TE Vwgh Erkenntnis 1998/4/23 98/15/0022

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Veröffentlicht am 23.04.1998
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO;
FinStrG §75;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des K in I, vertreten durch Dr. Rainer Strickner, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat IX) vom 15. Dezember 1997, Zl. 17-92/4310/06, betreffend Einkommensteuer 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde in Abweisung der Berufung die von der Abgabenbehörde erster Instanz erfolgte Zurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen (1986 S 963.000,--, 1987 S 1,023.750,-- und 1988 S 1,310.875,--) bestätigt. Die aufgrund einer abgabenbehördlichen Prüfung festgestellten verdeckten Gewinnausschüttungen resultierten aus der L GmbH, deren Gesellschafter und Geschäftsführer der Beschwerdeführer war. Sie ergaben sich daraus, daß bei der L GmbH als Betriebsausgaben verbuchte Beträge als fingiert und dafür ausgestellte Belege seitens D. als Scheinrechnungen gewertet wurden. Insgesamt habe es sich bei diesen Beträgen um Vorteilszuwendungen der L GmbH an den Beschwerdeführer gehandelt.

Die belangte Behörde schloß sich im angefochtenen Bescheid bei der Beurteilung der verdeckten Gewinnausschüttungen im wesentlichen den Verfahrensergebnissen des bei der L GmbH durchgeführten Besteuerungsverfahrens (auch hier war es zu einer zweitinstanzlichen Berufungsentscheidung gekommen) an. Maßgebend für die Qualifikation als Scheinrechnungen war demnach, daß D. in einer am 7. März 1990 durchgeführten niederschriftlichen Einvernahme erklärt habe, lediglich als "Rechnungsleger" tätig geworden zu sein (er habe diese "blanko unterschrieben vorbereitet" gehabt und es gebe darüber auch bei ihm keine Buchhaltungsunterlagen). Auch die Ehegattin des D. (der Sozialhilfeempfänger gewesen sei) habe in glaubhafter Weise bestätigt (Aussagen vom 17. April und 27. Juni 1991), daß sie durch das Erstellen von Scheinrechnungen gegenüber der L GmbH (und weiteren Unternehmen) ein "angenehmes Einkommen" erzielt hätten (so hätten sie für das Ausstellen der Scheinrechnungen - u.a. - vom Beschwerdeführer laufende Zahlungen erhalten). Einem erfolgten Widerruf der Zeugenaussage von D. im Rahmen einer eidesstattlichen Erklärung vom 10. März 1990 (die bezüglich der Unterschrift des D. notariell beglaubigt gewesen sei) sei nicht zu folgen gewesen. D. sei nämlich offensichtlich, nachdem der Beschwerdeführer von dessen Aussage erfahren habe, durch diesen unter Druck gesetzt worden, sodaß ein "vorgeschlagener und sodann entsprechend vorbereiteter Widerruf als geeigneter Ausweg erachtet wurde". Dieser Widerruf "auf diesen Gegendruck" sei auch mit der schlechten psychischen und physischen Verfassung des D. zu erklären. Ungeklärt sei weiters geblieben, wie D. die angeblichen Lieferungen und Leistungen laut den Rechnungen überhaupt hätte erbringen können. Nach den angeblichen Aktivitäten hätte D. Steuern in Millionenhöhe zu zahlen gehabt; demgegenüber stehe der Umstand, daß D. Sozialhilfeempfänger, nach vorliegenden psychiatrischen Gutachten psychisch und physisch krank sowie arbeitsunfähig gewesen und sein Nachlaß überschuldet sei (D. sei am 8. Mai 1990 verstorben und auch seine Witwe vollkommen mittellos). Die "behaupteten weitreichenden Beziehungen von D." hätten sich unbestrittenerweise nach außen hin erkennbar nicht manifestiert. Aus den allgemein formulierten Fakturen über Provisionen oder andere Leistungs-/Lieferungsinhalte sei auch nichts Näheres, wie etwa der vermittelte Personenkreis u.ä., erkennbar. Im Besteuerungsverfahren der L GmbH sei hiezu nur die Ansicht vertreten worden, daß "alleine die Vorlage von Rechnungen für die Anerkennung als Betriebsausgabe genügen müsse". Von besonderem Auffälligkeitswert sei auch die - der Form nach - immer gleichlautende Gestaltung der Fakturen, in denen u.a. vermerkt sei, "laut vergebührtem Vertrag (Nr. 152591) vom Dezember 1973 dient der Erlös dem Zweck des Vereines Drei-ER des Lebens". Diese Formulierung erwecke den Eindruck, als habe sich D. hinter dem von ihm gegründeten Verein "3-ER des Lebens" verstecken wollen. Auch sei die Formulierung "Generalvertrieb der DREI - ER" schwer verständlich, insbesondere dann, wenn D. nur der Vertragspartner der L GmbH bzw. des Beschwerdeführers gewesen sein solle. Ein außenstehender Empfänger von Lieferungen und Leistungen von D. wäre "einer derartigen Fakturendiktion sicherlich entsprechend entgegengetreten, da es für ihn im Falle eines Rechtsstreites möglicherweise erschwert beweisbar gewesen wäre, wer nun tatsächlich sein Vertragspartner war, D. oder der Verein". Von der Geschäftsführung der L GmbH sei allerdings - unverständlicherweise - diese Fakturengestaltung bedenkenlos akzeptiert worden. Anläßlich der mündlichen Berufungsverhandlung betreffend die L GmbH habe der Beschwerdeführer angegeben, daß ihm andere Mitglieder des Vereines "3-ER des Lebens" unbekannt seien.

Einem in der mündlichen Berufungsverhandlung am 11. Dezember 1997 gestellten Vertagungsantrag (der Beschwerdeführer habe seinen Vertagungsantrag damit begründet, daß er infolge einer bei seinem Bruder im April 1996 durchgeführten Hausdurchsuchung und Beschlagnahme über die "gesamten geschäftlichen Unterlagen" nicht verfüge und er sich somit in Beweisnotstand befinde) sei nicht Folge zu geben gewesen, weil der berufungsgegenständliche Sachverhalt dem Beschwerdeführer aufgrund der Prüfungsfeststellungen und seiner Funktion als Gesellschafter-Geschäftsführer der L GmbH schon lange Zeit bekannt gewesen sei. Wenn berufungsrelevante Unterlagen tatsächlich noch vorhanden wären, wäre zu erwarten gewesen, daß der Beschwerdeführer zwischenzeitig hierauf schon längst hingewiesen hätte. Offensichtlich bestehe jedoch seitens des Beschwerdeführers kein Interesse, an - so überhaupt vorhanden - derartige Unterlagen heranzukommen, da von ihm seit dem 7. Mai 1996 (dem Tag, seit dem sich die Unterlagen nach seiner Aussage bei der Staatsanwaltschaft Wien befänden) keine Initiativen gesetzt worden seien, zumindest Ablichtungen hierüber zu erhalten. Weshalb das derzeit gegen den Beschwerdeführer in der "Causa L" anhängige Finanzstrafverfahren einen Hinderungsgrund für die Durchführung der Berufungsverhandlung darstellen solle, sei der belangten Behörde "gleichfalls unerfindlich". Denn es obliege dem Gericht, nachzuweisen, ob dem Beschwerdeführer die vorgeworfene Abgabenverkürzung tatsächlich zur Last falle, während die belangte Behörde darüber zu entscheiden habe, ob der Beschwerdeführer in Form verdeckter Gewinnausschüttungen Einkünfte aus Kapitalvermögen erzielt habe (unabhängig davon, ob damit ein finanzstrafrechtlich vorwerfbares Verhalten durch den Beschwerdeführer gesetzt worden sei).

In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in "seinem Recht auf fehlerfreie Anwendung des Finanzstrafgesetzes, insbesondere der Bestimmungen des §§ 98, 99 FinStrG, der Art. 6 Abs. 2 MRK verletzt".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zu der Bezeichnung der Rechtsverletzung in der Beschwerde ergibt sich aus den Beschwerdeausführungen, daß der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, auf das gegenständliche Besteuerungsverfahren wären die Verfahrensregeln des Finanzstrafgesetzes (anstelle der BAO) anzuwenden gewesen. Demnach wäre es zu keiner "Beweislastumkehr" gekommen und hätte die belangte Behörde unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo" nach § 98 FinStrG zur "Einstellung des Verfahrens" kommen müssen. Soweit der Beschwerdeführer dazu geltend macht, gegen ihn sei ein Finanzstrafverfahren bei der "Staatsanwaltschaft Wien" anhängig (von einer diesbezüglichen Anzeigeerstattung habe der Beschwerdeführer bis zum Jahr 1996 keine Kenntnis gehabt), ist zu sagen, daß eine Versetzung in den "Status eines Beschuldigten" nach dem Finanzstrafgesetz keinerlei Auswirkungen auf die im Besteuerungsverfahren selbst geltenden Verfahrensgrundsätze (und die Anwendbarkeit der BAO) hat. Wenn der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen wiederholt auf den seiner Ansicht nach für ihn sprechenden "Zweifelsgrundsatz" Bezug nimmt, gehen diese damit schon deshalb ins Leere.

Die Beschwerde führt zwei ärztliche Sachverständigengutachten ins Treffen, mit denen sich die belangte Behörde "nur äußerst kurz" auseinandergesetzt habe. Aufgrund dieser Gutachten hätte die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung zu dem Schluß kommen müssen, daß D. eine psychisch kranke Person sei und "daher seiner ersten Angabe kein Glaube zu schenken ist". Mit diesem Vorbringen wird aber in keiner Weise nachvollziehbar dargestellt, warum gerade dieser "ersten Angabe" des D. kein Beweiswert zukäme. Außerdem bestätigen die Ausführungen zur psychischen Erkrankung des D. geradezu die von der belangten Behörde weiters gemachten Feststellungen, daß schon aufgrund des Persönlichkeitsbildes des D. kein Anhaltspunkt dafür bestehe, daß dieser die den Scheinrechnungen zugrundeliegenden Leistungen tatsächlich erbracht haben könnte. Die Beschwerde läßt im übrigen auch die anderen den Standpunkt der belangten Behörde stützenden Verfahrensergebnisse (so etwa die Aussage der Ehegattin des D.) unbekämpft.

Der Beschwerdeführer bezieht sich auf Seite 5 des angefochtenen Bescheides und wiederholt ein dort wiedergegebenes Berufungsvorbringen der L GmbH. Soweit der Beschwerdeführer dazu geltend macht, es sei "unerfindlich, aufgrund welcher Erkenntnisse, die seitens der Finanzverwaltung nicht bereits vorgehalten wurden, nunmehr die Betriebsprüfung der Meinung ist, daß Betriebsausgaben nicht vorliegen", wird damit in bezug auf den angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit aufgezeigt. Dem angefochtenen Bescheid ist insgesamt in schlüssiger Weise zu entnehmen, auf Basis welcher Erwägungen die belangte Behörde zu ihrer Qualifikation der strittigen Beträge als verdeckte Gewinnausschüttung kam.

Die Beschwerde wendet sich schließlich dagegen, daß der "angeregten Vertagungsbitte" seitens der belangten Behörde nicht nachgekommen worden sei. Da das Finanzamt W. sich bis heute geweigert habe, die Unterlagen L. "vorzulegen", die im Zuge einer Hausdurchsuchung sichergestellt worden seien, habe sich der Beschwerdeführer "nicht gehörig auf das Verfahren vorbereiten" können und bei der Berufungsverhandlung "mit leeren Händen und ohne Aktenunterlagen" erscheinen müssen. Damit wird aber nicht substantiiert, inwieweit sich aus den erwähnten "Aktenunterlagen" konkret gegen die Beurteilung der belangten Behörde sprechende Beweisergebnisse hätten gewinnen lassen. Auch bleiben weiters die ansonsten im angefochtenen Bescheid zur Ablehnung des Vertagungsantrages enthaltenen Ausführungen (bei tatsächlich vorhandenen berufungsrelevanten Unterlagen wäre schon zwischenzeitig längst darauf verwiesen worden bzw. habe der Beschwerdeführer auch keine Initiativen gesetzt, zumindest Ablichtungen von ihm begehrter Unterlagen zu erhalten) in der Beschwerde unbestritten.

Da der Inhalt der Beschwerde damit bereits erkennen läßt, daß eine vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998150022.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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