TE Bvwg Beschluss 2019/10/18 W195 2221497-1

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Veröffentlicht am 18.10.2019
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Entscheidungsdatum

18.10.2019

Norm

AVG §53b
B-VG Art. 133 Abs4
GebAG §14
GebAG §27
GebAG §32
GebAG §33
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54
GebAG §54 Abs1 Z3
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W195 2221497-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom XXXX basierenden gebührenrechtlichen Antrag der Dolmetscherin XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm

§ 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 GebAG mit

€ 505,80 (inkl. USt)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom XXXX , GZ. XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den XXXX an, zu welcher die Antragstellerin als Dolmetscherin geladen wurde.

2. In der Folge fand am XXXX eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer die Antragstellerin als Dolmetscherin fungierte.

3. Am Schluss der mündlichen Verhandlung vom XXXX gab die Antragstellerin zu Protokoll, dass es sich bei der Dolmetschtätigkeit in der gegenständlichen Verhandlung um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit gehandelt habe, weil besondere Fachausdrücke aus dem medizinischen Bereich zu übersetzen gewesen seien.

4. Mit beim Bundesverwaltungsgericht am XXXX eingelangten Schreiben übermittelte die Antragstellerin die gegenständliche Honorarnote betreffend ihre Teilnahme als Dolmetscherin an der mündlichen Verhandlung vom XXXX . Die Antragstellerin machte unter anderem Mühewaltungsgebühren für besonders schwierige Dolmetschertätigkeiten gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG geltend. Für die erste halbe Stunde verrechnete die Antragstellerin eine Gebühr von € 30,70 und beantragte für vier weitere halbe Stunden die Zuerkennung von €

61,60:

Honorarnote-Nr./Rechnungs-Nr.84/2019

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

begonnene Stunden (über 30 km) 6x à € 28,20 1. Std. Zeitverzögerung aufgrund von Staus

€ 169,20

Mühewaltung § 54 GebAG

 

1. erste halbe Stunde: besonders schwierige Dolmetschtätigkeit à € 30,70

€ 30,70

4. weitere halbe Stunden: besonders schwierige Dolmetschtätigkeit à € 15,40

€ 61,60

Sonstige Leistungen/Kosten gem. § 14 GebAG

 

Mittagessen

€ 8,50

Reisekosten § 27ff GebAG

 

Privat-Pkw/Kombi (hin- und retour) 404,00 km à 0,42 €

€ 169,68

Summe

€ 439,68

20% Mehrwertsteuer

€ 87,94

Gesamtsumme aufgerundet auf 10 Cent

€ 527,70

5. Das Bundesverwaltungsgericht hielt der Antragstellerin sodann mit Schreiben vom XXXX mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen kurz zusammengefasst vor, dass die erhöhten Beträge für Mühewaltungsgebühren gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 3 GebAG keinesfalls zu vergüten seien, da eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit nicht vorgelegen habe.

6. Die Aufforderung zur Stellungnahme wurde der Antragstellerin nachweislich am XXXX zugestellt.

7. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass die Dolmetscherin an der mündlichen Verhandlung vom XXXX im Verfahren zur

GZ. XXXX teilnahm und als Dolmetscherin fungierte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zum Verfahren zu der

GZ. XXXX , der Honorarnote vom XXXX , dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts von der Verständigung der Beweisaufnahme vom XXXX sowie dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: die Dolmetscherin) herangezogen hat.

Zu A)

Zu der beantragten Mühewaltung für besonders schwierige Dolmetschtätigkeit

(§ 54 Abs. 1 Z 3 GebAG):

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 12,40, handelt es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit so erhöhen sich diese Beträge auf € 30,70 bzw. €

15,40.

In der gegenständlichen Gebührennote beantragte die Antragstellerin aufgrund einer ihrer Ansicht nach besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit für die erste halbe Stunde eine Gebühr von €

30,70 und für weitere vier halbe Stunden die Zuerkennung von €

61,60.

Eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit ist anzunehmen, wenn beispielsweise eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen ist. Auch damit wird eine besondere Leistung erbracht, die eine höhere Gebühr rechtfertigt. Dabei muss sich der Dolmetscher meist besonders auf die Verhandlung vorbereiten. Es muss sich um eine besondere fachliche Schwierigkeit im konkreten Fall handeln (Krammer/Schmidt/Guggenbichler,

Sachverständigen- und DolmetscherG - GebührenanspruchsG4, Anm. 6. zu § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG).

In der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom XXXX ,

GZ. XXXX , findet sich ein folgendermaßen lautender Absatz: "Die Dolmetscherin führt aus, dass es sich bei der Dolmetschtätigkeit in der heutigen Verhandlung um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit gehandelt hat, weil besondere Fachausdrücke aus dem medizinischen Bereich zu übersetzen waren."

Ermittlungen der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichts haben ergeben, dass die Antragstellerin in der Verhandlung medizinische Wörter wie "Tuberkulose", "offene Tuberkulose", "Blut", "Medikamente", "Röntgenbilder" usw. zu übersetzen hatte, diese aber keineswegs als komplizierte Fachsprache zu qualifizieren sind, da diese Begriffe nicht über den allgemeinen Sprachgebrauch in diesem Themenbereich hinausgehen. Eine besondere fachliche Schwierigkeit iSd § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG konnte in diesem konkreten Fall somit nicht festgestellt werden, weiters konnten darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte ermittelt werden, die eine besondere Vorbereitung der Antragstellerin auf diese Verhandlung rechtfertigen würden.

Vergleichsweise ist darauf hinzuweisen, dass gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 lit. c GebAG, der die Vergütung von besonderen sprachlichen oder fachlichen Schwierigkeiten bei schriftlichen Übersetzungen gewährt, der Zuschlag dann gerechtfertigt ist, wenn die Übersetzung wegen besonderer sprachlicher oder fachlicher Schwierigkeiten einen erhöhten Zeitaufwand erfordert. Hinsichtlich der Schwierigkeiten nach lit. c wurde entschieden: "Handelt es sich bei dem übersetzten Text um in flüssiger Sprache geschriebene, zum Großteil durchaus gängige und auch dem medizinischen Laien geläufige Fachausdrücke enthaltende ärztliche Gutachten, wobei die meisten dieser Fachausdrücke nahezu unverändert ins Deutsche übernommen werden können, ist (nunmehr) § 54 Abs. 1 Z 1 lit. c nicht anwendbar" (OLG Wien 34 R 219/82 SVSlg 28.245, OLG Wien 33 Rs 131/94 SVSlg 41.876, vgl Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen- und DolmetscherG - GebührenanspruchsG4, E 9 zu § 54 GebAG).

Weiters ist anzumerken, dass nicht jeder medizinische Fachtext mit derartigen Schwierigkeiten verbunden ist und einen Zuschlag rechtfertigt (vgl OLG Wien 34 R 95/86 SVSlg 31.974; OLG Wien 22 Bs 464/12i, vgl Krammer/Schmidt/Guggenbichler,

Sachverständigen- und DolmetscherG - GebührenanspruchsG4, E 5 zu § 54 GebAG).

Bei den, im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Verfahren zur GZ. XXXX , gedolmetschten Begrifflichkeiten "Tuberkulose, offene Tuberkulose, Blut, Medikamente, Röntgenbilder" handelt es sich um medizinischen Laien geläufige Fachausdrücke, die keine besonderen sprachlichen oder fachlichen Schwierigkeiten aufweisen und damit einhergehend auch keinen erhöhten Zeitaufwand erfordern.

Vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur und mangels Vorliegens einer besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit ist weder der erhöhte Stundensatz für die erste halbe Stunde iHv € 30,70, noch der Zuschlag von € 15,40 à begonnener weiteren halben Stunde, sohin für vier weitere halbe Stunden iHv € 61,60 gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG zu vergüten.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

begonnene Stunden (über 30 km) 6x à € 28,20 1. Std. Zeitverzögerung aufgrund von Staus

€ 169,20

Mühewaltung § 54 GebAG

 

Erste halbe Stunde à € 24,50

€ 24,50

Vier weitere halbe Stunden à € 12,40

€ 49,60

Sonstige Leistungen/Kosten gem. § 14 GebAG

 

Mittagessen

€ 8,50

Reisekosten § 27ff GebAG

 

Privat-Pkw/Kombi (hin- und retour) 404,00 km à 0,42 €

€ 169,68

Summe

€ 421,48

20% Mehrwertsteuer

€ 84,296

Summe

€ 505,77

Gesamtsumme aufgerundet auf 10 Cent

€ 505,80

Es

war daher die Gebühr der Dolmetscherin mit € 505,80 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetscher, Dolmetschgebühren, Gebührenfestsetzung, Mehrbegehren,
Mühewaltung, Reisekostenvergütung, Übersetzungstätigkeit,
Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W195.2221497.1.00

Zuletzt aktualisiert am

14.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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