TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/23 97/19/0300

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Veröffentlicht am 23.04.1998
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Index

TR-20 Privatrecht allgemein Türkei;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
BGB-Türkei 1926;
ZustG §7;
ZustG §9 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/19/0301 97/19/0302 97/19/0303

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerden 1.) der 1986 geborenen FI,

2.)

der 1949 geborenen FI, 3.) der 1988 geborenen EI und

4.)

des 1990 geborenen EI, sämtliche in der Türkei, sämtliche vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom 15. Oktober 1996, Zlen. 1.) 116.674/2-III/11/95,

2.)

116.674/3-III/11/95, 3.) 116.674/5-III/11/95 und

4.)

116.674/4-III/11/95, sämtliche betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Zweitbeschwerdeführerin ist Ehegattin des YI. Dieser und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der übrigen Beschwerdeführer.

Die Beschwerdeführer beantragten am 2. Februar 1995 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde 24. Februar 1995) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dem Antrag der Zweitbeschwerdeführerin war eine vom 17. Oktober 1994 datierende Arbeitsbestätigung eines inländischen Unternehmens angeschlossen, aus der hervorging, daß der gegenüber den Beschwerdeführern unterhaltspflichtige YI über ein monatliches Bruttoeinkommen von S 14.971,-- verfüge.

Mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien je vom 11. April 1995 wurden diese Anträge gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mangels einer für Inländer ortsüblichen Unterkunft in Österreich abgewiesen.

Die Beschwerdeführer, vertreten durch YI, erhoben Berufung.

Mit Vorhalt vom 29. August 1996 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführer auf, "aktuelle Bestätigungen des gesicherten Lebensunterhaltes, z.B. Lohnbestätigung, detailliert nach brutto/netto, Zulagen, Provisionen" binnen zwei Wochen ab Zustellung des Vorhaltes vorzulegen. Der genannte Vorhalt wurde den Beschwerdeführern zuhanden des YI am 2. September 1996 zugestellt.

Mit Eingabe vom 1. Oktober 1996 beantwortete letzterer diesen Vorhalt namens der Beschwerdeführer wie folgt:

"Ich bin Kurde und kam 1.11.1989 nach Österreich. 1.6.1990 bis zum 8.9.1996 habe ich als Pizzakoch in einem Restaurant in der P-Gasse gearbeitet.

Am 2. September starb ganz plötzlich mein Cousin und Schwager. Ich habe dies meinem Arbeitgeber gemeldet und bin in die Türkei geflogen. Während meines Aufenthaltes in der Türkei wurde ich dann ohne mein Wissen gekündigt.

Ich bin türkischer Staatsbürger und falle unter das Assoziationsabkommen Nr. 1/80 EU-Türkei. Ich habe vier Jahre ununterbrochen in Österreich gearbeitet.

Ich beziehe derzeit Arbeitslosengeld. Jedoch bin ich bemüht, sobald wie möglich eine neue Arbeit zu finden, um den Lebensunterhalt meiner Frau, meiner drei Kinder und mir zu sichern.

Ich wohne seit Oktober 1994 in einer Hauptmietwohnung. Die Wohnung hat drei Räume. Ich zahle eine Monatsmiete von öS 2.952,40 ..."

Mit den angefochtenen Bescheiden vom 15. Oktober 1996 wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführer seien der Aufforderung im Schreiben vom 29. August 1996, "diverse aktuelle Unterlagen" vorzulegen, nicht nachgekommen. Ein aktuelles ausreichendes Einkommen des Familienerhalters sei daher nicht belegt worden. Gemäß § 5 Abs. 1 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung jedoch unter anderem auch dann ausgeschlossen, wenn der Lebensunterhalt des Fremden für die Dauer der Bewilligung nicht gesichert sei. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK, zumal durch den Aufenthalt der Beschwerdeführer eine Belastung der Sozialhilfeträger zu befürchten sei.

Die belangte Behörde verfügte die Zustellung dieser Bescheide an die Beschwerdeführer zu Handen des YI. Die Zustellung erfolgte nach Ausweis der in den Akten erliegenden Rückscheine durch Hinterlegung. Beginn der Abholfrist war der 28. Oktober 1996.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen, persönlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 AufG lauteten:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

§ 6. (1) Außer in den Fällen des § 7 Abs. 1 werden die Bewilligung und deren Verlängerung auf Antrag erteilt. In dem Antrag ist der Zweck des vorgesehenen Aufenthaltes genau anzugeben und glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund (§ 5) vorliegt. ..."

Die Beschwerdeführer brachten vor dem Verwaltungsgerichtshof zunächst vor, YI sei zur Vertretung der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht bevollmächtigt gewesen. Daraus folge, daß sowohl die Zustellung des Vorhaltes der belangten Behörde vom 29. August 1996, als auch jene der angefochtenen Erledigungen vom 15. Oktober 1996 unwirksam gewesen sei.

Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Berufung der Zweitbeschwerdeführerin von YI in ihrem Namen erhoben worden sei, gestand die Zweitbeschwerdeführerin sodann zu, YI zur Erhebung dieser Berufung bevollmächtigt und ermächtigt zu haben, den den Viertbeschwerdeführer betreffenden Verwaltungsakten ist auch eine Vollmacht der Zweitbeschwerdeführerin an YI zur "Vertretung in allen fremdenrechtlichen Angelegenheiten" angeschlossen. An der Vertretungsbefugnis des YI für die übrigen Beschwerdeführer als seine ehelichen Kinder bestehen vor dem Hintergrund der Art. 263 und 268 des Türkischen Bürgerlichen Gesetzbuches keine Zweifel. Ist YI aber im Berufungsverfahren als Bevollmächtigter bzw. gesetzlicher Vertreter der Beschwerdeführer eingeschritten, so hatte die belangte Behörde alle weiteren Zustellungen an diese zu Handen des YI zu verfügen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Juni 1990, Slg. Nr. 13.221/A).

Nach dem Vorgesagten folgt, daß sowohl der Vorhalt vom 29. August 1996 als auch die angefochtenen Bescheide den Beschwerdeführern ordnungsgemäß zugestellt wurden. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs zum Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG geht daher ins Leere. Das erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen, YI sei seit 7. Oktober 1996 bei einem anderen als dem in der Bestätigung aus dem Jahre 1994 genannten Unternehmen beschäftigt und die Vorlage einer diesbezüglichen Arbeits- und Lohnbestätigung vom 7. Jänner 1997 unterliegen daher dem Neuerungsverbot im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde von sich aus (initiativ) zu belegen, daß er über die zur Bestreitung seines Unterhaltes erforderlichen Mittel verfügt; Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Darlegungspflicht entsprechend zu handeln, sind demnach ebensowenig geboten wie die Durchführung diesbezüglicher amtswegiger Ermittlungen. Umsomehr wäre es im vorliegenden Fall den Beschwerdeführern oblegen, über diesbezügliche Aufforderung der belangten Behörde die dem Familienerhalter zur Verfügung stehenden Mittel (hier nach dem Vorbringen in der Eingabe vom 1. Oktober 1996 aus dem Bezug von Arbeitslosengeld) der Höhe nach zu beziffern und auch entsprechende aktuelle Nachweise beizubringen. Nur dadurch kommt der Fremde seiner Obliegenheit gemäß § 6 Abs. 1 AufG nach, glaubhaft zu machen, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 leg. cit. vorliegt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1998, Zl. 97/19/0318, mit weiteren Hinweisen). Dieser Obliegenheit kamen die Beschwerdeführer jedoch durch das bloße Vorbringen, vom Familienerhalter werde Arbeitslosengeld bezogen, nicht nach.

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde davon ausging, die Bescheinigung eines für die Dauer der Bewilligung gesicherten Lebensunterhaltes sei den Beschwerdeführern nicht gelungen.

Die Beschwerdebehauptung, die Beschwerdeführer erfüllten die Voraussetzung des § 3 Abs. 1 Z. 2 AufG für den Familiennachzug, vermag der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil - wie die Beschwerdeführer selbst erkennen - ein Rechtsanspruch auf Familiennachzug nach dieser Bestimmung voraussetzte, daß kein Ausschließungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 1 vorliegt. Dies ist jedoch im Hinblick auf den fehlenden Unterhalt der Fall.

Der zutreffenden Beurteilung der belangten Behörde gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK treten die Beschwerdeführer nicht entgegen.

Aus diesen Erwägungen waren die Beschwerden gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang Zustellung gesetzlicher Vertreter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1997190300.X00

Im RIS seit

03.04.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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