlichen Sanktionen als auch zu strafrechtlichen Verfolgungen führten. Der Ombudsmann berichtete, dass die meisten Fälle von behaupteten physischen oder psychischen Missbrauch während der Verhaftung und Befragung stattfanden. Bis August 2017 erhielt der Ombudsmann 104 Beschwerden von Häftlingen. Die Mehrheit der Beschwerden betraf die Qualität der Gesundheitsversorgung. Der Ombudsmann hat keinen Fall zur Verfolgung weitergeleitet (USDOS 20.4.2018).

Albanien hat die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Bestrafungen samt Fakultativprotokoll ebenso wie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ratifiziert. Art. 25 der Verfassung verbietet explizit Folter und jegliche grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Nach übereinstimmenden Erkenntnissen nationaler und internationaler Menschenrechtsorganisationen wird in Albanien in Polizeigewahrsam und in den Haftanstalten nicht auf staatliche Anweisung gefoltert. Es gibt jedoch immer wieder Fälle von Gewalt und Misshandlungen, insbesondere seitens oder im Verantwortungsbereich der Polizei, vorrangig während sich Personen in Polizeigewahrsam befinden (AA 10.8.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

Korruption

Bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen ist ein gestiegenes Engagement der zweiten Regierung Rama zu verzeichnen. Eine Sonderstruktur zur Korruptionsbekämpfung befindet sich im Aufbau (AA 10.8.2018).

Die EU-Kommission veröffentlichte am 17.4.2018 die sog. Fortschrittsberichte für die EU- Beitrittskandidaten. Laut Fortschrittsbericht bekommt Albanien eine positive Bewertung; gewürdigt werden unter anderem die ersten Erfolge bei der Korruptionsbekämpfung (BN 23.4.2018).

Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index rangiert Albanien unter 180 Ländern und Territorien an 91. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 21.2.2018).

Die Ergebnisse des Transparency International Index (2017) für Albanien geben Anlass zu großer Sorge. Die Bekämpfung der Korruption im öffentlichen Sektor bleibt eine der größten Herausforderungen. Transparency International erklärte, dass in Albanien Fortschritte bei der Bekämpfung der Kleinkriminalität im öffentlichen Sektor erzielt wurden, aber bei den größeren Themen wie Korruption in der Justiz noch viel getan werden muss (VB 24.1.2019).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (23.4.2018):

Briefing Notes vom 23. April 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442606/1226_1536221927_deutschland-bundesamt-fuermigration-und-fluechtlinge-briefing-notes-23-04-2018-deutsch.pdf, Zugriff 14.1.2019

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TI - Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017,

https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 17.1.2019

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VB des BM.I für Albanien (24.1.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

Allgemeine Menschenrechtslage

Seit den Umbrüchen der 90er Jahre hat sich die Menschenrechtslage in Albanien beständig verbessert. Menschenrechte und bürgerliche Freiheiten sind in Verfassung und Gesetzen verankert. Beim Aufbau eines Rechtsstaats und beim Schutz der Menschenrechte gibt es Fortschritte. Systematische Menschenrechtsverletzungen finden nicht statt. Politische Verfolgung, Folter, Zensur oder staatliche Repression gegenüber bestimmten Personen oder Personengruppen wegen ihrer Nationalität, politischen Überzeugung, Rasse oder Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft oder sozialen Gruppe finden nach Kenntnis des Auswärtigen Amtes nicht statt. Die albanische Regierung hat eine Ombudsperson eingesetzt, die die Bürger bei Menschenrechtsverletzungen anrufen können. Diese kann zwar keine Entscheidungen treffen oder durchsetzen, aber sie untersucht Missstände und kann gerichtliche Verfahren einleiten. Die albanische Verfassung vom 21.10.1998 enthält in ihren Artikeln 15 bis 58 einen ausführlichen Katalog von Grundrechten. Grundlage sind die Garantien der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Der Grundrechtekatalog enthält neben persönlichen und politischen Rechten und Freiheiten auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und Freiheiten. Die Europäische Menschenrechtskonvention (allerdings mit Erklärungen) sowie das Europäische Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe wurden von Albanien ratifiziert, ebenso die Mehrzahl VN-Übereinkommen zu den Menschenrechten. In den letzten Jahren liegen keine Kenntnisse über Fälle von Verschwindenlassen vor. Es gibt Berichte über Festnahmen, die nicht im Einklang mit dem albanischen Recht erfolgen. Die im albanischen Strafgesetzbuch vorgesehenen Strafen orientieren sich auch hinsichtlich des Strafmaßes an europäischen Standards. Es gibt keine unmenschlichen oder erniedrigenden Strafen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass es zu Verletzungen der Rechte von Angeklagten im Rahmen des Gerichtsprozesses kommt (AA 10.8.2018).

Eine Reihe von nationalen und internationalen Menschenrechtsgruppen agieren im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersuchen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbeamte sind im Allgemeinen kooperativ. Das Büro des Bürgerbeauftragten ist die wichtigste unabhängige Institution zur Förderung und Durchsetzung der Menschenrechte. Der Ombudsmann ist gesetzlich ermächtigt, Gefängnisse und Haftanstalten zu überwachen und zu berichten. Das Amt kann eine Untersuchung aufgrund von Beschwerden oder von Amts wegen einleiten. Obwohl dem Ombudsmann die Befugnis zur Vollstreckung von Entscheidungen fehlt, fungiert sie als Kontrollinstanz auf dem Gebiet der Menschenrechtsverletzungen. Das Ombudsbüro ist unterfinanziert und unterbesetzt. Die Nationalversammlung hat einen Ausschuss für Rechtsfragen, öffentliche Verwaltung und Menschenrechte, der den Jahresbericht des Ombudsbüros prüft. Der Ausschuss ist in Gesetzgebungsfragen engagiert und effektiv. Tausende von Ansprüchen auf privates und religiöses Eigentum, die während der kommunistischen Ära beschlagnahmt wurden, bleiben bei der staatlichen Immobilienagentur ungelöst. Der Ombudsmann berichtete, dass die Regierung

26.000 Gerichtsurteile bisher noch nicht ausgeführt und 11.000 Ansprüche im Zusammenhang mit Eigentumsrechten nicht überprüft hat. Die Kläger können ihre Fälle an den Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) richten; im Laufe des Jahres (2017) waren Hunderte von Fällen - viele davon im Zusammenhang mit Eigentum - beim EGMR anhängig (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

Meinungs-, Presse-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit/Opposition

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit und die Regierung respektiert im Allgemeinen diese Rechte. 2017 gab es jedoch Berichte, dass Regierungsstellen, die Wirtschaft und kriminelle Gruppen versuchen, die Medien in missbräuchlicher Weise zu beeinflussen. Mangelnde wirtschaftliche Sicherheit mindert die Unabhängigkeit der Journalisten und trägt zur Verschlechterung der Berichterstattung bei (USDOS 20.4.2018).

Laut der aktuellen "Rangliste der Pressefreiheit der 180 Länder weltweit" von Reporter ohne Grenzen liegen die Balkanstaaten im mittleren Bereich. Allgemein würden die Medien stark kontrolliert und viele Politiker gegen Journalisten hetzen. In der Region schneidet Bosnien und Herzegowina (62) am besten ab, gefolgt von Albanien am 75. Platz (BN 7.5.2019).

Kriminelle und Privatunternehmer begingen im Jahr 2017 tätliche Angriffe gegen investigative Journalisten. Im März 2017 wurde ein Journalist in der Hauptstadt Tirana von Angreifern, die Verbindungen zur organisierten Kriminalität haben sollen, geschlagen. Im Juni wurde der Eigentümer eines Fernsehsenders, zusammen mit einem Regierungsbeamten in Vlora erschossen (AI 22.2.2018).

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie die Meinungs- und Pressefreiheit sind gewahrt. Die Medien sind frei, aber wirtschaftlich zumeist von Eigentümern und Interessengruppen abhängig, die wiederum mit Parteien verbunden sind. Die politische Opposition kann sich frei betätigen und macht davon ausgiebig Gebrauch, u.a. durch Demonstrationen und Blockadeaktionen. Es gibt eine Vielzahl offiziell registrierter Parteien verschiedener Ausrichtung (AA 10.8.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1443783.html, Zugriff 14.1.2019

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BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (7.5.2018): BN - Briefing Notes vom 7. Mai 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442583/1226_1536218969_deutschland-bundesamt-

fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-07-05-2018-deutsch.pdf, Zugriff 14.1.2019

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USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017

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Albania, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430213.html, Zugriff 14.1.2019

Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde im Jahr 1999 abgeschafft (AA 10.8.2018). Das Gesetz schreibt keine Todesstrafe vor (AI 12.4.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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AI - Amnesty International (12.4.2018): Death Sentences and Executions 2017,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf, Zugriff 28.12.2018

Religionsfreiheit

Die Verfassung und andere Gesetze schützen die Religionsfreiheit und die Regierung respektiert im Allgemeinen dieses Recht in der Praxis. Die Verfassung verbietet religiöse Diskriminierung und sieht die Gleichberechtigung aller Bürger unabhängig von ihrer Religion vor (USDOS 29.5.2018).

In Albanien sind folgende Religionsgemeinschaften vertreten (Zensus 2011): Muslimische 56,7%, Römisch-katholische 10%, Orthodoxe 6,8%, Bektashi (eine sufische Glaubensrichtung) 2,1%, andere 5,7%, nicht spezifizierte 16,2% sowie Atheisten 2,5% (CIA 8.1.2019).

Durch Aufhebung des während der kommunistischen Diktatur 1967 erlassenen Verbots der Religionsausübung wurde die Religionsfreiheit 1990 wieder hergestellt. Die Verfassung garantiert die freie Religionsausübung. Keine Religionsgemeinschaft wird durch staatliche Maßnahmen bevorzugt oder diskriminiert. Eine große Anzahl in- und ausländischer Religionsgemeinschaften ist ungehindert, auch missionarisch, in Albanien tätig. Es gibt keine religiös motivierten Konflikte und die wichtigsten religiösen Gruppen (sunnitische Muslime und Muslime des Bektashi-Ordens, katholische Christen, griechisch-orthodoxe Christen) leben in bemerkenswerter Harmonie und Toleranz miteinander, was von Papst Franziskus bei seinem Besuch am 21.9.2014 in Tirana - seinem ersten in einem europäischen Land - als beispielhaft gewürdigt wurde (AA 10.8.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (10.8.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Albanien als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a Asyl G (Stand: Juli 2018), https://www.ecoi.net/en/file/ local/1442724/4598_1536327656_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-im-hinblick-auf-dieeinstufung-von-albanien-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylg-stand-juli-2018-10- 08-2018.pdf, Zugriff 14.1.2019

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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