TE Vwgh Beschluss 2020/3/3 Ra 2019/04/0125

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Veröffentlicht am 03.03.2020
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Index

L46006 Jugendförderung Jugendschutz Steiermark
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art133 Abs4
GewO 1994 §114
JSchG Stmk 2013 §18 Abs2
VStG §5
VStG §5 Abs1
VStG §9
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des Dipl.-Kfm. A H in S, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in 4600 Thalheim/Wels, Raiffeisenstraße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 2. September 2019, Zl. LVwG 30.25-1623/2019-12, betreffend Übertretung der GewO 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) wurde in der Sache dem Revisionswerber vorgeworfen, er habe § 114 GewO 1994 iVm § 18 Abs. 2 Steiermärkisches Jugendgesetz verletzt, weil er es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der U Handelsges.m.b.H. & Co KG in einer näher genannten Filiale zu verantworten habe, dass am 21. März 2019, um ca. 11:00 Uhr, an eine näher genannte damals siebzehnjährige Jugendliche ein Getränk mit gebranntem Alkohol (Eierlikör) durch die im Betrieb beschäftigte Kassiererin abgegeben worden sei, obwohl es nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen verboten sei, Getränke mit gebranntem Alkohol an Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr abzugeben. Über den Revisionswerber wurde gemäß § 367a GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag und 3 Stunden) verhängt und der Revisionswerber zu einem Kostenbeitrag für das behördliche Verwaltungsstrafverfahren in der Höhe von EUR 50,-- und für das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren in der Höhe von EUR 100,-- verpflichtet. Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig. 2 Begründend stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, an die jugendliche Testkäuferin, die zum Tatzeitpunkt das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, sei eine Flasche Eierlikör (0,7l) in einer näher beschriebenen Filiale der U Handelsges.m.b.H. & Co KG durch die seit ca. 18 Jahren bei der Gewerbeinhaberin tätigen Mitarbeiterin N. N., ohne einen Ausweis zu verlangen, abgegeben worden, weil die Mitarbeiterin N. N. auf Grund des äußeren Erscheinungsbildes der Testkäuferin, obwohl dieses dem einer Jugendlichen geglichen habe, davon ausgegangen sei, es handle sich um eine junge Erwachsene im Alter von 19 bis 20 Jahre. Die Mitarbeiterin N. N. habe in der Folge einen mündlichen Verweis und eine Nachschulung durch die Gebietsleitung erhalten.

Betreffend die Unterweisung der einzelnen Mitarbeiter sei in der U Handelsges.m.b.H. & Co KG ein hierarchisches System installiert. Im Auftrag des Revisionswerbers würden die Gebietsleiter die Marktleiter und in der Folge die Marktleiter die Kassenmitarbeiter jeweils im Rahmen der "Organisationsrichtlinie" der U Handelsges.m.b.H. & Co KG unterweisen. Über die Unterweisungen werde Buch geführt. Jeder Unterwiesene müsse die Unterweisung mit seiner Unterschrift bestätigen.

Die Mitarbeiterin N. N. sei jeweils Anfang des Jahres von der Marktleiterin anhand der "Unterweisungsrichtlinie" der U Handelsges.m.b.H. & Co KG zu verschiedenen Themen, unter anderem in Bezug auf die Alkoholabgabe an Jugendliche unterwiesen worden. Die Durchführung der Unterweisung sei von N. N. elektronisch unterfertigt worden. In den Anweisungen seien auch die Bestimmungen, ab welchem Alter wem in welcher Form Alkohol abgegeben werden dürfe, erklärt und die Anweisungen von der Marktleiterin näher erläutert worden. In der konkreten Filiale sei überdies eine Mappe mit detaillierten Ausführungen der in der Richtlinie angeführten Punkte zusammenfassend vorhanden. Diese Ausführungen würden alle Mitarbeiter/Innen beim Eintritt erhalten. Darüber hinaus habe die Mitarbeiterin N. N. durch die Marktleiterin eine spezielle Unterweisung samt Merkblatt, worin die Vorgangsweise bei der Alkoholabgabe visualisiert dargestellt sei, erhalten. Bei all diesen Unterweisungen seien die Alkoholabgabe an Jugendliche und die einschlägigen jugendschutzrechtlichen Regelungen thematisiert worden. Die jährliche Unterweisung durch die Marktleitung sei mit einem Multiple-Choice-Test abgeschlossen worden.

Die Kassa habe zum Tatzeitpunkt über ein Kontrollsystem verfügt, wonach beim Einscannen alkoholischer Getränke automatisch am Bildschirm sowie akustisch auf die vorzunehmende "Altersabfrage" hingewiesen worden sei. Ohne manuelle Bestätigung habe mit dem Kassieren in einem solchen Fall nicht fortgefahren werden können. Zwecks Erleichterung der Altersbestimmung sei das jeweilige Geburtsdatum, ab dem das jeweilige alkoholische Getränk abgegeben werden dürfe, tagesaktuell ersichtlich gemacht worden. 3 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, dass die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 114 GewO 1994 iVm § 18 Abs. 2 Steiermärkisches Jugendgesetz dem Revisionswerber auch subjektiv vorwerfbar sei.

Auf Grund des akustischen Signals und des optischen Hinweises beim Einscannen eines alkoholischen Getränks habe die Mitarbeiterin eine "(grobe) Altersbeurteilung" anhand des äußeren Erscheinungsbildes des Kunden vorzunehmen. Bei Zweifeln an der Berechtigung zur Alkoholabgabe an eine Person sei die Vorlage eines Lichtbildausweises zwecks Alterskontrolle zu verlangen. Dies habe die Mitarbeiterin N. N. unterlassen.

Soweit sich der Revisionswerber auf die durchgeführten Unterweisungen bzw. Schulungen und erteilten Anordnungen bzw. betrieblicherseits erstellten "Organisationsrichtlinien" beziehe, seien diese für ein "wirksames Kontrollsystem" nicht ausreichend. Mit der Behauptung, der Fehler der Kassiererin habe darin bestanden, auf Grund des Erscheinungsbildes der Testkäuferin, welche auf die Mitarbeiterin nicht wie eine Jugendliche gewirkt habe, keine Alterskontrolle durchzuführen, habe der Revisionswerber noch keine wirksame Kontrolle, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften des § 114 erster Satz GewO 1994 mit gutem Grund erwarten habe lassen, initiativ dargelegt. Ein funktionierendes Kontrollsystem setze voraus, dass die Vornahme einer Alterskontrolle insbesondere in "Zweifelsfällen" gewährleistet werde. Dabei komme es grundsätzlich nicht auf das äußere jugendliche Erscheinungsbild der Testkäuferin an, weil das Erscheinungsbild naturgemäß von der jeweiligen individuellen Entwicklung eines jungen Menschen abhänge. Daraus folge, dass im Rahmen eines tauglichen Kontrollsystems auch vorhersehbare Fälle, in welchen das äußere Erscheinungsbild eines jungen Kunden bereits auf die Berechtigung zum Alkoholkonsum schließen lasse, als vom Kontrollsystem grundsätzlich zu erfassende Fälle anzusehen sehen seien. Andernfalls würde das Kontrollsystem bei älter wirkenden Jugendlichen nicht funktionieren. Die Darlegung der vom Revisionswerber ins Treffen geführten unterweisenden Maßnahmen seien gegenständlich für die Annahme eines tauglichen Kontrollsystems jedenfalls nicht ausreichend.

Dem Revisionswerber sei daher der Entlastungsbeweis nicht gelungen. Er habe somit die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

Der vom Revisionswerber behauptete Verstoß des § 114 GewO 1994 gegen das Legalitätsprinzip nach Art. 18 B-VG liege nicht vor, weil die Bestimmungen des Steiermärkischen Jugendgesetzes, auf die verwiesen werde, klar darlegen würden, dass - wie vorliegend wesentlich - bis zum vollendeten 18. Lebensjahr der Erwerb, Besitz und Konsum von Getränken mit gebranntem Alkohol sowie von spirituosenhältigen Mischgetränken, insbesondere "Alkopops", verboten sei.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, die Mitarbeiterin N. N. habe auf Grund ihrer subjektiven Einschätzung des Erscheinungsbildes der Testkäuferin keinen Ausweis verlangt. Es sei sohin nicht von einem Zweifelsfall auszugehen. Im Übrigen sei der Mitarbeiterin die Altersgrenze für die Alkoholabgabe an Jugendliche bekannt gewesen. Demnach sei nicht von einem nicht funktionierenden Kontrollsystem auszugehen. Dass KassiererInnen auf Grund ihres subjektiven Eindrucks Kunden älter einschätzen, als sie tatsächlich seien, sei auch durch ein noch so sicheres Schulungs- und Kontrollsystem nicht zu verhindern.

Der Revisionswerber könne zwar seine Mitarbeiter auf die Vorschriften des Jugendschutzgesetzes einschulen. Dass die Mitarbeiter eine Person subjektiv nicht mehr als Jugendliche einschätzen und sohin von dieser keinen Ausweis verlangen, könne jedoch durch Schulungs- und Kontrollmaßnahmen nicht zur Gänze gewährleistet werden. Zur Frage, ob eine Person nach objektiven Merkmalen noch als Jugendlicher eingeschätzt werden könne, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs. Ebenso liege keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Umstand vor, dass KassiererInnen trotz hinlänglicher Schulung und Kontrolle das Alter eines Kunden subjektiv falsch einschätzen.

Schließlich habe der Revisionswerber ein wirksames Kontrollsystem im Betrieb eingerichtet und deshalb darauf vertrauen können, dass die Mitarbeiter die gesetzlichen Vorschriften einhalten.

Gemäß § 114 GewO 1994 hätten der Gewerbetreibende und die im Betrieb beschäftigten Personen die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet sei, zu verlangen, um das Alter des Jugendlichen festzustellen. Objektiv umschriebene Merkmale, wann Personen nach ihrem Äußeren als Jugendliche einzuschätzen seien, seien weder in § 114 GewO 1994, noch in anderen rechtlichen Vorschriften festgelegt. Insofern widerspreche § 114 GewO 1994 dem Legalitätsprinzip gemäß Art. 18 B-VG.

9 Gemäß § 114 GewO 1994 ist es Gewerbetreibenden untersagt, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Die Gewerbetreibenden und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen die Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet ist, verlangen, um das Alter der Jugendlichen festzustellen. Gemäß § 18 Abs. 2 Steiermärkisches Jugendgesetz sind bis zum vollendeten 18. Lebensjahr der Erwerb, Besitz und Konsum von Getränken mit gebranntem Alkohol sowie spirituosenhältigen Mischgetränken, insbesondere "Alkopops", verboten. Gemäß § 367a GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens EUR 180,-- bis zu EUR 3.600,-- zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 GewO 1994 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

10 Unstrittig wurde vorliegend mit der Abgabe einer Flasche Eierlikör an die zum Tatzeitpunkt siebzehnjährige Testkäuferin der objektive Tatbestand des § 114 GewO 1994 erfüllt.

11 Bei dem, dem Revisionswerber zur Last gelegten Delikt handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand dieser Übertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und über das zur Strafbarkeit erforderliche Verschulden nichts bestimmt ist, sodass nach der in § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG normierten Vermutung das Verschulden in der Form von Fahrlässigkeit anzunehmen ist, es sei denn, ein Beschuldigter macht glaubhaft, dass ihm an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Derjenige, der sich bei der Erfüllung einer ihm obliegenden gesetzlichen Verpflichtung der Hilfe eines Dritten bedient, bleibt verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich, soweit ihn ein Verschulden iSd § 5 VStG trifft (vgl. VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, Rn. 20, mwN). 12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Einrichtung von Kontrollsystemen ist es für die Befreiung von der persönlichen verwaltungsstrafrechtlich en Verantwortung im Einzelfall zusammengefasst entscheidend, dass glaubhaft alle Maßnahmen getroffen wurden, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften gewährleistet ist (vgl. VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, Rn. 21; 29.1.2018, Ra 2017/04/0144, Rn. 8; 30.1.2019, Ra 2019/04/0010, Rn. 8, jeweils mwN).

13 (Betriebliche) Kontrollsysteme gleichen sich in der Regel nicht und unterliegen daher einer einzelfallbezogenen Beurteilung durch das Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 29.1.2018, Ra 2017/04/0144, Rn. 9, mwN).

14 Vorliegend liegt dem objektiven Verstoß gegen § 114 GewO 1994 iVm § 18 Abs. 2 Steiermärkisches Jugendgesetz die mangelnde Ausweiskontrolle der jugendlichen Testkäuferin auf Grund der subjektiven Einschätzung der Testkäuferin als junge Erwachsene durch die Mitarbeiterin N. N. zugrunde.

15 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 114 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 111/2002 ausgesprochen, dass der Gewerbetreibende, um der ihm durch § 114 GewO 1994 auferlegten Verpflichtung nachzukommen, im Zweifelsfall an Jugendliche keinen Alkohol ausschenken darf (vgl. VwGH 28.3.2008, 2007/04/0235). Die in § 114 zweiter Satz GewO 1994 mit der Gewerbeordnungsnovelle BGBl. I Nr. 42/2008 normierte Ausweispflicht dient dazu, Verstöße gegen das Verbot der Abgabe von Alkohol an Jugendliche hintanzuhalten. Bestehen berechtigte Zweifel, ob die betreffende Person das zum Genuss von Alkohol erforderliche Alter bereits erreicht hat, werden der Gewerbetreibende und die im Betrieb beschäftigten Personen die Vorlage eines Ausweises verlangen müssen (Erläuterungen zur Gewerbeordnungsnovelle BGBl. I Nr. 42/2008, AB 420 BlgNR 23. GP, 11). Nicht zuletzt im Hinblick darauf, dass das Alter von jungen Kunden oftmals schwer eingeschätzt werden kann, setzt eine effektive Umsetzung der Alterskontrolle iSd § 114 GewO 1994 daher voraus, dass auf die Ausweiskontrolle nur dann verzichtet werden kann, wenn gesichert davon auszugehen ist, dass ein Kunde nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen die jeweilige Altersgrenze für den Genuss von Alkohol jedenfalls überschritten hat, und nicht, wenn Letzteres lediglich für möglich gehalten wird.

16 Schulungen und Arbeitsanweisungen bzw. Betriebsanweisungen einschließlich deren Dokumentation als unterstützende Teile eines wirksamen Kontrollsystems haben deshalb die Mitarbeiter ausdrücklich dahin zu unterweisen, dass von einer Ausweiskontrolle bei Abgabe von Alkohol nur dann Abstand zu nehmen ist, wenn für den Gewerbetreibenden bzw. den im Betrieb beschäftigten Personen jeder Zweifel ausgeschlossen ist, dass ein Kunde die jeweilige Altersgrenze für den Genuss von Alkohol nach den landesgesetzlichen Jugendschutzbestimmungen erreicht hat. 17 Dass die Mitarbeiterin N. N. in diesem Sinn unterwiesen und geschult wurde, wurde vom Revisionswerber nicht vorgebracht. Der Revisionswerber hat somit schon deshalb nicht von sich aus initiativ glaubhaft gemacht, dass ihm an der Verletzung des § 114 GewO 1994 iVm § 18 Abs. 2 Steiermärkisches Jugendgesetz kein Verschulden trifft. Ebenso wenig zeigt die Revision sonstige Anhaltspunkte auf, die das Verwaltungsgericht am Verschulden des Revisionswerbers zweifeln hätten lassen und von Amts wegen zu klären gewesen wären (vgl. VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092, Rn. 36, mwN, zur Verpflichtung des Verwaltungsgerichts bzw. der Verwaltungsbehörde, von sich aus Umstände zu berücksichtigen, von denen sie etwa bereits bei der Ermittlung des äußeren Tatbestandes Kenntnis erlangt haben).

18 Dass die fallbezogene Beurteilung des vom Revisionswerber eingerichteten Kontrollsystems durch das Verwaltungsgericht grob fehlerhaft ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis führt, ist daher nicht zu sehen.

19 Warum in Bezug auf § 114 GewO 1994 eine dem Legalitätsprinzip widersprechende Unbestimmtheit vorliegen soll, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, zumal die Altersgrenze für das Verbot des Genusses von Alkohol in der hier maßgeblichen landesrechtlichen Jugendschutzbestimmung des § 18 Abs. 2 Steiermärkisches Jugendgesetz mit Vollendung des 18. Lebensjahres hinreichend bestimmt ist. Dies gilt gleichsam für die in § 114 zweiter Satz GewO 1994 normierte Pflicht zur Ausweiskontrolle zwecks Feststellung des Alters von Jugendlichen. 20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019040125.L00

Im RIS seit

02.06.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.06.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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