TE Lvwg Erkenntnis 2020/4/8 LVwG-1-220/2019-R7

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Veröffentlicht am 08.04.2020
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Entscheidungsdatum

08.04.2020

Norm

VersammlungsG 1953 §8
VersammlungsG 1953 §2 Abs1
VStG §6

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Schlömmer über die Beschwerde der M S, B, vertreten durch Amann Jehle Juen Rechtsanwälte Partnerschaft, Rankweil, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft B vom 09.04.2019, Zl X-9-2018/52230, betreffend Übertretungen nach dem Versammlungsgesetz 1953, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als das der Spruchpunkt 2. aufgehoben und diesbezüglich das Strafverfahren eingestellt wird. Im Übrigen wird der Beschwerde keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass der erste Halbsatz in der Tatumschreibung des Spruchpunktes 1., welcher lautet: „Sie haben es als Veranstalterin der öffentlich zugänglichen Versammlung zum Thema "G", durch folgenden Text ersetzt wird:

„Sie haben es, als eine Person, welcher in der gegenständlichen Versammlung eine führende Rolle zugekommen ist, somit als Veranstalterin der öffentlich zugänglichen Versammlung zum Thema "Abschiebung der Familie P"

Der gemäß § 64 Abs 1 und 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 38 VwGVG zu leistende Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens beträgt nunmehr betreffend des Deliktes im Spruchpunkt 1. 25 Euro. Gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 20 % der über ihn verhängten Geldstrafe, mindestens jedoch 10 Euro zu bezahlen. Daher ergibt sich ein Kostenbeitrag betreffend des Deliktes im Spruchpunkt 1. von 50 Euro. Dieser Betrag ist zusammen mit der Geldstrafe und dem Beitrag zu den Kosten des behördlichen Verfahrens an die Bezirkshauptmannschaft B zu entrichten.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.

Begründung

1.              Im angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin Folgendes vorgeworfen:

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2.1.           Gegen dieses Straferkenntnis hat die Einschreiterin rechtzeitig Beschwerde erhoben. In dieser wird Folgendes vorgebracht:

„…“

Kann nicht ausreichend pseudonymisiert werden, daher im RIS nicht wiedergegeben.

2.2.           Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde durch die Beschwerdeführerin bzw ihre rechtliche Vertretung ergänzend Folgendes vorgebracht:

Die Beschwerdeführerin bringt ergänzend vor wie folgt:

Als ich damals am 30.10.2018 zum Eingang des BFA gekommen bin, sind mehrere Beamte vor der Tür gestanden; es waren auch bereits schon mehrere Versammlungsteilnehmer vor Ort anwesend. Ich war erstaunt, dass acht Beamte die Tür zum BFA blockiert hatten. In einer Besprechung mit anderen Teilnehmern sagte man, dass es gut wäre, mit dem Leiter des BFA den Dialog zu suchen. Das haben wir den Beamten vor der Tür mitgeteilt. Geredet habe letztendlich ich mit einem Beamten; dies war jedoch nicht die Zeugin Insp. M. Ich fragte, ob man uns hochlassen würde, um mit dem Leiter des BFA ein Gespräch zu führen. Daraufhin hieß es nein und ich fragte den Beamten, ob ich denn alleine hochgehen dürfte, um den Leiter des BFA herunterzubringen. Dann sagte der Beamte zu mir, dies sei möglich. Daraufhin bin ich alleine in das Gebäude gegangen. Im Gebäude traf ich einen Mitarbeiter des BFA; es war noch keine Amtszeit bzw noch kein Parteienverkehr. Es hat dann der Mitarbeiter meine Bitte an den Leiter des BFA herunterzukommen weitergeleitet. Dieser hat mir dazu später mitgeteilt, dass der Leiter des BFA nicht herunterkommen würde. Ich habe dann dem Mitarbeiter ausgerichtet, dann solle doch der Leiter des BFA zum Fenster gehen; man würde dann die Botschaft nach oben richten.

Ich bin dann aus dem Gebäude gegangen; dort ist eine Art Windfang. Dort wurde ich dann von einem Mitarbeiter der BH begrüßt und schließlich auch von der Zeugin Insp. M. Diese hat mir gegenüber dann geäußert, sie müsse meine Personalien aufnehmen. Ich habe sodann meine Daten angegeben (Ausweis). Vom Verein V war zu diesem Zeitpunkt nicht die Rede. Dann hat die Zeugin M mich gefragt, wer die Versammlung veranstalten würde. Ich habe dann geantwortet, alle die da seien. Ich habe ihr dann gesagt, dass ich dies nicht sei; wenn jemand Veranstalter sein solle, dann seien das alle, die da seien. Sie hat sodann zu mir gesagt, ich solle nach vorne gehen und allen sagen, dass niemand auf die Straße gehen dürfe. Ich war damals erstaunt über diese Bitte. Ich habe mir damals gesagt, dass dies wichtig ist und ich dies tun werde. Ich habe dann von B S das Megafon genommen und habe dies den Anwesenden gesagt (nicht die Straße zu betreten). Des Weiteren gebe ich an, dass ich mit dem Megafon dazu aufgefordert habe, gemeinsam das Lied (bella ciao) zu singen, das ist korrekt. Dann ist das Megafon rundherum gegangen. Ich habe es nicht der jeweiligen Person vor den Mund gehalten. Die jeweilige Person, die Erlebnisberichte in diesem Zusammenhang wiedergegeben hat, hat glaublich das Megafon selbstständig gehalten. Ich gebe an, bevor man eine Durchsage macht, begrüßt man. Ich habe daher die Anwesenden auch begrüßt und diese auch verabschiedet.

Ich gebe an, damals hat der Vertreter der BH F, glaublich Mag. V, gegenüber mir geäußert, dass hier alles friedlich abgelaufen sei. Ich habe ihm dann erwidert, na klar, wir seien aus humanitären Gründen und mit der Bereitschaft vor Ort, in den Dialog zu gehen. Sodann hat die Zeugin Insp. M gegenüber mir geäußert, dass sie mir sagen müsse, dass sie mich anzeigen werde; sie sage dies erst jetzt aus dem Grunde, um nicht einen Tumult auszulösen; sie habe dies also am Ende gesagt, um keinen Tumult auszulösen.

Ich war sehr erstaunt, dass die Zeugin Insp. M gegenüber mir erwähnt hat, dass ich mich bei der Versammlung hervorgetan hätte; dies war mir nicht klar. Über diese Behauptung war ich verwundert.

Ich gebe an, dass es richtig ist, dass ich auch gesagt habe, dass ich nicht gewusst hätte, dass man eine Versammlung 48 Stunden vorher anzeigen hätte müssen; ich meinte also die Art, wie wir zusammengekommen sind, 48 Stunden davor anzuzeigen müssen.

Auf Frage der rechtlichen Vertretung:

Damals am 29.10.2018 vor dem Landhaus kam man danach zu einer Rauchpause zusammen. Dort entstand die Idee, dass man sich am nächsten Tag vor dem BFA treffen sollte. Ich bin nicht in der Lage zu sagen, von wem diese Idee gekommen ist. Es waren sicher 20 bis 30 Leute zusammen bzw sind zusammengestanden. Jedenfalls ist diese Idee nicht von mir gekommen. Als ich der Polizistin und Zeugin Insp. M gegenüber geäußert habe, dass ich nicht Veranstalterin sei, hat sie nicht nach dem Namen der Veranstalterin bzw des Veranstalters gefragt.

Für mich war die Wichtigkeit für die Versammlung am 30.10.2018 daraus gegeben, dass, wenn Familien bestehen und dies überhaupt im Zusammenhang mit einer schwangeren Frau, diese nicht getrennt werden und zusammenbleiben können, weil so etwas schwerst traumatisch für die Betroffenen sein kann.

Auf Vorhalt, ob der Aufruf im vol.at, welcher sich aus dem Schreiben der BH F vom 30.10.2018 ergibt, von mir stammt, gebe ich an, nein. Auch der Titel „G“ kam nicht von mir.

Auf Frage, wer am 30.10.2018 von den angebotenen Zeugen beim BFA vor Ort war, gebe ich an, dass dies die Zeugen B S, N K und M B waren. D Z und M R waren nur am 29.10.2018 beim Landhaus mit vor Ort dabei.

Die rechtliche Vertretung bringt ergänzend vor wie folgt:

Das gegenständliche Verfahren wäre nicht von der BH B, sondern von der BH F zu führen gewesen. Die im Raum stehende, von den Beschuldigten angeblich getätigte Verwaltungsübertretung wäre im Bezirk F gesetzt worden. Die angebliche Versammlung fand im Bezirk F statt. Diese wäre sohin, den Ausführungen der Behörde folgend, bei der BH F einzureichen gewesen. Auch waren am 30.10.2018 tatsächlich Beamte der BH F vor Ort, auch die Organe der öffentlichen Sicherheit haben die Sachverhaltsdarstellung an die BH F übermittelt, sodass jedenfalls die ersten Verfolgungshandlungen von den tatsächlich zuständigen Behörden der BH F vorgenommen wurden. Im gegenständlichen Verfahren wurde sohin das Recht der Beschuldigten auf ihren gesetzlichen Richter verletzt, sodass das Verwaltungsstrafverfahren bereits aus diesem Grunde ersatzlos einzustellen ist.

Weiters ist der Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses der BH B völlig unbestimmt. Selbst wenn die Beschuldigte als deutsche Staatsbürgerin eine öffentlich zugängliche Versammlung veranstaltet hätte, wäre dies als solches nicht strafbar. Die BH B stützt sich hier auf § 8 Versammlungsgesetz. § 8 Versammlungsgesetz sieht vor, dass Ausländer als Veranstalter einer Versammlung zur Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten nicht auftreten dürfen. Im Spruchpunkt 2. ist nicht davon die Rede, dass es sich bei der Versammlung um eine Verhandlung von öffentlichen Angelegenheiten handelt.

Veranstalter einer Versammlung ist derjenige, der zu einer Versammlung aufruft. Da eine Veranstaltung 48 Stunden zuvor angezeigt werden muss, kann ein Veranstalter im Sinne des Gesetzes nur eine Person sein, die bereits Tage zuvor sich mit dem Inhalt und Zweck der Versammlung auseinandersetzt und diese dann entsprechend bewirkt. Es ergibt sich aus dem gesamten Verfahren keinerlei Indiz dafür, dass die Beschwerdeführerin diejenige Person gewesen sein soll, die eben zu dieser Versammlung aufgerufen haben soll. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass gemäß Recherchen der BH F ein derartiger Aufruf durch einen Verein namens V erfolgt sein könnte (ich verweise auf das Schreiben der BH F 30.10.2018; Anlage A der Verhandlungsschrift). Die Beschwerdeführerin hat mit diesem Verein überhaupt nichts zu tun.

Der Beschwerdeführerin wird vonseiten der BH B immer nur die Veranstaltung (dies im Delikt 1. und 2.) zur Last gelegt. § 8 Versammlungsgesetz differenziert ausdrücklich zwischen Veranstalten, Ordnen und Leiten der Veranstaltung. Selbst wenn die Beschwerdeführerin, wie die Zeugin Insp. M behauptet, diese Ordnungsaufgaben übernommen hätte, so werden ihr diese in diesem Verfahren nicht einmal zur Last gelegt und sind sohin nicht verfahrensgegenständlich. Auch ist zu berücksichtigen, dass diese Ordnungsaufgaben nur durch die entsprechende Aufforderung der Zeugin Insp. M erfolgt sind, da diese nach eigenen Angaben die Beschwerdeführerin aufforderte, die Teilnehmer darauf hinzuweisen, die Straße zu verlassen etc. Dies hat die Beschwerdeführerin in Folge auch getan. Auch ist es so, dass im § 8 Ausländern nur das Veranstalten, Ordnen oder Leiten von politischen Versammlungen untersagt wird. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist der Begriff „öffentliche Angelegenheiten“ im § 8 Versammlungsgesetz äußerst restriktiv zu interpretieren. Es muss sich explizit um eine politische Tätigkeit iSd § 16 EMRK handeln. Im gegenständlichen Fall ging es nicht um eine politische Kundgebung, sondern um die Verhinderung humanitären Unrechtes in einem Einzelfall.

Aus dem vorliegenden behördlichen Akt ergibt sich nicht, dass die BH F, die sich anscheinend in ihrem Zuständigkeitsgebiet ereigneten Delikte, an die Bezirkshauptmannschaft B gemäß § 29a VStG übertragen hat. Eine wesentliche Vereinfachung bzw Beschleunigung wäre in diesem Verfahren ohnedies nicht gegeben gewesen, da eine mündliche Einvernahme weder der Beschwerdeführerin noch der Zeugen erfolgt ist. Die einzige befragte Zeugin war Insp. M, welche wohl in F befragt worden wäre; im konkreten Fall jedoch von der BH B lediglich schriftlich aufgefordert worden ist, Stellung zu nehmen.„

3.              Das Landesverwaltungsgericht hat in dieser Angelegenheit eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Folgender Sachverhalt steht fest:

Die Beschwerdeführerin – M S – ist deutsche Staatsbürgerin; sie ist am XX.XX.XXXX in D, Deutschland, geboren.

Am 29.10.2018 hat die Beschwerdeführerin an einer Kundgebung beim Landhaus in B teilgenommen. Grund hiefür war die geplante Abschiebung der in S lebenden Familie P (schwangere Mutter, Ehegatte sowie deren minderjähriges Kind). Nach Abschluss der Kundgebung vor dem Landhaus wurde von diversen Teilnehmern vereinbart, dass es nochmals notwendig ist, am nächsten Tag um 15.00 Uhr vor dem Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen (folgend: BFA) in F zusammen zu kommen. Die Idee bzw der Anstoß, sich am 30.10.2018 vor dem BFA in F um 15.00 Uhr zum Thema Abschiebung der Familie P zu treffen, ist nicht von der Beschwerdeführerin ausgegangen; sie war in jener Personengruppe am 29.10.2018 dabei, in welcher diese Idee angesprochen und sodann zustande gekommen ist.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft F vom 30.10.2018 wurde ua der Polizeiinspektion F mitgeteilt, dass eine Protestkundgebung beim BFA in F, Rstraße, um 15.00 Uhr stattfindet. Diese Kundgebung ist bei der Bezirkshauptmannschaft F nicht gemäß § 2 Versammlungsgesetz 1953 angezeigt worden. Die Bezirkshauptmannschaft F hat ua die Polizeiinspektion F um die Überwachung der Kundgebung, die Ermittlung der verantwortlichen Person vor Ort sowie darum ersucht, die Person gemäß § 19 iVm § 2 Versammlungsgesetz 1953 der Behörde anzuzeigen.

Bis vor 15.00 Uhr sind ca 80 Teilnehmer vor dem BFA in F (Vorplatz des BFA, Parkplatz/Gehsteig in Richtung L XX) zur Kundgebung bzw Versammlung zusammengekommen. Zweck der Versammlung war, auf die Abschiebung der in S lebenden Familie P hinzuweisen bzw diese Abschiebung zu verhindern.

Zu Beginn der Versammlung wollte die Beschwerdeführerin gemeinsam mit anderen Teilnehmern der Versammlung das BFA betreten. Dies wurde den Genannten von den am Eingang des BFA postierten Polizeibeamten nicht gestattet. Zweck des Einlasses war, dass ua die Beschwerdeführerin mit dem Leiter des BFA ein Gespräch führen kann. Schließlich wurde die Beschwerdeführerin von den Beamten alleine in das BFA eingelassen. Die Beschwerdeführerin traf im Gebäude des BFA auf einen Mitarbeiter des BFA, welchem sie mitteilte, dass der Leiter des BFA herunterkommen soll. Nach Rücksprache teilte der genannte Mitarbeiter des BFA der Beschwerdeführerin mit, dass der Leiter des BFA nicht herunterkommen wird. Die Beschwerdeführerin hat sodann dem Mitarbeiter ausgerichtet, der Leiter des BFA soll zum Fenster gehen, man wird die Botschaft nach oben richten. In weiterer Folge verließ die Beschwerdeführerin das Gebäude des BFA. Beim Verlassen des Gebäudes wurde die Beschwerdeführer durch Insp. K M (Zeugin) einer Identitätsfeststellung zugeführt. Auf Nachfrage hat die Beschwerdeführerin angegeben, dass sie mit weiteren Personen die Versammlung organisiert hat. Die Beschwerdeführerin wurde von Insp. M dahingehend angeleitet, den Versammlungsteilnehmern gegenüber auszuführen, dass diese die anliegende Straße (Bundesstraße, L XX) nicht betreten sollen.

Darauffolgend gegen 15.00 Uhr hat sich die Beschwerdeführerin mittels einem Megaphon an die, auf dem Vorplatz des BFA versammelten, Teilnehmer gewendet und diese zunächst begrüßt; sie hat die Durchsage gemacht, dass die Straße nicht betreten werden soll; sie ist in weiterer Folge mit dem Megaphon durch die Versammelten gegangen und hat diese aufgefordert, Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Thema Asyl wiederzugeben. Dazu hat sie einzelnen Personen, die persönliche Erfahrungen zum Thema Asyl wiedergegeben haben, das Megaphon vor den Mund gehalten; die Beschwerdeführerin hat mittels Durchsage dazu aufgerufen das Lied „Bella Ciao“ zu singen; gegen 15.40 Uhr hat sich die Beschwerdeführerin mittels Megaphon bei den Teilnehmern der Versammlung bedankt, die Versammlung für beendet erklärt und die Teilnehmer verabschiedet. Bei den Durchsagen der Beschwerdeführerin ist diese ca mittig in der Gruppe gestanden bzw mit dem Megaphon in der Gruppe herumgegangen.

Nach Auflösung der Versammlung hat die Beschwerdeführerin gegenüber Insp. M ausgeführt, dass sie nicht gewusst hat, dass eine Versammlung 48 Stunden vor deren Abhaltung anzumelden ist.

4.              Dieser Sachverhalt wird aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2020, als erwiesen angenommen.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde durch die einvernommenen Zeugen Folgendes vorgebracht:

Die Zeugin BI K M gibt auf Befragung durch den Verhandlungsleiter an wie folgt:

Ich kann mich noch ungefähr an diese Versammlung erinnern. Diese war vor dem BFA in F.

Betreffend das Thema der Versammlung gebe ich an, dass ich glaube, dass es „G“ gelautet hat.

Auf Nachfrage gebe ich an, dass dieses Thema uns von der BH angegeben wurde. Ich glaube, dieses war auch online. Dazu verweise ich auf ein Ersuchen der Bezirkshauptmannschaft F zur Überwachung einer Kundgebung mit Schreiben vom 30.10.2018.

Die Zeugin übergibt dem Verhandlungsleiter eine Kopie des genannten Schreibens der Bezirkshauptmannschaft F vom 30.10.2018. Eine weitere Kopie wird an die rechtliche Vertretung übergeben. Der Verhandlungsleiter bezeichnet das übergebene Schreiben als Anlage A und erklärt dieses zum Bestandteil der Verhandlungsschrift.

Sodann führt die Zeugin BI K M weiters aus wie folgt:

Im übergebenen Schreiben der BH F ist der Titel „G“ genannt, daraus habe ich das Thema der Versammlung abgeleitet. Nach Vorhalt aus meiner Stellungnahme vom 02.01.2019, woraus sich als Thema G ergibt, gebe ich an, dass ich das Thema der Versammlung aus dem Schreiben der BH vom 30.10.2018 für meine Stellungnahme entnommen habe.

Damals waren wir mit drei ODE (Ordnungsdiensteinheiten) Gruppen vor Ort. Die Leitung hatte ich. Ich habe mich dann einer Gruppe dieser ODE-Kräfte zugeordnet. Die Gruppe, welcher ich mich zugeordnet habe, hatte die Überwachung des Haupteingangs vorzunehmen. Ich konnte die gesamte Kundgebung von Beginn bis Ende beobachten. Ca um 15.00 Uhr sind dann langsam die ca 80 Teilnehmer zusammengekommen. Die Beschwerdeführerin war auch vor Ort. Damals hat die Beschwerdeführerin mit einer weiteren Dame Einlass in das Gebäude des BFA begehrt. Sie wollten zum Leiter des BFA. Wir haben die Beschwerdeführerin mit ihrer Begleitung durchgelassen. Der Leiter des BFA war zu keinem Gespräch mit der Beschwerdeführerin und ihrer Begleitung bereit. Als diese wieder aus dem Gebäude kamen, habe ich die Identitätsfeststellung mit der Beschwerdeführerin durchgeführt. Durch dieses Verhalten hatte ich den Verdacht, dass die Beschwerdeführerin eine führende Rolle in der Versammlung einnimmt. Im Zuge der Identitätsfeststellung hat die Beschwerdeführerin gegenüber mir geäußert, dass sie mit weiteren Personen die Versammlung vor Ort organisiert habe. Sie, die Beschwerdeführerin, sei jedoch nicht beim Verein V tätig. Die Kundgebung ist dann gegen ca 15.00 Uhr losgegangen, wobei die Beschwerdeführerin die Teilnehmer mittels Megafon begrüßt hat. Ich habe im Zuge der Identitätsfeststellung der Beschwerdeführerin gegenüber bekannt gegeben, dass sie die Teilnehmer darauf hinweisen solle, dass sie bitte die anliegende Straße – also die Bundesstraße – nicht betreten sollen. Sie hat also dann, wie gesagt, die Teilnehmer begrüßt und hat dann auch die Anweisung weitergegeben, dass die Straße nicht betreten werden soll. Im Zuge der Versammlung hat sie auch dadurch eine führende Rolle eingenommen, da sie mit dem Megafon herumgegangen ist und die Teilnehmer aufgefordert hat, Erlebnisse im Zusammenhang mit dem Thema Asyl wiederzugeben. Sodann haben Einzelpersonen persönliche Erfahrung mittels Megafon kundgetan, wobei die Beschwerdeführerin jeweils das Megafon in der Hand hielt und es der jeweiligen Person, die redete, vor den Mund gehalten hat. Dann hat die Beschwerdeführerin aufgerufen, das Lied „bella ciao“ zu singen. Dies wurde dann auch gesungen. Schließlich hat sie dann die Versammlung beendet; sie hat sich bei allen Teilnehmern bedankt; sie hat somit das Schlusswort geführt. So war mir klar, dass sie die führende Rolle in der Versammlung eingenommen hat. Die von mir wiedergegebenen, von der Beschwerdeführerin damals durchgeführten Aufforderungen, wurden durch Megafon durch die Beschwerdeführerin wiedergegeben. Bei den Durchsagen mittels Megafon ist die Beschwerdeführerin ca mittig in der Gruppe gestanden. Sie ist dann auch in der Gruppe rundherum gegangen. Aus meiner Sicht hat die Beschwerdeführerin die Versammlung geführt. Es war sonst keine andere Person, die die Versammlung geführt hatte.

Am Ende der Versammlung, als schon einige Teilnehmer weggegangen waren, habe ich die Beschwerdeführerin zur Seite genommen und ihr nochmals die Sachlage erklärt. Dies habe ich getan, weil sie am Anfang gesagt hatte, dass sie mit weiteren Personen diese Versammlung organisiert habe. Sie konnte mir aber keine Personen nennen, die mit ihr die Veranstaltung geplant hatten. Ich habe sie dann darauf hingewiesen, dass eine Versammlung 48 Stunden vor der Abhaltung anzumelden sei. Sie hat dann gegenüber mir geäußert, dass sie nicht gewusst habe, dass man eine Versammlung anmelden muss. Es sind dann weitere Personen zu mir und der Beschwerdeführerin dazu gestanden, welche dann ausgeführt haben, dass sie dies auch nicht gewusst hätten. Ich habe schließlich darauf hingewiesen, dass eine Anzeige erstattet werde.

Auf Frage der rechtlichen Vertretung:

Auf Frage, wie dieser Dialog stattgefunden hat, aus welchem ich den Verdacht genommen habe, dass die Beschwerdeführerin die Veranstaltung geleitet habe, gebe ich an, dass ich dies bereits geschildert habe. Für mich waren die Tätigkeiten der Beschwerdeführerin, bevor sie zum Leiter des BFA gegangen ist, schon Teil des Verdachts. Das weitere Gespräch hat so stattgefunden, dass, als die Beschwerdeführerin wieder aus dem BFA-Gebäude gekommen ist, ich sie angesprochen und zu ihr gesagt habe, ich würde eine Ansprechperson brauchen, die für die Versammlung zuständig sei. Dann habe ich die Daten der Beschwerdeführerin aufgeschrieben. Ich habe dann der Beschwerdeführerin erklärt, dass sie auch die Aussage machen solle, dass die Straße nicht betreten werde.

Betreffend die Angaben der Beschwerdeführerin gebe ich an, dass ich am selben Tag (30.10.2018) noch eine Tagesmeldung geschrieben habe. Sodann habe ich die digitale Anzeige vom 31.10.2018 verfasst. Diese habe ich dann elektronisch an die BH F übermittelt.

Ich gebe an, dass es auch sein kann, dass ich bereits am 30.10.2018 die digitale Anzeige erstellt hatte. Jedoch muss diese vom Vorgesetzten kontrolliert werden und ist daher erst am 31.10.2018 hinausgegangen. Ich glaube eher, dass ich bereits am 30.10.2018 die digitale Anzeige erstellt habe, weil ich so etwas immer gleich erledige.

Betreffend der Funktion der E V und des Mag. H V, Bedienstete der BH F, gebe ich an, dass diese meiner Ansicht nach dienstlich als Behördenvertreter vor Ort waren.

Von der zweiten Person, welche zu Beginn das BFA mit der Beschwerdeführerin betreten hat, habe ich die Identität nicht aufgenommen. Diese war von Anfang an ruhig. Glaublich kann ich mich daran erinnern, dass ich gefragt habe, wer von beiden Personen für mich eine Ansprechperson ist; sodann hat sich die Beschwerdeführerin hervorgetan.

Auf Frage, ob es sein kann, dass mehrere Personen zum Leiter des BFA wollten, gebe ich an, dass dies sein kann. Ich habe dann erklärt, dass so etwas nicht gehen würde, um den reibungslosen Ablauf im BFA zu gewährleisten. Nach Vorhalt durch die rechtliche Vertretung gebe ich an, dass es sein kann, dass damals die Beschwerdeführerin alleine in des BFA gegangen ist und nicht in Begleitung einer weiteren Person gewesen war. Dies kann gut sein.

Auf Frage, ob ich den Verdacht hatte, dass die Beschwerdeführerin die Versammlung organisiert bzw diese Versammlung veranstaltet hatte, gebe ich an, dass sie zu mir gesagt hat, dass unter anderen sie diese Versammlung organisiert habe. Ich kann mich an den genauen Dialog am Eingang des BFA mit der Beschwerdeführerin nicht mehr Wort für Wort erinnern. Ich verweise auf die digitale Anzeige vom 31.10.2018. Ich kann nicht mehr ausführen, ob ich gefragt habe, ob die Beschwerdeführer bei V tätig sei oder ob die Beschwerdeführerin das von sich aus zu mir sagte.

Auf Vorhalt des von mir vorgelegten Schreibens der BH F vom 30.10.2018, aus welchem sich im Betreff ergibt „V – S“, gebe ich an, dass ich schließlich vor Ort herausgefunden habe, dass niemand von V dabei war. V hat lediglich zur Teilnahme an der Versammlung aufgerufen.

Auf Vorhalt des Textes aus der Anzeige vom 31.10.2018, wonach am 30.10.2018 in der Zeit von 15.00 Uhr bis 15.40 Uhr durch die gemeinnützige Vorarlberger Organisation „V – S“ zum Thema „G“ auf dem Vorplatz des BFA eine unangemeldete Protestkundgebung stattfand, gebe ich an, dass ich den Text nicht mehr so schreiben würde. Ich habe dies auch in der Stellungnahme vom 02.01.2019 nicht mehr so geschrieben. Ich gebe an, dass ich wahrscheinlich in die Anzeige versehentlich den genannten Satz aus dem BH-S vom 30.10.2018 übernommen habe. Ich habe vor Ort bei der Versammlung keine Wahrnehmungen gemacht, dass der Verein V oder Personen des Vereins vor Ort sind. Ich habe glaublich auch die Beschwerdeführerin diesbezüglich gefragt. Ich kenne keine Personen vom Verein V persönlich. Ich gebe an, dass ich zur Vorbereitung vor der gegenständlichen Versammlung auf der Homepage von V einen Namen herausgesucht habe. Diese Person ist jedoch nicht vor Ort aufgetaucht.

Betreffend des Links, welcher sich aus dem Schreiben der BH F vom 30.10.2018 ergibt, gebe ich an, dass ich nicht weiß, wer diesen journalistischen Aufruf getätigt hat. Dieser Link ist, wie ersichtlich, im vol.at bzw dieser Aufruf ist im vol.at erschienen.

Zur die Frage, ob die BH wohl aufgrund dieses Aufrufes davon ausgegangen ist, dass dahinter der Verein V steht, kann ich nichts ausführen.

Auf Nachfrage, wie viele Personen dann tatsächlich auch über das Megafon geredet haben, gebe ich an, dass ich glaube, dass es ca fünf Personen waren. Der Inhalt der Reden dieser fünf Personen war ein humanitärer.

Die Zeugin B S gibt auf Befragung durch den Verhandlungsleiter an wie folgt:

Ich gebe an, dass ich am 30.10.2018 auf der Versammlung vor dem BFA in F anwesend war. Ich war Teilnehmerin diese Versammlung. Mein Thema bzw für mich war das Thema die Empörung über die Abschiebung der Familie P. Ich habe damals die Beschwerdeführerin auf dieser Versammlung gesehen. Wir haben uns damals dort getroffen und Statements abgegeben.

Auf Frage, ob ich speziell angeben kann, was die Beschwerdeführerin bei dieser Versammlung machte bzw getan hat, gebe ich an, dass unterschiedliche Leute, ua auch die Beschwerdeführerin, bei der Versammlung mittels Megafon zur Sache etwas sagten.

Auf Frage, ob meiner Meinung nach die Beschwerdeführerin eine führende Rolle bei dieser Versammlung innehatte, gebe ich an, dass mehrere Personen Statements mittels Megafon abgegeben haben und nicht nur die Beschwerdeführerin. Ich gebe an, dass ich glaube, dass ca 6 bis 7 Leute mittels Megafon etwas gesagt haben.

Ich kann mich nicht erinnern, dass die Beschwerdeführerin mittels Megafon Anweisungen gegeben hat, etwas zu tun oder auch nicht zu tun. Ich kann mich nicht erinnern, dass die Beschwerdeführerin zu Beginn der Versammlung die Anwesenden begrüßt hat bzw diese am Ende verabschiedet hat. Ich kann mich nicht an die Inhalte erinnern, die die Beschwerdeführer mittels Megafon angegeben hat. Die Versammlung ist für mich einfach entstanden. Alle waren aktiv; es ist aus diesem Eck etwas gekommen und dann etwas aus dem anderen. Für mich hat die Beschwerdeführerin die Versammlung nicht geleitet.

Auf Frage der rechtlichen Vertretung:

Ich selbst habe damals das Megafon mitgebracht. Ich war am Vortag (29.10.2018) beim Landhaus auch anwesend. Betreffend die Abhaltung der gegenständlichen Versammlung gebe ich an, dass ich mich erinnern kann, dass eine größere Gruppe von ca 15 Leuten zum Thema Versammlung am nächsten Tag vor dem BFA zusammengestanden ist. Ich kann nicht mehr konkret sagen, welche Leute dies waren, die da zusammengestanden sind. Bei den Reden am 30.10.2018 vor dem BFA ging es um die Humanität und die Menschlichkeit.

Betreffend den Vorhalt, ob ich mitbekommen habe, dass im vol.at zu einer Demonstration am 30.10.2018 aufgerufen wurde, gebe ich an, dass ich dies nicht weiß. Beim ersten Mal (Versammlung) vor dem Landhaus am 29.10.2018 wurde ich darauf über Facebook hingewiesen. Beim zweiten Mal, wie von mir schon erwähnt, aufgrund des Gesprächs in dieser 15 Personen-Gruppe. Für mich war das Thema der Versammlung, besser gesagt, das, was wir verhindern wollten, dass eine schwangere Mutter von ihrem Mann und dem kleinen Sohn räumlich getrennt wurde. Meines Wissens war damals der Vater mit dem Sohn bereits in W.

Der Zeuge N K gibt auf Befragung durch den Verhandlungsleiter an wie folgt:

Ich weiß noch, um was es damals am 30.10.2018 vor dem BFA gegangen ist. Es ist um diesen Abschiebefall der Familie aus dem Bregenzerwald gegangen. Ich war damals auch vor Ort. Ich habe damals die Beschwerdeführerin gesehen. Die Beschwerdeführerin war betreffend möglicher Aufgaben bei der Versammlung anwesend, so wie wir alle anderen auch. Ich kann nicht angeben, ob die Beschwerdeführerin mittels Megafon die Anwesenden begrüßt hat; ich bin erst später auf die Versammlung gekommen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Beschwerdeführerin mittels Megafon Anweisungen gegeben hat, zB die Straße nicht zu betreten, gemeinsam ein Lied zu singen oder anderes mittels Megafon durchgegeben hat. Ich weiß es nicht mehr; ich bin relativ spät an diesem Tag zur Versammlung gekommen. Für mich hat die damalige Versammlung niemand geleitet. Für mich ist niemand herausgestochen, welcher die Versammlung geleitet hätte. Für mich war damals das Thema, dass wir uns für die Menschenrechte einsetzen und versuchen zu verhindern, dass diese Familie in der vorliegenden Art und Weise abgeschoben wird.

Auf Frage der rechtlichen Vertretung:

Ich kann mich nicht erinnern, dass es eine Einladung mit irgendeinem Titel betreffend diese Versammlung gegeben hat. Ich war am Vortag beim Landhaus auch vor Ort.

Auf Frage, ob ich mich erinnern kann, wer am 29.10.2018 vorgeschlagen hat, am nächsten Tag beim BFA eine Versammlung abzuhalten, gebe ich an, dass ich dies nicht mehr weiß; es waren relativ viele Leute vor Ort. Es hat sich aus einer bzw der vorliegenden Synergie ergeben.

Auf Frage, ob ich mich an ein oder zwei Redner in F erinnern kann, gebe ich an, dass ich mich daran nicht erinnern kann.

Der Zeuge M R gibt auf Befragung durch den Verhandlungsleiter an wie folgt:

Ich gebe an, dass ich damals am 30.10.2018 nicht vor Ort war; ich war am 29.10.2018 beim Landhaus vor Ort.

Auf Frage, ob ich mich erinnern kann, wer damals am 29.10.2018 beim Landhaus die Idee hatte, eine weitere Versammlung bzw Kundgebung vor dem BFA abzuhalten, gebe ich an, dass ich das nicht weiß. Es waren damals sehr viele Leute vor Ort. Die Idee ist dann plötzlich im Raum gestanden. Ich weiß nicht mehr, wer dann diese Idee aufgegriffen oder auch konkretisiert hat. Ich selbst bin nicht viel auf diesen Social-Media-Kanälen. Ich weiß, dass es einen Aufruf für den 30.10.2018 über einen Social-Media-Kanal gegeben hat.

Nach Vorhalt gebe ich an, dass es sein kann, dass dieser Aufruf über vol.at erfolgt ist.

Auf Frage der rechtlichen Vertretung:

Ich habe keine Erinnerung, dass die Beschwerdeführerin am 29.10.2018 gesagt hat, man solle sich am 30.10.2018 vor dem BFA treffen.“

Betreffend den dem Sachverhalt entgegenstehenden Ausführungen der Beschwerdeführerin ist zunächst auf das oben unter Punkt 2.2. Wiedergegebene hinzuweisen. Darüber hinaus ergibt sich dazu aus der eingebrachten Beschwerde zusammengefasst, dass die PI F davon ausgegangen sei, dass am 30.10.2018 in der Tatzeit eine durch die gemeinnützige Vorarlberger Organisation V (S organisierte und unangemeldete Protestkundgebung stattgefunden und als verantwortliche Person die Beschwerdeführerin fungiert habe; die Beschwerdeführerin habe die Veranstaltung nicht mit anderen Personen organisiert; die Beschwerdeführerin sei weder als Vorstandsmitglied noch als gewöhnliches Mitglied bzw in sonstiger Funktion im Verein tätig gewesen; die Beschwerdeführerin habe am 29.10.2018 an der Kundgebung vor dem Landhaus in B teilgenommen und sei nach Abschluss von dritter Seite festgestellt worden, dass es notwendig sei, sich am nächsten Tag um 15.00 Uhr vor dem BFA in F zu treffen, wobei dies jedenfalls nicht als erstes von der Beschwerdeführerin ausgegangen sei; die Beschwerdeführerin habe am 30.10.2018 an der Kundgebung – wie viele andere – teilgenommen; die Beschwerdeführerin sei nicht Organisatorin der Veranstaltung gewesen und dies habe sie nach Vorhalt der PI sinngemäß dadurch zum Ausdruck gebracht, in dem sie nicht Veranstalterin sei, sondern alle Anwesenden als gleichwertig anzusehen seien, welches von mehreren Personen bestätigt werden könne, wobei diese Personen auch bestätigen könnten, dass nicht die Beschwerdeführerin jene gewesen sei, die am 29.10.2018 angeregt habe, die Gruppe solle sich am nächsten Tag vor dem BFA treffen sowie die Veranstaltung nicht das öffentliche allgemeine Thema „G“ getragen habe.

Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst ausgeführt hat, dass sie gemeinsam mit anderen Personen in das BFA zum Leiter wollte, und schlussendlich sie alleine das BFA betreten hat, um mit dem Leiter des BFA zu sprechen. Sie habe schließlich gegenüber einem Mitarbeiter des BFA ausgeführt, der Leiter des BFA solle zum Fenster gehen, man könne dann die Botschaft nach oben (an den Leiter des BFA) richten. Auf Frage der Zeugin M, wer die Versammlung geführt habe, habe sie geantwortet, alle die da seien. Sie habe nach Aufforderung durch die Zeugin Insp. M den Anwesenden der Versammlung mitgeteilt, nicht auf die Straße zu gehen; sie habe mittels Megaphon dazu aufgefordert, gemeinsam das Lied Bella Ciao zu singen; sie habe die Anwesenden begrüßt und diese verabschiedet und es sei richtig, dass sie nicht gewusst habe, dass man eine Versammlung 48 Stunden vorher anzuzeigen hätte. Betreffend die Vornahme der Moderation der gegenständlichen Versammlung durch die Beschwerdeführerin wurde in der Beschwerde ausgeführt, dass es denkbar sei, dass die Beschwerdeführerin aus Sicht der Behörde vor Ort die Aufgabe der Moderation übernommen habe.

Zum Thema bzw Zweck der Versammlung vom 30.10.2018 hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde sowie auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es ihr dabei um die Abschiebung der Familie P bzw die Art und Weise der Abschiebung gegangen sei. Daher ist zum Sachverhalt festzustellen, dass die Beschwerdeführerin grundsätzlich die durch sie am 30.10.2018 im Rahmen der Versammlung vor dem BFA vorgenommenen Tätigkeiten selbst bestätigt. Unstrittig ist auch, dass die Versammlung am 30.10.2018 nicht durch den Verein V – S – geleitet bzw organisiert wurde, sowie die Beschwerdeführerin nicht für den genannten Verein vor Ort tätig geworden ist. Auch war nicht Thema bzw Zweck der Versammlung „G“, sondern der Zweck war, die Abschiebung einer in S lebenden Familie (P). Weiters ist für das Landesverwaltungsgericht glaublich und unstrittig, dass die Idee vom 29.10.2018, am 30.10.2018 vor dem BFA eine Versammlung zum genannten Zweck durchzuführen, nicht ausschließlich bzw nur von der Beschwerdeführerin stammt.

Strittig ist im vorliegenden Sachverhalt, dass die Beschwerdeführerin bei den Erlebnisberichten das Megaphon der jeweilig berichtenden Person vor den Mund gehalten habe sowie dass sie angegeben habe, die Versammlung am 30.10.2018 mit anderen Personen organisiert zu haben.

Dazu konnten die weiteren einvernommenen Zeugen – B S, N K und M R – zusammengefasst lediglich ausführen, dass das Thema der Versammlung am 30.10.2018 die Abschiebung der Familie P gewesen sei; die Beschwerdeführerin am 30.10.2018 vor Ort gewesen sei; unterschiedliche Leute bei der Versammlung mittels Megaphon zur Sache etwas gesagt hätten; man sich nicht (genau) erinnern könne, dass die Beschwerdeführerin mittels Megaphon Anweisungen gegeben habe; die Idee zur Versammlung am 30.10.2018 in einer Personengruppe am 29.10.2018 entstanden sei und die Beschwerdeführerin die gegenständliche Versammlung am 30.10.2018 nicht geleitet habe.

Betreffend die oben wiedergegebenen Angaben der Beschwerdeführerin sowie jener der Zeugen B S, N K und M R, welche dem Sachverhalt unter Punkt 3. entgegenstehen, folgt das Landesverwaltungsgericht den Angaben der Zeugin Insp. K M. Die Angaben der Zeugin Insp. M ergeben sich nicht nur aus der mündlichen Verhandlung, sondern bestätigen sich auch aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus der Stellungnahme vom 02.01.2019. Die Angaben der Zeugin Insp. M sind schlüssig, widerspruchsfrei und glaubhaft, hingegen die entgegenstehenden Angaben der restlichen genannten Zeugen sowie jene der Beschwerdeführerin lediglich Schutzbehauptungen zu Gunsten der Beschwerdeführerin darstellen. Insgesamt ist daher vom obigen Sachverhalt auszugehen.

5.1.           Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 2 Abs 1 Versammlungsgesetz 1953 (folgend: VersG), BGBl Nr 98/1953, idF BGBl I Nr 63/2017, muss, wer eine Volksversammlung oder überhaupt eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, diese wenigstens 48 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde (§ 16) schriftlich anzeigen. Die Anzeige muss spätestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Versammlung bei der Behörde einlangen.

Gemäß § 8 VersG, idF BGBl Nr 98/1953, dürfen Ausländer weder als Veranstalter noch als Ordner oder Leiter einer Versammlung zur Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten auftreten.

Gemäß § 19 VersG, BGBl NR 98/1953, idF BGBl I Nr 50/2012, sind Übertretungen dieses Gesetzes, insofern darauf das allgemeine Strafgesetz keine Anwendung findet, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, aber von der Landespolizeidirektion, mit Arrest bis zu sechs Wochen oder mit Geldstrafe bis zu 720 Euro zu ahnden.

5.2. Judikatur und Literatur zum Versammlungsgesetz:

Judikatur VwGH:

„Eingriffe in die grundrechtlich geschützte Versammlungsfreiheit (wie auch in die damit untrennbar zusammenhängende Meinungsäußerungsfreiheit) sind nur zulässig, soweit dies zum Schutz eines der Rechtsgüter notwendig ist, die in Art. 11 Abs. 2 bzw. Art. 10 Abs. 2 MRK aufgezählt sind. Dabei ist jedenfalls eine Abwägung der für und wider den Eingriff entsprechenden Gründe vorzunehmen. In diesem Zusammenhang hat der VfGH wiederholt ausgesprochen, dass an sich verwaltungsbehördlich strafbares Handeln iSd § 6 VStG dann gerechtfertigt ist, wenn es im Zusammenhang mit einer Versammlung gesetzt wird und zur Durchführung der Versammlung erforderlich ist.

Der VfGH hat in seinem E 19. Juni 2008, B 1011/07, abgehend von älterer Judikatur, ausdrücklich ausgeführt, die im damaligen Fall belangte Behörde gehe fehl, wenn sie allein aufgrund des Umstandes, dass die Versammlung nicht ordnungsgemäß angezeigt worden ist, annimmt, dass das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes iSd § 6 VStG von vornherein ausgeschlossen ist. Auf dieser Linie liegt auch die Rechtsprechung des EGMR, der bei nicht nach dem nationalen Recht ordnungsgemäß angemeldeten Versammlungen eine Bestrafung wegen dabei begangener Delikte nur dann als zulässig ansieht, wenn sich aufgrund einer Abwägung ergibt, dass damit kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Versammlungsfreiheit erfolgt.“ (dazu siehe VwGH vom 15.10.2009, 2007/09/0307)

„Als Veranstalter einer Versammlung kann nur auftreten, wer Rechtspersönlichkeit besitzt, also neben einer natürlichen Person etwa ein Verein oder eine politische Partei.

Den Veranstalter trifft die – durch § 19 VersG verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte – Pflicht, die Versammlung gemäß § 2 Abs 1 VersG anzuzeigen (vgl. VwGH 21.03.1990, 90/01/0019). Bei ordnungsgemäß angezeigten Versammlungen (§ 2 Abs. 1 VersG) gilt daher als Veranstalter, wer in der Versammlungsanzeige als solcher auftritt.

Wird eine Versammlung nicht angezeigt, ist zunächst jene Person als Veranstalter anzusehen, die in den anderen Versammlungsteilnehmern den Willen zum sich versammeln hervorgerufen hat. Darüber hinaus gilt als Veranstalter auch eine Person, die in der Öffentlichkeit (vgl. VfSlg. 14.773/1997: Pressemitteilung über eine “Protestkundgebung“) oder gegenüber der Behörde als solcher auftritt (vgl. Eigner/Keplinger, Versammlungsrecht³ (2015, S. 96 f)), weiters, wer eine führende Rolle in der Versammlung einnimmt (vgl. Fessler/Keller, Vereins- und Versammlungsrecht³ (2013) S. 271).

Die vom VwG festgestellten Unterstützungshandlungen der Revisionswerberin während bzw. am Ende der Versammlung – (nicht näher bestimmte) Megaphondurchsagen bzw. das bloße Einsammeln von Transparenten – sind als zu geringfügig anzusehen, um eine Veranstaltereigenschaft annehmen zu können. Eine führende Rolle der Revisionswerberin in der Versammlung – etwa durch Bestimmung der Richtung des Demonstrationszuges; Aufruf, behördliche Anordnungen zu befolgen bzw. nicht zu befolgen; Bestimmung des Zeitpunkts der Beendigung der Versammlung etc. – lässt sich aus den vom VwG getroffenen Feststellungen nicht ableiten. Die Bestrafung der Revisionswerberin als Veranstalterin (wegen unterlassener Anzeige der Versammlung) im Sinne des § 2 Abs. 1 VersG erfolgte sohin schon aus diesem Grund zu Unrecht.“ (dazu siehe VwGH 22.03.2018, Ra 2017/01/0359)

„Der VwGH hat – unter Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des VfGH (insbesondere VfSlg. 19.818/2013) – festgehalten, dass Fragen des Eingriffs in den Kernbereich des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit Rechtssachen betreffen, die gemäß Art 133 Abs 5 B-VG (nach wie vor) von der Zuständigkeit des VwGH ausgeschlossen sind. Entscheidungen, die den Kernbereich der Versammlungsfreiheit betreffen – wie die Untersagung oder die Auflösung einer Versammlung –, fallen in die ausschließliche Zuständigkeit des VfGH. Darüber hinaus habe der VfGH aber nicht zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung “in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht“ (vgl. VwGH 27.02.2018, Ra 2017/01/0105, mwN). In diesem Sinne hat der VwGH z.B. die Übertretung des § 2 Abs. 1 VersG (Pflicht des Veranstalters zur Anzeige einer beabsichtigten Versammlung) als eine Angelegenheit außerhalb des Kernbereichs der Versammlungsfreiheit angesehen.“ (dazu siehe VwGH 25.09.2018, Ra 2018/01/0276)

Literatur zum Versammlungsgesetz:

§ 2 VersG legt eine grundsätzliche Anzeigepflicht für Versammlungen fest, sofern es sich nicht um Versammlungen handelt, die auf geladene Gäste beschränkt sind. Die Pflicht zur Anmeldung einer allgemein zugänglichen Versammlung blieb durch Art 12 und 13 StGG und durch den BPrNV unberührt, weil es sich dabei lediglich um eine Ordnungsvorschrift handelt, die die Versammlungsfreiheit nicht beschränkt.

Die Pflicht zur Anmeldung einer Versammlung besteht unabhängig davon, ob die Versammlungsbehörde auf anderer Weise Kenntnis von der beabsichtigten Versammlung erlangt hat oder erlangen hätte können.

Wird eine Versammlung nicht angezeigt, ist zunächst jene Person als Veranstalter anzusehen, die nach den dargelegten Grundsätzen in den anderen Versammlungsteilnehmern den Willen zum sich versammeln hervorgerufen hat. Darüber hinaus gilt als Veranstalter auch eine Person, die in der Öffentlichkeit (zB in einer Pressemitteilung über eine Protestkundgebung) oder gegenüber der Behörde als solcher auftritt, weiters, wer eine führende Rolle in der Versammlung (zB durch Bestimmung der Richtung des Demonstrationszuges, durch einen Aufruf, behördliche Anordnungen zu befolgen oder nicht zu befolgen) einnimmt.

Als Veranstalter einer Versammlung kann fungieren, wer Rechtspersönlichkeit besitzt, also sowohl eine natürliche als auch eine juristische Person.

Auch Fremde (also Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft) können Veranstalter einer Versammlung sein. Allerdings darf es sich nicht um eine Versammlung zur Verhandlung „politischer“ Angelegenheiten handeln (§ 8 Versammlungsgesetz in verfassungskonformer Interpretation). Dies gilt auch für juristische Personen, die nicht nach österreichischem Recht eingerichtet sind.

Verletzt der Veranstalter sein Pflichten, macht er sich nach § 19 VersG verwaltungsbehördlich strafbar. (Bloße) Teilnehmer an einer nicht angemeldeten Versammlung sind hingegen nicht strafbar.

Die Anzeige der Versammlung muss den „Zweck“, den „Ort“ und die „Zeit“ der Versammlung enthalten. Diese verpflichtenden Angaben haben primär den Zweck, die Behörde in die Lage zu versetzen, eine entsprechende Gefahrenprognose zu stellen (dazu siehe Aigner/Keplinger, Versammlungsrecht4 Praxiskommentar, 2019, § 2 S 57 ff).

Zur Frage, ob dem § 8 VersG durch Art 11 EMRK derogiert wurde, hat der VfGH noch nicht Stellung genommen. Art 16 EMRK erlaubt den Vertragsparteien ua Beschränkungen der Versammlungsfreiheit, sofern dies die „politische Tätigkeit von Ausländern“ betrifft. Nun ist unter der „Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten“ jedenfalls mehr zu verstehen, als unter „politischer Tätigkeit“ (im Übrigen kannte das zur gleichen Zeit wie das VersG entstandene VereinsG in seinen §§ 29 bis 35 den Begriff eines „politischen“ Vereins). So gehören beispielsweise religiöse oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk betreffende „Angelegenheit“ zu den öffentlichen, ohne dass ein Veranstalter, der zu diesem Thema eine Versammlung abhalten will, „politisch“ tätig wird. Allerdings gebietet eine gebotene verfassungskonforme Auslegung eine Interpretation des § 8 VersG dahingehend, dass das Verbot nur mehr für „politische“ Angelegenheit iSd Art 16 EMRK gilt.

Das Versammlungsgesetz definiert den Begriff „Ausländer“ nicht. Nach allgemeinem Sprachgebrauch sind darunter alle Menschen zu verstehen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen. Manche Gesetze verwenden für diesen Personenkreis den Begriff „Fremde“. In wie weit das Verbot des § 8 VersG für EWR-Bürger gilt, ist unklar.

Auch dürfen Ausländer Versammlungen, die nicht der Erörterung öffentlicher Angelegenheiten gewidmet sind, veranstalten bzw bei solchen als Leiter oder Ordner auftreten (dazu siehe Aigner/Keplinger, Versammlungsrecht4 Praxiskommentar, 2019, § 8 S 107ff).

5.3. Bestrafung der Beschwerdeführerin gemäß § 8 VersG:

Dazu hat die Beschwerdeführerin zusammengefasst vorgebracht, dass auch das VersG zwischen Veranstalten, Ordnen und Leiten einer Veranstaltung unterscheide (gemeint § 8 VersG); der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes im Zusammenhang mit dem Gesetzesvorbehalt zu Art 11 EMRK klarstelle, dass dieser nur den Sinn haben könne, außenpolitische Verwicklungen zu vermeiden, nicht aber den Vorwand zu liefern, Grundrechte ohne Sinn und Notwendigkeit gegen Ausländer diskriminierend einzuschränken; der Spruchpunkt 2. des Straferkenntnisses völlig unbestimmt sei; die BH B sich auf § 8 VersG stützte und § 8 VersG vorsehe, dass Ausländer als Veranstalter einer Versammlung zur Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten nicht auftreten dürften, wobei gegenständliche unter Spruchpunkt 2. nicht die Rede davon sei, dass es sich bei der Versammlung um eine Versammlung von öffentlichen Angelegenheiten handeln würde; § 8 differenziere ausdrücklich zwischen Veranstalten, Ordnen und Leiten einer Veranstaltung, selbst wenn die Beschwerdeführerin Ordnungsaufgaben übernommen hätte, so würden ihr diese in diesem Verfahren nicht einmal zur Last gelegt und seien sohin nicht verfahrensgegenständlich sowie der Begriff „öffentliche Angelegenheiten“ in § 8 VersG äußerst restriktiv zu interpretieren sei und es sich explizit um eine politische Tätigkeit iSd § 16 EMRK handeln müsse.

Aus dem obigen Sachverhalt ergibt sich, dass der Grund bzw der Zweck der am 30.10.2018 vor dem BFA abgehaltenen Versammlung jener war, dass auf die Abschiebung einer sich in S befindlichen Familie bzw deren Situation hingewiesen wird oder auch diese Abschiebung verhindert werden kann. Wie sich aus der obzitierten Literatur ergibt, ist in einer gebotenen verfassungskonformen Auslegung eine Interpretation des § 8 VersG dahingehend vorzunehmen, dass das Verbot nur mehr für „politische“ Angelegenheiten iSd Art 16 EMRK gilt. In der Literatur werden die Gründung einer politischen Partei, deren Tätigkeit oder die Teilnahme an Wahlen als Beispiele für Aktivitäten genannt, die direkt der politischen Betätigung zuzuzählen sind (dazu siehe Aigner/Keplinger, Versammlungsrecht4 Praxiskommentar, 2019, § 6 S 97f). Schon mangels Vorliegen einer politischen Tätigkeit durch die Beschwerdeführerin war der Beschwerde betreffend des Spruchpunktes 2. Folge zu geben, der Spruchpunkt 2. ersatzlos aufzuheben und diesbezüglich das Verfahren einzustellen.

5.4.1. Bestrafung der Beschwerdeführerin gemäß § 2 VersG:

Eingangs ist zunächst auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin einzugehen, wonach auch das VersG zwischen veranstalten bzw ordnen bzw leiten einer Versammlung unterscheiden würde. Im Zusammenhang mit dem wiedergegebenen Vorbringen entsteht der Eindruck, dass sich dieses nicht nur auf den § 8 VersG beziehen soll. Deshalb ist zur Abgrenzung des Vorbringens auszuführen, dass zum § 8 VersG bereits unter dem Punkt 5.3. abschließend entschieden wurde. Die Beschwerdeführerin wurde im Spruchpunkt 1. als eine Veranstalterin iSd § 2 VersG bestraft. Aus dem § 2 Abs 1 VersG ergibt sich zusammengefasst, dass, wer eine allgemein zugängliche Versammlung ohne Beschränkung auf geladene Gäste veranstalten will, diese wenigstens 48 Stunden vor der beabsichtigten Abhaltung unter Angabe des Zweckes, des Ortes und der Zeit der Versammlung der Behörde schriftlich anzeigen muss. Folgend geht es also darum, ob die Beschwerdeführerin als Veranstalterin iSd § 2 VersG eine Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Betreffend das darüberhinausgehende Vorbringen der Beschwerdeführerin zu § 2 VersG ist auf die Punkte 2.1., 2.2. und 4. hinzuweisen.

Zusammengefasst ergibt sich dazu aus dem Sachverhalt, dass die Beschwerdeführerin am 30.10.2018 Einlass in das BFA F begehrte. Mag dieses zunächst auch von mehreren Personen geäußert worden sein, so ist schlussendlich die Beschwerdeführerin alleine in das Gebäude des BFA eingelassen worden bzw hat dieses betreten. Im Gebäude hat sie schließlich einem Mitarbeiter des BFA mitgeteilt, dass der Leiter des BFA (welcher nicht vor das Gebäude kommen wollte) aus dem Fenster sehen solle, dann könne man die Botschaft nach oben (an den Leiter des BFA) richten. Sie trat daher gegenüber dem Mitarbeiter des BFA und auch gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten als eine führende bzw leitende Person der Versammlung auf. In weiterer Folge verließ die Beschwerdeführerin das BFA, worauf sie einer Identitätsfeststellung durch die Zeugin Insp. M zugeführt wurde. Durch das Verhalten bzw Auftreten der Beschwerdeführerin hatte Insp. M damals den Verdacht, dass die Beschwerdeführerin eine führende Rolle in der Versammlung einnimmt und daher diese gebeten, die sich vor dem BFA versammelten ca 80 Personen anzuweisen, nicht die Bundesstraße zu betreten. Dies hat sodann auch die Beschwerdeführerin nach einer Begrüßung der versammelten Personen mittels Megaphon durchgegeben. In weiterer Folge hat die Beschwerdeführerin die anwesenden Personen zu Erfahrungsberichten im Zusammenhang mit Asyl aufgefordert und ist dazu in der Menge der Versammelten von Person zu Person mit dem Megaphon gegangen. Dabei spielt es keine Rolle, ob bei den Erfahrungsberichten die Beschwerdeführerin oder die jeweilig berichtende Person selbst das Megaphon gehalten hat. Schließlich hat sie die Versammelten aufgefordert, gemeinsam ein

Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
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