TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/30 LVwG-2020/35/0208-1

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Veröffentlicht am 30.01.2020
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Entscheidungsdatum

30.01.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VVG §1a Abs1 Z1
VVG §3 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Christ über die Beschwerde von Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.9.2019, ***** ua, betreffend die Pfändung und Überweisung von Arbeitseinkommen

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensablauf:

1. Zum angefochtenen Bescheid vom 23.9.2019, ***** ua:

Aufgrund offener Verfahrenskosten entschied die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid wie folgt:

„Gemäß § 290a i.V.m. §§ 291 a)-b) Exekutionsordnung wird dem Verpflichteten Herrn AA, geb. am XX.XX.XXXX, wohnhaft in Z, Adresse 1, gegen den/die Drittschuldner(in) Firma BB GesmbH., Lohnverrechnung, Adresse 2, Y zustehende Lohn- bzw. Gehaltsforderung zur Einbringung der offenen Verfahrenskosten in Höhe von EURO 168,o6 gepfändet. Es wird hiermit dem/der Drittschuldner(in) verboten, an den/die Verpflichteten zu bezahlen. Gleichzeitig wird dem/der Verpflichteten jede Verfügung über die Lohn- bzw. Gehaltsforderung und die Einziehung derselben untersagt. Die gepfändete und überwiesene Forderung ist gemäß § 291a EO beschränkt pfändbar. Die Beträge, die dem Verpflichteten als unpfändbar zu verbleiben haben, ergeben sich aus den jeweils mit der Existenzminimum-Verordnung kundgemachten Tabellen 1. Die verpflichtete Partei hat den Drittschuldner unverzüglich ihre allfälligen Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.

Weiteres ist die beigeschlossene Drittschuldnererklärung ausgefüllt unverzüglich zu retournieren. Die einbehaltenen Geldbeträge sind auf das Konto der Bezirkshauptmannschaft Y, Konto Nr.: *****, BLZ *****, Swift Code: *****, Iban-Code: ***** bei der CC oder bar bei der Bezirkshauptmannschaft Y, Amtskasse, Adresse 3, Y einzuzahlen.“

Der angefochtene Bescheid wurde Herrn AA am 26.9.2019 mittels Hinterlegung zugestellt.

2. Beschwerde:

Gegen den unter Z 1 genannten Bescheid erhob Herr AA Beschwerde, welche am 23.10.2019 mittels Online-Formular an die Bezirkshauptmannschaft Y übermittelt und wie folgt begründet wurde:

„Meines Erachtens hat es die Behörde verabsäumt, zumindest teilweise, innert der gesetzlichen Frist den offenen Betrag einzutreiben, weshalb zumindest teilweise Verjährung eingetreten ist. Ausserdem ist gegenständlicher Bescheid meiner Meinung nach lückenhaft, es wurde sich nicht die Mühe gemacht detailiert aufzulisten wieviel zu jeder einzelnen Geschäftszahl offen ist, ausserdem hätte der Behörde im Vorhinein klar sein können, dass der Bescheid ergebnislos verlaufen wird.“

Beantragt wurde wie folgt:

„Ich beantrage die gänzliche Aufhebung des Bescheides vom 23. September 2019 aufgrund mehrerer offener rechtlicher Fragen. In eventu beantrage ich nach Prüfung des Aktes den Bescheid dahingehend abzuändern, dass verjährte Kosten, widerrechtliche Gebühren herauszurechnen sind und ein korrekter Betrag anzugeben ist.“

II. Rechtliche Erwägungen:

1. Zur Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde:

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichts Tirol, in der vorliegenden Rechtssache zu entscheiden, gründet in der Bestimmung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG, wonach über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte erkennen.

Das Landesverwaltungsgericht ist in der gegenständlichen Angelegenheit gem Art 131 Abs 1 B-VG zuständig, zumal sich aus den Abs 2 und 3 dieser Bestimmung keine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts des Bundes ergibt.

Die Beschwerde wurde innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist eingebracht und ist insofern rechtzeitig. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte ist die vorliegende Beschwerde auch zulässig.

2. Zur Sache:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des VVG (§§ 1a und 3) lauten auszugsweise wie folgt:

„§ 1a. (1) Die Vollstreckung von Verpflichtungen, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse gelegen ist, ist von der Vollstreckungsbehörde

1. wenn ein von ihr selbst erlassener Bescheid zu vollstrecken ist, von Amts wegen,

2. wenn ein sonstiger Vollstreckungstitel zu vollstrecken ist, auf Ersuchen der Stelle, von der er ausgegangen ist,

einzuleiten.

(2) (…)“

„Eintreibung von Geldleistungen

§ 3. (1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) (…)“

Die gegenständliche Beschwerde erweist sich aufgrund folgender Erwägungen als begründet:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Drittschuldnerin Firma BB GesmbH verboten, Lohn- bzw Gehaltsforderungen an den Verpflichteten zu bezahlen, und dem Verpflichteten gleichzeitig jede Verfügung über die Lohn- bzw. Gehaltsforderung und die Einziehung derselben untersagt. Noch vor Zustellung des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer wurde seitens der Drittschuldnerin mitgeteilt, dass am 24.9.2019 das Dienstverhältnis mit Herrn AA gelöst worden sei, woraufhin seitens der belangten Behörde die Drittschuldnerin mit Schreiben vom 8.10.2019 über die Einstellung der Lohnpfändung mit sofortiger Wirkung informiert wurde.

Nach VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, hat das Landesverwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt dieser Entscheidung geltenden Sach- und Rechtslage auszurichten. Aufgrund des gegenständlichen Verwaltungsaktes steht aber zweifelsfrei fest, dass aufgrund der Beendigung des Dienstverhältnisses zwischen dem Restaurant BB und Herrn AA keine offenen Lohn- bzw Gehaltsforderungen bestehen und somit auch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Pfändung und Überweisung von Arbeitseinkommen im Zusammenhang mit der Drittschuldnerin nicht möglich war. Insofern fehlt es aber an der im angefochtenen Bescheid angeführten pfändbaren Forderung und damit an einer rechtlichen Grundlage für den gegenständlichen Bescheid, weshalb dieser spruchgemäß ersatzlos aufzuheben war.

Auf das weitere Beschwerdevorbringen war bei diesem Ergebnis nicht näher einzugehen.

3. Zum Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG kann eine Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht unter anderem dann entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

Diese Voraussetzung für den Entfall einer Verhandlung war im vorliegenden Fall gegeben.

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.


Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Christ

(Richter)

Schlagworte

Lohn- bzw Gehaltforderung; Pfändung; Drittschuldner;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.35.0208.1

Zuletzt aktualisiert am

05.05.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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