TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/14 W208 2217260-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.10.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

14.10.2019

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
GEG §1 Z6 litb
GEG §6a Abs1
GEG §6b Abs4
VwGVG §28 Abs2
ZPO §64 Abs1 Z1 lita
ZPO §64 Abs1 Z5

Spruch

W208 2217260-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin DRAHOS, 1010 WIEN, Rathausstraße 11, gegen den Bescheid des PRÄSIDENTEN DES LANDESGERICHTES EISENSTADT vom 04.02.2019, GZ Jv 3317/18b-33a (309 Rev 1246/18h, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der offene Gesamtbetrag € 4.279,94 (€ 4.271,94 plus € 8,-- Einhebungsgebühr) zu lauten hat.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Im Grundverfahren des BG XXXX (im Folgenden: BG) einem Verlassenschaftsverfahren, AZ: XXXX ) wurde der beschwerdeführenden Partei (im Folgenden: bP) als Erbin im Einantwortungsbeschluss vom 19.11.2015 (Punkt 9.) - nach Einbringung eines Rechtsmittels mit rechtskräftigem Urteil des Rekursgerichtes (AZ: XXXX vom 24.10.2016) - letztlich die Zahlung der mit insgesamt € 4.271,94 bestimmten Gerichtskommissionsgebühren zur Zahlung aufgetragen.

Da dem Zahlungsauftrag nicht nachgekommen wurde, ersuchte der Gerichtskommissär am 03.11.2017 um gerichtliche Einhebung.

Aufgrund eines Zustellungsmangels konnte die Rekursentscheidung erst am 02.07.2018 der bP zugestellt werden.

2. Mit dem im Spruch genannten Bescheid wurde (nachdem der davor erlassene Mandatsbescheid aufgrund einer fristgerechten Vorstellung ex lege außer Kraft getreten war) ein neuer Zahlungsauftrag erlassen und der bP die Zahlung von € 4.271,14 zuzüglich einer Einhebungsgebühr von € 8,-- gemäß § 6a Abs 1 GEG, in Summe €

4.279,14 vorgeschrieben.

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 06.02.2019) richtet sich die am 06.03.2019 zur Post gegebene Beschwerde, die mit einem Aussetzungsantrag verbunden wurde.

4. Mit Schreiben vom 29.03.2019 (eingelangt am 10.04.2019) legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zu Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt I.1. angeführte Sachverhalt wird festgestellt.

Darüber hinaus wird festgestellt, dass der Vater der bP am 10.04.2009 verstorben ist und zur Erfassung der Höhe des Aktivvermögens ein Gerichtskommissär tätig geworden ist. Die Abhandlung gestaltete sich aufwändig (mehrere Tagsatzungen, Sachverständigengutachten etc.) und konnte erst mit Einantwortungsbeschluss vom 19.11.2015 abgeschlossen werden.

Der Einantwortungsbeschluss, der auch die vom BG festgesetzte Gerichtskommissärsgebühr enthielt, deren Zahlung der bP vom BG aufgetragen wurde, wurde der bP am 04.12.2015 zugestellt.

Die bP stellte am 16.12.2015 (18.12.2015 Datum des Einlangens beim BG) einen Antrag auf Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Rekurses gegen den Einantwortungsbeschluss.

Mit Beschluss des BG vom 04.01.2016 wurde der bP gemäß § 64 Abs 1 Z 1 lit a) bis f) und Z 5 die Verfahrenshilfe bewilligt.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 24.10.2016 (zugestellt am 10.07.2018) wurde dem Rekurs nur insofern Folge gegeben, dass die Gerichtskommissärsgebühren nunmehr mit 4.271,94 bestimmt wurde. Der bP wurde die Zahlung vom Rekursgericht aufgetragen.

Im folgenden Mandatsbescheid und auch im beschwerdegegenständlichen Zahlungsauftrag wurde sodann, entgegen dieses Beschlusses in Summe €

4.279,14 (inkl. € 8,-- Einhebungsgebühr) angeführt. Bei dem Wert hinter dem Komma liegt offensichtlich ein Übertragungsfehler vor, ...,14 statt richtig ...,94.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang und zum rechtserheblichen Sachverhalt konnten unmittelbar aufgrund der Aktenlage erfolgen.

Die korrekte Höhe der vorgeschriebenen Gerichtskommisärsgebühr ergibt sich aus der Rekursentscheidung des zuständigen Landesgerichtes, AZ: XXXX vom 24.10.2016.

Das Zustellungsdatum 02.07.2018 ergibt aus dem im Akt einliegenden Zustellnachweis (RSb), wonach die Rekursentscheidung - nachdem sie ursprünglich irrtümlich an XXXX adressiert war (lt. Kanzleivermerk vom 15.06.2018) - an die bP adressiert am 02.07.2018 hinterlegt und am 10.07.2018 durch die bP übernommen wurde.

Ob von der bP bereits wie behauptet am 03.08.2009 beim BG XXXX ein Verfahrenshilfeantrag eingebracht wurde und ob diesem am 06.01.2016 vom BG XXXX - an das er weitergeleitet worden war - stattgegeben wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen und hat die belangte Behörde diese Behauptung der bP in ihrem Bescheid lediglich wiedergegeben ohne den Sachverhalt explizit festzustellen. Dies kann aber aufgrund der rechtlichen Erwägungen (sogleich unten) dahingestellt bleiben.

Der Zeitpunkt des weiteren - positiv entschiedenen - Verfahrenshilfeantrages aus Dezember 2015, der im Zusammenhang mit dem Rekurs gegen die Gebührenfestsetzung und -auferlegung im Einantwortungsbeschluss gestellt wurde, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Antrag, welcher mit 16.12.2015 datiert ist und einen Eingangsstempel des BG mit dem Datum 18.12.2015 aufweist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß § 7 Abs 4 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels entsprechender Sonderregelung im GEG bzw im GGG liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, es besteht kein Neuerungsverbot (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, § 27, K2). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 § 27, K3).

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 28 Abs 2 VwGVG über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1). Das ist hier der Fall.

Gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags (der hier vorliegt) von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Im gegenständlichen Fall geht der Sachverhalt eindeutig aus den Akten hervor. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausführte ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung im Verfahren zur Vorschreibung und Einbringung von Gerichtsgebühren mangels Vorliegens von "civil rights" unter dem Blickwinkel des Art 6 EMRK nicht erforderlich (VwGH 26.06.2003, 2000/16/0305; 11.01.2016, Ra 2015/16/0132). Auch ist nicht ersichtlich, warum nach Art 47 der EU Grundrechte-Charta eine Verhandlung erforderlich sein soll. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 4 VwGVG entfallen und ist auch die vom BVwG zu lösende Rechtsfrage nicht derart komplex, dass es zu deren Erörterung einer mündlichen Verhandlung bedürfte.

Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen

Gemäß § 1 Z 6 lit b GEG sind im Justizverwaltungsweg die gerichtlich bestimmten Gebühren der Notare für ihre Amtshandlungen als Gerichtskommissäre auf deren Antrag von Amts wegen einzubringen.

Gemäß § 6a Abs 1 GEG ist, wenn die einzubringenden Beträge nicht sogleich entrichtet werden oder die Einziehung erfolglos geblieben ist, eine Zahlungsauftrag zu erlassen und dem Zahlungspflichtigen eine Einhebungsgebühr von € 8,-- vorzuschreiben.

Gemäß § 6b Abs 4 GEG können im Verfahren zur Einbringung im Justizverwaltungsweg das Bestehen und die Rechtmäßigkeit einer im Grundverfahren dem Grunde und der Höhe nach bereits rechtskräftig festgestellten Zahlungspflicht nicht mehr überprüft werden.

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Die bP vermeint in ihrer Beschwerde, dass sie aufgrund der Zuerkennung der Verfahrenshilfe gemäß § 64 Abs 1 Z 1 lit a bis f und Z 5 ZPO auch von den gegenständlichen Gerichtskommissionärsgebühr befreit wäre, weil es sich bei dieser um "andere bundesgesetzlich geregelte staatliche Gebühren iSd § 64 Abs 1 Z 1 lit a ZPO" handle.

3.3.2. Die belangte Behörde beruft sich bei ihrer gegenteiligen Ansicht auf einen internen Erlass des Bundesministeriums vom 18.09.2003, JMZ 50.003/1I.2/2003, wonach es sich - trotz der Bezeichnung als Gebühr und der Eintreibungsmöglichkeit im Amtsweg - beim Gebührenanspruch des Gerichtskommissärs, um einen privatrechtlichen Gebührenanspruch handle und nicht um einen öffentlich-rechtlichen, somit nicht um eine staatliche Gebühr. Weiters wird ausgeführt, dass der Präsident des Gerichtshofes als Verwaltungsorgan an die rechtkräftige Entscheidung des Gerichts (gemeint offensichtlich des LG) gebunden sei.

3.3.3. Im vorliegenden Fall kann die Lösung der in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfrage dahingestellt bleiben, weil - wie von der belangten Behörde richtig ausgeführt - die Justizverwaltungsbehörde gem § 6b Abs 4 GEG an eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung im Grundverfahren (hier: die Auferlegung der Gerichtskommissärsgebühr trotz Verfahrenshilfe) gebunden ist und nicht mehr im Wege des Verwaltungsverfahrens zur Einbringung der Forderung aufgerollt werden darf, worunter auch die gerichtliche Kostenentscheidung fällt (vgl die in Dokalik, Gerichtsgegühren13 [2017], E 19 wiedergegebene ständige Rechtsprechung, zB VwGH 24.04.2007, 2003/17/0195). Die Rechtskraft des Revisonsbeschlusses des LG, mit dem der bP die Gebühr von in Summe € 4.271,94 zur Zahlung vorgeschrieben wurde, wird von der bP - im Gegensatz noch zum Mandatsverfahren - nicht mehr bestritten und liegen auch keine dagegensprechenden Anhaltspunkte (etwa neuerliche Zustellmängel) aufgrund des Akteninhaltes vor. Die Zahlungspflicht wurde demnach sowohl dem Grunde nach als auch nach der Höhe rechtskräftig festgestellt.

Lediglich der Irrtum der Justizverwaltungsbehörde war zu korrigieren und der Zahlungsauftrag auf den vom Gericht des Grundlagenverfahrens festgesetzten Betrag von € 4.271,94 zu berichtigen, wonach sich inklusive der Einhebungsgebühr von € 8,-- - welche vor dem Hintergrund des § 6a Abs 1 GEG nicht zu beanstanden ist - eine einzutreibende Summe von insgesamt € 4.279,94 ergibt.

3.3.3. Was den Antrag auf Aussetzung betrifft, erhellt aus der Begründung der Beschwerde dass damit offensichtlich eine aufschiebende Wirkung der Einbringung der Gebühren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtes gemeint war und kommt diese schon ex lege der Beschwerde zu (§ 13 Abs 1 VwGVG), da sie von der belangten Behörde nicht explizit ausgeschlossen wurde.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, ist die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellten Grundsatzentscheidungen des VwGH wird verwiesen.

Schlagworte

Bindungswirkung gerichtliche Einbringung, Einhebungsgebühr,
Gerichtsbarkeit, Gerichtsgebührenpflicht, Gerichtskommissärsgebühr,
Gewaltentrennung, Justizverwaltung, Spruchpunkt - Abänderung,
Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W208.2217260.1.00

Zuletzt aktualisiert am

16.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten