TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/12 LVwG-AV-1239/001-2019

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Veröffentlicht am 12.03.2020
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Entscheidungsdatum

12.03.2020

Norm

GewO 1994 §86 Abs2
GewO 1994 §86 Abs3
GewO 1994 §345 Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Dr. Michaela Lütte-Mersch als Einzelrichterin über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt B, ***, ***, als Masseverwalter, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha vom 23. Oktober 2019, Zl. ***, betreffend Feststellung des Nichtvorliegens der Voraussetzungen für die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben. Die Behörde hat gemäß § 345 Abs. 4 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) vorzugehen und die angezeigte Zurücklegung der Gewerbeberechtigung in das GISA einzutragen und die beschwerdeführende Gesellschaft von der Eintragung zu verständigen.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha (in der Folge: belangte Behörde) vom 23. Oktober 2019, Zl.  ***, wurde betreffend die A GmbH (in der Folge: beschwerdeführende Gesellschaft) festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Zurücklegung des Gewerbes „Elektrotechnik, ausgenommen die Errichtung von Alarmanlagen“ nicht gegeben seien und angeordnet, dass die Gewerbeberechtigung bis zur gerichtlichen Löschung des Pfandrechts aufrecht zu erhalten sei.

Begründend ist ausgeführt, dass die Abgabe einer rechtsgültigen Zurücklegungserklärung eines Gewerberechts gemäß § 86 GewO 1994 voraussetze, dass der die Erklärung Abgebende eine nach der Rechtsordnung gültige Willenserklärung abgeben dürfe. Solange eine gerichtliche Pfändung einer Gewerbeberechtigung andauere, sei eine Zurücklegung aufgrund des mit der gerichtlichen Pfändung verbundenen Verfügungsrechts nichts zulässig. Da die Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft gerichtlich gepfändet sei (Hinweis auf „BG *** *** vom 06.12.2017“), sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Gesellschaft, vertreten durch ihren Masseverwalter, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich.

In dieser wird – auf das Wesentliche zusammengefasst – vorgebracht, dass konkursgerichtlich die Schließung des Unternehmens der beschwerdeführenden Gesellschaft mit 05. September 2019 erfolgt sei. Seit diesem Zeitpunkt werde kein Unternehmen mehr betrieben, weshalb eine Zurücklegung der Gewerbeberechtigung jedenfalls möglich und gesetzlich geboten sei. Eine aufrechte Pfändung der Gewerbeberechtigung hindere den Verpflichteten gerade nicht, die Gewerbeberechtigung für das bereits konkursgerichtlich geschlossene Unternehmen zurückzulegen.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

3.1. Über Ersuchen des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich legte das Bezirksgericht *** den Akt zur Zl. *** mit Schreiben vom 05. Februar 2020 vor.

3.2. Die für das Verfahren beim Bezirksgericht *** zur Zl. *** zuständige Richterin teilte dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich über Nachfrage im Hinblick auf die Inhalte des vorgelegten Gerichtsaktes am 13. Februar 2020 telefonisch mit, dass der vorgelegte Akt die Bewilligung eines Antrags auf Exekution durch Pfändung eines einer natürlichen Person gehörenden Geschäftsanteils der beschwerdeführenden Gesellschaft betreffe (Beschluss vom 06. Dezember 2017). Diese bewilligte Exekution eines Geschäftsanteils an der beschwerdeführenden Gesellschaft sei derzeit im Hinblick auf eine Zahlungsvereinbarung ausgesetzt. Nicht Gegenstand des Exekutionsverfahrens zur Zl. *** sei die Pfändung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft; eine Pfändung der Gewerbeberechtigung sei nicht bekannt.

3.3. Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich teilte der belangten Behörde mit Schreiben vom 13. Februar 2020 mit, dass der angefochtene Bescheid auf eine gerichtliche Pfändung der Gewerbeberechtigung gemäß Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 06. Dezember 2017, Zl. ***, Bezug nehme, und das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Einsicht in Bezug habenden Gerichtsakt des Bezirksgerichtes *** genommen habe. Dieser betreffe die Pfändung eines einer natürlichen Person gehörenden Geschäftsanteils an der beschwerdeführenden Gesellschaft und nicht die Pfändung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft. Dies sei dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich über telefonische Nachfrage durch die zuständige Richterin des Bezirksgerichtes *** bestätigt worden.

Die belangte Behörde wurde aufgefordert, hierzu binnen einer Frist von einer Woche Stellung zu nehmen und insbesondere mitzuteilen, ob bzw. welcher Beschluss über eine Pfändung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt. Darüber hinaus wurde die belangte Behörde davon in Kenntnis gesetzt, sollte die Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht gepfändet worden sein, der angefochtene Bescheid nach vorläufiger Rechtsauffassung ersatzlos zu beheben sei.

Die belangte Behörde hat hierzu bis dato keine Stellungnahme erstattet.

3.4. Mit Schreiben vom 02. März 2020 übermittelte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich der beschwerdeführenden Gesellschaft das hg. Schreiben vom 13. Februar 2020 an die belangte Behörde zur Kenntnis mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen einer Frist von einer Woche. In einem wurde mitgeteilt, dass die belangte Behörde zu dem hg. Schreiben vom 13. Februar 2020 bis dato keine Stellungnahme erstattet habe.

Seitens der beschwerdeführenden Gesellschaft wurde zum Schreiben vom 02. März 2020 bis dato nicht Stellung genommen.

4.   Feststellungen:

4.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft ist als Inhaberin der Gewerbeberechtigung „Elektrotechnik, ausgenommen die Errichtung von Alarmanlagen“ in das Gewerbeinformationssystem Austria (GISA) eingetragen.

4.2. C, geboren am ***, ist handelsrechtlicher Geschäftsführer und Mehrheitsgesellschafter der beschwerdeführenden Gesellschaft (in der Folge: handelsrechtlicher Geschäftsführer); er vertritt diese Gesellschaft seit 01. April 2017 selbständig. Als Gesellschafterin ist überdies D, geboren am ***, im Firmenbuch eingetragen (in der Folge: Minderheitsgesellschafterin).

4.3. Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 29. August 2019, 

Zl. ***, wurde über die beschwerdeführende Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet. Zum Masseverwalter wurde Rechtsanwalt B (in der Folge: Masseverwalter) bestellt. Mit Beschluss des Landesgerichtes *** vom 05. September 2019 wurde die Schließung des Unternehmens der beschwerdeführenden Gesellschaft angeordnet.

4.4. Mit Schreiben vom 04. September 2019 bevollmächtigte der handelsrechtliche Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft den Masseverwalter die Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft zurückzulegen.

Unter Anschluss und Hinweis auf diese Vollmacht teilte der Masseverwalter der belangten Behörde mit Schreiben vom 06. September 2019 mit, dass die Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft „Elektrotechnik, ausgenommen die Errichtung von Alarmanlagen“ zurückgelegt werde. In einem wurde die belangte Behörde um Kenntnisnahme und weitere Veranlassung ersucht.

4.5. Der Gerichtsakt des Bezirksgerichtes *** zur Zl. *** betrifft eine Exekutionssache der E AG als betreibende Partei gegen die Minderheitsgesellschafterin als verpflichtete Partei wegen 3.500,00 Euro. Zur Hereinbringung dieser Forderung, der Kosten sowie der Kosten des Exekutionsantrags wurde seitens der betreibenden Partei die Exekution durch „Pfändung des der verpflichteten Partei gehörigen Geschäftsanteils an der [beschwerdeführenden Gesellschaft]“ beantragt. Diese Exekution wurde seitens des Bezirksgerichtes *** mit Beschluss vom 06. Dezember 2017 bewilligt und ist derzeit im Hinblick auf eine Zahlungsvereinbarung ausgesetzt.

Eine Pfändung der Gewerbeberechtigung liegt dem bezeichneten Exekutionsverfahren beim Bezirksgericht *** nicht zugrunde. Ein Hinweis auf eine Pfändung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft ist weder dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde zu entnehmen noch hätte sich eine solche sonst im Verfahren ergeben.

5.   Beweiswürdigung:

Die unter den Punkten 4.1. bis 4.3. getroffenen Feststellungen ergeben sich eindeutig aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde im Einklang mit den vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich eingeholten Auszügen aus dem Firmenbuch und der Insolvenzdatei betreffend die beschwerdeführende Gesellschaft und sind überdies zwischen den Parteien nicht strittig.

Den unter Punkt 4.4. getroffenen Feststellungen liegt die im Verwaltungsakt der belangten Behörde enthaltene Vollmacht sowie das Schreiben des Masseverwalters zur Zurücklegung der Gewerbeberechtigung zugrunde.

Die unter Punkt 4.5. getroffenen Feststellungen gründen auf den eindeutigen Inhalten des Gerichtsaktes des Bezirksgerichtes *** zur  

Zl. *** im Einklang mit der telefonischen Mitteilung der für diese Exekutionssache zuständigen Richterin. Ein über die Anführung der Zahl  

„***“ hinausgehender Hinweis auf eine Exekution der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft ist weder im vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde noch im angefochtenen Bescheid enthalten. Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist kein Hinweis auf eine Pfändung der Gewerbeberechtigung (und nicht bloß eines Geschäftsanteils an) der beschwerdeführenden Gesellschaft – trotz Nachfrage bei der belangten Behörde und Mitteilung an die beschwerdeführende Gesellschaft – hervorgekommen; in diesem Sinne hat auch die zuständige Richterin beim Bezirksgericht *** mitgeteilt, dass eine Pfändung der Gewerbeberechtigung nicht bekannt sei.

6.   Rechtslage:

6.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 

(GewO 1994) lauten:

„§ 86. (1) Die Zurücklegung einer Gewerbeberechtigung wird mit dem Tage wirksam, an dem die Anzeige über die Zurücklegung bei der Behörde (§ 345 Abs. 1) einlangt, sofern nicht der Gewerbeinhaber die Zurücklegung für einen späteren Tag anzeigt oder an den Eintritt einer Bedingung bindet.

(2) Die Anzeige ist nach dem Zeitpunkt ihres Einlangens bei der Behörde unwiderruflich. Ist die Anzeige unter der Bedingung abgegeben worden, daß eine bestimmte Person eine gleiche Gewerbeberechtigung erlangt, so ist die Anzeige hinfällig, wenn diese Person die Gewerbeanmeldung zurückzieht, wenn sie stirbt oder untergeht oder wenn rechtskräftig entschieden wird, daß diese Person die Gewerbeberechtigung nicht erlangt. In den Fällen des § 11 Abs. 4 hat die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch den bisherigen Gewerbeinhaber keinen Einfluß auf die Gewerbeberechtigung des Nachfolgeunternehmers (Rechtsnachfolgers).

(3) Die Anzeige über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch den Gewerbeinhaber berührt nicht das etwaige Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse, des Zwangsverwalters oder des Zwangspächters.“

„§ 345. (1) Die Bestimmungen der Abs. 2 bis 5 gelten für die nach diesem Bundesgesetz zu erstattenden Anzeigen, die bewirken, dass die Behörde Daten in das GISA neu einzutragen oder eingetragene Daten zu ändern hat.

[…]

(4) Wenn die jeweils geforderten Voraussetzungen gegeben sind und in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt wird, hat die Behörde die sich aus der Anzeige ergebende Eintragung in das GISA vorzunehmen und den Erstatter der Anzeige von der Eintragung zu verständigen.

(5) Wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist - unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff – dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.

[…]“

6.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten:

„§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3.       wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.“

„§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

[…]“

7.   Erwägungen:

7.1. Die Beschwerde ist begründet.

7.2. Die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung gemäß § 86 GewO 1994 ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung des Gewerbeinhabers. Voraussetzung für eine rechtsgültige Zurücklegungserklärung ist, dass der die Erklärung Abgebende eine nach der Rechtsordnung gültige Willenserklärung abgeben darf. Hat die Gewerbebehörde von der gerichtlichen Pfändung des Gewerberechts – auf welchem Weg auch immer – Kenntnis erlangt, ist der diesbezügliche Gerichtsbeschluss bei der Frage der Rechtswirksamkeit einer Zurücklegungserklärung zu beachten (VwSlg. 7250 A/1967; siehe hierzu Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 [2011] § 86 Rz. 1).

Die belangte Behörde ist daher insoweit im Recht, als sich die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung infolge einer gerichtlichen Pfändung des Gewerberechts als unzulässig erweisen kann.

7.3. Gemäß den oben getroffenen Feststellungen liegt im vorliegenden Fall dem Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 06. Dezember 2017, 

Zl. ***, jedoch nicht die Pfändung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft, sondern die Pfändung des Geschäftsanteils der Minderheitsgesellschafterin an dieser Gesellschaft zugrunde. Die Pfändung eines Geschäftsanteils an einer juristischen Person vermag die Pfändung einer Gewerbeberechtigung dieser Gesellschaft nicht zu begründen, sondern ist die Pfändung von Geschäftsanteilen von der Pfändung einer Gewerbeberechtigung zu unterscheiden. Der im angefochtenen Bescheid zitierte Gerichtsbeschluss steht der Zurücklegung der Gewerbeberechtigung gemäß § 86 GewO 1994 sohin nicht entgegen (und ist im Verfahren die Pfändung der Gewerbeberechtigung „Elektrotechnik, ausgenommen die Errichtung von Alarmanlagen“ der beschwerdeführenden Gesellschaft auch nicht hervorgekommen).

7.4. Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Masseverwalter zwar nicht berechtigt, die Gewerbeberechtigung des Gemeinschuldners zurückzulegen; dies insbesondere deshalb, weil die Rechtsbeziehung zwischen dem Staat und dem Berechtigten, die Gewerbeberechtigung, wegen deren subjektiven öffentlichen Charakters nicht übertragbar ist (vgl. VwGH 20.09.1994, 93/04/0210). Im vorliegenden Fall hat der Masseverwalter die in Rede stehende Gewerbeberechtigung jedoch nicht aus eigenem zurückgelegt, sondern wurde dieser hierzu vom handelsrechtlichen Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft mit Schreiben vom 04. September 2019 bevollmächtigt. Die beschwerdeführende Gesellschaft, vertreten durch ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer, war jedenfalls nicht daran gehindert, sich im Verfahren über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung gemäß 

§ 86 GewO 1994 ihres Masseverwalters als Vertreter zu bedienen (in diesem Sinne vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3 § 86 Rz. 15, mwN).

Dass eine Gewerbeberechtigung auch bei Anhängigkeit eines Konkursverfahrens durch den hierzu berechtigten Gewerbeinhaber – im vorliegenden Fall die beschwerdeführende Gesellschaft – zurückgelegt werden darf, ergibt sich überdies eindeutig aus § 86 Abs. 3 GewO 1994, wonach die Anzeige über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung durch den Gewerbeinhaber nicht das etwaige Fortbetriebsrecht der Insolvenzmasse berührt.

7.5. Da vor dem Hintergrund der dargelegten Umstände der Masseverwalter in Vertretung der beschwerdeführenden Gesellschaft, bevollmächtigt durch den handelsrechtlichen Geschäftsführer, berechtigt gewesen ist, die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft „Elektrotechnik, ausgenommen die Errichtung von Alarmanlagen“ gegenüber der belangten Behörde anzuzeigen, war spruchgemäß zu entscheiden. Die belangte Behörde hat im Weiteren – da das Verwaltungsgericht eine Eintragung in das GISA nicht vornehmen kann (vgl. etwa VwGH 01.10.2018, Ro 2017/04/0016) –

gemäß § 345 Abs. 4 GewO 1994 vorzugehen.

8.   Zur Nichtdurchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung:

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde von keiner Partei des Beschwerdeverfahrens beantragt. Sie konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG auch deshalb entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage – insbesondere mangels eines gerichtlichen Beschlusses über die Pfändung der Gewerbeberechtigung der beschwerdeführenden Gesellschaft – feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

9.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen z.B.

VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).

Schlagworte

Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeberechtigung; Zurücklegung; Insolvenzverfahren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1239.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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