TE Bvwg Beschluss 2020/2/21 W216 2225781-1

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Veröffentlicht am 21.02.2020
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Entscheidungsdatum

21.02.2020

Norm

BBG §42
BBG §45
BBG §46
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W216 2225781-1/10E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marion STEINER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Benedikta TAURER sowie die fachkundige Laienrichterin Mag. Bettina PINTER als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 25.09.2019, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme einer Zusatzeintragung in den Behindertenpass, beschlossen:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG und § 7 VwGVG in Verbindung mit § 46 BBG erster Satz als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Sozialministeriumservice vom 25.09.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 26.06.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass unter Zugrundelegung der Ergebnisse des durchgeführten ärztlichen Begutachtungsverfahrens abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid gelangte laut Vermerk der belangten Behörde am 27.09.2019 zur Versendung.

Mit E-Mail vom 22.11.2019 hat die Beschwerdeführerin eine als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde eingebracht.

Mit Schreiben vom 19.12.2019 erging ein Verspätungsvorhalt seitens des Bundesverwaltungsgerichts an die Beschwerdeführerin. Darin wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass sich die gegenständliche Beschwerde nach der vorliegenden Aktenlage als verspätet darstelle, da der angefochtene Bescheid laut Vermerk der belangten Behörde am 27.09.2019 an das Zustellorgan übergeben worden sei und gemäß § 26 Abs. 2 Zustellgesetz die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan und somit am 02.10.2019 als bewirkt gelte. Demnach wäre die eingebrachte Beschwerde vom 22.11.2019 nach der Aktenlage verspätet eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen. Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Es wurde ihr weiters zur Kenntnis gebracht, dass die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens erlassen werde, soweit nicht eine eingelangte Stellungnahme anderes erfordere.

Mit Schreiben vom 09.01.2020 erstattete die Beschwerdeführerin eine Stellungnahme. Darin wurde eingeräumt, dass die angefochtene Entscheidung der Beschwerdeführerin nicht am 02.10.2019, sondern erst einen Monat später, nämlich am 02.11.2019, "mit gewöhnlicher Briefpost und nicht als Rsb-Sendung zugestellt worden sei". Auf dem Postkuvert sei auch kein Poststempel zu finden. Demnach sei die Beschwerde vom 22.11.2019 fristgerecht eingebracht worden. Zu beanstanden sei auch, dass der Beschwerdeführerin keine in ihrer Muttersprache Mongolisch übersetzte Rechtsmittelbelehrung zugekommen sei. Demnach sei fraglich, ob die Rechtsmittelfrist überhaupt zu laufen begonnen habe.

Mit Schreiben vom 23.01.2020 wurde der belangten Behörde seitens des erkennenden Gerichts die Möglichkeit eingeräumt, sich zu dieser Stellungnahme binnen zwei Wochen zu äußern. Zudem wurde die belangte Behörde ersucht, dem Bundesverwaltungsgericht mitzuteilen, an welchem Datum der angefochtene Bescheid vom 25.09.2019 zur Versendung gelangt sei und dem Bundesverwaltungsgericht diesbezügliche Nachweise vorzulegen.

Daraufhin führte die belangte Behörde in einem Schreiben vom 28.01.2020 aus, dass der angefochtene Bescheid vom 25.09.2019 laut Dokumentenarchiv am 27.09.2019 versandt worden sei. Hiezu wurde ein Screenshot über das Versanddatum vom 27.09.2019 beigefügt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 26.06.2019 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25.09.2019 wurde dieser Antrag gemäß §§ 42 und 45 des Bundesbehindertengesetzes abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde von der belangten Behörde am 27.09.2019 versendet.

Mit E-Mail vom 22.11.2019 brachte die Beschwerdeführerin eine Beschwerde gegen diesen abweisenden Bescheid bei der belangten Behörde ein.

Mit Schreiben vom 19.12.2019 erging seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Verspätungsvorhalt an die Beschwerdeführerin.

Die Beschwerdeführerin äußerte sich zwar innerhalb der ihr gesetzten Frist, legte aber - im Gegensatz zur belangten Behörde - keine ihr Vorbringen stützenden Unterlagen vor.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde, der Beschwerde, dem Verspätungsvorhalt des Bundesverwaltungsgerichtes sowie aus den von der belangten Behörde vorgelegten Unterlagen. Der Sachverhalt ist aktenkundig und erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch einen Senat unter Mitwirkung einer fachkundigen Laienrichterin ergeben sich aus §§ 6, 7 BVwGG iVm § 45 Abs. 3 und 4

BBG.

3.2. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde:

3.3. Die Bescheidbeschwerde ist schriftlich (in Form eines Schriftsatzes) bei der belangten Behörde einzubringen (§ 12 VwGVG).

Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG (= Parteibeschwerde) dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung.

Gemäß § 46 erster Satz BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des VwGVG sechs Wochen.

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG gilt eine Zustellung (ohne Zustellnachweis) als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats (§ 32 Abs. 2 AVG).

Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen (33 Abs. 2 AVG).

Bei der Frist zur Einbringung der Beschwerde handelt es sich um eine durch Gesetz festgesetzte Frist, die nicht verlängerbar ist (§ 33 Abs. 4 AVG). Sie ist eine prozessuale (formelle) Frist, sodass die Tage des Postenlaufes nicht einzurechnen sind (§ 33 Abs. 3 AVG).

3.4. Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Behindertenpass am 27.09.2019 von der belangten Behörde an die Beschwerdeführerin abgesendet. Ausgehend davon, dass gemäß § 26 Abs. 2 ZustellG die Zustellung am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan - sohin im vorliegenden Fall am 02.10.2019 - als bewirkt gilt, endete die sechswöchige Beschwerdefrist gegenständlich mit Ablauf des 13.11.2019.

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführerin diesen Umstand entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich vorgehalten (vgl. dazu VwGH 29.08.2013, 2013/16/0050). Die Beschwerdeführerin erstattete keine solche Stellungnahme, welche die rechtswirksame Zustellung des angefochtenen Bescheides oder den Zeitpunkt der Zustellung in Zweifel ziehen würde.

3.5. Da sich die mit 22.11.2019 datierte und an diesem Tag bei der Behörde eingelangte Beschwerde als verspätet erwiesen hat, war sie spruchgemäß zurückzuweisen.

Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der Verspätung verwehrt (vgl. VwGH 16.11.2005, 2004/08/0117).

Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich gemäß Art. 8 B-VG die Behörden der deutschen Sprache als Amtssprache zu bedienen haben. Der Gebrauch einer anderen Sprache als der deutschen Amtssprache ist - von sich allenfalls aus Art 9 Abs 1 B-VG ergebenden Fällen abgesehen -, nur dort zugelassen, wo dies gesetzlich normiert ist. Eine gesetzliche Normierung, wonach die Rechtsmittelbelehrung ebenfalls in Mongolisch zu ergehen habe, besteht nicht und kann daher eine ausschließlich in Deutsch verfasste Rechtsmittelbelehrung keine Rechtswidrigkeit des Bescheides bewirken.

3.6. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte die Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG entfallen, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Vielmehr hängt die Entscheidung über die Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde lediglich von bereits ausjudizierten Rechtsfragen ab.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist, Verspätung, Zurückweisung, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W216.2225781.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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