TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/29 LVwG-2019/47/2289-3

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Veröffentlicht am 29.01.2020
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Entscheidungsdatum

29.01.2020

Index

L46007 Jugendförderung Jugendschutz Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

JSchG Tir 1994 §18 Abs4 lita
JSchG Tir 1994 §12 Abs1
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Keplinger über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.09.2019, Zl *****, betreffend eine Übertretung nach dem Tiroler Jugendgesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid vom 06.09.2019, Zl *****, legte die Bezirkshauptmannschaft Y dem AA zur Last, er habe am 11.08.2019, um 00:40 Uhr, im Festzelt des BB, in X, als Aufsichtsperson des Jugendlichen CC, geb. am XX.XX.XXXX, im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihm Zumutbaren nicht dafür gesorgt, dass die geltenden Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Der Jugendliche habe entgegen der Bestimmung des § 18 Abs 3 Tiroler Jugendgesetz am 11.08.2019, um 00:40 Uhr, in X im Festzelt des BB gebrannte alkoholische Getränke bzw eine Mischung, die gebrannte alkoholische Getränke enthält („DD“) in der Öffentlichkeit konsumiert. Dadurch habe er gegen § 12 Abs 1 iVm § 18 Abs 3 Tiroler Jugendgesetz 1993 verstoßen. Gemäß § 45 Abs 1 Z 4 VStG 1991 wurde von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem nunmehrigen Beschwerdeführer eine Ermahnung zu erteilen war, um ihn vom Unrechtsgehalt der Übertretung in Kenntnis zu setzen und ihn von weiteren solchen strafbaren Handlungen abzuhalten. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität der Beeinträchtigung durch die Tat sowie das Verschulden des Beschuldigten wurde als gering bewertet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 10.10.2019 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol und beantragte die Aufhebung des Bescheides und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht. Begründend führte der Beschwerdeführer auf das Wesentlichste zusammengefasst aus, dass seinem Sohn zum Tatzeitpunkt ein Getränk („DD“) spendiert worden sei, welches er eigentlich gar nicht möge. Er wisse, dass er dieses Getränk nicht konsumieren dürfe und habe nur höflichkeitshalber einen Schluck davon gemacht und das Getränk dann unverzüglich abgestellt. In der Familie des Beschwerdeführers werde immer ein großer Wert auf die Einhaltung von Gesetzen gelegt und werde auch dafür Sorge getragen, dass die Bestimmungen des Jugendgesetzes eingehalten werden. In Anbetracht der vom Tiroler Jugendgesetz geregelten Ausgehzeiten für Jugendliche treffe aus Sicht des Beschwerdeführers vielmehr den Veranstalter die Verpflichtung für die Einhaltung des Jugendgesetzes Sorge zu tragen.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt, die Einholung eines Verwaltungsstrafregisterauszuges des CC (Beilage A zu OZ 2), eines Verwaltungsstrafregisterauszuges des AA (Beilage B zu OZ 2), der Einvernahme des Beschwerdeführers, des Zeugen CC und des Zeugen EE in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 09.01.2020 (OZ 2).

II.      Sachverhalt:

Am 10./11.08.2019 fand in X das BB statt. Dieses Fest wurde vom Jugendlichen CC, geb. am XX.XX.XXXX, mit Freunden besucht. Zum Tatzeitpunkt war der Jugendliche 16 Jahre alt. Der Beschwerdeführer ist der Vater des Jugendlichen und war diesem bekannt, dass sein Sohn das Fest besuchen wird. Mit dem Jugendlichen wurde besprochen wie dieser vom Fest nach Hause kommt und bot der Vater auch an, diesen abzuholen. Dem Sohn des Beschwerdeführers sind die Bestimmungen des Jugendgesetzes hinsichtlich des Alkoholkonsums bekannt und bestand für den Vater keine Veranlassung an der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen durch den Veranstalter des Festes zu zweifeln. Er konnte davon ausgehen, dass der Veranstalter dafür Sorge trägt, dass die Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes eingehalten werden. Der Jugendliche ist hinsichtlich des nicht erlaubten Konsums von Alkohol noch nicht negativ in Erscheinung getreten.

Beim BB wurden sogenannte Jugendschutzbänder ausgegeben. Der Sohn des Beschwerdeführers trug ein seiner Altersklasse entsprechendes Jugendschutzband.

Eine Streife der Polizeiinspektion X führte im Rahmen des Festes Schwerpunktkontrollen nach den Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes durch. Für die Durchführung der Jugendschutzkontrolle positionierten sich EE und sein Kollege gegen 00:30 Uhr im Festzelt. Gegen 00:40 Uhr kam der Jugendliche CC mit einem Getränk in der Hand von der „Schnapsbar“. Er nahm einen Schluck von diesem Getränk. Bei diesem Getränk handelte es sich um ein „DD“. Dem Sohn des Beschwerdeführers war bewusst, dass es sich dabei um ein Mixgetränk aus einem gebrannten alkoholischen Getränk handelt, welches er nicht konsumieren darf. Das Getränk wurde vom Jugendlichen, nachdem er ein oder zweimal davon probierte, abgestellt.

Gegen 00:40 Uhr wurde der Jugendliche CC von EE aufgehalten und führte dieser eine Identitätskontrolle durch. Im Rahmen dieser Amtshandlung wurde der Jugendliche auf die Bestimmungen des Jugendgesetzes hingewiesen. Nach Durchführung der Amtshandlung verlies der Jugendliche das Festzelt und wurde vom Beschwerdeführer abgeholt.

III.     Beweiswürdigung:

Aufgrund der übereinstimmenden Aussagen des Inspektor EE und des Jugendlichen CC konnte festgestellt werden, dass der Jugendliche zum Tatzeitpunkt im Festzelt des BB ein Mischgetränk, welches gebrannte alkoholische Getränke enthält („DD“), konsumierte. Es wurde nicht bestritten, dass es sich bei einem „DD“ um ein Mischgetränk handelt, welches ein gebranntes alkoholische Getränk enthält.

 

Sowohl der Beschwerdeführer als auch sein Sohn haben glaubwürdig angegeben, dass der Beschwerdeführer über den Besuch seines Sohnes des BB Bescheid wusste. Auch die Angaben des Beschwerdeführers und des Jugendlichen, dass auch das Heimkommen des Jugendlichen und seiner Freunde mit deren Erziehungsberechtigten abgesprochen war, waren glaubwürdig. Der Beschwerdeführer und sein Sohn, legten außerdem glaubwürdig dar, dass diesem die Jugendschutzbestimmungen hinsichtlich des Alkoholkonsums bekannt sind. Darüber hinaus bestand für das Gericht kein Zweifel daran, dass der Beschwerdeführer die Verantwortung des Veranstalters hinsichtlich der Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen nicht in Frage stellte. Es ist nachvollziehbar und keinesfalls lebensfremd, dass ein Erziehungsberechtigter bei einer derart großen Veranstaltung davon ausgeht, dass der Veranstalter ausreichend dafür Sorge trägt, dass Alkohol nur an jene Personen ausgeschenkt wird, welche diesen auch konsumieren dürfen.

Die Aussage des Jugendlichen und des Polizisten stimmten dahingehend überein, dass der Jugendliche das Getränk, nachdem er ein bis zwei Schluck davon genommen hat, abgestellt hat. Dies untermauert auch wiederum die Glaubwürdigkeit des Zeugen hinsichtlich der Aussage, dass ihm das Getränk gar nicht geschmeckt habe und er es daher nach dem Probieren wieder abgestellt habe.

Aufgrund der unterschiedlichen Aussagen des Zeugen CC und des Zeugen EE über den Erhalt des Getränks konnte nicht festgestellt werden, von wem der Jugendliche das Getränk erhalten hat.

IV.      Rechtslage:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG 1991), BGBl Nr 52/1991 idF BGBl I Nr 58/2018, lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

              1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

              2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

              3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

              4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

              5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;

              6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

(…)“

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes, LGBl Nr 4/1994, idF LGBl Nr 7/2019, lauten auszugsweise wie folgt:

„Schutz der Jugend

§ 11

Begriffsbestimmungen

(1) Kinder sind Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

(2) Jugendliche sind Personen zwischen dem vollendeten 14. und dem vollendeten 18. Lebensjahr.

(3) Aufsichtspersonen sind

a) die Eltern(-teile) und jene Personen, die nach bürgerlichem Recht erziehungsberechtigt sind;

b) Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr,

1.       die im Einvernehmen mit Personen nach lit. a die Erziehung beruflich, vertraglich oder sonst nicht bloß vorübergehend ausüben, oder

2.       denen die Aufsicht über Kinder oder Jugendliche von Personen nach lit. a oder Z 1 nur vorübergehend anvertraut worden ist, oder

3.       die im Rahmen einer Jugendorganisation mit der Führung von Kindern oder Jugendlichen betraut sind.

§ 12

Allgemeine Pflichten

(1) Aufsichtspersonen haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des ihnen Zumutbaren dafür zu sorgen, daß die für Kinder und Jugendliche geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes und der Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes eingehalten werden.

(2) Unternehmer, Veranstalter und deren Beauftragte haben auf die für ihre Tätigkeit anwendbaren Bestimmungen dieses Gesetzes und der Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes in jenen Räumen und auf jenen Grundstücken, in denen bzw. auf denen sie ihre Tätigkeit ausüben, gut sichtbar hinzuweisen. Dies gilt nicht, soweit bereits auf Grund bundesgesetzlicher Vorschriften eine gleichartige Verpflichtung besteht. Sie haben weiters im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des ihnen Zumutbaren auch durch sonstige geeignete Maßnahmen, insbesondere durch mündliche Aufklärung, Feststellung des Alters von Kindern oder Jugendlichen, Verweigerung des Zutrittes oder Verweisung aus Räumen oder von Grundstücken für die Einhaltung dieses Gesetzes und der Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes zu sorgen.

§ 18

Alkoholische Getränke und Zubereitungen

(1) An Kinder und Jugendliche dürfen alkoholische Getränke und Zubereitungen (Pulver, Tabletten, Kapseln, Konzentrate und dergleichen), die der Herstellung alkoholischer Getränke dienen, nicht weitergegeben werden, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist.

(2) An Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr dürfen alkoholische Getränke, ausgenommen

a)       gebrannte alkoholische Getränke und

b)       Mischungen, die gebrannte alkoholische Getränke enthalten, unabhängig davon, ob sie vorgefertigt sind (z. B. Alkopops) oder selbst hergestellt werden, weitergegeben werden.

(3) Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr dürfen alkoholische Getränke nicht erwerben oder in der Öffentlichkeit konsumieren, soweit im Abs. 4 nichts anderes bestimmt ist.

(4) Kinder und Jugendliche dürfen

a)       gebrannte alkoholische Getränke und Mischungen im Sinne des Abs 2 lit. b nicht erwerben oder konsumieren und

b)       Zubereitungen im Sinne des Abs. 1 nicht erwerben oder verdünnt oder unverdünnt konsumieren.“

V.       Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe als Aufsichtsperson des Jugendlichen CC nicht im Rahmen seiner Möglichkeiten und des ihm Zumutbaren dafür Sorge getragen, dass die Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes eingehalten werden. Der Beschwerdeführer ist der Vater des Jugendlichen CC und sohin Aufsichtsperson gemäß § 11 Abs 3 Tiroler Jugendgesetz.

CC, geb. am XX.XX.XXXX, ist gemäß § 11 Abs 2 Tiroler Jugendgesetz Jugendlicher. Kinder und Jugendliche dürfen gemäß § 18 Abs 4 lit a Tiroler Jugendgesetz gebrannte alkoholische Getränke und Mischungen, die gebrannte alkoholische Getränke enthalten, unabhängig davon, ob sie vorgefertigt sind (zB Alkopops) oder selbst hergestellt werden, nicht erwerben oder konsumieren. Der Jugendliche CC konsumierte zum Tatzeitpunkt am angegebenen Tatort ein Mischgetränk (wenn auch nur ein bis zwei Schluck davon), welches ein gebranntes alkoholisches Getränk enthält. Es liegt sohin ein Verstoß gegen die Bestimmung in § 18 Abs 4 lit a Tiroler Jugendgesetz vor.

Gemäß § 12 Abs 1 Tiroler Jugendgesetz haben Aufsichtspersonen im Rahmen ihrer Möglichkeiten und des ihnen Zumutbaren dafür Sorge zu tragen, dass die für Kinder und Jugendliche geltenden Bestimmungen dieses Gesetzes und der Verordnungen aufgrund dieses Gesetzes eingehalten werden.

Gemäß den geltenden Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes war es dem Jugendlichen erlaubt, ohne Begleitung von Aufsichtspersonen eine Veranstaltung wie das BB zu besuchen und unterlag er aufgrund seines Alters auch keinen reglementierten Ausgehzeiten gemäß den Bestimmungen des Jugendgesetzes mehr. Der Beschwerdeführer wusste als Aufsichtsperson des Jugendlichen über dessen Besuch des Festes Bescheid und wurde mit diesem auch die Möglichkeit des Heimkommens (eventuelle Abholung durch den Vater) vor dem Besuch des Festes besprochen. Zudem ist der Jugendliche hinsichtlich des unerlaubten Konsums von Alkohol bislang noch nicht negativ aufgefallen. Eine strengere als jene für einen Jugendlichen in diesem Alter sonst übliche Aufsicht des Erziehungsberechtigten war aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes daher nicht geboten.

Der Tiroler Landesgesetzgeber stellt bei den Verpflichtungen der Aufsichtspersonen darauf ab, dass die Aufsichtspflicht im Rahmen der Möglichkeit der Aufsichtsperson und des ihm Zumutbaren liegen muss. Die Novellierung des Tiroler Jugendschutzgesetzes 1974 mit LGBl Nr 4/1994 (Inkrafttreten des Tiroler Jugendschutzgesetzes 1994) lockerte die bis zum damaligen Zeitpunkt ohne jede Einschränkung geltende Aufsichtspflicht der Aufsichtspersonen auf. Der Landesgesetzgeber begründete dies damit, dass es weder zumutbar noch sinnvoll ist, die unter Strafsanktion stehende Verpflichtung in der derzeitigen Form aufrecht zu erhalten, weil dies letztlich bedeuten würde, dass die Aufsichtsperson jeden Schritt eines Kindes oder Jugendlichen überwachen müsste (Erläuternde Bemerkungen zum Entwurf eines Tiroler Jugendschutzgesetzes 1994).

Die im Tiroler Jugendgesetz normierten Verpflichtungen der Aufsichtspersonen sind zwar zweifelsfrei streng auszulegen, dürfen aber auch nicht überspannt werden. Das Tiroler Jugendgesetz sieht vor, dass Jugendliche nach Vollendung des sechzehnten Lebensjahres keinen reglementierten Ausgehzeiten mehr unterliegen und ist es aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes daher einer Aufsichtsperson eines Jugendlichen nicht zumutbar jeden Schritt des Jugendlichen zu verfolgen.

Der Sohn des Beschwerdeführers ist bisher bezüglich des Konsums von Alkohol noch nicht negativ aufgefallen und war der Besuch des BB sowie auch das Heimkommen des Jugendlichen mit dessen Vater abgesprochen. Es ist nicht die Intention des Landesgesetzgebers, dass eine Aufsichtsperson Jugendliche jederzeit beim Ausgehen hinsichtlich ihres Alkoholkonsums überwachen muss.

Vielmehr ist es auf derartigen Veranstaltungen die Pflicht des Veranstalters, dass die Bestimmungen des Tiroler Jugendgesetzes insbesondere betreffend den Alkoholkonsum eingehalten werden. Diesbezüglich hat der Veranstalter durch die Ausgabe von Jugendschutzbändern auch dafür Sorge getragen und konnte der Vater des Beschwerdeführers auch davon ausgehen, dass der Veranstalter eines derart großen Zeltfestes auf die Einhaltung der Jugendschutzbestimmungen achtet.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.09.2019, Zl *****, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe gegen § 12 Abs 1 iVm § 18 Abs 3 Tiroler Jugendgesetz verstoßen. Gemäß § 18 Abs 3 Tiroler Jugendgesetz ist es Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr untersagt, alkoholische Getränke zu erwerben oder in der Öffentlichkeit zu konsumieren. In gegenständlichem Fall hatte der Jugendliche CC das sechzehnte Lebensjahr bereits vollendet und lag der Konsum einer Mischung, die gebrannte alkoholische Getränke enthält, vor. Es wurde durch den Konsum des Getränks („DD“) nicht gegen § 18 Abs 3 Tiroler Jugendgesetz, sondern gegen § 18 Abs 4 lit a Tiroler Jugendgesetz verstoßen.

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid hat die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beschuldigten festgestellt und eine Ermahnung erteilt. Dieser Feststellung konnte das Landesverwaltungsgericht nicht folgen, da es aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes dem Beschwerdeführer als Aufsichtsperson nicht möglich und zumutbar war, dafür Sorge zu tragen, dass der Jugendliche nicht gegen § 18 Abs 4 lit a Tiroler Jugendgesetz verstößt. Der Beschwerdeführer ist seiner allgemeinen Aufsichtspflicht aus Sicht des erkennenden Gerichtes dahingehend nachgekommen, als er über den Besuch seines Sohnes des Festes Bescheid wusste und mit diesem dessen Möglichkeit nach Hause zu kommen, besprochen hat und diesem auch angeboten hat ihn abzuholen. Eine Verpflichtung zur Beaufsichtigung des Jugendlichen durch seinen Vater am Zeltest, welches dieser mit Freunden besuchte, wäre in jedem Fall überschießend.

Im gegenständlichen Fall kann dem Beschwerdeführer nach Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes keine Sorgfaltswidrigkeit gemäß § 12 Abs 1 Tiroler Jugendgesetz nachgewiesen werden.

Für die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs 4 VStG ist das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannter Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden (subjektive Tatseite) und lediglich unbedeutende Folgen einer Tat (objektive Tatseite) vorausgesetzt (VwGH 20.06.2016, Ra 2016/02/065, 09.09.2016, Zl Ra 2016/02/0118, 16.12.2016, Ra 2014/02/0087). In gegenständlichem Fall ist weder die subjektive, noch die objektive Tatseite der vorgeworfenen Übertretung erfüllt und lagen daher die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ermahnung nicht vor.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In gegenständlicher Entscheidung wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen und liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Keplinger

(Richterin)

Schlagworte

Alkoholkonsum; Aufsichtspflicht;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2019.47.2289.3

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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