TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/22 96/12/0326

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.04.1998
beobachten
merken

Index

L24006 Gemeindebedienstete Steiermark;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
63/02 Gehaltsgesetz;

Norm

B-VG Art7 Abs1;
DGO Graz 1957 §1 Abs2;
DGO Graz 1957 §42;
DGO Graz 1957 §77a;
GehG 1956 §13b;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des Dr. M in G, vertreten durch Dr. Peter C. Sziberth, Rechtsanwalt in Graz, Marburger Kai 47/III, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 12. September 1996, Zl. Präs. K-38/1996-13, betreffend Übergenuß und Abspruch über die dienstrechtliche Stellung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Graz hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.970,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Obermagistratsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Landeshauptstadt Graz. Nach den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens meldete der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. August 1991, daß er bei der Landtagswahl am 22. September 1991 auf der Liste der FPÖ kandidieren werde. In dem im Beschwerdefall maßgebenden Zeitraum vom 18. Oktober 1991 bis 29. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer vorerst dienstlich im Büro eines Bürgermeister-Stellvertreters als "Sekretär" verwendet. Da sich diese Tätigkeit nicht mit den eingeschränkten zeitlichen Dispositionsmöglichkeiten des Beschwerdeführers als Abgeordneter zum Stmk. Landtag vereinbaren ließ, beabsichtigte der Beschwerdeführer selbst seine Tätigkeit im Büro des Bürgermeister-Stellvertreters mit 31. März des Jahres 1993 zu beenden (vgl. das bei den Akten befindliche Schreiben des Vizebürgermeisters vom 17. März 1993). Dem Rechnung tragend wurde der Beschwerdeführer mit 1. April 1993 der Magistratsdirektion - Präsidialamt zugewiesen.

Am 15. Jänner 1996 meldete der Beschwerdeführer, daß er bei der letzten Landtagswahl wieder ein Mandat habe erringen können und am 12. Jänner 1996 als Landtagsabgeordneter angelobt worden sei. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte er dem Magistratsdirektor im wesentlichen mit, es seien bei ihm schon vor längerer Zeit Zweifel aufgetaucht, ob in seinem Fall die dienstrechtlichen Bestimmungen (Gleichwertigkeit des Dienstpostens; Höhe der Bezüge) korrekt angewendet worden seien. Jedenfalls habe er seinerzeit im August 1991 seine Kandidatur bei der Landtagswahl gemeldet; wenn er nicht ohnehin auch die Ausübung des Mandates gemeldet habe, so sei davon auszugehen, daß es sich hiebei um eine allgemein bekannte Tatsache gehandelt habe. Spätestens sei aber die Mandatsausübung mit Schreiben vom 17. März 1993 gemeldet worden, als seine "Versetzung" initiiert worden sei. Entgegen § 71 des Landesbeamtengesetzes (gemeint: § 71 DP/Stmk.) sei er in der Folge nicht auf einen gleichwertigen, zumutbaren Arbeitsplatz versetzt worden. Durch die erhebliche Minderung seines Bezuges (Entfall der Sekretärszulage) habe er den Eindruck gehabt, daß die gesetzlich vorgesehene Kürzung ohnehin vorgenommen worden sei.

Weiters sei - ungeachtet der Verweisungsnorm im § 1 Abs. 2 DO Graz - im § 42 DO Graz ausdrücklich vorgesehen, daß durch die Behinderung in der Erfüllung der dienstlichen Pflichten keine Verminderung der Bezüge bei Beamten der Landeshauptstadt Graz mit politischen Funktionen eintrete. Darüberhinaus machte der Beschwerdeführer geltend, daß der ihm 1993 zugewiesene Posten nicht gleichwertig gewesen sei und er daher gemäß § 71 des Landesbeamtengesetzes (gemeint: DP/Stmk.) eigentlich hätte außer Dienst gestellt werden müssen.

Am 5. März 1996 meldete der Beschwerdeführer, daß er sein Mandat als Abgeordneter des Stmk. Landtags zurückgelegt habe.

Mit Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz vom 8. März 1996 wurde wie folgt abgesprochen:

"1.

OMR Dr. M gebühren gemäß § 13 Abs 5 des laut § 2 Abs 1 des Stmk. Landesbeamtengesetzes, LGBl 124/1974, idF LGBl 11/1995, als Landesgesetz geltenden Gehaltsgesetzes iVm § 71 Abs 1 der als Landesgesetz geltenden Dienstpragmatik, RGBl 15/1914, idF LGBl 11/1995, und § 1 Abs 2 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz, LGBl 30/1957, idF LGBl 16/1995 (DO), für die Zeit der Ausübung seiner Funktion als Landtagsabgeordneter die Dienstbezüge in einem um 25 v.H. verminderten Ausmaß.

2.

Die in der Zeit vom 18.10.1991 bis 29.2.1996 entstandenen Übergenüsse in Höhe von brutto S 664.136,32 sind gemäß § 77 a DO zu ersetzen.

3.

Es wird festgestellt, daß OMR Dr. M seit 1.4.1993 einen Dienstposten der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse VII, bekleidet.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wird gemäß § 12 Abs 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl 29/1984, idF BGBl 665/1994, die aufschiebende Wirkung zuerkannt."

In der Begründung wird nach Darstellung des Verfahrensablaufes und der Rechtslage weiter ausgeführt, von der konstituierenden Sitzung des Landtages am 18. Oktober 1991 bis einschließlich 31. März 1993 habe der Beschwerdeführer unter Inanspruchnahme der zur Ausübung seines Mandates erforderlichen freien Zeit unverändert die Tätigkeit eines Sekretärs des Bürgermeister-Stellvertreters (ab 18. März 1993 Stadtrat) ausgeübt. Ihm hätten daher seine Dienstbezüge in einem um 25 % verminderten Ausmaß gebührt. Der auf Grund der ungekürzten Auszahlung seiner Bezüge einschließlich der Verwendungszulage als Sekretariatsbediensteter in diesem Zeitraum entstandene Übergenuß betrage brutto S 242.773,23. Dem anfänglichen Vorbringen des Beschwerdeführers, daß auf Grund des § 42 DO Graz, der gegenüber § 1 Abs. 2 DO Graz eine lex specialis darstelle, für Landtagsabgeordnete eine Verminderung der Bezüge nicht eintrete, sei entgegenzuhalten, daß eine derartige Interpretation dieser Gesetzesstelle nicht statthaft sei. Den Intentionen des Gesetzgebers sei vielmehr eindeutig zu entnehmen, daß eine den Bestimmungen für Bundes- und Landesbeamte gleichartige Regelung auch für die Beamten der Landeshauptstadt Graz getroffen worden sei. Es sei daher nach der "lex-posterior-Regel" vorzugehen, wonach die spätere Bestimmung einer früheren derogiere, diese also nicht mehr anwendbar sei. Zu prüfen sei in diesem Zusammenhang noch die Frage gewesen, ob die daraus entstandenen Ansprüche des Dienstgebers gegen den Beschwerdeführer, die teilweise über drei Jahre zurückbestünden, verjährt seien. Dies müsse aber verneint werden, weil die DO Graz im Gegensatz zum auf Bundes- und Landesbeamte anwendbaren Gehaltsgesetz keine Verjährungsbestimmungen kenne und unbestrittene Auffassung in Lehre und Rechtsprechung sei, daß im Bereich des Verwaltungsrechtes ein allgemeines Rechtsinstitut der Verjährung nicht bestehe und ein Untergehen bestimmter Rechte durch Zeitablauf nur auf Grund ausdrücklicher Vorschrift eintrete. Der Verweis in § 1 Abs. 2 DO Graz auf die für Landesbeamte in gleichartigen Funktionen maßgebenden Landesgesetze, die in § 13 b des Gehaltsgesetzes eine dreijährige Verjährungsfrist normierten, umfasse nur die speziell für Beamte in politischen Funktionen geltenden Bestimmungen, nicht jedoch allgemeine, für alle Bedienstete in Geltung stehende Normen. Da auch der städtische Beamte, der ein politisches Mandat ausübe, als Beamter der Stadt Graz generell der Dienst- und Gehaltsordnung Graz unterliege, könne Verjährung nicht eingewendet werden.

Der Beschwerdeführer behaupte, die am 1. April 1993 erfolgte "Versetzung auf einen schlechteren Dienstposten und die Einstellung der bisher bezogenen Sekretariatszulage" sei in rechtswidriger Weise erfolgt, weil ihm ein seiner bisherigen Verwendung zumindest gleichwertiger Arbeitsplatz gebührt hätte und seine neue Tätigkeit dem nicht entsprechen würde. Zur Klärung dieser Frage sei auf Grund der Tatsache, daß § 71 Abs. 2 der als Landesgesetz geltenden Dienstpragmatik ident mit § 17 Abs. 2 des für Bundesbeamte geltenden BDG sei, das Bundeskanzleramt - Zentrale Personalkoordination um Rechtsauskunft hinsichtlich der Frage der Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes ersucht worden. Nach Auffassung des Bundeskanzleramtes sei wesentlicher Maßstab der Gleichwertigkeit des Ersatzarbeitsplatzes die Zuordnung der Tätigkeiten der neuen und der bisherigen Verwendung zur selben Verwendungsgruppe. Die ohne gesetzliche Grundlage vorgenommenen Qualifikationen, wie "Postenbewertungen", im Zusammenhang mit Beförderungsrichtlinien (z.B. Erreichbarkeit einer bestimmten Dienstklasse) und die mit der Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz verbundene Besoldung einschließlich allfälliger Dienstzulagen seien für das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gleichwertigkeit im Sinne dieser Bestimmungen unbeachtlich. Für eine "Sanierung" der am 1. April 1993 mit Dienstauftrag verfügten Zuweisung des Ersatzarbeitsplatzes bestehe daher dienstrechtlich weder ein Anlaß noch eine Notwendigkeit. Es stehe somit außer Zweifel, daß die gegenständliche Personalmaßnahme den Kriterien des § 71 Abs. 2 DP/Stmk. gemäß erfolgt sei und nicht, wie vom Beschwerdeführer angenommen, auf Grundlage der DO Graz ohne Berücksichtigung der Bestimmungen der DP/Stmk. verfügt worden sei. Auch die Einstellung der Zulage sei rechtmäßig erfolgt, da mit dieser Dienstzulage nach § 18 a der Dienstzulagenverordnung Mehrleistungen quantitativer Art abgegolten worden seien, solche Mehrleistungen auf dem neuen Arbeitsplatz nicht mehr angefallen wären und die Voraussetzung eines mindestens zehnjährigen Bezuges gemäß § 21 Abs. 2 der Dienstzulagenverordnung nicht erfüllt gewesen sei. Der Übergenuß sei somit ab 1. April 1993 ohne Berücksichtigung der Sekretariatszulage zu berechnen gewesen und habe für den Zeitraum vom 1. April 1993 bis 29. Februar 1996 brutto S 421.363,09 betragen.

Sowohl die "Versetzungsverfügung des Bürgermeisters" als auch die daraufhin ergangene Ausfertigung der Mag. Abt. 1 hätten nur die Formulierung enthalten, daß der der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse VII, angehörende Beschwerdeführer mit Wirkung vom 1. April 1993 vom "Rechtsamt

-

Sekretariat" zur "Magistratsdirektion - Präsidialamt"

versetzt werde, ohne daß der Dienstposten, auf welchen er versetzt worden sei, angeführt worden wäre. Es könne aber nicht in der Absicht des Dienstgebers gelegen sein, einen Bediensteten, dem ein gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden müsse, damit in seiner Laufbahn schlechter zu stellen. Dem hätten auch die vom Beschwerdeführer verrichteten Tätigkeiten, die in aller Regel der Wertigkeit der Dienstklasse VII zuzuordnen seien, entsprochen. Da der Beschwerdeführer ein dienstliches Interesse daran geltend machen könne, werde festgestellt, daß der vom Beschwerdeführer bekleidete Dienstposten in der "Magistratsdirektion

-

Präsidialamt" ein solcher der Verwendungsgruppe A,

Dienstklasse VII, sei.

Gemäß § 77 a Abs. 1 DO Graz seien zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen worden seien, zu ersetzen. Gutgläubigkeit beim Empfang von Leistungen sei schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen; der Beweis eines Fehlens der Gutgläubigkeit obliege der Behörde (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. April 1986, Slg. Nr. 12.098/A). Die Redlichkeit - der Begriff des guten Glaubens sei der Redlichkeit im Sinne des § 326 ABGB gleichzusetzen - des Empfängers eines nicht geschuldeten Bezuges sei nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen; objektiv erkennbar sei der Irrtum, wenn er in der offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm bestehe (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Oktober 1970, Zl. 1167/70). Der gute Glaube beim Empfang und Verbrauch eines unrechtmäßigen Dienstbezuges werde nicht nur durch auffallende Sorglosigkeit ausgeschlossen, er sei vielmehr schon dann nicht mehr anzunehmen, wenn der Bedienstete - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit des ihm ausbezahlten Bezuges auch nur hätte Zweifel haben müssen (Urteil des OGH vom 15. Juli 1969, Zl. 4 Ob 42/69).

Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines nicht geschuldeten Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einen Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgehe, Gutgläubigkeit zuzubilligen sei, habe es, wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkenne, nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) anzukommen. Demnach sei die Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen. Erfolgte die Leistung deshalb, weil die Anwendung der Norm, auf Grund derer die Leistung erfolgte, auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle beruhe, den der Leistungsempfänger weder habe erkennen können noch (z. B. durch Verletzung einer Meldepflicht) veranlaßt habe, so sei dieser Irrtum nur dann im genannten Sinn objektiv erkennbar und damit eine Rückersatzverpflichtung zu bejahen, wenn der Irrtum in der offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm bestehe; andernfalls, also bei einer zwar unrichtigen, aber nicht offensichtlich falschen Auslegung der Norm sei die objektive Erkennbarkeit zu verneinen (siehe Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1989, Zl. 87/12/0086).

Das Argument des Beschwerdeführers, die Behörde selbst hätte rechtsirrtümlich die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes verkannt, gehe ins Leere, weil die unveränderte Fortzahlung seiner Bezüge nicht auf Grund eines Rechtsirrtums erfolgt sei, sondern schlicht auf dem Versäumnis der Behörde beruhe, aus der Tatsache der Ausübung der Abgeordnetentätigkeit die bezugsrechtlichen Konsequenzen zu ziehen. Daß für die Behörde die grundsätzliche Rechtslage stets klar gewesen sei, gehe auch daraus hervor, daß sämtliche Fälle von Beamten der Stadt Graz, die die Tätigkeit eines Abgeordneten zum Nationalrat, eines Bundesrates oder eines Abgeordneten zum Landtag ausübten oder noch ausüben, entweder gemäß § 13 Abs. 5 GG/Stmk. in Verbindung mit § 71 Abs. 1 DP/Stmk. in ihren Bezügen gekürzt oder entsprechend § 71 Abs. 3 DP/Stmk. außer Dienst gestellt worden seien. Seit Schaffung der Verweisungsbestimmungen in § 71 Abs. 2 DO Graz durch LGBl. Nr. 16/1984 sei § 42 DO Graz in keinem Fall mehr auf die Ausübung eines Mandates angewendet worden. Es sei zwar unbestritten, daß der Beschwerdeführer offenkundig seiner Tätigkeit als Abgeordneter nachgegangen sei, ebensowenig dürfe aber übersehen werden, daß er der Verpflichtung zur offiziellen Meldung nicht nur der Kandidatur, sondern auch der Übernahme des Mandates nicht nachgekommen sei. Auch bei irriger Annahme einer ungeschmälerten Weitergeltung von § 42 DO Graz hätte die Meldepflicht für die Kandidatur und für die Ausübung der Tätigkeit bestanden (wird unter Hinweis auf § 11 DO Graz näher ausgeführt).

Nachdem die Behörde keinem Rechtsirrtum unterlegen sei und auch die in Anwendung stehende Norm klar und keiner Auslegung bedürftig gewesen sei, sei noch zu prüfen gewesen, inwieweit der Beschwerdeführer, dessen subjektive Überzeugung von der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung nicht in Abrede gestellt werde, bei Anwendung eines objektiven Sorgfaltsmaßstabes sich von der richtigen Rechtslage in Kenntnis hätte setzen können. Dabei habe er es verabsäumt, seinen nach eigenen Ausführungen schon seit geraumer Zeit bestehenden Zweifeln an der Rechtmäßigkeit seiner Bezüge nachzugehen und etwa mit der Rechtslage vertraute Bedienstete in der Personaldienststelle oder in der Magistratsdirektion - Präsidialamt zu befragen. Außerdem gehörten beide in dem für die Beurteilung relevanten Zeitraum aktiven Mandatare, bei denen Bezugskürzungen gemäß § 13 GG/Stmk. vorgenommen worden seien, der gleichen politischen Fraktion wie der Beschwerdeführer an. Aus allen diesen Sachverhalten sei der Schluß zu ziehen, daß es noch dazu einem rechtskundigen Beamten wie dem Beschwerdeführer objektiv zumutbar gewesen sei, sich über die im Anlaßfall anzuwendenden Bestimmungen zu informieren; guter Glaube im Sinne des § 77 a Abs. 1 DO Graz liege demnach nicht vor. Es sei daher der gesamte in der Zeit vom 18. Oktober 1991 bis 29. Februar 1996 entstandene Übergenuß in Höhe von brutto S 664.136,32 (S 242.373,23 für die Zeit vom 18. Oktober 1991 bis 31. März 1993 und S 421.363,09 für die Zeit vom 1. April 1993 bis 29. Februar 1996) zu ersetzen. Der netto rückzuzahlende Betrag werde unter Abzug zuviel bezahlter Sozialversicherungsbeiträge von der bezugsauszahlenden Stelle berechnet. Es werde noch angemerkt, daß zuviel bezahlte Lohnsteuer nach Auskunft der Finanzlandesdirektion im Wege der Einkommensteuererklärung rückerstattet werden könne.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor:

"Ich berufe gegen den im Betreff genannten Bescheid, wobei der Punkt 3 des Spruchs, in dem festgestellt wird, daß ich seit 1.4.1993 einen Dienstposten der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse VII, bekleide, ausdrücklich unbekämpft bleibt."

Nach Darstellung des Sachverhaltes aus Sicht des Beschwerdeführers bringt dieser zur Meldepflicht im wesentlichen vor:

Der Anzeigepflicht nach § 42 DO Graz sei der Beschwerdeführer nachgekommen. Mit Schreiben vom 20. August 1991 habe er seine Bewerbung um ein Mandat angezeigt. Dies sei vom Magistratsdirektor mit Schreiben vom 28. August 1991 auch zur Kenntnis genommen worden. Dieses Schreiben sei auch von Amts wegen an die Standesführung (Personalamt) weitergeleitet worden. Durch die Einfügung von § 1 Abs. 2 in die DO Graz im Jahre 1984 sei dem § 42 DO Graz teilweise materiell derogiert worden. Ab dem Zeitpunkt der Angelobung im Stmk. Landtag habe der Beschwerdeführer aber nicht mehr der DO, sondern den "für Landesbeamte in gleichartigen Funktionen maßgebenden Landesgesetzen" unterstanden. Daher sei für ihn ab dem Zeitpunkt der Angelobung das Landesbeamtengesetz (Dienstpragmatik/Stmk.) - und nicht § 42 DO Graz - anzuwenden gewesen. Dies werde auch durch die Aussage im bekämpften Bescheid bestätigt, daß § 42 DO Graz "in keinem Fall mehr auf die Ausübung eines Mandates angewendet" worden sei, was übrigens auch nicht stimme, weil in einem Schreiben des Magistratsdirektors vom 30. November 1995 die Meldung des Beschwerdeführers für die Kandidatur bei den Landtagswahlen am 17. Dezember 1995 gemäß § 42 DO Graz, der angeblich für den Beschwerdeführer gar nicht gelte, zur Kenntnis genommen worden sei.

Das auf den Beschwerdeführer anzuwendende Landesbeamtengesetz normiere in § 71 Abs. 1 DP/Stmk., daß dem Beamten, der Mitglied eines Landtages sei, die zur Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren sei; eine Meldepflicht sei nicht vorgesehen, also habe der Beschwerdeführer auch keine solche verletzen können. Wahrscheinlich habe der Landesgesetzgeber keine Meldepflicht vorgesehen, weil Wahlen ohnehin öffentlich seien, das Ergebnis öffentlich kundgemacht werde und es sich bei der Bezugskürzung um ein amtswegiges Verfahren handle. Wenn auf den Beschwerdeführer schon gemäß § 1 Abs. 2 DO Graz die für Landesbeamte in gleichartigen Funktionen maßgebenden Landesgesetze anzuwenden seien, müsse dies auch für die Meldepflicht gelten.

Der Dienstgeber hätte die Meldung der Kandidatur des Beschwerdeführers nicht einfach einlegen dürfen, sondern es hätte die Meldung nach der Wahl beim Dienstgeber die Reaktion auslösen müssen, zu überprüfen, was aus der Kandidatur eigentlich geworden sei. Der Dienstgeber habe wissen müssen, welche Verfügungen er im Fall einer erfolgreichen Kandidatur von Amts wegen zu treffen gehabt hätte. Mit der Meldung der Kandidatur sei daher von seiten des Beschwerdeführers alles in Gang gesetzt worden, was für eine rechtsrichtige Vorgangsweise des Dienstgebers notwendig gewesen sei. In Dienstrechtsverfahren, wie auch nach dem AVG, gelte die Offizialmaxime; es handle sich um ein amtswegiges Verfahren. Der Dienstgeber hätte daher seine ihm gesetzlich obliegenden Pflichten für eine ordnungsgemäße Abwicklung der erforderlichen Verfahrensschritte von sich aus setzen müssen. Dies insbesondere unter dem Aspekt, daß Wahlen öffentlich seien, die Namen der gewählten Mandatare auch öffentlich kundgemacht würden und damit jedermann - auch die Dienstbehörde - davon in Kenntnis sein müsse. So habe auch das Personalamt auf Grund von Zeitungsmeldungen sehr wohl von sich aus beim Präsidialamt nachgefragt, wie nach der Zurücklegung des Mandates des Beschwerdeführers weiter fortzugehen sei.

Zur Gutgläubigkeit bringt der Beschwerdeführer in seiner Berufung im wesentlichen vor:

Nach Erhalt des Mandates habe er sich über die rechtlichen Folgen "kundig gemacht". Er sei dabei auf § 42 DO Graz gestoßen, der normiere, daß eine Kürzung der Bezüge nicht stattfinde. Im Hinblick darauf, daß auch tatsächlich keine Kürzung erfolgt sei, habe er davon ausgehen können, daß auch der Dienstgeber § 42 DO Graz angewendet habe. Auch im Hinblick darauf, daß es für Bundes- und Landesbedienstete eine Kürzung gebe, hätten dem Beschwerdeführer keine Zweifel kommen müssen; schließlich würden Beamte der Stadt Graz - im Hinblick auf das Homogenitätsprinzip ohnehin verfassungsrechtlich bedenklich - zahlreiche dienstrechtliche Besserstellungen gegenüber Bundes- und Landesbediensteten genießen. So seien z. B. das Grundgehalt, die Dienstzulagen und das Weihnachtsgeld höher und rechtlich abgesichert usw. Nach der Rechtsprechung sei die Redlichkeit des Empfängers eines nicht geschuldeten Bezuges nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen. Objektiv erkennbar sei der Irrtum, wenn er in der offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm bestehe. Erst wenn die objektive Erkennbarkeit gegeben sei, stelle sich die Frage, ob der Empfänger Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Leistung - objektiv beurteilt - hätte haben müssen. Klar und der Auslegung nicht bedürftig sei jedoch nur die - derogierte - Bestimmung des § 42 DO Graz gewesen, wonach keine Kürzung der Bezüge zu erfolgen habe. Die Frage einer materiellen Derogation einer Norm bedürfe ganz sicher der Auslegung, gehöre sie doch zu einer der schwierigsten rechtlichen Fragen. Das sehe man schon daraus, daß der § 42 hinsichtlich des Erfordernisses der Meldung der Kandidatur doch noch anzuwenden sei, nicht jedoch hinsichtlich der Meldung eines Mandates und nicht hinsichtlich der Nicht-Kürzung der Bezüge. Von einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm könne daher keine Rede sein, weshalb daher entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Gutgläubigkeit des Beschwerdeführers eindeutig gegeben sei. Darüberhinaus habe der Dienstgeber laufend Aktivitäten gesetzt, die den Beschwerdeführer darin bestärkt hätten, daß die DO Graz und damit auch § 42 auf ihn anzuwenden sei (wird näher ausgeführt).

Erst als parteiintern (innerhalb der FPÖ) der Beschluß gefaßt worden sei, daß das Nettoeinkommen, das der Beschwerdeführer als Abgeordneter und Beamter beziehe, S 60.000,-- nicht überschreiten dürfe, habe der Beschwerdeführer den Leiter der Rechnungsabteilung-Personalbezüge ersucht, ihm sein Nettoeinkommen unter Vorlage seiner Gehaltszettel als Abgeordneter zu berechnen. Auch diesem sei offenbar nicht aufgefallen, daß beim Beschwerdeführer keine Kürzung erfolgt sei. Ab der Versetzung in das Präsidialamt habe der Dienstgeber entsprechend den Bestimmungen der DO Graz die Sekretärszulage des Beschwerdeführers eingestellt. Nach den richtigerweise anzuwendenden Bestimmungen des Landesbeamtengesetzes und des Gehaltsgesetzes hätte dies nicht erfolgen dürfen. Wenn also die zuständigen Organe, die mit der Vollziehung der einschlägigen Gesetze befaßt seien, laufend ein Verhalten setzten, das den Schluß zulasse, sie seien von der Anwendbarkeit der DO Graz und damit auch des § 42 ausgegangen, könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden, daß er ebenfalls von der Anwendbarkeit des § 42 DO Graz ausgegangen sei.

Zur Weitergewährung der Sekretärszulage führt der Beschwerdeführer in der Berufung im wesentlichen aus:

Er sei unter rechtswidriger Anwendung der Bestimmungen der DO Graz von einem Dienstposten der Dienstklasse A VII auf einen Dienstposten der Dienstklasse A III - VI versetzt worden. Unter rechtswidriger Anwendung des § 21 der Dienstzulagenverordnung, die auf der für ihn als Abgeordneter nicht anzuwendenden DO Graz beruhe, sei ihm die Sekretärszulage eingestellt worden. Der Dienstnehmer müsse bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 71 Abs. 3 DP/Stmk. nicht zwangsläufig außer Dienst gestellt werden. Auch dann, wenn die Voraussetzungen für eine Außerdienststellung gegeben seien, könnten einvernehmlich auch andere Regelungen getroffen werden. Dieses Einvernehmen sei mit ihm bis heute nicht gesucht worden. In vielen Gesprächen, u. a. auch mit dem Magistratsdirektor und dem Personalstadtrat, habe er immer wieder auf die Nachteile, die mit der Versetzung für ihn verbunden gewesen seien, hingewiesen und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß er damit keineswegs einverstanden gewesen sei. Hätte er gewußt, daß auf ihn das Landesbeamtengesetz anzuwenden sei, hätte er zur Versetzung auf einen "VI-er-Posten" und die damit durch die Einstellung der Sekretärszulage verbundene Kürzung der Dienstbezüge nie sein Einvernehmen bekundet. Auch der im § 71 Abs. 4 des Landesbeamtengesetzes (gemeint: DP/Stmk.) enthaltenen Bestimmung, daß vor Erlassung eines Bescheides der Präsident des Landtages zu hören sei, sei nicht nachgekommen worden. Die Sekretärszulage habe ihm nach der Dienstzulagenverordnung gebührt, die wiederum auf Grund des § 74 Abs. 2 DO Graz erlassen worden sei. Also habe sie ihm eindeutig nach den geltenden dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften zugestanden und hätte aus Anlaß seiner Versetzung nicht eingestellt werden dürfen. Allerdings hätten von dem so ermittelten Gesamtbezug 25 % abgezogen werden müssen. Andernfalls käme eine Gesamtreduktion von über 40 % zustande, wobei man sicher nicht mehr davon sprechen könne, daß er seine Tätigkeit "ohne Nachteil" fortsetzen könne. Weiters würde das auch zu der absurden Situation führen, daß der Beschwerdeführer bei einer Außerdienststellung wahrscheinlich mehr Bezug erhalten hätte, als bei seiner Weiterbeschäftigung. Es könne daher nicht so sein, daß das rechtswidrige Vorgehen der Dienstbehörde, die nie das Einvernehmen mit ihm hergestellt habe, nun weiter rückwirkend ausschließlich zu seinem Nachteil bestehe. Das Präsidialamt habe mit Schreiben vom 29. Februar 1996 das Bundeskanzleramt um Rechtsauskunft ersucht. Das Antwortschreiben sei am 7. März 1996 bei der Stadt Graz eingelangt. Da der Beschwerdeführer erfahren habe, daß die Rechtmäßigkeit der Einstellung der Sekretärszulage auf diese Stellungnahme gestützt werden solle, habe er den zuständigen Beamten des Bundeskanzleramtes angerufen und ihn um Erläuterung ersucht. Dieser habe gemeint, daß er zur Einstellung der Zulage gar nicht befragt worden sei. Wäre er gefragt worden, hätte er die Rechtsauskunft gegeben, daß die Sekretärszulage des Beschwerdeführers aus Anlaß der Versetzung nicht eingestellt hätte werden dürfen. Dieses Gespräch habe der Beschwerdeführer in einem Aktenvermerk festgehalten und sofort den Magistratsdirektor und den Bürgermeister informiert. Den zuständigen Beamten habe er ebenfalls davon in Kenntnis gesetzt, der aber gemeint habe, daß er jetzt den Bescheid auch nicht mehr umschreiben werde.

Zu rügen sei auch noch, daß dem Beschwerdeführer im Verfahren zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides kein einziges Mal das Parteiengehör gewährt worden sei. Aus all diesen Gründen beantragte der Beschwerdeführer die Behebung des erstinstanzlichen Bescheides. Sollte dies nach Ansicht der belangten Behörde nicht in Betracht kommen, so stellte der Beschwerdeführer in seiner Berufung den Antrag, es möge in der Berufungsentscheidung ausgesprochen werden,

"1.

daß ich keine Meldepflicht verletzt habe bzw. gutgläubig davon ausgehen konnte, daß ich keiner Meldepflicht unterliege,

2.

daß mir die Gutgläubigkeit beim Empfang des Dienstbezuges zuerkannt wird,

3.

für den Fall, daß ausgesprochen werden sollte, daß ich 1991 eine Meldepflicht verletzt habe, der Ausspruch darüber, daß ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Versetzung keine Meldepflicht mehr verletzt wurde und somit ab diesem Zeitpunkt die Gutgläubigkeit gegeben war,

4.

für den Fall, daß ausgesprochen werden sollte, daß ich eine Meldepflicht verletzt habe, der Ausspruch darüber, daß meine Sekretärszulage mit 1.4.1993 zu Unrecht eingestellt wurde,

5.

für den Fall, daß eine Rückzahlungsverpflichtung ausgesprochen werden sollte, eine genaue und nachvollziehbare Aufschlüsselung der Berechnung des Übergenusses."

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt.

In der umfangreichen Begründung des angefochtenen Bescheides wird der erstinstanzliche Bescheid und in zusammengefaßter bzw. gekürzter Form die Berufung des Beschwerdeführers wiedergegeben. Nach Darstellung der Rechtslage folgen die Erwägungen der belangten Behörde:

Wenn der Beschwerdeführer der Ansicht sei, daß § 42 DO Graz durch § 1 Abs. 2 DO Graz teilweise derogiert worden sei, so sei dieser Rechtsauffassung entgegenzusetzen, daß § 1 Abs. 2 DO Graz mit dem Instrumentarium der Novelle nachträglich in die Stammfassung der DO Graz eingefügt worden sei und daher im Vergleich zu § 42 DO Graz eine sogenannte jüngere Regelung darstelle. § 1 Abs. 2 DO Graz erhalte somit unter Anwendung des Grundsatzes lex posterior derogat legi priori gegenüber § 42 DO Graz den Vorrang. Dies bedeute nicht, daß § 42 gänzlich unanwendbar sei, sondern vielmehr, daß immer dann, wenn die beiden Bestimmungen zueinander in ein Spannungsverhältnis träten, die jüngere Norm, das sei eben § 1 Abs. 2 DO Graz, anzuwenden sei. In der gegenständlichen Angelegenheit habe somit für den Beschwerdeführer die Pflicht bestanden - der er auch korrekt nachgekommen sei -, seine Kandidatur um ein Landtagsmandat gemäß § 42 DO Graz zu melden. Hinsichtlich der Pflicht, die Ausübung des Mandates zu melden, bestehe aber selbstverständlich weiterhin die Meldepflicht gemäß § 11 DO Graz, da durch die Anwendung der Landesgesetze gemäß § 1 Abs. 2 DO Graz die prinzipielle Geltung der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz nicht berührt werde. Jede andere Interpretation würde zum absurden Ergebnis führen, daß ein gewählter Mandatar eines gesetzgebenden Organs, der zugleich Beamter der Stadt Graz sei, weder Rechte noch Pflichten aus seinem Dienstverhältnis haben würde. Insoweit sei der Einwand des Beschwerdeführers, er würde ab dem Zeitpunkt der Angelobung ausschließlich unter die Anwendung des § 71 Abs. 1 des Landesbeamtengesetzes (gemeint: DP/Stmk.) fallen, nicht zu berücksichtigen gewesen. Bezugnehmend auf die Meldepflicht gemäß § 11 Abs. 1 lit. m DO Graz (Standesausweis) führe der Beschwerdeführer aus, daß es sich bei dieser Bestimmung um keine klare, der Auslegung nicht bedürfende Norm handle. Berücksichtige man allerdings, daß laut der zitierten Norm "sonstige für das Dienstverhältnis bedeutsame Anmerkungen ..." im Standesausweis enthalten sein müßten und dementsprechend auch zu melden seien, so erscheine der Schluß zwingend, die Ausübung eines Abgeordnetenmandates zu melden. Immerhin führe sie ja zu einer Kürzung der Bezüge und zu entsprechenden Dienstfreistellungen. Es erscheine jedenfalls unzumutbar, wenn der Beschwerdeführer annehme, daß sich die Behörde über den Erfolg einer Kandidatur von Amts wegen informieren müßte. Dies würde jedenfalls im Vergleich zu einer kurzen Meldung einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand darstellen. Davon abgesehen sehe die DO Graz eine derartige Pflicht des Dienstgebers in keiner Weise vor. Insoweit könne auch nicht von der Verpflichtung der Behörde zum amtswegigen Tätigwerden nach dem Prinzip der Offizialmaxime ausgegangen werden. Immerhin sei dafür zumindest ein auslösendes Moment notwendig. Da eine solche Meldung seitens des Beschwerdeführers nicht vorgelegen sei, sei auch kein Anlaß für ein Tätigwerden der Behörde gegeben gewesen. Allein der Umstand, daß verschiedene Bedienstete der Stadt Graz von der erfolgreichen Kandidatur Kenntnis gehabt hätten, reiche nicht aus, um den guten Glauben des Beschwerdeführers anzunehmen; er habe sich keinesfalls darauf verlassen können, daß auch die für die Kürzung der Bezüge zuständige Stelle zufällig aus den Medien bzw. vom "Hörensagen" die notwendige Information erhalten habe.

Einen wesentlichen Punkt im gesamten Verfahren stelle die Frage der Gutgläubigkeit hinsichtlich des Empfanges der nicht geschuldeten Bezüge dar. Der Beschwerdeführer sei der Ansicht, daß er gutgläubig darauf habe vertrauen können, § 42 DO Graz sei auf ihn anwendbar. Diese Annahme sei durch das Verhalten des Dienstgebers zusätzlich noch bestärkt worden.

Zur Frage der Gutgläubigkeit könne gesagt werden, daß Gutgläubigkeit beim Empfang von Leistungen schon dann nicht anzunehmen sei, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen. Die Redlichkeit des Empfängers eines nicht geschuldeten Betrages sei somit nach der objektiven Erkennbarkeit des Irrtums der auszahlenden Stelle zu beurteilen. Folge man der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, so sei ein Irrtum objektiv erkennbar, wenn er in der offensichtlich falschen Anwendung einer klaren, der Auslegung nicht bedürfenden Norm bestehe. Da im vorliegenden Fall die unveränderte Fortzahlung der Bezüge des Beschwerdeführers nicht auf Grund eines Rechtsirrtums der auszahlenden Stelle erfolgt sei, sondern vielmehr auf der Tatsache beruhe, daß der Beschwerdeführer die Ausübung der Abgeordnetentätigkeit nicht gemeldet habe und deshalb die bezugsrechtlichen Konsequenzen nicht eingetreten seien, müsse der gute Glaube beim Empfang und Verbrauch dieses Bezuges in Frage gestellt werden. Dies deshalb, weil es sich - wie bereits oben gezeigt - bei den Bestimmungen des § 42 in Verbindung mit § 1 Abs. 2 DO Graz in Verbindung mit § 71 des Landesbeamtengesetzes (gemeint: DP/Stmk) in Verbindung mit § 13 Abs. 5 des Gehaltsgesetzes keinesfalls um unklare, der Auslegung bedürfende Normen handle. Hätte der Beschwerdeführer ein entsprechendes Maß an Sorgfalt bei der Prüfung seiner bezugsrechtlichen Stellung nach erfolgter Wahl angewendet, so hätte ihm sofort auffallen müssen, daß seine Bezüge nicht gekürzt worden seien. Davon abgesehen wäre es für ihn ein Leichtes gewesen, sich über die bezugsrechtliche Stellung Klarheit zu verschaffen, weil einerseits zwei Bedienstete der Stadt Graz in vergleichbaren Funktionen sogar derselben Fraktion angehörten bzw. angehört hätten; andererseits hätte er selbstverständlich jederzeit die Möglichkeit gehabt, die entsprechend sachkundigen Bediensteten der Magistratsdirektion - Präsidialamt und der Mag. Abt. 1 - Personalamt um Auskunft zu ersuchen. Des weiteren solle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß die Anwendbarkeit des Landesbeamtengesetzes von der Behörde nicht rechtsirrtümlich verkannt worden sei, wie dies der Beschwerdeführer behaupte, sondern diese Nichtanwendung ausschließlich auf dem Versäumnis der nicht erfolgten Meldung der Ausübung des Abgeordnetenmandates durch den Beschwerdeführer beruhe. Über die grundsätzliche Rechtslage wie auch die Anwendung der bezughabenden Normen habe seitens der Behörde keinerlei Zweifel bestanden.

In einem dritten Punkt bekämpfe der Beschwerdeführer die Einstellung seiner Sekretärszulage. Diese Einstellung sei, so der Beschwerdeführer, rechtlich falsch. Er sei im Jahre 1993 in das Präsidialamt versetzt worden; man hätte ihm aber gemäß § 71 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes (gemeint: DP/Stmk.) einen, seiner bisherigen Verwendung als Sekretär eines Bürgermeisterstellvertreters zumindest gleichwertigen Arbeitsplatz zuweisen müssen. Der Arbeitsplatz sei die Summe ständig anfallender Funktionen hoheitlicher oder auch nicht hoheitlicher Art. Laut Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 1994, B 1839/94-17, sei Art. 7 Abs. 2 B-VG die verfassungsgesetzliche Gewährleistung für einen Mandatar, seine Beamtentätigkeit ohne Nachteile fortsetzen zu können. Die Wendung "mindestens gleichwertiger, zumutbarer Arbeitsplatz" umfasse neben einer entsprechenden Bewertung des Dienstpostens auch alle in unmittelbarem Zusammenhang stehenden dienst- und bezugsrechtlichen Aspekte. Da kein gleichwertiger Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden sei, hätte der Beschwerdeführer außer Dienst gestellt werden müssen. Daraus würde folgen, daß unter Anwendung des § 13 Abs. 6 GG/Stmk. ein Monatsbezug in der Höhe des Ruhebezuges und Sonderzahlungen zugestanden wäre. Zur Berechnung hätten die Dienstbezüge des Jahres 1992 herangezogen werden müssen, wobei gemäß § 13 Abs. 7 GG/Stmk. dazu alle auf Grund des Dienstverhältnisses nach dienst- und besoldungsrechtlichen Vorschriften gebührenden Geldleistungen, also auch die Sekretäszulage, zählten.

Zur Klärung dieser Problematik sei bereits im erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren das Bundeskanzleramt

-

Zentrale Personalkoordination um schriftliche Rechtsauskunft

hinsichtlich der Gleichwertigkeit des Arbeitsplatzes ersucht worden; dies unter dem Aspekt, daß § 71 Abs. 2 der als Landesgesetz geltenden Dienstpragmatik ident mit § 17 Abs. 2 des für Bundesbeamte geltenden BDG sei. Das Bundeskanzleramt habe diesbezüglich ausgeführt, daß laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Februar 1976, Zl. 1944/75, der wesentliche Maßstab für die Gleichwertigkeit eines Ersatzarbeitsplatzes die Zuordnung der Tätigkeiten der neuen und der bisherigen Verwendung zur selben Verwendungsgruppe sei. Dieser wesentliche Maßstab sei vorliegendenfalls jedenfalls erfüllt, da der Beschwerdeführer nach wie vor derselben Verwendungsgruppe zugeordnet sei. Davon abgesehen seien weitere Kriterien wie "Postenbewertungen" im Zusammenhang mit Beförderungsrichtlinien zur Erreichung einer bestimmten Dienstklasse, aber auch die mit der Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz verbundene Besoldung einschließlich allfälliger Dienstzulagen für die Frage der Gleichwertigkeit völlig unbeachtlich; noch dazu, wo diese Qualifikationen ohne gesetzliche Grundlage vorgenommen würden. Des weiteren sei zur Frage der Einstellung der Sekretärszulage auszuführen, daß es sich bei dieser Zulage um eine Dienstzulage nach § 18 a der Dienstzulagenverordnung handle. Mit dieser Zahlung seien auch Mehrleistungen quantitativer Art abzugelten, welche auf einem bestimmten Arbeitsplatz anfielen. Wenn diese Mehrleistungen auf dem neuen Arbeitsplatz nicht mehr erbracht werden müßten - dies sei im gegenständlichen Fall unbestritten -, seien somit die Voraussetzungen für die Gewährung dieser Zulage weggefallen. Jede andere Lösung hätte zur Folge, daß ein Beamter, der einmal eine Zulage für bestimmte Tätigkeiten bezogen habe, bis zum Ende seiner Laufbahn im Genuß dieser Zuwendung verbleibe, auch wenn er den Arbeitsplatz wechsle und diese Leistungen nicht weiter zu erbringen hätte. Hinsichtlich der angeblich rechtlich falschen Vorgangsweise bei der Versetzung sei zu sagen, daß dem Beschwerdeführer durch diese Versetzung keinerlei Nachteile erwachsen seien. Das wesentliche Kriterium, die Einstellung der Sekretärszulage, hätte sich auch bei der vom Beschwerdeführer angeregten Vorgangsweise nicht geändert. Die in § 71 DP/Stmk. vorgesehene Versetzungsmodalität sei für die Behörde nicht anzuwenden gewesen, weil einerseits weder eine entsprechende Meldung über die Ausübung des Mandates vorgelegen sei, welche überhaupt erst zur Anwendung des genannten Landesgesetzes geführt hätte. Eine Mitteilung des Beschwerdeführers, derzufolge sein "Einvernehmen zur Versetzung nicht bestanden" hätte, sei ebenfalls schriftlich nicht vorgelegen. Da er somit zumindest konkludent mit der Versetzung einverstanden gewesen sei und eine Schlechterstellung hinsichtlich des Dienstpostens nicht erfolgt sei, sei die möglicherweise durch ein unzuständiges Organ erfolgte Versetzung dennoch rechtswirksam und habe keiner wie auch immer gearteten Sanierung bedurft. In weiteren Ausführungen wird dann das angebliche "Mißverständnis" bei der Einholung der Rechtsauskunft vom Bundeskanzleramt

-

Zentrale Personalkoordination näher dargestellt.

Dann werden in der Begründung des angefochtenen Bescheides die entstandenen Übergenüsse jährlich bzw. unter Berücksichtigung der erfolgten Verwendungsänderung und aufgeteilt auf Grundgehalt und Sonderzahlungen tabellarisch dargestellt.

Abschließend führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, daß aus den dargestellten Gründen ersichtlich sei, daß der Beschwerdeführer entgegen seinen eigenen Ausführungen jedenfalls der ihm gemäß §§ 11 Abs. 2 und 42 DO Graz obliegenden Pflicht zur Meldung der Ausübung seines Abgeordnetenmandates zum Stmk. Landtag nicht nachgekommen sei. Des weiteren wäre es ihm als rechtskundigem Beamten jedenfalls objektiv zumutbar gewesen, sich über die rechtlichen Auswirkungen der Wahl zum Landtagsabgeordneten, insbesondere über eine mögliche Kürzung seiner Bezüge, zu informieren. Da es sich bei den anzuwendenden Bestimmungen um eindeutige, der Auslegung nicht bedürfende Normen handle, liege vorliegendenfalls - der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend - guter Glaube im Sinne des § 77a Abs. 1 DO Graz nicht vor. Da auch die Einstellung der Sekretärszulage des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit seiner erfolgten Versetzung rechtlich völlig unbedenklich sei, gehe auch dieser Punkt ins Leere. Der Beschwerdeführer habe daher im Zeitraum vom 18. Oktober 1991 bis 29. Februar 1996 einen Übergenuß in der Höhe von brutto S 664.136,32, der sich wie vorher dargestellt errechne, bezogen. Bedingt durch den nicht vorhandenen guten Glauben gemäß § 77 a Abs. 1 DO Graz sei der Beschwerdeführer zum Ersatz dieser Leistungen verpflichtet.

Gegen diesen Bescheid wandte sich der Beschwerdeführer sowohl an den Verfassungsgerichtshof als auch an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 24. Februar 1998, B 3664/96, ab.

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in seinen subjektiven Rechten, insbesondere in seinem Recht, gutgläubig erhaltene Übergenüsse nicht zurückzahlen zu müssen, sowie in seinem Recht auf Zuweisung eines zumindest gleichwertigen Dienstpostens verletzt.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid sind im wesentlichen drei Absprüche vorgenommen worden:

1.

Dem Beschwerdeführer gebühren für die Zeit der Ausübung seiner Funktion als Landtagsabgeordneter die Dienstbezüge nur in einem um 25 % verminderten Ausmaß;

2.

die vom 18. Oktober 1991 bis 29. Februar 1996 entstandenen Übergenüsse von brutto S 664.136,32 sind von ihm seinem Dienstgeber zurückzuzahlen;

3.

der Beschwerdeführer bekleidet seit 1. April 1993 einen Dienstposten der Verwendungsgruppe A, Dienstklasse VII.

Der letztgenannte Abspruch wurde im Zusammenhang mit der Frage der Gleichwertigkeit der Verwendung des Beschwerdeführers nach der 1993 auf Betreiben des Beschwerdeführers erfolgten Verwendungsänderung vorgenommen. Die Behörde I. Instanz hat damit die ihrer Meinung nach gegebene Gleichwertigkeit zum Ausdruck gebracht. Diesen Abspruch hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung ausdrücklich als unbekämpft bezeichnet. Da es sich hiebei um einen selbständigen Abspruch gehandelt hat, ist dieser damit in Rechtskraft erwachsen und kann daher nicht mehr Gegenstand des nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein.

Der Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird daher nur durch die Absprüche 1. und 2. bestimmt. Das darüberhinausgehende Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.

Nach § 26 Abs. 2 des Stmk. Landesverfassungsgesetzes 1960, LGBl. Nr. 1, idF LGBl. Nr. 16/1984, sind die Dienstbezüge von öffentlich Bediensteten für die Dauer ihrer Mandatsausübung - als Abgeordnete zum Landtag - um 25 v.H. zu kürzen. Mit der genannten Novelle LGBl. Nr. 16/1984 wurde auch § 1 der Dienst- und Gehaltsordnung der Beamten der Landeshauptstadt Graz 1956, LGBl. Nr. 30/1957 (DO Graz), wie folgt geändert:

"Geltungsbereich

(1) Dieses Gesetz findet auf die Beamten der Landeshauptstadt Graz, das sind die im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt (Hoheitsverwaltung und Unternehmungen) stehenden Bediensteten, Anwendung.

(2) Für Beamte der Landeshauptstadt Graz, die Bundespräsident, Mitglied der Bundesregierung, Staatssekretär, Präsident oder Vizepräsident des Rechnungshofes, Mitglied der Volksanwaltschaft, Mitglied einer Landesregierung, des Nationalrates, des Bundesrates oder eines Landtages sind, sind die für Landesbeamte in gleichartigen Funktionen maßgebenden Landesgesetze in der jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden."

Das für Landesbeamte mit bestimmten Abweichungen im landesgesetzlichen Rezeptionswege (Landesbeamtengesetz) geltende Gehaltsgesetz 1956 des Bundes wurde hinsichtlich seines § 13 Abs. 5 GG/Stmk. mit LGBl. Nr. 33/1984, Art. I, Punkt 5.2.7., wie folgt novelliert:

"(5) Die Dienstbezüge eines Beamten, dem gemäß § 71 Abs. 1 Dienstpragmatik die zur Ausübung seines Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren ist, gebühren in einem um 25 v.H. verminderten Ausmaß. Diese Verminderung wird abweichend vom § 6 für jenen Zeitraum wirksam, für den dem Beamten auf Grund einer der im § 71 Dienstpragmatik angeführten Funktionen ein Bezug nach dem Bezügegesetz, BGBl. Nr. 273/1972, oder nach dem Stmk. Bezügegesetz, LGBl. Nr. 28/1973, oder einer anderen entsprechenden landesgesetzlichen Vorschrift gebührt. Auf Ansprüche nach der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, ist diese Verminderung nicht anzuwenden."

§ 71 Abs. 1 der gemäß § 2 Abs. 1 des Stmk. Landesbeamtengesetzes LGBl. Nr. 124/1974 als Landesgesetz geltenden Dienstpragmatik 1914, RGBl. Nr. 15, lautet in der Fassung LGBl. Nr. 16/1984 wie folgt:

"Außerdienststellung

(1) Dem Beamten, der Mitglied des Nationalrates des Bundesrates oder eines Landtages ist, ist die zur Ausübung des Mandates erforderliche freie Zeit zu gewähren."

§ 42 DO Graz in der Stammfassung lautet unter der Überschrift "Dienstfreiheit für Mandatare, Fortzahlung der Bezüge" wie folgt:

"Die zur Bewerbung um ein Mandat als Mitglied eines gesetzgebenden Organes oder die zu seiner Ausübung notwendige Freizeit kommt dem Beamten ohne weitere Bewilligung gegen bloße Anzeige an den Magistratsdirektor (Leitenden Direktor der Unternehmung) zu. Durch die hiemit verbundene Behinderung in der Erfüllung der dienstlichen Pflichten tritt eine Verminderung der Bezüge nicht ein."

Diese Regelung wurde mit der bereits mehrfach genannten Novelle LGBl. Nr. 16/1984 nicht abgeändert.

Der Beschwerdeführer bringt dazu im wesentlichen vor, § 42 DO Graz sei als "lex specialis" anzusehen und habe daher ungeachtet der Regelung des § 1 Abs. 2 DO Graz weiter Anwendung zu finden. Er habe daher völlig zu Recht seine vollen Bezüge erhalten; eine Kürzung um 25 v.H. sei eben für Bedienstete der Landeshauptstadt Graz landesgesetzlich nicht vorgesehen.

Dem Beschwerdeführer ist vorweg einzuräumen, daß die einfachgesetzliche Rechtslage diesbezüglich in der Steiermark in einer Art geregelt ist, bei der die Ermittlung des geltenden Rechtes auch für Rechtskundige nicht leicht ist. Trotzdem teilt der Verwaltungsgerichtshof aber im Ergebnis die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß ein Übergenuß vorliege und dieser für den Beschwerdeführer hätte objektiv erkennbar sein müssen, weil die in Frage stehende Kürzung der Dienstbezüge landesverfassungsgesetzlich eindeutig vorgesehen ist. Schon im Hinblick auf die gebotene verfassungskonforme Interpretation muß daher die Auflösung eines in der DO Graz allenfalls bestehenden normativen Widerspruches in der von der Behörde dargelegten Weise, nämlich, daß die spätere Regelung des § 1 Abs. 2 DO Graz in Verbindung mit § 71 Abs. 1 DP/Stmk. und § 13 Abs. 5 GG/Stmk. dem § 42 DO Graz - soweit Identität des Regelungsinhaltes besteht - derogiert hat, erfolgen. Der § 1 Abs. 2 DO Graz, nach dem die dort genannten beamteten Funktionsträger entsprechend dem Wortlaut vom Geltungsbereich der DO Graz ausgenommen werden, ist im gegebenen Zusammenhang dahin zu verstehen, daß für diesen Personenkreis jedenfalls die spezifischen Regelungen im Landesbeamtenrecht anstelle der Regelungen der DO Graz anzuwenden sind.

Dem Beschwerdeführer ist auch demnach in seiner dienstlichen Verwendung die zur Ausübung seines Landtagsmandates erforderliche freie Zeit gemäß § 71 Abs. 1 DP/Stmk. eingeräumt worden; seine Bezüge wären daher gemäß § 13 Abs. 5 GG/Stmk. um 25 % zu kürzen gewesen. Die Tatsache und Notwendigkeit der Bezugskürzung um 25 % hätte dem Beschwerdeführer auf Grund der Regelung des § 26 Abs. 2 LVG hinreichend klar sein müssen.

Die Behörde erster Instanz hat im Spruchpunkt 2. den Übergenuß mit S 664.136,32 beziffert und ausgesprochen, daß dieser gemäß § 77 a DO Graz vom Beschwerdeführer zu ersetzen ist.

Auch wenn nach § 1 Abs. 2 DO Graz auf das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers in der Zeit der Ausübung seiner Funktion die für Landesbeamte maßgebenden Landesgesetze sinngemäß anzuwenden gewesen sind, zieht die Behörde zu Recht § 77 a DO Graz auf die Hereinbringung des Übergenusses heran. Es kann nämlich nicht gesagt werden, daß es sich bei der zu lösenden Frage der Hereinbringung eines Übergenusses um eine spezifische, mit der politischen Funktion des Beschwerdeführers unmittelbar in Verbindung stehende Frage handelt.

Nach § 77a Abs. 1 DO Graz idF LGBl. Nr. 126/1968 sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, zu ersetzen. Diese Regelung entspricht inhaltlich dem § 13a Abs. 1 GG 1956, sodaß die zu dieser Bestimmung ergangene Judikatur heranziehbar ist.

Zur Frage der Gutgläubigkeit des Beschwerdeführers ist im Sinne der in ständiger Rechtsprechung vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Theorie der objektiven Erkennbarkeit (beginnend mit dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. Juni 1995, Slg. N. F. Nr. 6736/A, vgl. weiters insbesondere Erkenntnis vom 20. April 1989, Slg. 12.904/A, mit Rechtsprechung und Literaturhinweisen) nicht entscheidend, ob der Beschwerdeführer in Besoldungsfragen gebildet ist oder nicht, sondern ob auf Grund der gegebenen Rechtslage in Verbindung mit dem gegebenen Sachverhalt es ihm möglich und zumutbar gewesen wäre, den Umstand des Vorliegens eines Übergenusses zu erkennen (vgl. beispielsweise auch Erkenntnis vom 21. Oktober 1991, Zl. 90/12/0324, u.v.a.).

Demnach ist Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen (vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1995, Zl. 94/12/0220, mit weiterer Rechtsprechung).

Wie bereits vorher ausgeführt, ist der vom Beschwerdeführer aufgezeigte Normenwiderspruch in der DO Graz vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Regelung des § 26 Abs. 2 Stmk. LVG 1960 zu lösen. Die Erkennbarkeit des Irrtums der Behörde ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes objektiv möglich und zumutbar gewesen. Ausgehend von der genannten landesverfassungsrechtlichen Regelung hätte der Beschwerdeführer zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ungeschmälerten Weiterzahlung seiner Bezüge von Anfang an haben müssen. Dies wird im übrigen auch durch seine Eingabe vom 15. Jänner 1996 bestätigt, in der er dem Magistratsdirektor mitteilte, daß bei ihm "schon vor längerer Zeit Zweifel" an der Höhe der Bezüge und der korrekten Anwendung der dienstrechtlichen Bestimmungen aufgetreten seien.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen kommt der Frage einer allfälligen Verletzung einer Meldepflicht als Ausschluß der Gutgläubigkeit des Beschwerdeführers keine entscheidende Bedeutung zu, sodaß sich ein Eingehen auf die diesbezüglichen Darlegungen erübrigt.

Der Beschwerde kommt aber aus folgenden Überlegungen im Ergebnis Berechtigung zu:

Zwar ist der belangten Behörde einzuräumen, daß die DO-Graz mit § 77a eine dem § 13a GG entsprechende Regelung der Rückersatzpflicht kennt, nicht aber eine dem § 13b GG gleichartige Norm hinsichtlich der Verjährung enthält. Doch bei dem im Beschwerdefall durch § 1 Abs. 2 DO Graz gegebenen Normzusammenhang - für die als Politiker tätigen Beamten sind die Regelungen für Landesbeamte sinngemäß anzuwenden - würde es zu einer sachlich nicht begründbaren Ungleichbehandlung zwischen den als Politikern tätigen Landesbeamten auf der einen Seite und den in solchen Funktionen tätigen Beamten der Stadt Graz auf der anderen Seite führen, wenn für letztere Gruppe keine Verjährung gilt. Für eine solche Differenzierung im Rahmen des Regelu

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten