TE Vwgh Beschluss 2020/2/18 Ra 2020/07/0006

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Veröffentlicht am 18.02.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

VwGG §41

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des H S in I, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 11. Dezember 2019, Zl. LVwG-2019/33/2297-1, betreffend eine Streitigkeit nach dem Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996

(belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde; mitbeteiligte Partei:

Agrargemeinschaft E, vertreten durch den Obmann M W in I), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Ausschuss der mitbeteiligten Agrargemeinschaft fasste in seiner Sitzung am 3. Juli 2019 einen Beschluss über die Annahme von Abänderungen des Wirtschaftsplanes (gemeint offenbar: über die Antragstellung an die Agrarbehörde auf eine solche Abänderung dieses Teils des Regulierungsplans nach § 69 Abs. 1 lit. a Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 - TFLG 1996). Ein Entwurf dieser Änderungen war zuvor im Rahmen einer agrarbehördlichen Verhandlung am 21. Mai 2019 der Vollversammlung der Agrargemeinschaft präsentiert worden und wurde dann in einer auf Basis der Ergebnisse dieser Verhandlung überarbeiteten Fassung der Beschlussfassung des Ausschusses zugrunde gelegt.

2 Mehrere Mitglieder der Agrargemeinschaft - darunter der nunmehrige Revisionswerber - erhoben bei der belangten Behörde "Einspruch" gegen diesen Beschluss, beantragten somit dessen Aufhebung durch die Agrarbehörde nach § 37 Abs. 7 TFLG 1996. Der Revisionswerber brachte in seinem Einspruch vor, der vorgestellte Entwurf der Änderungen beinhalte lediglich Vorteile für wenige Mitglieder. Der Umstand, dass für die Änderungen der nur wenige Mitglieder umfassende Ausschuss zuständig sei, habe mit Demokratie nichts zu tun. Ein gemeinsamer Vorschlag von 15 Mitgliedern sei nicht berücksichtigt worden.

3 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. September 2019 wurden die Einsprüche von sechs Mitgliedern - darunter jener des Revisionswerbers - als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde dazu aus, dass die Zuständigkeit zur Fassung des betroffenen Beschlusses nach der Satzung der Agrargemeinschaft deren Ausschuss zukomme. Anderen Mitgliedern - wie den Einspruchswerbern - stehe daher kein Recht auf Einsicht in Unterlagen oder Information darüber vor einer Ausschusssitzung zu. Inhaltlich seien die Einspruchswerber dem unter Begleitung eines Amtssachverständigen ausgearbeiteten Wirtschaftsplan nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Damit sei weder ein Verstoß gegen das Gesetz bzw. den Regulierungsplan einschließlich der Satzung noch eine Verletzung von Rechten der Mitglieder aufgezeigt worden. Der Beschluss leide auch an keinem formalen Mangel, sodass die Einsprüche insgesamt abzuweisen seien. Der Einspruch eines weiteren Mitglieds wurde wegen Verspätung zurückgewiesen.

4 Gegen diesen Bescheid erhoben jene sechs Mitglieder, deren Einsprüche abgewiesen wurden, Beschwerden an das Verwaltungsgericht. In diesen Beschwerden wurde einerseits vorgebracht, dass der beschlossene Wirtschaftsplan aus näher dargestellten Gründen für die Agrargemeinschaft nachteilig sei, und andererseits, dass die Beschwerdeführer den neuen Regulierungsplan nur dann anerkennen würden, wenn der gemeinsame Abänderungsvorschlag von 15 Mitgliedern berücksichtigt werde. Der Wirtschaftsplan solle für alle Mitglieder wirtschaftlich tragbar sein und nicht von einzelnen Mitgliedern mit Hilfe des Amtssachverständigen für sich "passend gemacht" werden. 5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht diese Beschwerden als unbegründet ab. Begründend führte es aus, der Ausschuss sei ordnungsgemäß einberufen worden, bei der Sitzung vollständig anwesend gewesen und habe den Beschluss mit einfacher Mehrheit getroffen. Der Beschluss sei ordnungsgemäß protokolliert und das Protokoll der Sitzung satzungsgemäß durch Anschlag über einen bestimmten Zeitraum kundgemacht worden. Nach dem gebotenen Maßstab der Grobprüfung werde durch den beschlossenen Regulierungsplan der Zweck der Agrargemeinschaft nicht vereitelt und es liege kein Verstoß gegen die Satzung vor. In die Erstellung der Änderungen seien sämtliche Mitglieder der Agrargemeinschaft durch die Möglichkeit der Einbringung von Vorschlägen einbezogen worden. Die Ausarbeitung der Änderungen falle jedoch in die Zuständigkeit des Ausschusses, wobei die fachlichen Äußerungen des dabei anwesenden Amtssachverständigen eingeflossen seien. Dessen fachkundige Expertise stehe außer Zweifel, sodass auch nicht davon gesprochen werden könne, der Wirtschaftsplan sei mit seiner Hilfe für einzelne Mitglieder "passend gemacht" worden. Insgesamt liege weder ein Verstoß gegen die die Agrargemeinschaft regelnden Bestimmungen noch eine Verletzung wesentlicher Interessen der Beschwerdeführer vor. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. 6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision eines der beschwerdeführenden Mitglieder der Agrargemeinschaft mit dem Antrag, in der Sache selbst zu entscheiden und den Beschluss des Ausschusses aufzuheben, in eventu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 9 Die Revision macht geltend, der Revisionswerber sei durch das angefochtene Erkenntnis in seinem Recht darauf verletzt worden, dass Beschlüsse des Ausschusses ordnungsgemäß - vor allem vollständig - bekannt gemacht und ihm gegenüber keine Beschlüsse des Ausschusses rechtwirksam werden, die nicht der Satzung entsprechend bekannt gemacht worden seien und von ihm demzufolge nicht wirksam bekämpft werden könnten.

10 Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dass lediglich der (nichtssagende) Text bekannt gemacht worden sei, dass ein Beschluss über Änderungen des Wirtschaftsplanes gefasst worden sei, nicht aber jene Bestimmungen des Wirtschaftsplanes, die aufgrund dieses Beschlusses in Zukunft gelten sollten. Die Revision hänge von den Fragen grundsätzlicher Bedeutung ab, ob bei derartigen Beschlüssen für eine ordnungsgemäße Kundmachung auch der Text der beschlossenen Änderungen bekannt gemacht werden müsse und welche Konsequenzen die satzungswidrige Bekanntmachung derartiger Beschlüsse für "Einsprüche" (Streitentscheidungsanträge nach § 37 Abs. 7 TFLG 1996) habe. Zu diesen Fragen fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

11 Die Frage des Umfangs der Kundmachung des betreffenden Beschlusses, also ob diese Kundmachung auch die Inhalte des zu ändernden Wirtschaftsplanes umfasst habe, wurde vom Revisionswerber weder im verwaltungsbehördlichen, noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren thematisiert. Seine Beschwerde behandelte ausschließlich inhaltliche Bedenken gegen den Beschluss, sodass für das Verwaltungsgericht auch keine Veranlassung bestand, konkrete Feststellungen zum Umfang der Beschlusskundmachung zu treffen.

12 Das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot gilt auch für solche Rechtsausführungen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht diesbezüglich nichts vorgebracht wurde (VwGH 25.6.2019, Ro 2018/10/0028; 19.10.2017, Ro 2015/16/0024, je mwN). Ein solcher Fall liegt hier vor.

13 Das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage kann nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (VwGH 14.12.2016, Ra 2016/19/0300; 28.7.2016, Ra 2015/07/0147, je mwN).

14 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 18. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070006.L00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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