TE Lvwg Beschluss 2020/4/10 VGW-101/V/042/8654/2019-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.04.2020
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Entscheidungsdatum

10.04.2020

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art. 140 Abs1 Z1 lita
ZustG §17 Abs3

Text

Das Verwaltungsgericht Wien stellt gemäß Art. 140 Abs. 1 Z 1 lit. a B-VG in der Angelegenheit der Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 20.5.2019, GZ: ..., den

ANTRAG,

(einfach)

im § 17 Abs. 3 Zustellgesetz i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2008 die Wendung „Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte,“ als verfassungswidrig aufzuheben.

In eventu wird beantragt, im § 17 Abs. 3 Zustellgesetz i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2008 das Wort „rechtzeitig“ als verfassungswidrig aufzuheben.

In eventu wird beantragt, im § 17 Abs. 3 Zustellgesetz i.d.F. BGBl. I Nr. 5/2008 die Wortfolge „Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.“ als verfassungswidrig aufzuheben.

Begründung

I) maßgeblicher Sachverhalt und bisheriger Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk, vom 20.5.2019, GZ: ..., wurde über den Einspruch des Beschwerdeführers betreffend den Rückstandsausweis Nr. ... entschieden und festgestellt, dass die dem Rückstandsausweis zugrunde liegenden Vorschreibungen in der Höhe von insgesamt EUR 6.905,93 rechtmäßig erfolgt sind.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer laut dem im Akt einliegenden Zustellnachweis nachweislich nach einem Zustellversuch am Donnerstag, den 23.5.2019, an der (vom Beschwerdeführer angegebenen; AS 141) Abgabestelle Wien, C.-gasse, bei der zuständigen Postgeschäftsstelle … Wien hinterlegt und ab dem Freitag den 24.5.2019 zur Abholung bereitgehalten.1

Dieses Postamt hat auch am Samstag geöffnet, sodass der zweite Tag der Abholmöglichkeit der gegenständlichen behördlichen Briefsendung der Samstag der 25.5.2019 gewesen ist.

Der Bescheid enthält eine richtige und vollständige Rechtsmittelbelehrung, aus der insbesondere das Erfordernis zur rechtzeitigen Beschwerdeerhebung und die vierwöchige Beschwerdefrist ab Zustellung hervorgehen.

2. Mit E-Mail vom 24.6.2019, 22:07 Uhr, brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde eine Beschwerde gegen den obangeführten Bescheid ein.

3. Seitens der belangten Behörde wurden i.S.d. § 13 Abs. 5 AVG weder Amtsstunden noch die für den Parteienverkehr bestimmte Zeit bekannt gemacht.

4. Die belangte Behörde sah von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung ab und legte die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes dem Verwaltungsgericht Wien zur Entscheidung vor.

5. Das Verwaltungsgericht Wien hielt dem Beschwerdeführer mit Verbesserungsauftrag vom 10.7.2019 (zugestellt am 15.7.2019) vor, dass seine Beschwerde keine Angaben enthält, aus welchen hervorgeht, dass die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, und wurde ihm aufgetragen, diesen Mangel innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung zu beheben.

6. Der Beschwerdeführer übermittelte am 23.7.2019 eine E-Mail und brachte (auszugsweise) Folgendes vor (unkorrigiertes Originalzitat):

"Hiermit teile ich Ihnen höflichst mit, dass der Brief NICHT von mir persönlich abgeholt wurde, da ich mich in diesem Zeitraum geschäftlich für 5 Tagen in der Schweiz befand. […] Ich bin am 27.05.2019 in Wien wieder gewesen und habe den Brief am 28.05.2019 vom Postamt abgeholt und somit habe ich auch 4 Wochen gerechnet und auch die Beschwerde eingereicht. Ich ersuche Sie höflichst die in Betracht zu nehmen, da ich tatsächlich nicht in Wien war. […] Am 24.05.2019 (Freitag) war laut meiner Mutter keine Verständigung vom Postamt in unserem Postkasten also muss die Verständigung am Montag den 27.05.2019 in meinem Postkasten gewesen sein und habe ich gleich am nächsten Werktag das Schriftstück abgeholt. […]"

Diesem Schreiben schloss der Beschwerdeführer einen Übernachtungsbeleg einer Unterkunft in Zürich bei, aus welchem ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer bereits am 22.5.2019 die gegenständliche Abgabestelle Richtung Zürich verlassen und sich bis zum Montag den 27.5.2019 in Zürich aufgehalten hatte.

Damit ergibt sich nachfolgender, für das gegenständliche Gesetzesprüfungsverfahren maßgeblicher Sachverhalt:

Das erstinstanzliche Schreiben sowie der gegenständlich bekämpfte Bescheid wurde vom Postzustellorgan am Donnerstag, den 23.5.2019, an der Abgabestelle des Beschwerdeführers zuzustellen versucht. Da dieser nicht angetroffen worden ist, wurde dieses Schreiben am selben Tag hinterlegt und ab Freitag den 24.5.2019 zur Abholung bereit gehalten.

Der zweite Tag, an welchem dieses Schreiben beim zuständigen Postamt behoben werden hätte können, war der Samstag der 25.5.2019.

Der dritte Tag, an welchem dieses Schreiben beim zuständigen Postamt behoben werden hätte können, war der Montag der 27.5.2019.

Der vierte Tag, an welchem dieses Schreiben beim zuständigen Postamt behoben werden hätte können, war der Dienstag der 28.5.2019.

Der Beschwerdeführer hat nachgewiesen, dass dieser zwischen dem 22.5.2019 und dem 27.5.2019 sich geschäftlich in Zürich aufgehalten hatte und erst am 27.5.2019 abends wieder an seine Abgabestelle zurückgekehrt ist.

Der Beschwerdeführer hat daher erstmals am Montag den 27.5.2019 Kenntnis vom (vergeblichen) Zustellversuch des Zustellorgans am Donnerstag den 23.5.2019, von der Hinterlegung dieses Schriftstücks noch am gleichen Tag und von der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks zur Abholung am Freitag den 24.5.2019 Kenntnis erlangt.

Erst aufgrund seiner am Montag den 27.5.2019 (abends) an die Abgabestelle erfolgten Rückkehr war der Beschwerdeführer in der Lage, Kenntnis von der Hinterlegung des gegenständlichen Schriftstücks und der am 24.5.2019 erfolgten erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks zur Abholung zu erlangen.

Bei Zugrundelegung der Annahme, dass das gegenständliche Schreiben bereits am Freitag den 24.5.2019 wirksam zugestellt worden ist, stand dem Beschwerdeführer daher eine um vier Tage verkürzte Beschwerdefrist (24 Tage statt den gesetzlich vorgesehenen vier Wochen) zur Verfügung.

II) zur Zulässigkeit des Antrages:

II.1) Präjudizialität:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist ein Antrag i.S.d. Art. 140 Abs. 1 Z 1 B-VG (nur) dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückzuweisen, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl. bspw. VfGH 9.3.2016, G 447/2015 ua., mwN).

Im gegenständlichen Fall wurde vom Beschwerdeführer eine Beschwerde gegen den Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den ... Bezirk vom 20.5.2019, GZ: ..., erhoben. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG entscheiden die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 1 B-VG i.V.m. § 3 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist das Verwaltungsgericht Wien zur Behandlung der gegenständlichen Beschwerde zuständig, weil die belangte Behörde ihren Sitz in Wien hat, und die vollzogene Angelegenheit weder im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung zu vollziehen ist, noch durch Gesetz ein Rechtszug zum Bundesverwaltungs- oder Bundesfinanzgericht eröffnet worden ist.

Das Verwaltungsgericht Wien hat § 17 Abs. 3 ZustellG bei seiner Entscheidung im Anlassfall jedenfalls anzuwenden, weil der Beschwerdeführer im Wesentlichen moniert, dass die wirksame Zustellung durch Hinterlegung aufgrund seiner vorübergehenden Abwesenheit von der gegenständlichen Abgabestelle2 nicht bereits am 24.5.2019, sondern erst mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Werktag rechtswirksam erfolgt sei. Dabei hat der Beschwerdeführer nachgewiesen, bereits vor dem Zustellversuch des gegenständlichen Schriftstücks die Abgabestelle verlassen zu haben und erst am 27.6.2019 an die Abgabestelle wieder zurückgekehrt zu sein.

Je nach Auslegung der Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ des § 17 Abs. 3 ZustellG ist die anhängige Beschwerde wegen Verspätung zurückzuweisen ist oder nicht.

Im Falle der Aufhebung der gegenständlich angefochtenen Bestimmung gemäß dem Hauptantrag und gemäß dem ersten Eventualantrag würde die gegenständliche Beschwerde nicht zurückgewiesen werden, sondern nach Durchführung des gebotenen Ermittlungsverfahrens eine meritorische Entscheidung ergehen.

Im Falle der Aufhebung der gegenständlich angefochtenen Bestimmung gemäß dem zweiten Eventualantrag würde die gegenständliche Beschwerde wegen Verspätung zurückgewiesen werden.

II.2) Anfechtungsumfang:

1.1. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (vgl. hiezu z.B. VfSlg. 13.965/1994, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden. Diese Rechtsprechung beruht auf dem Grundgedanken, dass im Normenprüfungsverfahren nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als zur Bereinigung der Rechtslage unbedingt notwendig ist (vgl. z.B. VfSlg. 17.220/2004, 19.933/2014).

1.2. Dieser Grundposition folgend hat der Verfassungsgerichtshof die Rechtsauffassung entwickelt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. z.B. VfSlg. 8155/1977, 12.235/1989, 13.915/1994, 14.131/1995, 14.498/1996, 14.890/1997 und 16.212/2002). Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Gesetzesbestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (vgl. z.B. VfSlg. 16.869/2003, 19.933/2014).

1.3. Im Lichte der obzitierten höchstgerichtlichen Judikatur erachtet das Verwaltungsgericht Wien den mit gegenständlichem Hauptantrag gewählten Anfechtungsumfang als weder zu weit noch zu eng bemessen. Insbesondere entstünde bei Aufhebung der Wendung „Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte,“ deshalb keine Schwierigkeit hinsichtlich der Anwendung der im Rechtsbestand verbleibenden Teile des Gesetzes, da diesfalls verbliebene Wortfolge des letzten Satzes des § 17 Abs. 3 ZustellG lauten würde:

„Doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte."

Für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den im Primärantrag gestellten Anfechtungsumfang als zu weit bemessen einstuft, wurde der erste Eventualantrag gestellt.

Der zweite Eventualantrag wurde für den Fall, dass der Verfassungsgerichtshof den Primärantrag als zu eng gefasst qualifiziert, eingebracht.

III) zur Rechtslage:

Der hier maßgebliche § 17 des Zustellgesetzes, BGBl. Nr. 200/1982 i.d.F. BGBl. I. Nr. 5/2008, lautet wie folgt:

„Hinterlegung

(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zum § 17 ZustellG hat die kurzzeitige Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle für die Auslösung des Fristenlaufes keine Auswirkungen. Die Zustellwirkung wird durch Abwesenheit nur dann ausgeschlossen, wenn sie bewirkt, dass vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt werden konnte.3

IV) Auslegungsvarianten der Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“

IV.1) durchgängige Qualifizierung der Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ als inhaltlich unbestimmbar durch die Lehre:

Es fällt auf, dass nicht nur das antragstellende Gericht, sondern auch sehr viele anerkannte Vertreter der Lehre bislang die gegenständliche Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ als inhaltlich nicht bestimmbar bzw. auslegbar eingestuft haben.

Wie deutlich durch die verschiedensten Vertreter der Lehre die gegenständliche Wendung als unbestimmt und nicht auslegbar kritisiert wurde, sei durch nachfolgende Zitate belegt:

So führen Robert Walter und Heinz Mayer in deren Kommentar zum Zustellrecht bereits 1983 aus:4

„Die Regelung, wonach eine Hinterlegung als nicht bewirkt gilt, wenn der Empfänger „wegen Abwesenheit ... nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“, die vom Ausschuß auch für die Ersatzzustellung in § 16 Abs 5 aufgenommen wurde, bereitet Auslegungsschwierigkeiten. Das Kernproblem besteht in der Frage, ob die im § 17 Abs 3 (§ 16 Abs 5) genannte „Abwesenheit“ die negative Formulierung des „regelmäßigen Aufenthalts an der Abgabestelle“ (§ 17 Abs 1, § 16 Abs 1) darstellt, oder ob diese Abwesenheit eine, den „regelmäßigen Aufenthalt“ nicht ausschließende, kürzere sein soll (vgl Anm 34 zu § 16). Eine präzise Beantwortung dieser grundlegenden Frage scheint nicht möglich (vgl auch Hauer, ÖGZ 1983, 36).“

Heinz Mayer kritisiert wiederum in seinem Aufsatz, „daß es dem Gesetzgeber bei einer außerhalb jeden Parteienstreits gelegenen Materie leider nicht gelungen ist, wichtige Fragen des Zustellrechts in einer sinnvollen, für die Praxis brauchbaren und Divergenzen in der höchstgerichtlichen Judikatur künftig hintanhaltenden Weise zu lösen.“5

Wolfgang Hauer und Hans-Peter Rausch wiederum bezeichnen diese Wendung als „höchst unklar“6, sodass Wolfgang Hauer sogar noch vor dem Inkrafttreten des Zustellgesetzes dessen Novellierung forderte7.

Anderorts wird diese Wendung als „als geeignet, Verwirrung zu stiften“ gebrandmarkt.8

Robert Walter, Heinz Mayer, Walter Rechberger und Heinrich Stumvoll charakterisieren die gegenständliche Wendung wiederum als eine Regelung „von beispielhafter Unklarheit“9, sodass letzterer zur zu dieser Wendung ergangenen Judikatur des Obersten Gerichtshofs ausführt, dass dieser „in der resignierenden Auffassung gefolgt (wird), dass jedes weitere wissenschaftliche Durchdringen der Materialien und Gesetzestext keine tieferen Erkenntnisse mehr verspricht.“10

An anderer Stelle wiederum formuliert Heinrich Stumvoll folgend:11

§ 17 ZustG hat erhebliche Judikaturdivergenzen (insb zwischen VwGH und OGH) und zahlreiche unterschiedliche Lehrmeinungen ausgelöst. Sowohl der Text des Gesetzes als auch die Materialien sind nämlich derart mehrdeutig formuliert, dass weder ein klares gesetzgeberisches Konzept erkannt werden kann noch eine allgemein überzeugende Interpretation möglich ist. Je nach Beurteilung kommt es zu verschiedenen Prämissen, denen die divergierenden Ergebnisse entsprechen.“

Als „höchst unklar“ und „mehrere Auslegungsmöglichkeiten offen lassend“ wird diese Wendung durch Dieter Kolonovits, Gerhard Muzak und Gerhard Stöger qualifiziert.12 Wörtlich führen diese aus13:

„Die Auslegung der verunglückten Bestimmungen des § 17 Abs. 3 letzter Satz und des § 16 Abs. 5 ZustellG, die trotz ihrer Unklarheit seit ihrer Erlassung unverändert geblieben sind, gehört immer noch zu den schwierigsten Fragen des Zustellrechts; dies obwohl es sich bei ihnen um solche von größter praktischer Bedeutung handelt. Insoweit wenig hat ihre Auslegung zu Judikaturdivergenzen geführt.“

In diesem Sinne verweist auch Gernold Stoll resignierend darauf, dass es aufgrund des insoweit unklaren Gesetzestextes bisher weder der Lehre noch der Rechtsprechung gelungen sei, sichere und bestimmte Lösungen zu erarbeiten.14

Weiters findet sich in der Lehre zu dieser Wendung die Charakterisierung, dass deren „Wortsinn dunkel (bleibt)“.15

Johannes Hengstschläger und David Leeb wiederum konstatieren, dass „die Bedeutung der Wendung ‚nicht rechtzeitig’ (fraglich ist)“.16

Rudolf Thienel bezeichnet die gegenständliche Wendung wiederum als „legistisch verunglückt“, welche „zu zahlreichen Auslegungsdivergenzen geführt hat“ wobei „auch die Rsp uneinheitlich (ist)“.17

Zudem wird durch die Lehre die Divergenz der in der Lehre entwickelten Auslegungsvarianten zur gegenständlichen Wendung als ein Beleg angeführt „wie unklar und strittig diese Wendung“ ist.18

Ähnlich liest sich die Beurteilung der Senatspräsidenten Otto Leukauf und Wolfgang Hauer in der 4. Auflage ihres Handbuchs:19

„4) Der Grundsatz, daß bei „vorübergehender Ortsabwesenheit“ eine Ersatzzustellung nicht zulässig ist (früher § 23 Abs 7 AVG) wurde im wesentl (so jedenfalls lt EB) aufrecht erhalten, wenngleich das Wort „regelmäßig“ nicht angetan ist, die Rechtssicherheit zu erhöhen. (…) Schwierigkeiten ergeben sich jedoch aus der Regelung des § 16 Abs 5 einer erst im Ausschuß zustande gekommenen Normierung (s Anm 1a), wonach zwar die Ersatzzustellung als nicht bewirkt gilt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger wegen „Abwesenheit von der Abgabestelle“ nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, jedoch die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam wird. (…) Es muß aber eingeräumt werden, daß von der aufgezeigten Lösungsvariante nicht behauptet werden kann, sie sei die einzig sinnvolle und daher richtige, wenngleich sie für die Praxis zweckmäßig ist. Eine „bessere“ Lösung läßt uE die vom Ggeber derart unglücklich formulierte Regelung nicht zu (vgl Walter-Mayer ZR 96 u insb 102 ff, allerdings ohne eine klare Lösung zu bieten).

Die Judikatur des VwGH erweist sich als widersprüchlich. (…) Dazu - wie zur ganzen Problematik des § 16 Abs 5 u des § 17 Abs 3 - hat bereits Hauer, Der Nachbar im Baurecht 2. Aufl 50 ff, Stellung bezogen. Zufolge der uneinheitl Rechtsprechung wird es daher eines verst Sen bedürfen, der Rechtssicherheit schafft.“

Nobel formuliert Christoph Ritz wie folgt20:

„Die Bedeutung des § 16 Abs. 5 ZustG (vor allem im Verhältnis zum Abs 1) ist strittig. Die Judikatur ist uneinheitlich (vgl. zB Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Tz 221ff). In der Literatur werden unterschiedlichste Lösungsansätze angeboten (vgl zB bei Walter/Mayer, Zustellrecht, 103ff).“

Auch in weiteren Publikationen der Lehre wurde diese Wendung als nicht bestimmbar eingestuft.21

Für eine Gerichtsentscheidung völlig ungewöhnlich bescheinigte das Oberlandesgericht Innsbruck der gegenständlichen Wendung „beispielhafte Unklarheit“.22

IV.2) Auslegungsvarianten des Begriffs „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ durch anerkannte Auslegungsautoritäten:

IV.2.1) auf die Situation von werktags erst abends in die Wohnung zurückkehrenden Vollzeitberufstätigen abstellende Auslegung des Begriffs „rechtzeitig“ durch den Obersten Gerichtshof und eines Teils der Senate des Verwaltungsgerichtshofs, eines Teils der Lehre sowie des derzeit für alle Finanzbehörden verbindlichen Erlasses des Finanzministeriums:

IV.2.1.1) Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

Soweit erkennbar legt der Oberste Gerichtshof die Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ im § 17 Abs. 3 ZustellG wie auch im § 16 Abs. 5 ZustellG seit dem Inkrafttreten des Zustellgesetzes in ständiger Judikatur entweder nach der Auslegungsvariante der Maßgeblichkeit der Maßstabsfigur eines vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten23 oder aber entsprechend der nachfolgend dargestellten dritten höchstgerichtlichen Auslegungsvariante (daher der dem grammatikalischen Bedeutungsgehalt der Worte „rechtzeitig“ und „Zustellvorgang“ und dem historischen Gesetzgeberwillen folgenden Auslegungsvariante)24 aus.

IV.2.1.1.1) Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs:

Nach dieser nun zu besprechenden Auslegungsvariante der Maßgeblichkeit der Maßstabsfigur eines vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten ist dann von einer „Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang“ auszugehen, wenn dem Empfänger nach der frühestmöglichen Kenntniserlangung von der erfolgten Übergabe eines Schriftstücks an einen Ersatzempfänger bzw. von der Hinterlegung eines Schriftstücks noch (exakt) mindestens jener Zeitraum für die Erhebung eines Rechtsmittels zur Verfügung steht, als dies auch einem vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten zur Verfügung stehen würde.

Mit anderen Worten ist dann von der Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang auszugehen, wenn nach der Rückkunft an die Abgabestelle der frühestmögliche Zeitpunkt der Erlangung des zugestellten Schriftstücks nicht später liegt als der hypothetische Zeitpunkt der frühestmöglichen Erlangung des Schriftstücks durch einen vollerwerbstätigen und werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Beschäftigten.

Dies wird damit begründet, dass es unsachlich wäre, den zum Zeitpunkt des Hinterlegungsversuchs (nicht bloß tagsüber) ortsabwesenden Schriftsatzadressaten besser zu stellen, als einen Empfänger, welcher berufsbedingt unter Tags von seiner Abgabestelle abwesend (und damit nicht vorübergehend ortsabwesend) gewesen war.

Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Vollzeitberufstätigkeit der Fall einer Zustellung durch Hinterlegung gewesen wäre, so ist als Zustellzeitpunkt der Zeitpunkt der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks (im Falle der Zustellung durch Hinterlegung) oder der Zeitpunkt der Ausfolgung des Schriftstücks an den Ersatzempfänger (im Falle der Zustellung durch Ersatzzustellung) anzusehen.

Nach dieser Judikatur erlangt ein Empfänger sohin nur dann „rechtzeitig Kenntnis, wenn er nicht in der Lage war (gewesen wäre), auf die Sendung zum selben Zeitpunkt zu reagieren, zu dem der Empfänger üblicherweise reagieren hätte können, dem nach dem Willen des Gesetzgebers durch Hinterlegung zugestellt werden durfte.“25

Den Begriff „rechtzeitig“ im Sinne des § 16 Abs. 5 ZustellG bzw. im Sinne des § 17 Abs. 3 ZustellG versteht der Oberste Gerichtshof daher dahingehend, dass dem ortsabwesend gewesenen Empfänger (jedenfalls) noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung steht, welcher auch einem fiktiven, berufsbedingt nur tagsüber von der Abgabestelle Vollerwerbstätigen zur Verfügung stehen würde.

Wenn daher der ortsabwesend gewesene Empfänger durch die Hinterlegung bzw. Schriftsatzübergabe an den Ersatzempfänger nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung oder durch Ersatzzustellung als ordnungsgemäß angesehen werden, sodass es zu keiner Heilung i.S.d. § 17 Abs. 3 ZustellG bzw. i.S.d. § 16 Abs. 5 ZustellG kommt.26

Nach dieser Auslegungsvariante kann von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang durch den Empfänger dann nicht mehr die Rede sein, wenn diesem die wahrzunehmende Rechtsmittelfrist nicht ungekürzt oder zumindest nicht nahezu ungekürzt zur Verfügung steht. Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu dieser Auslegungsvariante kann jedenfalls bei einer Verzögerung der Kenntniserlangung von einer erfolgten Zustellung um mehrere Tage nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang die Rede sein.27

Folglich ist nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs etwa eine Kenntniserlangung von der erfolgten Hinterlegung bzw. von der erfolgten Übergabe des Schriftstücks an den Ersatzempfänger, die erst drei Tage nach dem, dem Hinterlegungstag folgenden Bereithaltungstag bzw. erst vier Tage nach der erfolgten Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger erfolgt, nicht mehr als rechtzeitig im Sinne des § 16 Abs. 5 ZustellG anzusehen.28

IV.2.1.1.2) Auslegungsdivergenz innerhalb der Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

IV.2.1.1.2.1) strenge Auslegung dieses Rechtssatzes durch den Obersten Gerichtshof:

Wenn man diesen Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs streng auslegt und insbesondere sich den konkreten Anlassfall für die Bildung dieser Judikatur vor Augen hält29, ist nach dieser Auslegungsvariante klar bestimmbar, wann exakt nicht mehr von einer Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellversuch auszugehen ist.

Nicht mehr rechtzeitig vom Zustellvorgang kann ein Schriftstückempfänger demnach nur dann nicht Kenntnis erlangen, wenn der Schriftstückadressat zum Zeitpunkt der Hinterlegung bzw. zum Zeitpunkt der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger (nicht nur tagsüber) ortsabwesend gewesen war, und dieser Schriftstückadressat nicht schon vor dem der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger bzw. der dem Hinterlegungstag nächstfolgenden Schriftstückabholungstag an die Abgabestelle wieder zurückgekehrt ist.

Schlagend wird diese strenge Auslegung dieser Auslegungsvariante daher nur in zwei eher untypischen Konstellationen, nämlich erstens der Konstellation der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks bereits am Hinterlegungstag und der Rückkehr bereits am Hinterlegungstag bzw. Schriftstückübergabetag und zweitens der Konstellation, dass das Schriftstück an dem dem Hinterlegungstag folgenden Tag nicht von der Post abgeholt werden kann. Nur in diesen Fällen erlangt nämlich der zurückgekehrte Schriftstückadressat nicht später als ein fiktiver Vollerwerbstätiger das zuzustellende Schriftstück; denn in der erstgenannten Konstellation kann der Adressat auch an dem der Hinterlegung bzw. der Schriftstückübergabe nächstfolgenden Kalendertag das Schriftstück erlangen30, und in der zweitgenannten Konstellation ist die Abholung ohnedies auch dem ortsabwesend gewesenen Empfänger am dem Hinterlegungstag nächstfolgenden Abholtag möglich.

Konsequent dieser Sichtweise folgend erlangt ein Empfänger daher in dem Fall, dass dieser nicht nur am Tag der Hinterlegung des Schriftstücks, sondern auch noch an dem Hinterlegungstag folgenden nächsten Abholtag ortsabwesend ist, nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis, sodass diesfalls die Heilungsbestimmung des § 17 Abs. 3 ZustellG zur Anwendung gelangt.31

Dagegen findet für den Fall einer erfolgten Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger diese strenge Auslegung dieser Auslegungsvariante nur dann eine Anwendung, wenn der Schriftstückadressat am Tag der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger nicht bloß tagsüber von der Abgabestelle ortsabwesend war (daher schon zumindest einen vollen Tag ortsabwesend gewesen ist), und der Schriftstückadressat just an diesem Tag der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger wieder an die Abgabestelle zurückkehrt. In diesem Fall liegt nämlich nicht bloß eine Ortsabwesenheit am Schriftstückübergabetag bloß während des Tages vor, sodass diesfalls die Judikatur der Unbeachtlichkeit der Ortsabwesenheit bloß tagsüber32 keine Anwendung findet. Nach dem strikten Wortlaut würde diesfalls daher ein Anwendungsfall des Heilungstatbestands des § 16 Abs. 5 ZustellG vorliegen, sodass für diesen von einer längeren Abwesenheit zurückgekehrten Adressaten das Schriftstück erst an dem der Schriftstückübergabe nächstfolgenden Kalendertag wirksam zugestellt wäre, was diesen Empfänger im Vergleich zu einem bloß während des Tags ortsabwesend gewesenen Empfänger um einen Tag bevorteilen würde.

Somit kommt die strenge Auslegung dieser Auslegungsvariante stets zu einem vorhersehbaren und stets exakt gleich bestimmbaren Zeitpunkt der Wirksamkeit der Zustellung, und ist daher bei Zugrundelegung dieser Auslegung die Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ und der damit implizit vom Gesetzgeber normierten Zusatzvorgabe des Vergleichs mit der Situation eines typischen, erst abends in die Wohnung zurückkehrenden Vollerwerbstätigen im Sinne der Vorgabe des Art. 18 Abs. 1 B-VG ausreichend bestimmt.

Ein großer Teil der diese Auslegungsvariante favorisierenden Judikatur33 des Obersten Gerichtshofs folgt dieser strengen Auslegung dieser Auslegungsvariante.

IV.2.1.1.2.2) Unbestimmbarkeit des Zustellungszeitpunkts in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs:

Aus vom Obersten Gerichtshof nicht dargelegten Gründen, weicht dieser von der klaren und strengen Auslegung seines eigenen Rechtssatzes mitunter ab. In vielen Entscheidungen wird nämlich auch noch dann von einer Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgegangen, wenn der Zurückkehrende nicht in der Lage war, das Schriftstück bereits an dem Tag, an welchem ein Vollerwerbstätiger das Schriftstück abholen hätte können, abzuholen.34 Doch ist jedenfalls zu konstatieren, dass in keiner dieser Entscheidung der Obersten Gerichtshof auch noch im Fall einer Rückkunft nach dem zweiten (!!!) der Hinterlegung folgenden Abholtag (und damit im Falle einer frühestmöglichen Abholung erst am dritten der Hinterlegung folgenden Abholtag) von einer rechtzeitigen Kenntnisnahme des Zustellvorgangs ausgegangen ist.

Dass der Oberste Gerichtshof jedenfalls im Fall einer Rückkunft nach dem zweiten der Hinterlegung folgenden Abholtag nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntnisnahme des Zustellvorgangs ausgeht, lässt sich auch aus den Judikaten ersehen, in welchen der Oberste Gerichtshof im Falle einer Rückkunft erst drei Kalendertage nach dem dem Hinterlegungstag folgenden Bereithaltungstag bzw. erst vier Kalendertage nach der Schriftsatzübergabe an den Ersatzempfänger eine rechtzeitige Kenntnisnahme des Zustellvorgangs negiert.35

Es ist daher davon auszugehen, dass die Judikatur des Obersten Gerichtshofs (lediglich) insoweit zu einem nicht klar bestimmbaren Zustelltag (Wirksamkeitsbeginn der Zustellung) führt, als der Oberste Gerichtshof mitunter nicht nur dann von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgeht, wenn der Adressat am Tag der Hinterlegung bzw. am Tag der Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger an die Abgabestelle zurückkehrt, sondern auch noch von dieser Rechtzeitigkeit ausgeht, wenn der Empfänger erst am zweiten der Hinterlegung folgenden Abholtag, zurückkehrt, was im Falle der Hinterlegung an einem Donnerstag – bei Nichtvorliegen von Feiertagen – zu einer Rechtsmittelfristverkürzung von bis zu vier Kalendertagen führen kann.36

Damit ist aber zu konstatieren, dass der Oberste Gerichtshof diese Auslegungsvariante regelmäßig ohne ersichtlichen Grund in völlig unterschiedlicher Weise ausgelegt.

Diese Unbestimmbarkeit der Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis“ i.S.d. Art. 18 Abs. 1 B-VG scheint darauf zurückzuführen zu sein, dass die gegenständliche Auslegungsvariante sich auf keinen Gesetzeswortlaut stützen kann, daher das Ergebnis der freien Rechtsfortbildung des Obersten Gerichtshofs ist.

Mangels jeglicher gesetzlicher Determination dieser Auslegungsvariante ist daher auch der Oberste Gerichtshof bislang im Hinblick auf die Frage der vorhersehbaren Bestimmbarkeit des Zeitpunkts der Zustellung eines Schriftstücks im Falle der (nicht nur während der Tagesstunden bestehenden) Ortsabwesenheit des Empfängers zum Zeitpunkt des (einzigen) Zustellversuchs im Rahmen einer RSb-Zustellung bislang nicht in der Lage gewesen klarzustellen, nach welchem überprüfbaren Kriterium zu ermitteln ist, dass im Hinblick auf eine während des Zustellversuchs vorgenommene Schriftsatzübergabe an einen Ersatzempfänger bzw. im Hinblick auf eine sodann erfolgte Hinterlegung ein großer Teil der Bevölkerung infolge seiner Berufstätigkeit das zuzustellende Schriftstück erlangen würde.

So legt der Oberste Gerichtshof zwar in vielen seiner Entscheidungen die naheliegende Sicht zugrunde, dass ein Vollzeitbeschäftigter zum ihm ehestmöglichen Zeitpunkt das Schriftstück beim Postamt behebt bzw. vom Ersatzempfänger ausgehändigt erhält.

Mitunter setzt der Oberste Gerichtshof aber auch einen (deutlich) späteren Tag als diesen ehestmöglichen Schriftstückerlangungstag als den Tag der üblichen Schriftstückerlangung durch solch eine fiktive Maßfigur fest, mit der jeweils fatalen Vernichtung der Rechtsmittelerhebungsbefugnis des Empfängers.

Dazu kommt, dass in der österreichischen Rechtsordnung durch keine Regelung mit hinreichender Deutlichkeit das Verhalten eines typischen, werktags erst abends in seine Wohnung zurückkehrenden Vollerwerbstätigen im Falle des Vorfindens einer Hinterlegungsnachricht in seiner Abgabeeinrichtung bestimmt wird.

So ist bekannt, dass viele durchschnittliche Empfänger (auch Vollerwerbstätige) gar nicht so interessiert sind, vom Inhalt des Schreibens Kenntnis zu erlangen, und daher mitunter erst viele Tage nach dem Vorfinden der Hinterlegungsnachricht sich die Zeit nehmen, das Schriftstück auch wirklich vom Postamt abzuholen. Vielleicht ist dieser Erfahrungswert der Grund, dass der Oberste Gerichtshof wiederholt davon ausgeht, dass ein durchschnittlicher Vollerwerbstätiger nicht zu dem, dem Empfang der Hinterlegungsnachricht nächstmöglichen Zeitpunkt versuchen wird, das Schriftstück abzuholen.

Letztlich hängt es daher vom Zufall ab, welcher dieser unterschiedlichen Bestimmungsmethoden des hypothetischen Kenntniserlangungszeitpunkts des großen Teils der Bevölkerung der jeweilige Senat des Obersten Gerichtshofs den Vorzug gibt.

Damit ist aber offenkundig, dass es auch nach dieser Auslegungsvariante des Obersten Gerichtshofs nicht möglich ist, mit einer ausreichenden Klarheit zu bestimmen, wann im Falle einer (nicht nur auf die Tagesstunden beschränkten) Ortsabwesenheit des Empfängers während des (einzigen) Zustellversuchs im Rahmen einer RSb-Zustellung der an die Abgabestelle wieder zurückkehrende Empfänger noch rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen kann, und sohin wann der Heilungstatbestand des § 16 Abs. 5 ZustellG bzw. des § 17 Abs. 3 ZustellG zur Anwendung gelangt.

Damit ist auch nach dieser Auslegungsvariante die Wendung „vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ nicht im Sinne der Vorgaben des Art. 18 Abs. 1 B-VG ausreichend klar bestimmbar (auf die nachfolgenden Ausführungen wird verwiesen).

IV.2.1.1.3) Unvereinbarkeit der auf die Vollerwerbstätigkeit abstellenden Auslegungsvariante zur auf die Rechtsmittelrestfrist abstellenden Auslegungsvariante:

Wie unvereinbar diese Auslegungsvariante zur (nachfolgend dargelegten) lediglich von einem Teil der Senate des Verwaltungsgerichtshofs favorisierten Auslegungsvariante der Abstellung auf das Ausmaß der Beeinträchtigung der Möglichkeit zur Erhebung eines Rechtsmittels ist, lässt sich schon daran erkennen, dass der Oberste Gerichtshof sich mit dieser erstmals von Berchtold vertretenen Auslegungsvariante auseinandergesetzt hat, und diese Auslegungsvariante Berchtolds entschieden abgelehnt hat.37

IV.2.1.2) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs:

IV.2.1.2.1) Rechtssatz des Verwaltungsgerichtshofs:

Faktisch wörtlich gleich lautet der ebenfalls dieses Auslegungsergebnis favorisierende Judikaturstrang des Verwaltungsgerichtshofs. In einheitlicher und ständiger Judikatur (seit Erlassung des Zustellgesetzes) legt dieser in den Entscheidungen, in welchen diese Auslegungsvariante der Maßgeblichkeit der Maßfigur des Vollerwerbstätigen favorisiert wird, die Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis“ im § 17 Abs. 3 ZustellG wie auch im § 16 Abs. 5 ZustellG (scheinbar38) gleich aus, wie die dieselbe Auslegungsvariante favorisierenden Senate des Obersten Gerichtshofs.39

Wie nachfolgend aufgezeigt, weicht die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs zur Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ mitunter deutlich von der des Obersten Gerichtshofs ab, sodass der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig Ortsabwesenheiten, welche nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs explizit das Vorliegen einer rechtzeitigen Kenntnisnahme vom Zustellvorgang ausschließen, als rechtzeitige Kenntnisnahmen vom Zustellvorgang qualifiziert.

Zudem divergieren die Ergebnisse des Verwaltungsgerichtshofs zur gegenständlichen Auslegungsvariante gravierend von den Ergebnissen des Verwaltungsgerichtshofs zur auf die Rechtsmittelrestdauer abstellenden Auslegungsvariante. Diese Divergenzen dürften auch dem Verwaltungsgerichtshof aufgefallen sein, zumal so erklärlich wird, warum der Verwaltungsgerichtshof mitunter den obreferierten Rechtssatz des Obersten Gerichtshofs dahingehend abwandelt, als ohne Begründung nicht bloß ein Zeitunterschied zur frühestmöglichen Abholmöglichkeit eines Vollzeiterwerbstätigen, sondern plötzlich nur mehr ein SIGNIFIKANTER Zeitunterschied zur frühestmöglichen Abholmöglichkeit eines Vollzeiterwerbstätigen für die Annahme des Nichtvorliegens einer rechtzeitigen Kenntnisnahme vom Zustellvorgang gefordert wird.40 Damit wird aber die ohnehin schon enorme Unbestimmtheit dieses Rechtssatzes im Hinblick auf die Vorgaben des Art. 18 Abs. 1 B-VG nochmals in völlig zusätzlich unbestimmbarer Weise durch den unbestimmbaren Bedeutungsgehalt des Wortes „signifikant“ gesteigert.

IV.2.1.2.2) Auslegungsdivergenzen innerhalb der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs:

Doch auch die Senate des Verwaltungsgerichtshofs, welche im Einzelfall dieser Auslegungsvariante des Begriffs „rechtzeitig“ folgen, haben nicht klargestellt, nach welchem überprüfbaren Kriterium zu ermitteln ist, dass im Hinblick auf eine bestimmte Ersatzzustellung oder Hinterlegung ein großer Teil der Bevölkerung infolge seiner Berufstätigkeit Kenntnis vom zustellten Schriftstück erlangen würde.

Im Gegensatz zur ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshof beschränkt sich aber der Zeitraum der unbestimmbaren Willkürlichkeit der Festsetzung des Endes der „Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang“ nicht bloß auf zwei Schriftstückerlangungstage (und damit häufig vier Kalendertage), sondern vielmehr sogar auf vier Schriftstückerlangungstage (und damit häufig sechs Kalendertage).

Faktisch alle Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs legen die Wendung „rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte“ in einer Weise aus, dass nicht im Vorhinein bzw. eindeutig bestimmbar ist, an welchem Tag im Falle einer (nicht nur auf die Tagesstunden beschränkten) Ortsabwesenheit zum Zeitpunkt des (einzigen) Zustellversuchs bei einer RSb-Zustellung das Schriftstück wirksam zugestellt ist.

Um das Ausmaß und die im Hinblick auf die Vorgabe des Art. 18 Abs. 1 B-VG die Unbestimmbarkeit dieser Wendung indizierenden Judikaturdivergenzen der dieser Auslegungsvariante folgenden Verwaltungsgerichtshofsjudikate darzustellen, erscheint es geboten, im Sinne der Argumentationslinie dieser Auslegungsvariante die bislang ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu analysieren.

Folglich ist – entgegen der üblichen Thematisierung der Bandbreite der Divergenzen der zu dieser Auslegungsvariante ergangenen Judikatur – nicht zentral, wie viele Abwesenheitskalendertage nach der erfolgten erstmaligen Bereithaltung eines Schriftstücks zur Abholung bzw. nach der erfolgten Schriftstückübergabe an den Ersatzempfänger durch die jeweiligen Entscheidungen noch zu einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang führen. Dies deshalb, da - wie zuvor ausgeführt - nach dieser Auslegungsvariante unter dem Begriff „Zustellvorgang“ (contra legem) der früheste Zeitpunkt der physischen Erlangbarkeit des zuzustellenden Schriftstücks verstanden wird, und ausschließlich auf die möglichen Schriftsatzerlangungstage abgestellt wird.

Folglich sind die zu dieser Auslegungsvariante ergangenen Judikate nach dem Gesichtspunkt zu analysieren, wie viele Abholtage zwischen dem Rückkehrtag und 1) dem Tag der Hinterlegung bzw. 2) dem Tag der Übergabe an den Ersatzempfänger liegen können, um weiterhin vom Vorliegen der Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgehen zu können. Bei dieser Analyse ist als Zusatzbedingung daher auch zu beachten, dass bei einer Zustellung durch Hinterlegung der Tag der erstmaligen Bereithaltung des Schriftstücks i.S.d. § 17 Abs. 3 ZustellG, welcher mit dem Hinterlegungstag zusammenfällt, nicht zu berücksichtigen ist, sodass es ausschließlich auf den Hinterlegungstag, und nicht auf den Tag der erstmaligen Bereithaltung ankommt.

Bei Zugrundelegung dieser Analysevorgabe beträgt nach der obreferierten strengen Auslegung des der gegenständlichen Auslegungsvariante zugrunde liegenden Rechtssatzes des Obersten Gerichtshofs die zulässige Tagedifferenz exakt bei NULL Tagen. Daher liegt eine rechtzeitige Kenntniserlangung vom Zustellvorgang bereits dann nicht mehr vor, wenn der ortsabwesende Empfänger erst am Abend des Tags zurückkehrt, an welchem ein Vollerwerbstätiger erstmalig das Schriftstück erlangen könnte (das ist bei der Zustellung durch Hinterlegung der erste Abholtag und bei der Zustellung durch Ersatzzustellung der der Schriftsatzübergabe nachfolgende Kalendertag). Bereits im Falle, dass zwischen dem Tag des (einzigen) Zustellversuchs (bei einer RSb-Zustellung) und dem Rückkunftstag auch nur ein Tag liegt, kann daher der Schriftsatzempfänger nicht mehr in der Lage sein, das Schriftstück zum gleichen Zeitpunkt als ein Vollerwerbstätiger zu erlangen.

Diese komplizierte Betrachtungsweise ist deshalb geboten, da nach der die Maßfigur des Vollerwerbstätigen favorisierenden Auslegungsvariante für die Frage der Ermittlung der Rechtzeitigkeit der Kenntniserlangung vom Zustellvorgang die Kalendertage, an welchen das Schriftstück vom Rückkehrer nicht erlangt werden können, unmaßgeblich sind.

Wenn daher etwa an einem Freitag ein Schriftstück hinterlegt und zugleich auch erstmals zur Abholung bereit gehalten wird, und wenn nach diesem Freitag erstmals am nachfolgenden Montag das Schriftstück von der Poststelle abgeholt werden kann, bewirkt auch eine Rückkunft erst am Sonntag eine rechtzeitige Kenntniserlangung vom Zustellvorgang, zumal diesfalls sowohl der Vollerwerbstätige als auch der Rückkehrende erstmals am Montag das Schriftstück erlangen können. Sohin schadet bei dieser Konstellation eine Rückkunft erst am zweiten Tag nach Hinterlegung nicht. Anders sähe es dagegen aus, wenn das Schriftstück zwar ebenso an einem Freitag hinterlegt und bereitgehalten würde, doch das Schriftstück auch am nächstfolgenden Samstag vom Postamt abgeholt werden konnte. Diesfalls wäre davon auszugehen, dass ein Vollzeitbeschäftigter bereits am Samstag das Schriftstück erstmals erlangen könnte, sodass sohin bereits eine Rückkunft nach der Postöffnungszeit des ersten, der Hinterlegung folgenden Kalendertags schaden würde, und zur Annahme einer nicht-rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang führen würde.

IV.2.1.2.2.1) Konstellation der Rückkunft vor dem ersten der Hinterlegung folgenden Abholtag:

Wie nicht anders zu erwarten, findet sich auch in den zu dieser Auslegungsvariante ergangenen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs wenigstens eine solche, welcher die Konstellation der Rückkunft des ortsabwesend gewesenen Empfängers noch vor dem ersten dem Hinterlegungstag folgenden Abholtag zugrunde gelegen ist. In dieser Entscheidung wurde, gemäß dem Rechtssatz der gegenständlichen Auslegungsvariante, von einer rechtzeitig Kenntniserlangung vom Zustellvorgang ausgegangen.41

Der Verwaltungsgerichtshof hatte daher bislang nur ein einziges Mal eine Konstellation zu prüfen, welche auch nach der strengen Auslegung der gegenständlichen an der Maßfigur des Vollerwerbstätigen orientierten Auslegungsvariante zur Annahme einer rechtzeitigen Kenntniserlangung vom Zustellvorgang führt. Doch gibt es kein Indiz, dass der Verwaltungsgerichtshof sich wenigstens in diesem Fall der strengen Auslegung der gegenständlichen Auslegungsvariante angeschlossen hatte, begründete der Verwaltungsgerichtshof in dieser Entscheidung sein Ergebnis nicht mit dem vom Verwaltungsgerichtshof zur strengen Auslegung dieser Auslegungsvariante entwickelten Rechtssatz.

IV.2.1.2.2.2) Zustellzeitpunktbestimmungswillkürlichkeit im Umfang von bis zu zwei Schriftstückerlangungstagen:

In Anbetracht der strengen Auslegung der gegenständlichen Auslegungsvariante durch den Obersten Gerichtshof stellt sich die Frage, wie die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs aussieht, wenn die Rückkehr an dem Tag erfolgt, an welchem das Schriftstück erstmals nach dem Hinterlegungstag bzw. dem Schriftstückübergabetag abgeholt werden kann. Wie zuvor ausgeführt, würde bei dieser Konstellation nach der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes nicht mehr von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen sein.

Im Gegensatz zu dieser der strengen Auslegung des gegenständlichen Rechtssatzes folgenden Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof nun aber in vielen Entscheidungen ausgesprochen, dass auch bei dieser Konstellation von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung des Zustellvorgangs auszugehen ist.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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