TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/3 LVwG-2019/22/1896-3

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Veröffentlicht am 03.02.2020
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Entscheidungsdatum

03.02.2020

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §359b Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Triendl über die Beschwerde des Herrn AA und der Frau BB, beide wohnhaft Adresse 1, Z sowie des Herrn CC, wohnhaft Adresse 2, Y, allesamt v.d. Rechtsanwalt DD, Adresse 3, X, gegen den auf § 359b Abs 1 GewO 1994 gestützten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 13.8.2019, Zl. ***, wegen Änderung der Betriebszeit bei der bestehenden Betriebsanlage „Café EE“ in Z, Adresse 1, nach öffentlicher, mündlicher Verhandlung

zu Recht:

1.       a) Die Beschwerde des Herrn AA und der Frau BB wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, als Spruchpunkt I., 1. Absatz des angefochtenen Bescheides nunmehr zu lauten hat wie folgt:

„Es wird festgestellt, dass bei der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 25.1.1996, Zl. ***, genehmigten gewerblichen Betriebsanlage „Café EE“ in Z, Adresse 1, einschließlich der gegenständlich beantragten Betriebszeitenerweiterung (im Innenbereich) von vorher 08:00 bis 24:00 Uhr, auf zukünftig 06:00 bis 02:00 Uhr, die in § 359b Abs 1 Z 2 und Z 5 GewO 1994, BGBl 194 idF BGBl I 2017/96 festgelegten Tatbestände (800 m2 und 300 kW) erfüllt sind. Die Angaben in der Eingabe vom 16.1.2020 zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Einhaltung der elektrischen Anschlussleistung von nicht mehr als 300 kW nach § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994 stellen einen integrierten Bestandteil dieser Entscheidung dar.“ Im Übrigen wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

b) Die Beschwerde des Herrn CC wird als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 21.1.2019 suchte FF als Vertreter der FF-KG, FN ***, um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Verlängerung der Betriebszeiten des von ihm betriebenen „Café EE“ in Z, Adresse 1, von bisher 08:00 bis 24:00 Uhr, auf künftig 06:00 bis 02:00 Uhr an. Dem Ansuchen wurde ein schalltechnisches Gutachten des GG vom 12.4.2019 nachgereicht. Dieser stellte zusammenfassend fest, es seien sowohl die Parameter für den Trittschutz, als auch für den Luftschallschutz gemäß den Vorgaben der ÖNORM B 8115-2 eingehalten.

Übereinstimmend dazu führte der gewerbetechnische Amtssachverständige, JJ, im Aktenvermerk vom 27.5.2019 aus, dass aus lärmtechnischer Sicht bei Einhaltung der vorgeschlagenen Aufträge keine Einwände gegen die Erteilung der Genehmigung bestünden.

Mit Verständigung der belangten Behörde vom 27.5.2019, ***, an der Amtstafel der Marktgemeinde Z angeschlagen am 31.5.2019, wurde in der gegenständlichen Angelegenheit den Nachbarn die Möglichkeit eingeräumt, bis 19.6.2019 eine Stellungnahme abzugeben. Weiters führte die belangte Behörde aus wie folgt:

„Nachbarn haben die Möglichkeit, bis zu diesem Tag während der Zeiten des Parteienverkehrs in die Projektunterlagen Einsicht zu nehmen und von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch zu machen. Bei Einsichtnahme in der Bezirkshauptmannschaft wird um vorherige Terminvereinbarung mit dem zuständigen Sachbearbeiter ersucht.

Innerhalb dieser Frist können Nachbarn einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.“

Im nunmehr angefochtenen Bescheid stellte die belangten Behörde im Spruchpunkt I. fest, dass die gegenständliche Betriebsanlage auch nach der geplanten Betriebszeitenerweiterung die Voraussetzungen des § 359b Abs 2 Gewerbeordnung 1994 iVm der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, aufweise. Diese Feststellung gelte als Betriebsanlagengenehmigung nach §§ 81ff Gewerbeordnung 1994.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, das Lokal stelle unter 200 Verabreichungsplätze (konkret laut Bescheid vom 13.5.2009, GZ ***, im Innenbereich rund 50, im Außenbereich rund 30 Verabreichungsplätze) bereit und zudem werde nur Hintergrundmusik dargeboten. Damit erfülle die gegenständliche Betriebsanlage einschließlich der beantragten Änderung die in § 359b Abs 2 GewO 1994 festgelegten Tatbestände und sei das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren folglich in vereinfachter Form durchzuführen.

In der rechtzeitig dagegen erhobenen Beschwerde brachten die rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, AA und BB seien Mieter der, im Eigentum des CC stehenden, Wohnung Adresse 1, Top **, Z und sohin Nachbarn im Sinne des § 75 Abs 2 GewO 1994. Weiters sei die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage nach der beantragten Betriebsanlagenänderung die Voraussetzungen des § 359b Abs 2 leg cit erfülle und das gewerberechtliche Genehmigungsverfahren in vereinfachter Form durchzuführen sei, aus mehreren Gründen unrichtig. So sei weder dem Bescheid, noch den sonstigen Aktenbestandteilen zu entnehmen, ob die Räumlichkeiten – wie im bekämpften Bescheid angeführt – tatsächlich nicht mehr als 800 m2 betragen bzw die elektrischen Anschlussleistungen 300 kW nicht übersteigen. Gemäß ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung habe die Behörde im vereinfachten Genehmigungsverfahren eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Eine diesbezügliche Überprüfung wurde jedoch unterlassen und sei der Bescheid bereits aus diesem Grund rechtswidrig. Zudem sei § 359b Abs 3 leg cit zu entnehmen, dass die Norm lediglich dann zur Anwendung gelange, wenn zu erwarten sei, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen vermieden werden würden. Wie bereits im erstinstanzlichen Verfahren ausführlich dargelegt, gehe vom Betriebslokal eine massive Lärmimmission aus. Folglich könne eine Gesundheitsgefährdung der unmittelbar angrenzenden Nachbarn nicht ausgeschlossen werden. Auch die Geruchsbeeinträchtigung aufgrund der rauchenden Gäste vor dem Lokal sei eklatant. Diese bereits jetzt schon unzumutbare Situation werde durch die Verlängerung der Betriebszeiten weiter verschärft und stelle sohin eine Gesundheitsgefährdung dar. Auch ergebe sich aus der Formulierung der Erstbehörde, wonach im Innenbereich ca. 50 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden, dass eine genaue Überprüfung der tatsächlich bestehenden Verhältnisse nicht vorgenommen worden sei. Darüber hinaus fehle es der gegenständlich relevanten Verordnung an Bestimmtheit, zumal sich diese auf das Waffengewerbe und nicht das Gastgewerbe beziehe. Die gesetzliche Grundlage der Verordnung sei daher außer Kraft getreten und sei diese folglich nicht anwendbar. Auch stelle die vorbezeichnete Verordnung lediglich darauf ab, dass die im Lokal abgespielte Musik leiser sei als der „übliche Gesprächston der Gäste“. Dies bedeute jedoch, dass die Musik an die Lautstärke der Gäste angepasst werden könne. Von „Hintergrundmusik“ könne sohin nicht die Rede sein. Insgesamt ergebe sich, dass die Voraussetzungen für die Genehmigung der Betriebsanlagenänderung nicht gegeben seien und das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 359b GewO 1994 nicht anzuwenden sei.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 18.11.2019 legte der Verhandlungsleiter einleitend die rechtliche Situation des § 359b GewO 1994 dar, und zwar insbesondere, dass nach § 359b Abs 1 Z 2 leg cit die Parameter 800 m2 und 300 kW maßgeblich sind. Nach Einsichtnahme in den historischen Akt konnte festgestellt werden, dass die gegenständliche Betriebsanlage maximal 100 m2 aufweist. Zur Ausstattung der Musikanlage erklärte der Genehmigungswerber, dass nur haushaltübliche Geräte vorhanden sind. Auch erklärte der anwesende gewerbetechnische Sachverständige, dass der Anschlusswert derartiger Geräte in Summe keinesfalls über 50 kW liegt. Der gewerbetechnische Sachverständige führte zudem zur Frage, wie sich Hintergrundmusik definiert, wie folgt aus:

„Im Praxisleitfaden für Gastgewerbe, welcher eine Richtlinie nach dem Stand der Technik wiederspiegelt, wird für die Interpretation von Hintergrundmusik grundsätzlich auf die ÖNORM S 5012 und deren Definition verwiesen:

- Musik, welche die Atmosphäre in einem Lokal akustisch untermalt

- unauffällig

- Verbleiben im Hintergrund

- geringer Dynamikumfang

- keine hervortretenden Frequenzen

- in der Regel ohne Text

- ohne auffällige Rhythmen

Hintergrundmusik ist nicht dazu bestimmt, bewusst wahrgenommen zu werden. Zur Definition von Hintergrundmusik mit 65 dB wird ausgeführt, dass dies gem ÖAL Nr 33 Ausgabe November 1990 definiert wurde, dabei wurde von einem Level La,1 und 65 dB ausgegangen. Mit dem Bericht BE 168 „Begrenzung der Schallemissionen durch Musikanlagen“, herausgegebenen vom Umweltbundesamt im Jänner 2000 wurde noch entgegnet, dass der La,1 von 65 dB als mittlerer Spitzenpegel angesehen wird und der Laeq mit 58 dB zu verstehen ist, wobei hierzu Ringversuche durchgeführt wurden und die Differenz zwischen Laeq und La,1 bei üblichen Musikstücken jeweils 7 dB betrug. Zum Laeq ist festzuhalten, dass dieser mit rosa Rauschen einzustellen ist. Demgemäß ist Hintergrundmusik im heutigen Fachjargon mit 58 dB zu verstehen. Zusammenfassend ist daher aus meiner fachtechnischen Sicht im gegenständlichen Fall nicht von einer Hintergrundmusik auszugehen, zumal hier ja eine Limitierung auf 65 dB vorgenommen wurde. Nichts desto trotz ändert sich das Ergebnis des vorliegenden Gutachtens des GG nicht. Aus fachlicher Sicht ist aufgrund des vorliegenden Gutachtens auch bei einer Musikdarbietung von 65 dB mit keiner unzumutbaren Belästigung bei den nächstgelegenen Nachbarn zu rechnen.“

Zudem übersandte der Genehmigungswerber nachfolgendes, mit 16.1.2020 datiertes, Schreiben an das erkennende Gericht, welche Angaben einen integrierten Bestandteil dieser Entscheidung darstellen:

„Aufstellung Elektrogeräte, Café EE, Adresse 1, Z

Gerät                                    Leistung

TV Samsung                   0,1 kW

Dartgerät 1                   0,5 kW

Dartgerät 2                   0,5 kW

Kühlvitrine                    0,5 kW

Eiswürfelmaschine           0,8 kW

Verstärker                    0,6 kW

Modem                     0,4 kW

Tablet und Drucker          0,1 kW

Kaffeemaschine           3 kW

Weinkühlschrank           0,5 kW

Kühl Pult                    1 kW

Heißluftofen                    2 kW

Tischgrill 1                    1,8 kW

Tischgrill 2                    1,8 kW

Kühlschrank Zipfer 1  0,5 kW

Kühlschrank Zipfer 2  0,5 kW

Kühlschrank Coca-Cola 0,8 kW

Tiefkühlschrank           0,4 kW

Toaster                    1 kW

Eiskühler                    0,5 kW

Kühlung Bier                    0,8 kW

Heizung                    16 kW

Lüftung                    3 kW

TV Gerät 2                   0,1 kW

Wettautomat                    0,5 kW

Tiefkühltruhe Keller           0,4 kW

Gesamt                    38,1 kW“

Beweis wurde weiters aufgenommenen durch Einsichtnahme in den behördlichen Akt.

II.      Sachverhalt und Beweiswürdigung

Auf Ebene des Sachverhaltes wird – soweit entscheidungsrelevant – festgestellt wie folgt:

Das Ausmaß der gegenständlichen Betriebsanlage inklusive der hiermit beantragten Änderungen beträgt 83,49 m2, wobei sich dieser Wert wie folgt errechnet:

Lokal:      71,44 m2

Küche:      8,75 m2

Pers. WC:  1,92 m2

Vorr. WC:  1,38 m2

Gesamt sohin: 83,49 m2

Die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte liegt nach der einen integrierten Bestandteil dieser Entscheidung darstellenden Eingabe vom 16.1.2020 bei 38,1 kW.

Diese Feststellungen ergeben sich zum einen aus dem Akteninhalt der belangten Behörde (so z.B. anschaulich aus dem Erdgeschoßplan – Grundriss M 1:100 zum Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 13.5.2009, Zl. ***) zum anderen aus dem, einen integrierenden Bestandteil des Erkenntnisses bildenden, Schreiben des Genehmigungswerbers vom 16.1.2020.

III.    Rechtsgrundlagen

Die hier maßgebliche Bestimmung der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194 idF. BGBl I 2017/96 lautet wie folgt:

„§ 359b.

(1) Ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren gemäß Abs. 2 bis 4 ist durchzuführen, wenn

         1.       jene Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, deren Verwendung die Genehmigungspflicht begründen könnte, ausschließlich solche sind, die in Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 oder Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind oder die nach ihrer Beschaffenheit und Wirkungsweise vornehmlich oder auch dazu bestimmt sind, in Privathaushalten verwendet zu werden, oder

         2.       das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m² beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt oder

         3.       die Art der Betriebsanlage in einer Verordnung nach Abs. 5 genannt ist oder

         4.       das Verfahren eine Spezialgenehmigung (§ 356e) betrifft oder

         5.       bei einer nach § 81 genehmigungspflichtigen Änderung hinsichtlich der Betriebsanlage einschließlich der geplanten Änderung einer der in Z 1 bis 4 festgelegten Tatbestände erfüllt ist.

(2) Ergibt sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen (§ 353), dass zumindest eine der Voraussetzungen des Abs. 1 erfüllt ist, so hat die Behörde das Projekt mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass die Projektunterlagen innerhalb eines bestimmten, drei Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können. Für diese Bekanntgabe ist § 356 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden. Innerhalb dieser Frist können Nachbarn (§ 75 Abs. 2) einwenden, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Erheben sie innerhalb der gesetzten Frist keine diesbezüglichen Einwendungen, endet die Parteistellung. Auf diese Rechtsfolge ist in der Bekanntmachung ausdrücklich hinzuweisen. § 42 Abs. 3 AVG gilt sinngemäß. Darüber hinaus gehend steht den Nachbarn keine Parteistellung zu.

(3) Nach Ablauf der in der Bekanntgabe angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn und, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs. 2 sowie der gemäß § 77 Abs. 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen.

(4) Der Bescheid gemäß Abs. 3 gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat binnen zwei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und dessen Beilagen (§ 353) zu entscheiden. Die Verwaltungsgerichte der Länder haben spätestens zwei Monate nach Einlangen der Beschwerde gegen den Bescheid zu entscheiden. IPPC-Anlagen und Betriebe im Sinne des § 84b Z 1 sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

(5) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat durch Verordnung Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die dem vereinfachten Verfahren gemäß Abs. 2 bis 4 zu unterziehen sind, weil auf Grund der vorgesehenen Ausführung der Anlagen (insbesondere der Beschaffenheit und Wirkungsweise der Maschinen, Geräte und Ausstattungen der Anlage, der elektrischen Anschlussleistung der eingesetzten Maschinen und Geräte, der Betriebsweise, der räumlichen Ausdehnung der Anlage, der Art und Menge der in der Anlage gelagerten, geleiteten, umgeschlagenen, verwendeten oder hergestellten Stoffe) nach Art, Ausmaß und Dauer der Emissionen dieser Anlagen zu erwarten ist, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen hinreichend geschützt und Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden.

(6) Der Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft durch Verordnung jene Arten von Betriebsanlagen zu bezeichnen, die aus Gründen des vorsorgenden Umweltschutzes jedenfalls nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, auch wenn im Einzelfall eine derartige Anlage die Voraussetzungen für die Anwendung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens erfüllt.

IV.      Rechtliche Erwägungen

Nach § 359b Abs 1 GewO 1994 ist ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren u.a. dann durchzuführen, wenn das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt und die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt (Z 2). Nach der GewRNov 2017 II ist die Prognose der Unbedenklichkeit der Immissionen nicht mehr Teil der Prüfung der zutreffenden Verfahrensart (sog Einzelfallprüfung), sondern zentraler Teil der inhaltlichen Bewertungen im Rahmen des vereinfachten Genehmigungsverfahrens (EB 2017). Es kommt somit nur mehr auf die Erfüllung einer der in Abs 1 Z 1 bis 5 genannten Voraussetzungen an.

Im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren kommt den Nachbarn nicht die Stellung als Partei, sondern nur ein Anhörungsrecht zu. Dieses Anhörungsrecht vermittelt ihnen aber keinen Anspruch auf die Berücksichtigung bestimmter (materieller) Interessen. Lediglich zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben sind, kommt den Nachbarn eine insoweit eingeschränkte Parteistellung zu. Diese eingeschränkte Parteistellung ist auf die Frage beschränkt, ob die Voraussetzungen und in diesem Sinne die Kriterien für die Anwendung des vereinfachten Verfahrens nach § 359b GewO 1994 erfüllt sind. Darüber hinaus kommen dem Nachbarn keine weiteren subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte zu; insb. kein Recht auf Nichtgenehmigung der Betriebsanlage wegen Nichtvorliegens der in § 74 Abs 2 normierten Voraussetzungen (vgl. Wendl in Stolzlechner/Wendl/Bergthaler (Hrsg), Die gewerbliche Betriebsanlage4, 2016, Rz 271 mit weiteren Hinweisen auf die Judikatur des VwGH).

Aufgrund der getroffenen Feststellungen ergibt sich unzweifelhaft, dass die gegenständliche Betriebsanlage auch unter Berücksichtigung der nunmehr beantragten Öffnungszeitenänderung die in § 359b Abs 1 Z 2 leg cit genannten Parameter bei weitem nicht überschreitet (Ausmaß der Betriebsanlage von 83,49 m2, elektronische Anschlussleistung von 38,1 kW). Daraus folgt, dass das vereinfachte Genehmigungsverfahren nach § 359b Abs 1 jedenfalls nach der Z 2 iVm Z 5 leg cit durchzuführen gewesen ist.

Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auf § 1 Z 1 der Verordnung des Bundeministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, BGBl 1994/850 idF BGBl II 1999/19, wonach für Betriebsanlagen zur Ausübung des Gastgewerbes, in denen bis zu 200 Verabreichungsplätze bereitgestellt werden und in denen weder musiziert noch, zB mit einem Tonbandgerät, Musik wiedergegeben wird (davon ausgenommen ist bloße Hintergrundmusik), das vereinfachte Verfahren zur Anwendung gelangt. Dies geht auch aus der Begründung des Bescheids hervor. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens steht jedoch fest, dass im gegenständlichen Fall nicht von Hintergrundmusik auszugehen ist, wenngleich eine Lärmbelästigung der Nachbarn – bei Einhaltung des vorgeschriebenen lärmtechnischen Auftrages - nicht zu befürchten sei (so der lärmtechnische Amtssachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol). Nichts desto trotz erfüllt die gegenständliche Betriebsanlage - wie erwähnt - die Parameter des § 359b Abs 1 Z 2 GewO 1994, sodass der Spruch des angefochtenen Bescheides entsprechend zu korrigieren war.

Da den Beschwerdeführern im vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren lediglich hinsichtlich der Frage der Verfahrensart Parteistellung zukommt, war auf das weitwendige Vorbringen zu den befürchteten Lärm- und Geruchsemissionen nicht näher einzugehen.

Die Beschwerde der Nachbarn AA und BB erweist sich daher, was die gewählte Verfahrensart betrifft, als unbegründet und im Übrigen als unzulässig. Zumal Herr CC lediglich Eigentümer der gegenständlichen Wohnung ist und in Y wohnt (so schon die Angaben in der Beschwerde) und sohin eine persönliche Belästigung/Gefährdung ausgeschlossen ist, erweist sich seine Beschwerde als unzulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist sowohl im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren als auch im gegenständlichen führerscheinrechtlichen Verfahren unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war daher auszuschließen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Sie haben die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Triendl

(Richter)

Schlagworte

Änderung der Betriebszeit bei der bestehenden Betriebsanlage; Nachbarn kommt nur ein Anhörungsrecht zu; eingeschränkte Parteistellung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.22.1896.3

Zuletzt aktualisiert am

06.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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