TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/3 W133 2169718-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.03.2020
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Entscheidungsdatum

03.03.2020

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §15

Spruch

W133 2169718-2/4E

W133 2169718-3/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen

1.) den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 18.08.2017, betreffend die Zurückweisung des Vorlageantrages vom 03.07.2017, und

2.) den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 08.05.2017, nach Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017, betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Bescheid vom 18.08.2017 wird ersatzlos behoben.

II. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.05.2017 wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017 bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG in beiden Fällen nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Das Sozialministeriumsservice, Landesstelle Wien (in der Folge auch als "belangte Behörde" bezeichnet), wies mit Bescheid vom 16.02.1999 einen Antrag der Beschwerdeführerin auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten aufgrund des in Höhe von 30 v.H. objektivierten Grades der Behinderung ab.

Die Beschwerdeführerin stellte am 03.03.2017 beim Sozialministeriumservice unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Außerdem legte sie dem Antrag den Bescheid vom 16.02.1999 bei.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 08.05.2017 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

Diabetes mellitus 2 1 Stufe über unterem Rahmensatz, da orale Therapie notwendig.

09.02.01

20

2

Zustand nach Gebärmutter - Entfernung

08.03.06

10

3

Substituierte Hypothyreose Unterer Rahmensatz, da mittels Medikation eingestellt.

09.01.01

10

zugeordnet und

nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. eingeschätzt. Begründend führte die Gutachterin aus, dass das führende Leiden 1 durch die übrigen Leiden nicht weiter erhöht werde, da keine maßgebliche ungünstige Leidensbeeinflussung vorliege. Ein Zustand nach Ablation einer Reentry Tachykardie erreiche keinen Grad der Behinderung, da diese kurativ behandelt worden sei. Ein Zustand nach einer Gallenblasenentfernung erreiche keinen Grad der Behinderung, da diesbezüglich keine Funktionseinschränkungen bestehen würden. Ein Zustand nach Erysipel erreiche keinen Grad der Behinderung, da seit 2000 kein Rezidiv aufgetreten sei. Im Vergleich zum Vorgutachten sei es zur erstmaligen Anwendung der Einschätzungsverordnung gekommen. Leiden 1 des Vorgutachtens (Anmerkung: Zustand nach Entfernung der Gebärmutter) sei von einem Behinderungsgrad von 30 v.H. auf 10 v.H. abgesenkt worden, da die Beschwerdeführerin das 65. Lebensjahr erreicht habe. Die nunmehrigen Leiden 1 und 3 seien neu hinzugekommen, insgesamt sei der Grad der Behinderung um eine Stufe abgesenkt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 08.05.2017 wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß §§ 40, 41 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab, da sie mit dem festgestellten Grad der Behinderung von 20 v.H. die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfülle. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das Ergebnis der ärztlichen Begutachtung, wonach der Grad der Behinderung 20 v.H. betrage. Das Gutachten vom 08.05.2017 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage übermittelt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin per E-Mail am 08.06.2017 fristgerecht eine Beschwerde. Ohne Vorlage von Beweismitteln wurde zusammengefasst vorgebracht, dass eine wirkliche Untersuchung nicht stattgefunden habe, da sie von der Gutachterin nur nach ihrem Blutdruck, ihrer Größe und ihrem Gewicht gefragt worden sei. Bereits 1999 sei nach einer Gebärmutterentfernung ein Behinderungsgrad von 30 v.H. festgestellt worden und es sei nicht nachvollziehbar, dass sie nunmehr mit 65 Jahren weniger wert sei als vorher. Auch sei nicht verständlich, weshalb der Grad der Behinderung 20 v.H. betrage, obwohl der Grad der Behinderung der Einzelleiden addiert 40 % ergebe.

Aufgrund der eingebrachten Beschwerde holte die belangte Behörde eine Stellungnahme der Fachärztin für Innere Medizin vom 18.06.2017, welche das Gutachten vom 08.05.2017 erstellt hatte, mit dem Ergebnis ein, dass das Beschwerdevorbringen nicht geeignet sei, eine geänderte Beurteilung zu begründen.

Mit Bescheid vom 19.06.2017 erließ die belangte Behörde eine Beschwerdevorentscheidung, worin sie die Beschwerde abwies und sich in der Begründung auf die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens stützte. Die Stellungnahme vom 18.06.2017 wurde der Beschwerdeführerin als Beilage übermittelt.

Mit E-Mail vom 02.07.2017 (Sonntag) beantragte die Beschwerdeführerin ohne Vorlage weiterer Beweismittel rechtzeitig die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führt die Beschwerdeführerin aus, dass sie keinen Antrag gestellt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass ihr Grad der Behinderung für ein Leiden, welches nach wie vor bestehe, herabgesetzt werden könne. Sie wolle wieder einen Grad der Behinderung von 30 v.H., da die Gebärmutter, die sie durch Krebs verloren habe, nicht nachwachsen könne. Außerdem sei der Diabetes als weiteres Leiden hinzugekommen. Mit einem Grad der Behinderung von lediglich 20 v.H. könne sie ihre Behinderung bei der Arbeitnehmerveranlagung nicht mehr geltend machen.

Mit Bescheid vom 18.08.2017 wies die belangte Behörde den Vorlageantrag zurück. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde am 07.07.2017 einen Vorlageantrag gegen die Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017 eingebracht habe. Der angefochtene Bescheid sei zum Zeitpunkt der Einbringung des Vorlageantrages bereits rechtskräftig gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit E-Mail vom 05.09.2017, bei der belangten Behörde eingelangt am 11.09.2017, fristgerecht eine Beschwerde. Zusammengefasst bringt sie darin vor, dass die Zurückweisung ihres Vorlageantrages nicht verständlich sei, da sie diesen am 02.07.2017 eingebracht habe und sich aus dem Bescheid vom 18.08.2017 ergebe, dass man innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Schreibens Einspruch erheben könne.

Die Behörde legte die Beschwerden samt Verwaltungsakt am 06.10.2017 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Zur ersatzlosen Behebung des Bescheides vom 18.08.2017:

Der Bescheid der belangten Behörde vom 19.06.2017 (Beschwerdevorentscheidung) wurde von der belangten Behörde am 20.06.2017 dem Zustellorgan übergeben. Die Zustellung gilt somit als am 23.06.2017 bewirkt; vgl. dazu die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen.

Die Frist zur Einbringung des Vorlageantrages endete mit Ablauf des 07.07.2017.

Die gegenständliche Beschwerde wurde von der Beschwerdeführerin am 02.07.2017 (Sonntag) per E-Mail an die belangte Behörde, genauer an die von der Behörde in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides angegebene Mailadresse, übermittelt, gelangte daher am 03.07.2017 (Montag) in den Verfügungsbereich der belangten Behörde und gilt somit als fristgerecht eingebracht; vgl. dazu wiederum die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen.

Zur Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.05.2017 und die Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017:

Die Beschwerdeführerin brachte am 03.03.2017 den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses bei der belangten Behörde ein.

Sie ist österreichische Staatsbürgerin und hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich.

Bei der Beschwerdeführerin bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1. Diabetes mellitus 2, orale Therapie notwendig;

2. Zustand nach Gebärmutterentfernung;

3. Substituierte Hypothyreose, mittels Medikation eingestellt.

Das führende Leiden 1 wird durch die übrigen Leiden nicht weiter erhöht, da keine maßgebliche ungünstige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt aktuell 20 v.H.

Ein Zustand nach Ablation einer Reentry Tachykardie erreicht keine Grad der Behinderung, da diese kurativ behandelt worden ist. Auch ein Zustand nach einer Gallenblasenentfernung erreicht keinen Grad der Behinderung, da diesbezüglich keine Funktionseinschränkungen bestehen. Weiters erreicht ein Zustand nach Erysipel keinen Grad der Behinderung, da seit 2000 kein Rezidiv aufgetreten ist.

Im Vergleich zum Vorgutachten ist es durch den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Behindertenpasses vom 03.03.2017 zur erstmaligen Anwendung der Einschätzungsverordnung gekommen. Leiden 1 des Vorgutachtens (Anmerkung: nunmehriges Leiden Nr. 2, Zustand nach Gebärmutterentfernung) musste deshalb von einem Behinderungsgrad von 30 v.H. auf 10 v.H. abgesenkt werden. Die nunmehrigen Leiden 1 und 3 sind neu hinzugekommen, insgesamt wurde der Grad der Behinderung um eine Stufe abgesenkt.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung und medizinischer Einschätzung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 08.05.2017 und in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 18.06.2017 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden beweiswürdigenden und rechtlichen Ausführungen verwiesen.

2. Beweiswürdigung:

Zur ersatzlosen Behebung des Bescheides vom 18.08.2017:

Die Feststellungen zu den Abfertigungsdaten der Beschwerdevorentscheidung und den Eingangsdaten des Vorlageantrages ergeben sich zweifelsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

Zur Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.05.2017 und der Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017:

Das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses basiert auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergeben sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem zentralen Melderegister und ihren eigenen Angaben bei der Antragstellung; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass sie ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Der Gesamtgrad der Behinderung basiert auf dem seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 08.05.2017 sowie deren ergänzender Stellungnahme vom 18.06.2017. Darin wird auf die Art der Leiden der Beschwerdeführerin und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Die Gutachterin setzte sich auch umfassend und nachvollziehbar mit den vorgelegten Befunden und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Untersuchung auseinander. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf den im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befunden, entsprechen auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (diesbezüglich wird auch auf die oben nur auszugsweise wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen); die Gesundheitsschädigungen wurden nach der Einschätzungsverordnung auch richtig eingestuft.

Die im Sachverständigengutachten vorgenommene Beurteilung des Zustandes nach Entfernung der Gebärmutter erfolgte im Einklang mit der Einschätzungsverordnung, mit einem fixen Grad der Behinderung von 10 v.H., da kein Rezidiv der Grunderkrankung aufgetreten ist und keine weiteren Funktionseinschränkungen daraus resultieren. Von der beigezogenen Gutachterin wurde die Positionsnummer 08.03.06 der Anlage der Einschätzungsverordnung herangezogen, richterweise muss jedoch die Positionsnummer 08.03.02 zur Anwendung kommen. Daraus ergibt sich allerdings keine Änderung des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin. Beide Positionsnummern sehen einen fixen Richtsatz mit einem Einzelgrad der der Behinderung von 10 v.H. vor.

Zum Einwand der Beschwerdeführerin, es sei ihr im Jahr 1999 für die Entfernung der Gebärmutter noch ein Grad der Behinderung in Höhe von 30 v.H. zugesprochen worden, ist festzuhalten, dass das Gutachten vom 08.05.2017 nach der Einschätzungsverordnung zu erstellen war und auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts auf Grundlage dieser Einschätzungsverordnung zu erfolgen hat. Hingegen war die Einschätzung im Vorgutachten noch auf Grundlage der - nun nicht mehr anzuwendenden - Richtsatzverordnung, die in vielen Positionen andere (oft höhere) Einschätzungen enthielt als die nunmehr anzuwendende Einschätzungsverordnung, erstellt worden. Die nunmehr niedrigere Herabstufung erfolgte somit nicht - wie von der Beschwerdeführerin eingewandt - gleichsam altersdiskriminierend. Vielmehr sieht die Einschätzungsverordnung für den Zustand nach Entfernung der Gebärmutter unter der Positionsnummer 08.03.02 unabhängig vom Alter immer (nur) einen fixen Richtsatz von 10% vor.

Gegen die Beurteilung des Diabetes und der Hypothyreose wurden von der Beschwerdeführerin keine Einwendungen erhoben. Diese Leiden wurden von der Sachverständigen auch schlüssig und korrekt nach der Einschätzungsverordnung bewertet.

Schließlich ist anzumerken, dass sich dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass bei der Beschwerdeführerin von der beigezogenen Sachverständigen keine fachgerechte Untersuchung durchgeführt worden wäre und es ergibt sich eine solche Annahme auch nicht aus dem diesbezüglich nicht ausreichend substantiierten Vorbringen in der Beschwerde; insbesondere widersprechen die Untersuchungsergebnisse auch nicht den von der Beschwerdeführerin selbst vorgelegten medizinischen Befunden. Im Übrigen ist es - dies sei lediglich der Vollständigkeit halber angemerkt - im gegenständlichen Verfahren nicht Aufgabe der medizinischen Sachverständigen, dem Antragsteller eine medizinische Behandlung zukommen zu lassen, sondern eine Beurteilung auf Grundlage der Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) vorzunehmen.

Insofern in der Beschwerde gerügt wird, dass die drei festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen nicht addiert worden seien, was einen Gesamtgrad der Behinderung von 40 v.H. ergeben hätte, so ist dieses Vorbringen zwar zutreffend, jedoch ist eine Addition entsprechend § 3 Abs. 1 der Einschätzungsverordnung rechtsrichtig nicht erfolgt; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen verwiesen.

Die Ausführungen der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde bzw. des (rechtzeitig eingebrachten) Vorlageantrages waren somit nicht geeignet, das vorliegende fachärztliche Sachverständigengutachten zu entkräften und eine Änderung des Ermittlungsergebnisses herbeizuführen. Das von der belangten Behörde eingeholte internistische Sachverständigengutachten vom 08.05.2017 bzw. die ergänzend eingeholte Stellungnahme vom 18.06.2017 wurden von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert bestritten.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages auch keine Befunde vor, welche dem eingeholten Gutachten bzw. der eingeholten Stellungnahme widersprechen würden. Sie ist dem Sachverständigengutachten bzw. der Stellungnahme auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 08.05.2017 und der Stellungnahme vom 18.06.2017. Dieses werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Die beiden zu beurteilenden Verfahren werden gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 39 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

Zu Spruchteil A)

Zur ersatzlosen Behebung des Bescheides vom 18.08.2017:

Gemäß § 15 Abs. 1 VwGVG kann jede Partei binnen zwei Wochen nach Zustellung der Beschwerdevorentscheidung bei der Behörde einen Antrag stellen, dass die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt wird (Vorlageantrag). Wird der Vorlageantrag von einer anderen Person als dem Beschwerdeführer gestellt, hat er die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt (§ 9 Abs. 1 Z 3) und ein Begehren (§ 9 Abs. 1 Z 4) zu enthalten.

Gemäß § 15 Abs. 2 VwGVG hat ein rechtzeitig eingebrachter und zulässiger Vorlangeantrag aufschiebende Wirkung, wenn die Beschwerde

1. von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hatte und die Behörde diese nicht ausgeschlossen hat;

2. von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung hatte, die Behörde diese jedoch zuerkannt hat.

Die Behörde hat dem Verwaltungsgericht den Vorlageantrag und die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen und den sonstigen Parteien die Vorlage des Antrages mitzuteilen.

Gemäß § 15 Abs. 3 VwGVG sind verspätete und unzulässige Vorlageanträge von der Behörde mit Bescheid zurückzuweisen. Wird gegen einen solchen Bescheid Beschwerde erhoben, hat die Behörde dem Verwaltungsgericht unverzüglich die Akten des Verfahrens vorzulegen.

Gemäß § 32 Abs. 1 AVG wird bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitgerechnet, in den der Zeitpunkt oder das Ereignis fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag im letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

Wurde die Zustellung ohne Zustellnachweis angeordnet, wird das Dokument zugestellt, indem es in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (§ 17 Abs. 2) eingelegt oder an der Abgabestelle zurückgelassen wird (§ 26 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Zustellung behördlicher Dokumente [Zustellgesetz - ZustG]).

Gemäß § 26 Abs. 2 ZustG gilt die Zustellung als am dritten Werktag nach der Übergabe an das Zustellorgan bewirkt. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt der Zustellung von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung wird nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.

Da der angefochtene Bescheid am 20.06.2017 an das Zustellorgan zur Beförderung übergeben worden ist (vgl. Datenstammblatt Behindertenpass, AS 33), gilt die Zustellung als am 23.06.2017 bewirkt. Die zweiwöchige Frist zur Einbringung eines Vorlageantrages endete daher mit 07.07.2017. Diese Daten entsprechen auch den entsprechenden Einträgen im Datenstammblatt, welches im Akt erliegt.

Das von der belangten Behörde als "Vorlageantrag" gewertete E-Mail-Schreiben der Beschwerdeführerin vom 02.07.2017 erweist sich als nicht verspätet eingebracht. Zwar weist der auf dieser E-Mail angebrachte Eingangsstempel der belangten Behörde als Eingangsdatum den 07.07.2017 auf, jedoch ist die E-Mail am 02.07.2017 (Sonntag) von der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde, genauer an die von der Behörde in der Rechtsmittelbelehrung des Bescheides angegebene Mailadresse, übermittelt worden und es ist der Vorlageantrag somit am 03.07.2017 (Montag) in den Verfügungsbereich der belangten Behörde gelangt. Bereits aus dem eigenen Datenstammblatt Behindertenpass der belangten Behörde (vgl. AS 33) ergibt sich, dass das Ende der Frist für die Einbringung eines Vorlageantrages der 07.07.2017 war. Diese Berechnung deckt sich mit jener des Bundesverwaltungsgerichtes. Somit erweist sich die Einbringung des Vorlageantrages am 03.07.2017 als rechtszeitig. Gleiches würde im Übrigen gelten, wenn man das Einlangen erst mit 07.07.2017 annehmen würde.

Der Vorlageantrag wurde daher zu Unrecht von der belangten Behörde mit Bescheid vom 18.08.2017 als verspätet zurückgewiesen, weshalb dieser Bescheid ersatzlos zu beheben und über die Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.05.2017 nach Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017 inhaltlich zu entscheiden war.

Zur Abweisung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 08.05.2017 und der Bestätigung der Beschwerdevorentscheidung vom 19.06.2017:

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

...

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45.

(1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

...

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden."

§ 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz betreffend nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung (Einschätzungsverordnung), StF: BGBl. II Nr. 261/2010, lautet in der geltenden Fassung:

"Gesamtgrad der Behinderung

§ 3. (1) Eine Einschätzung des Gesamtgrades der Behinderung ist dann vorzunehmen, wenn mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen. Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung sind die einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen nicht zu addieren. Maßgebend sind die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander.

(2) Bei der Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung ist zunächst von jener Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für die der höchste Wert festgestellt wurde. In der Folge ist zu prüfen, ob und inwieweit dieser durch die weiteren Funktionsbeeinträchtigungen erhöht wird. Gesundheitsschädigungen mit einem Ausmaß von weniger als 20 vH sind außer Betracht zu lassen, sofern eine solche Gesundheitsschädigung im Zusammenwirken mit einer anderen Gesundheitsschädigung keine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung verursacht.

Bei Überschneidungen von Funktionsbeeinträchtigungen ist grundsätzlich vom höheren Grad der Behinderung auszugehen.

(3) Eine wechselseitige Beeinflussung der Funktionsbeeinträchtigungen, die geeignet ist, eine Erhöhung des Grades der Behinderung zu bewirken, liegt vor, wenn

-

sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirkt,

-

zwei oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen.

(4) Eine wesentliche Funktionsbeeinträchtigung ist dann gegeben, wenn das Gesamtbild der Behinderung eine andere Beurteilung gerechtfertigt erscheinen lässt, als die einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen alleine."

Zunächst ist nochmals festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall erstmals nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war. Die Ermittlung des Gesamtgrades der Behinderung bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen hat - entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin - jedoch nicht im Wege der Addition der einzelnen Werte der Funktionsbeeinträchtigungen zu erfolgen, sondern es ist bei Zusammentreffen mehrerer Leiden zunächst von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, für welche der höchste Wert festgestellt wurde, und dann ist zu prüfen, ob und inwieweit durch das Zusammenwirken aller zu berücksichtigenden Funktionsbeeinträchtigungen eine höhere Einschätzung des Grades der Behinderung gerechtfertigt ist (vgl. den eindeutigen Wortlaut des § 3 Einschätzungsverordnung, BGBl. II 261/2010, sowie die auf diese Rechtslage übertragbare Rechtsprechung, VwGH 17.07.2009, 2007/11/0088; 22.01.2013, 2011/11/0209 mwN). Bei ihrer Beurteilung hat sich die Behörde eines oder mehrerer Sachverständiger zu bedienen, wobei es dem Antragsteller freisteht, zu versuchen, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. VwGH 30.04.2014, 2011/11/0098; 21.08.2014, Ro 2014/11/0023; 20.05.2015, 2013/11/0200).

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung das seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 08.05.2017 sowie deren ergänzende Stellungnahme vom 18.06.2017 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin 20 v.H. beträgt. Die Gesundheitsschädigungen wurden auch nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung richtig eingestuft; diesbezüglich wird auch auf die obigen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung verwiesen. Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, waren die im Rahmen der Beschwerde bzw. des Vorlageantrages erhobenen Einwendungen nicht geeignet, die vorliegenden aktuellen Gutachten zu entkräften. Es ist daher davon auszugehen, dass der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt 20 v. H. beträgt.

Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 v.H. sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 v.H. ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass für das Verfahren nach § 46 BBG eine Neuerungsbeschränkung besteht, wonach im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen. Bei einer Verschlechterung des Leidenszustandes kommt jedoch eine neuerliche Einschätzung des Grades der Behinderung nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen) gehören dem Bereich zu, der von Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien stellten zudem keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

ersatzlose Behebung, Frist, Rechtzeitigkeit, Vorlageantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2169718.2.00

Zuletzt aktualisiert am

09.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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