TE Vwgh Beschluss 2020/2/24 Ra 2019/07/0119

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Veröffentlicht am 24.02.2020
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Index

L69304 Wasserversorgung Oberösterreich
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1
VwGG §41
VwRallg
WasserversorgungsG OÖ 1997 §3 Abs2 Z3
WasserversorgungsG OÖ 2015 §6 Abs2 Z4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der E T in V, vertreten durch die Rechtsanwälte Haberl und Huber GmbH & Co KG in 4840 Vöcklabruck, Feldgasse 17, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 30. September 2019, Zl. LVwG-152134/4/DM/MH, betreffend Anschlusspflicht an die öffentliche Wasserversorgung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadtgemeinde V), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 556/17, KG W., auf dem sich ein von ihr vermietetes Wohnhaus sowie ein Brunnen befinden.

2 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 6. November 2018 wurde der Revisionswerberin gemäß § 5 Abs. 5 Oö. Wasserversorgungsgesetz 2015 (Oö. WVG 2015) aufgetragen, ihre "Liegenschaft" Grundstück Nr. 556/17, KG W., binnen sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheids an die öffentliche Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde V. anzuschließen und die dazu erforderlichen Einrichtungen herzustellen.

3 Mit Schreiben vom 6. Dezember 2018 beantragte die Revisionswerberin die Ausnahme von der Anschlusspflicht gemäß § 6 Abs. 2 Oö. WVG 2015.

4 Mit Bescheid vom 4. Februar 2019 wies die belangte Behörde diesen Antrag ab.

5 Sie gelangte zu dem Ergebnis, dass nach § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 die auf dem Grundstück der Revisionswerberin anfallenden Kosten der Herstellung der Anschlussleitung weniger als doppelt so hoch wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde seien. Diese betrügen laut der von der belangten Behörde eingeholten "Angebote für sechs verschiedene repräsentative Anschlussszenarien, welche die jeweils kürzeste, technisch mögliche Leitungsführung beinhalten (...) EUR 6.205,53 inkl. MwSt." Demgegenüber habe der Sachverständige DI K. die Herstellungskosten auf dem Grundstück der Revisionswerberin samt dessen Rekultivierung auf "EUR 8.800 exkl. MwSt." geschätzt.

6 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde.

7 In dieser brachte sie vor, das anzuschließende Objekt liege

ca. 35 m von der öffentlichen Wasserleitung der Stadtgemeinde V. entfernt. Im Gebiet der Stadtgemeinde lägen die meisten angeschlossenen Objekte direkt an der Wasserleitung und sei der Hausanschluss hergestellt worden, indem maximal 10 m durch Vorgärten gegraben worden sei.

8 Die belangte Behörde habe die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Stadtgemeinde V. nicht richtig ermittelt. Tatsächlich seien der Ermittlung der Höhe der Anschlusskosten nicht sechs "Angebote" für Grundstücke, deren Auswahl im freien Ermessen der belangten Behörde stünden, zu Grunde zu legen, sondern die tatsächlichen bereits entstandenen durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde zu ermitteln. Der Bescheid vom 4. Februar 2019 wäre dann nicht zu beanstanden, wenn die belangte Behörde die Kosten aller Anschlüsse der letzten fünf Jahre erhoben und daraus das arithmetische Mittel errechnet hätte. 9 Nach Vorlage der Beschwerde führte das Verwaltungsgericht am 24. September 2019 eine mündliche Verhandlung durch. 10 In dieser wurden die potentielle Länge der von der Revisionswerberin herzustellenden Anschlussleitung und die dafür in Frage kommende Anschlussstelle an die Wasserversorgungsanlage der Stadtgemeinde V. erörtert.

11 Dazu führte der Sachverständige DI K. aus, es bestehe bereits ein "Anschluss" im Bereich der Zufahrt unmittelbar vor dem Einfahrtstor des Grundstücks. Es werde ein "Anschluss" im Bereich östlich des Wohnobjekts und Einbindung in den Keller an der Ostseite des Objekts vorgeschlagen. Hintergrund dafür sei, dass der "Anschluss" seitens der Gemeinde straßenseitig an dieser Stelle vorgesehen worden sei und bereits eine kurze Zuleitung in Richtung des Objekts der Revisionswerberin vorgesehen sei. Dies, um zu verhindern, dass bei einem Neuanschluss wieder Straßengrabungsarbeiten durchzuführen seien. Auf der vorgesehenen Trasse befinde sich ein Carport, der relativ unproblematisch unterfahren werden könne, entweder mit Raketenschuss oder mit entsprechend kleinen Baugeräten in offener Bauweise. Im Wesentlichen sei die Trasse unbefestigt und es gebe keine größeren Hindernisse zu überwinden. Die Bodenverhältnisse seien derart, dass es sich um einen Lehmboden handle.

12 Befragt dazu, weshalb der bestehende Anschluss der Gemeinde nicht an der kürzeren Stelle westlich des Grundstücks errichtet worden sei, führte der Vertreter der belangten Behörde aus, der Wasserleitungshausanschluss sei gemeinsam mit dem Kanalanschluss an der derzeit befindlichen Stelle östlich des Grundstücks errichtet worden. Der Kanalanschluss hätte aufgrund der Lage der bestehenden Senkgrube an keiner anderen Stelle des Grundstücks hergestellt werden können. Es mache dabei auch "natürlich" Sinn, dass beide Anschlüsse an einer Stelle des Grundstücks vorhanden seien.

13 Der Sachverständige DI K. räumte dazu ein, auch bei einer Leitungsführung im westlichen Bereich des Grundstücks könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Kosten höher wären, weil Straßengrabungsarbeiten mit der Herstellung der Anschlussleitung einhergingen. Dies sei nicht der Fall, wenn die Trasse im östlichen Bereich des Grundstücks geführt werde. Gäbe es noch keinen Anschluss an die Wasserversorgungsanlage an der östlichen Seite, so würde man unter dem Blickwinkel der kürzesten, technisch möglichen Verbindung jene im westlichen Bereich des Grundstücks wählen, die ca. 17 m lang wäre.

14 Befragt dazu, ob bzw. wie häufig es vorkomme, dass eine Straße zwecks Anschluss an die Wasserversorgungsanlage aufgegraben werde, gab der Vertreter der belangten Behörde an, grundsätzlich bestehe ein fünfjähriges Grabungsverbot bei neuen Straßen und werde versucht, dieses auch einzuhalten. Sollte jedoch jemand etwa einen Fernwärmeanschluss bzw. Neuanschluss brauchen, so werde natürlich die Straße aufgegraben und der Anschluss hergestellt. Im konkreten Beschwerdefall werde jedoch darauf hingewiesen, dass die Stadtgemeinde V. ein Interesse daran habe, den bereits vorhandenen Anschluss zu verwenden und es nicht zulassen würde, im westlichen Bereich anzuschließen. Es sei jedoch nichts Außergewöhnliches, dass im Zuge eines Anschlusses in die Straße hineingegraben werde. 15 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

16 Es stellte fest, im östlichen Bereich der gegenständlichen Liegenschaft im Bereich der Zufahrt zum Objekt der Revisionswerberin bestehe unmittelbar vor dem Eingangstor bereits ein Anschluss an die gemeindeeigene Wasserversorgungsanlage. Dieser Wasserleitungshausanschluss sei mit dem Kanalanschluss im Osten des Grundstücks errichtet worden. Bei der Herstellung der Anschlussleitung östlich des Objekts betrage die Trassenlänge ca. 35 m und befinde sich auf dieser Trasse ein Carport, der mit einem Raketenschuss oder mit entsprechend kleinen Baugeräten in offener Bauweise unterfahren werden könne. Die Trasse sei im Wesentlichen unbefestigt und es seien keine größeren Hindernisse zu überwinden.

17 Die kürzeste, technisch mögliche Verbindung mit einer Leitungslänge von 17 m befinde sich im westlichen Bereich des Grundstücks der Revisionswerberin. Für diese Trassenführung seien Straßengrabungsarbeiten für die Herstellung der Anschlussleitung und die Entfernung mehrerer Absperrungen und Zäune auf dem Grundstück der Revisionswerberin erforderlich. Der Boden des verfahrensgegenständlichen Grundstücks bestehe aus Lehm. 18 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, nach den Materialien zum Oö. WVG 2015 sei das allfällige Vorliegen eines Missverhältnisses der Anschlusskosten von der Behörde nur dann zu prüfen, wenn dafür konkrete Anhaltspunkte vorlägen und vom Antragsteller im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht begründet dargelegt würden.

19 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 30. Juni 2011, 2009/07/0076, konstatiere, habe der Beschwerdeführer im Verfahren entsprechend darzulegen, worauf er eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Kosten zurückführe. Solche Gründe könnten insbesondere in der Beschaffenheit des Grundstücks gelegen sein.

20 Trotz ausführlicher Gelegenheit zur Stellungnahme sei von der Revisionswerberin nicht begründet und nachvollziehbar ausgeführt worden, welche konkreten Anhaltspunkte ein Missverhältnis der für sie mit dem Anschluss verbundenen Kosten erwarten lassen könnten. Insbesondere seien keine besonderen tatsächlichen Verhältnisse - etwa in der "Bodenbeschaffenheit" des Grundstücks - im Vergleich zu den ortsüblichen Verhältnissen ersichtlich. Auch sonst seien keine Umstände hervorgekommen, die eine Unverhältnismäßigkeit der für die Revisionswerberin mit dem Wasseranschluss verbundenen Kosten begründet erwarten ließen. 21 Wie aber bereits unter Bezugnahme auf die einschlägigen Materialien und die höchstgerichtliche Rechtsprechung erörtert worden sei, sei das allfällige Vorliegen eines solchen Missverhältnisses nur dann näher zu prüfen, wenn dafür konkrete begründete Anhaltspunkte vorlägen. Da es an solchen fehle, scheide eine Ausnahme von der Anschlusspflicht nach § 6 Oö. WVG 2015 schon aus diesem Grund aus und sei auf die weiteren Ausnahmevoraussetzungen nicht weiter einzugehen gewesen. 22 Die ordentliche Revision ließ das Verwaltungsgericht mit der Begründung, es habe sich bei der Lösung der hier maßgeblichen Rechtsfrage auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2011, 2009/07/0076, stützen können, nicht zu. 23 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit einem Abänderungs- bzw. Aufhebungsantrag wegen Rechtswidrigkeit. 24 Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

25 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

26 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. 27 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 28 § 6 Oö. WVG 2015 lautet auszugsweise:

"§ 6

Ausnahmen von der Anschlusspflicht

(...)

(2) Die Gemeinde hat für Objekte mit zum Zeitpunkt des Entstehens der Anschlusspflicht bestehender eigener Wasserversorgungsanlage auf Antrag eine Ausnahme von der Anschlusspflicht zu gewähren, wenn

1. dies die Anschlussverpflichtete bzw. der Anschlussverpflichtete spätestens binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheids nach § 5 Abs. 5 beantragt,

2. die Eignung des Trinkwassers aus der eigenen Wasserversorgungsanlage von der Antragstellerin bzw. vom Antragsteller durch einen den fachlichen Vorgaben der Trinkwasserverordnung (TWV), BGBl. II Nr. 304/2001, in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 359/2012, entsprechenden Befund nachgewiesen wird - dieser Befund darf nicht älter als sechs Monate sein,

3. Trink- bzw. Nutzwasser in bedarfsdeckender Menge zur Verfügung steht und

4. die Kosten der Herstellung der Anschlussleitung und sämtlicher dazugehörender Einrichtungen, wie insbesondere Drucksteigerungseinrichtungen, Wasserzähler und Hauptabsperrventil, einschließlich der Kosten für die Wiederherstellung von Anlagen, die im Zug der Anschlusserrichtung beeinträchtigt werden würden, sowie einschließlich der Leistung von Entschädigungszahlungen im Sinn des § 8 Abs. 1 für die Anschlussverpflichtete bzw. den Anschlussverpflichteten mindestens doppelt so hoch wären wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde.

(...)"

29 In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revisionswerberin zunächst vor, § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 stelle - anders als die Vorgängerbestimmung des § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997, LGBl. Nr. 24/1997 - nicht mehr auf eine "Unverhältnismäßigkeit" der Anschlusskosten als solche ab, sondern definiere als einziges Kriterium das Überschreiten der Höhe der tatsächlichen Anschlusskosten um das Doppelte der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde. In Folge der Gesetzesänderung sei daher die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Juni 2011, 2009/07/0076, nicht mehr auf den gegenständlichen Sachverhalt anwendbar, sodass Rechtsprechung zu "dieser Thematik" tatsächlich fehle. 30 Nach der hg. Rechtsprechung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht vor, wenn diese Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits beantwortet wurde (und keine Veranlassung besteht, von dieser Rechtsprechung abzugehen). Dass diese Rechtsprechung allenfalls zu Vorgängerregelungen der in Frage stehenden Norm erging, schadet nicht, wenn es keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtspr echung bedarf, um die Vorschrift auszulegen, insbesondere, weil sie in den entscheidenden Teilen inhaltlich nicht relevant verändert worden ist; dasselbe hat auch bei Normen zu gelten, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von anderen Normen unterscheiden, zu denen entsprechende Rechtsprechung ergangen ist (vgl. VwGH 29.11.2018, Ra 2017/10/0134, mwN).

31 Es ist zutreffend, dass das Verwaltungsgericht zur Lösung des gegenständlichen Falls sowie zur Begründung des Nichtvorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG die hg. Entscheidung vom 30. Juni 2011, 2009/07/0076, und damit die hg. Rechtsprechung zu § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997 herangezogen hat.

32 § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997 stellte auf die "Unverhältnismäßigkeit" der Anschlusskosten - gemessen an den durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde - ab. 33 Nach den Materialien des Oö. WVG 2015 sei eine solche Unverhältnismäßigkeit bereits nach der alten Rechtslage bei Erreichen bzw. Überschreiten der doppelten Höhe der Anschlusskosten angenommen worden und werde dies nun in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 entsprechend gesetzlich festgelegt (vgl. AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13). Damit erfolgte eine Präzisierung des Begriffs der Unverhältnismäßigkeit. Nach § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 liegt eine solche nunmehr dann vor, wenn die Kosten der Herstellung einer Anschlussleitung für die antragstellende Partei auf Erteilung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht mindestens doppelt so hoch wie die durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde wären. 34 Der Gesetzgeber des Oö. WVG 2015 hält aber auch nach Außerkrafttreten des WVG 1997 an der hg. Entscheidung vom 30. Juni 2011, 2009/07/0076, fest. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 3 Abs. 2 Z 3 Oö. WVG 1997 ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer es verabsäumt habe, im Verfahren darzulegen, worauf er eine etwaige Unverhältnismäßigkeit der Anschlusskosten zurückführe. Nach dem Willen des Gesetzgebers ist von der Behörde das allfällige Vorliegen der in § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 präzisierten Unverhältnismäßigkeit - also des Überschreitens der doppelten Höhe der durchschnittlichen Anschlusskosten in der Gemeinde - nach wie vor erst dann zu prüfen, wenn für diese Unverhältnismäßigkeit konkrete Anhaltspunkte vorliegen. Derartige Anhaltspunkte hat die antragstellende Partei im Verfahren auf Erteilung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht begründet darzulegen (vgl. auch dazu AB 1372/2015 BlgLT 27. GP 13). Daraus ergibt sich, dass - trotz Umformulierung dieser Voraussetzung einer Ausnahme von der Anschlusspflicht - die Bestimmung des § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 im Vergleich zu dessen Vorgängerbestimmung inhaltlich nicht relevant verändert worden ist.

35 Es bedarf daher keiner neuen Leitlinien höchstgerichtlicher Rechtsprechung, um die neue Vorschrift auszulegen, weil die Ausführungen in der hg. Entscheidung vom 30. Juni 2011, 2009/07/0076, im Sinn der Materialien zum Oö. WVG 2015 auf den vorliegenden Fall übertragbar sind. Das von der Revisionswerberin behauptete Fehlen von hg. Rechtsprechung zu § 6 Abs. 2 Z 4 Oö. WVG 2015 liegt nicht vor.

36 Die Revisionswerberin bringt "ungeachtet dessen" vor, das angefochtene Erkenntnis weiche von der hg. Rechtsprechung insofern ab, als im konkreten Fall sehr wohl besondere tatsächliche Verhältnisse, die eine Unverhältnismäßigkeit begründeten, im Verfahren hervorgekommen und von der Revisionswerberin auch behauptet worden seien. Es stehe nämlich fest, dass die belangte Behörde - obwohl faktisch möglich - die kürzeste, technisch mögliche Verbindung der Anschlussleitung zum Objekt der Revisionswerberin nicht zulasse, sondern ihr eine doppelt so lange Trasse vorschreibe. Dies sei naturgemäß mit "erheblichen Mehrkosten" verbunden.

37 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung kann das Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage nicht mit einem Vorbringen begründet werden, das unter das Neuerungsverbot fällt (vgl. etwa VwGH 12.11.2019, Ra 2019/17/0001; 28.7.2016, Ra 2015/07/0147, jeweils mwN).

38 Das aus § 41 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot gilt auch für solche Rechtsausführungen, deren Richtigkeit nur auf Grund von Tatsachenfeststellungen überprüft werden kann, die deshalb unterblieben sind, weil im Verwaltungsverfahren und im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht diesbezüglich nichts vorgebracht wurde (vgl. VwGH 25.6.2019, Ro 2018/10/0028; 19.10.2017, Ro 2015/16/0024, jeweils mwN).

39 Die belangte Behörde hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu erkennen gegeben, dass sie aus näher dargelegten Gründen nur die Errichtung einer Anschlussleitung im östlichen Bereich des Grundstücks der Revisionswerberin mit einer Länge von 35 m zulassen würde.

40 Das Tatsachenvorbringen der Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung, wonach die Errichtung der von der belangten Behörde gestatteten Anschlussleitung in der Länge von 35 m gegenüber der Leitungsführung im westlichen Bereich des Grundstückes mit einer Länge von 17 m mit "erheblichen Mehrkosten" verbunden wäre, wurde erstmals im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erstattet, weshalb das Verwaltungsgericht dazu keine Feststellungen treffen konnte. Die auf dieses Vorbringen gestützte Rechtsausführung, dass im konkreten Fall eine Unverhältnismäßigkeit der Anschlusskosten hervorgekommen bzw. behauptet worden sei, unterliegt demnach dem Neuerungsverbot nach § 41 VwGG. Mit diesem Vorbringen tritt die Revision zudem der Argumentation des Verwaltungsgerichts, wonach keine besonderen Verhältnisse in Bezug auf das Grundstück vorlägen und bereits aus diesem Grund keine Unverhältnismäßigkeit der Anschlusskosten (jeglicher Variante) bestehe, nicht entgegen.

41 Zuletzt führt die Revisionswerberin in der Zulässigkeitsbegründung aus, es sei ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung auch darin zu erblicken, als es das Verwaltungsgericht als ausreichend erachtet habe, seinem Erkenntnis "nach dem Copy&Paste-Verfahren die rechtliche Beurteilung eines völlig andersgelagerten und nicht die Revisionswerberin betreffenden Sachverhalt zugrunde zu legen." So sei die rechtliche Beurteilung eines näher bezeichneten "mehr als zwei Jahre alten Erkenntnisses" mit geringfügigen Anpassungen und damit "so gut wie wortgleich einfach übernommen" worden. Dies entspreche keinesfalls den vom Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung festgelegten "Standards der Entscheidungsfindung" und werde auch dem Rechtsstaatlichkeitsprinzi p nicht gerecht.

42 Abgesehen davon, dass die Revisionswerberin mit diesen Ausführungen nicht darlegt, in welchen Punkten das angefochtene Erkenntnis von welcher hg. Rechtsprechung konkret abweicht (vgl. dazu VwGH 14.11.2019, Ra 2019/07/0091, mwN), vermag sie mit Blick auf die nachvollziehbare rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass die Revisionswerberin keine für das Vorliegen einer Unverhältnismäßigkeit sprechenden Gründe dargelegt habe, einen Begründungsmangel, der eine Überprüfung des angefochtenen Erkenntnisses durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts verunmöglichen würde und deshalb revisibel wäre (vgl. dazu VwGH 3.10.2018, Ra 2018/07/0432, mwN), nicht darzutun.

43 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2020

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070119.L00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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