TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/21 96/18/0160

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Veröffentlicht am 21.04.1998
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des S, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fleischmarkt 28, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Februar 1996, Zl. SD 1158/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Februar 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bangladesh, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, die Ausweisung verfügt.

Der Beschwerdeführer sei am 8. August 1992 in das Bundesgebiet eingereist. Der ihm zuletzt erteilte Sichtvermerk habe am 30. Juni 1993 seine Gültigkeit verloren. Der Beschwerdeführer habe einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Seit Erlassung des erstinstanzlichen, diesen Antrag abweisenden Bescheides sei er jedoch nicht mehr zum Aufenthalt in Österreich berechtigt. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. März 1994 sei seine Berufung gegen diesen erstinstanzlichen Bescheid zurückgewiesen worden, sodaß seit Rechtskraft des zweitinstanzlichen Bescheides auch § 17 Abs. 4 FrG einer Ausweisung nicht mehr entgegenstehe. Der Beschwerdeführer habe gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der die Beschwerde aber als unbegründet abgewiesen habe. Am 24. Juli 1995 sei der Beschwerdeführer "von Beamten der Bezirkspolizeikommissariates Penzing" wegen Aufenthaltes ohne Aufenthaltsbewilligung und Nichtbeachtung der Meldepflicht festgenommen worden. Bezüglich der Übertretung des Fremdengesetzes sei der Beschwerdeführer mit Straferkenntnis vom 27. Juli 1995 bestraft worden.

Da sich der Beschwerdeführer somit seit der Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung illegal im Bundesgebiet befinde, bestehe kein Zweifel, daß die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG gegeben sei. In einem solchen Fall sei die Ausweisung zu verfügen, sofern dem nicht § 19 FrG entgegenstehe.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 leg. cit. betreffe, so sei mit der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme weder ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden, da sich dieser aufgrund des kurzen legalen Aufenthaltes nicht auf eine relevante Integration berufen könne, noch ein Eingriff in sein Familienleben, da keinerlei familiäre Bindungen in Österreich bestünden oder von ihm behauptet worden seien. Abgesehen davon sei die Ausweisung auch zur Verteidigung eines geordneten Fremdenwesens dringend geboten. Es sei im Interesse eines geordneten Fremdenwesens nicht vertretbar, nach einem kurzem legalen Aufenthalt entgegen der rechtskräftigen Entscheidung der Aufenthaltsbehörde und entgegen dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes durch Verzicht auf eine Ausweisung den weiteren rechtswidrigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich zu tolerieren. Der Beschwerdeführer werde daher das Bundesgebiet zu verlassen haben. Einer neuerlichen Einreise und einem Wohnsitz im Bundesgebiet stehe nichts entgegen, sobald der Beschwerdeführer eine Bewilligung dafür erhalten sollte. In seiner Berufung vom 25. August 1995 argumentiere der Beschwerdeführer damit, daß er einen neuerlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hätte. Dazu sei zu bemerken, daß die Stellung eines solchen Antrags keinesfalls die erforderliche Aufenthaltsbewilligung ersetze. Wenn der Beschwerdeführer weiters auf seinen dreijährigen Aufenthalt in Österreich poche, so sei dem zu entgegnen, daß er "aus einem unberechtigten Aufenthalt keine Vorteile ziehen" könne. Der Hinweis des Beschwerdeführers in seiner Berufung, seine gesamter Freundeskreis befände sich in Österreich, gehe insofern ins Leere, als freundschaftliche Kontakte vom Schutz des § 19 FrG nicht umfaßt seien.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn deshalb aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde läßt die Auffassung der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Auf dem Boden der unbestrittenen maßgeblichen Feststellungen, daß der dem Beschwerdeführer zuletzt erteilte Sichtvermerk am 30. Juni 1993 seine Gültigkeit verloren habe und ihm danach keine Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei, besteht gegen diese Beurteilung kein Einwand, zumal - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt - der Beschwerdeführer auch aus der bloßen Stellung eines neuerlichen Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung keine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich ableiten kann.

2.1. Die Beschwerde bekämpft indes den angefochtenen Bescheid im Grunde des § 19 FrG. Der Beschwerdeführer habe "auf wirtschaftlichem Gebiet als Zeitungskolporteur" ein Einkommen erzielt, welches ihm ermöglicht habe, seinen Unterhalt in Österreich zu bestreiten. Weiters verfüge der Beschwerdeführer in Österreich über einen Freundeskreis. Aufgrund seines mehrjährigen Aufenthalts in Österreich bestehe hier "jedenfalls eine erhebliche Integration des Beschwerdeführers". Mit der Ausweisung sei daher ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Die Behörde habe diesen Eingriff rechtsirrig nicht dem § 19 FrG unterstellt. Weiters habe der Beschwerdeführer "aufgrund seiner politischen Tätigkeit" in Bangladesh sein Heimatland verlassen müssen, da dort für ihn keine Verfolgungssicherheit gegeben gewesen sei.

2.2. Wenn dem Beschwerdeführer auch einzuräumen ist, daß das Bestehen eines Freundeskreises - entgegen der Behörde - vom Begriff des Privatlebens im Sinne des § 19 FrG erfaßt ist, ist mit seinem Vorbringen für ihn im Ergebnis nichts gewonnen.

Die Behörde ist nämlich - unter der Annahme eines mit der Ausweisung verbundenen Eingriffes in das Privatleben des Beschwerdeführers - zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, daß seine Ausweisung nach § 19 FrG dringend geboten ist. Der Beschwerdeführer hat das öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und der Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. aus der hg. Judikatur das Erkenntnis vom 4. September 1997, Zl. 97/18/0373, mwH), durch seinen unberechtigten Aufenthalt in der Dauer von etwa zwei Jahren und sieben Monaten gravierend verletzt, zumal er seinen unerlaubten Aufenthalt trotz einer (unbestrittenen) deswegen erfolgten rechtskräftigen Bestrafung und auch nach der rechtskräftigen Abweisung seines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortgesetzt hat. Zum anderen haben der nicht lange Aufenthalt des Beschwerdeführers in der Dauer von etwa dreieinhalb Jahren und eine (allfällige) daraus abzuleitende Integration nicht ein Ausmaß erreicht, das den privaten Interessen ein das besagte maßgebliche öffentliche Interesse übersteigendes Gewicht verleihen könnte. Mit seiner Behauptung über die Lage in seinem Heimatland verkennt der Beschwerdeführer, daß mit einer Ausweisung keine Aussage darüber verbunden ist, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder daß er (allenfalls) abgeschoben wird.

3. Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996180160.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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