TE Vwgh Beschluss 2020/3/4 Ra 2020/21/0051

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Veröffentlicht am 04.03.2020
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Index

E1P
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §58 Abs10
B-VG Art133 Abs4
MRK Art6
MRK Art8
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §24 Abs2 Z1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Eraslan, über die Revision des N A V in L, vertreten durch Dr. Joachim Rathbauer, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Weißenwolffstraße 1/IV/23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. Dezember 2019, I417 2191863- 2/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber ist Staatsangehöriger von Benin, reiste spätestens im Mai 2015 nach Österreich ein und stellte hier einen Antrag auf internationalen Schutz.

2 Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 7. März 2018 wurde dieser Antrag vollumfänglich abgewiesen; damit wurde insbesondere eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG verbunden.

3 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit am 15. Juni 2018 mündlich verkündetem und mit 23. Jänner 2019 schriftlich ausgefertigtem Erkenntnis als unbegründet ab. Eine in der Folge beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte außerordentliche Revision wies dieser mit Beschluss vom 21. Mai 2019 zu Ra 2019/19/0081 zurück. 4 Der Revisionswerber verblieb in Österreich und stellte am 27. Juni 2019 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. Diesen Antrag wies das BFA mit Bescheid vom 2. September 2019 - ohne Erlassung einer Rückkehrentscheidung - gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück.

5 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom BVwG mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 11. Dezember 2019 als unbegründet abgewiesen. Dabei ging das BVwG davon aus, dass wesentliche der vom Revisionswerber zur Begründung seines Antrags vorgebrachten Umstände (Beziehung zu einer aus Togo stammenden deutschen Staatsangehörigen, die ihn etwa alle zwei Monate in Österreich besuche; Tätigkeit als Straßenzeitungsverkäufer; ehrenamtliches Engagement in einem Seniorenheim) bereits der vorangegangenen Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz zu Grunde gelegen hätten. Lediglich die nunmehr bestandene Deutsch-Prüfung für das Niveau B1 sowie die Betätigung in einem afrikanischen Kulturverein seien "neu", doch lasse sich daraus keine maßgebliche Sachverhaltsänderung ableiten, die eine neue Abwägung nach Art. 8 EMRK erforderlich machen würde. Auch die bloße Verlängerung des Inlandsaufenthaltes des Revisionswerbers "um weitere eineinhalb Jahre" könne nicht als wesentliche Änderung angesehen werden.

6 Von der Durchführung der beantragten Beschwerdeverhandlung sah das BVwG im Hinblick auf § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG ab, überdies sprach es dann noch aus, dass gemäß § 25a Abs. 1 VwGG eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei. 7 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision unter dem genannten Gesichtspunkt nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a erster Satz VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

9 In dieser Hinsicht macht der Revisionswerber der Sache nach geltend, das BVwG habe fallbezogen in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine - bezogen auf die im Asylverfahren ergangene Rückkehrentscheidung vom 15. Juni 2018 - maßgebliche Sachverhaltsänderung angenommen. Insoweit liege auch ein Begründungsmangel vor, zumal das nunmehr angefochtene Erkenntnis vom selben Richter gefasst worden sei wie jenes vom 15. Juni 2018.

10 Warum der letztgenannte Gesichtspunkt eine Mangelhaftigkeit begründen soll, ist indes nicht ersichtlich. Dass sich der entscheidende Richter, unter anderem Blickwinkel, schon einmal - mit außerordentlicher Revision erfolglos bekämpft - mit dem Fall des Revisionswerbers zu beschäftigen hatte, lässt nicht auf dessen Voreingenommenheit - welcher Art auch immer - schließen. Im Übrigen räumt der Revisionswerber selbst ein, dass offensichtlich keine Befangenheit des Richters vorgelegen habe.

11 In Bezug auf Sachverhaltsänderungen, die seit der im Asylverfahren ergangenen Rückkehrentscheidung vom Juni 2018 eingetreten seien, verweist der Revisionswerber letztlich im Ergebnis nur auf eine weitere Dauer seines Inlandsaufenthaltes. Er behauptet zwar auch, es seien im Verfahren sehr wohl Umstände zu "seinem Gesundheitszustand, seiner Erwerbsfähigkeit, seine(n) Familienverhältnissen" hervorgekommen, die eine neue Beurteilung des Sachverhaltes erforderlich machen würden, doch unterlässt er diesbezüglich jegliche Konkretisierung. Insoweit tritt er der auch mit der Aktenlage übereinstimmenden Beurteilung des BVwG, es seien außer einem längeren Inlandsaufenthalt nur die abgelegte Deutsch-Prüfung für das Niveau B1 sowie die Betätigung in einem afrikanischen Kulturverein als neue Umstände zu bewerten, nicht argumentativ entgegen. Dass das BVwG aber diese von ihm konstatierten Neuerungen nicht als ausreichend erachtete, um in eine neuerliche Beurteilung nach Art. 8 EMRK einzutreten, entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe etwa die zwar zur Vorgängerregelung des § 58 Abs. 10 AsylG 2005 (§ 44b Abs. 1 Z 1 NAG idF vor dem FNG) ergangenen, mangels inhaltlicher Änderung aber weiterhin einschlägigen Erkenntnisse VwGH 22.7.2011, 2011/22/0138 bis 0141, und VwGH 15.12.2011, 2010/21/0228, 0305 und 0306).

12 Jedenfalls vor diesem Hintergrund erweist es sich auch als unbedenklich, dass das BVwG gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG von der Durchführung der beantragten Beschwerdeverhandlung abgesehen hat (siehe zu einer insoweit ähnlichen Konstellation VwGH 19.12.2019, Ra 2019/21/0341 und 0342, Rn. 19). Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC werden dadurch - entgegen der Ansicht des Revisionswerbers - von vornherein nicht tangiert (siehe dazu einerseits VwGH 3.3.2011, 2008/22/0738, und andererseits VwGH 19.2.2014, 2012/22/0201, jeweils mwN).

13 Als Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Revision keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG darzutun vermag. Sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 4. März 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020210051.L00

Im RIS seit

12.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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