TE Lvwg Beschluss 2020/2/4 VGW-101/042/11037/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.02.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VwGVG 2014 §31 Abs1
AVG §58 Abs1

Text

Das Verwaltungsgericht Wien fasst durch seinen Richter Mag. DDr. Tessar über die Beschwerde des Herrn BSc. A. B. gegen das Schreiben des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40 - Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht, vom 11.6.2019, Zl. MA 40 - ..., den

BESCHLUSS

I. Die Beschwerde wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

Begründung

Herr B. übermittelte am 7.5.2019 nachfolgendes Schreiben an die belangte Behörde:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich A. B., C.-gasse Wien, stelle hiermit folgenden Antrag:

Die Behörde möge unverzüglich Maßnahmen ergreifen (zB Schließung des Gastronomieunterenhmens bzw. andere Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt), die verhindern, dass durch das Gastronomieunternehmen D., ..., E.-gasse, Wien, gesundheitsschädlicher Tabakrauch und Rauch von verwandten Produkten in den Mallbereich aufgrund von Verstößen gegen § 13 Abs 1TNRSG gelangen können.

Zulässigkeit des Antrags:

Aufgrund des TNRSG und der entsprechenden Judikatur liegt der Nichtraucherschutz im großen öffentlichen Interesse. Das TNRSG selbst normiert kein subjektives Recht von Betroffenen. Durch Auslegung des „Tabak- und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz" im Hinblick

auch auf dessen Schutzzweck muss aber von einem subjektiven Recht von

Betroffenen ausgegangen werden. Bereits im Titel des TNRSG ist der „Nichtraucherschutz" festgelegt. Unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzips ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Norm des objektiven Rechts auch ein subjektives Recht gewährt. Die Erläuterungen zum TNRSG (RV 163 BlgNR 19. GP, 14) betonen, es sei „geboten, den Nichtraucher in seinem Recht auf rauchfreie Luft weitgehend zu schützen. Diesem Recht auf rauchfreie Luft tritt der Verfassungsgerichtshof auch in seiner Entscheidung B776/09 vom 1.10. 2009 nicht entgegen. Ich halte mich als Kunde des Einkaufszentrums öfters im Mallbereich in der Nähe dieses Gastronomiebetriebes auf und bin damit unmittelbar Betroffener. Ich bin daher Partei im Sinne des § 8 AVG. Der Antrag ist zulässig.

Begründung:

Seit ca. drei Jahren habe ich das Gastronomieunternehmen wegen Verstoßes gegen das TNRSG angezeigt, weil die Tür zwischen Raucherraum und Nichtraucherraum ständig geöffnet ist. Leider ohne Erfolg. Ich verweise auf meine Anzeigen von den letzten Tagen. Dadurch gelangen tagtäglich gesundheitsschädliche Emissionen in den Mallbereich des Einkaufszentrums. Eine Mall ist ein Raum eines öffentlichen Ortes und es gilt absolutes Rauchverbot. Es ist wissenschaftlicher Konsens, dass es keine Unbedenklichkeitsschwelle für den giftigen, gesundheitsschädlichen Tabakrauch gibt. Durch diese Emissionen sind auch Kunden des Einkaufszentrums betroffen, die gar nicht mit dem Gastronomieunternehmen kontrahieren wollen, darunter naturgemäß auch Schwangere und Kleinkinder. Auch ich werde als Kunde dieses Einkaufszentrums unmittelbar in meinem Recht auf körperliche Integrität verletzt und in meiner Gesundheit geschädigt. Ich besuche regelmäßig dieses Einkaufszentrums und halte mich auch öfters im Mallbereich dieses Gastronomieunternehmens auf, insbesondere um in den umliegenden Gastronomiebetrieben im Mallbereich zu konsumieren.

Rechtsfolgen:

Die Behörde hat gemäß Art 18 Abs 1 B-VG (Legalitätsprinzip) zwingend den Nichtraucherschutz unverzüglich zu gewährleisten. Über diesen Antrag ist bescheidmäßig abzusprechen.“

Herr B. hat am 5.6.2019 sodann nachfolgenden Schriftsatz an die belangte Behörde gesandt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich habe betreffend den unten angeführten Antrag noch keinen Bescheid erhalten. Die Entscheidungspflicht von 6 Monaten ist noch nicht abgelaufen, aber ich möchte darauf hinweisen, dass gemäß § 73 Abs 1 AVG ein Bescheid ohne unnötigen Aufschub zu erlassen ist. Da es sich um eine reine Rechtsfrage handelt, kann ich nicht verstehen, warum dies länger als 4 Wochen dauern soll. Abgesehen davon besteht Gefahr im Verzug, da die im Tabakrauch enthaltenden Giftstoffe und der gesundheitsschädliche Ultrafeinstaub weiterhin ungehindert in die Mall dringen. Ich merke mir für die Erlassung des Bescheides und für das Handeln der Behörde (es darf kein Tabakrauch etc. mehr durch ständig geöffnete Türen in die Mall gelangen) eine Frist von 2 Wochen vor. Nach einem fruchtlosen Ablauf werde ich die Magistratsdirektion verständigen.

Mit freundlichen Grüßen

A. B.

Auf dieses Schreiben antwortete die belangte Behörde am 11.6.2019 wie folgt:

„Sehr geehrter Herr B.!

Bezugnehmend auf Ihre an das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk gerichtete E-Mail vom 7. Mai 2019 darf Ihnen Folgendes mitgeteilt werden:

Aufgrund des in Art. 18 Abs. 1 B-VG normierten Legalitätsprinzips darf die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der Gesetze ausgeübt werden. Akte unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, wie z.B. die Schließung eines Betriebes sind nur aufgrund gesetzlicher Ermächtigung möglich. Im Bereich des TNRSG ist eine solche Ermächtigung für die Behörden nicht normiert, sondern besteht hier nur die Möglichkeit im Rahmen von Verwaltungsstrafverfahren die Nichteinhaltung von Nichtraucherschutzbestimmungen zu ahnden.

Eine Befugnis der Behörden zur Setzung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung öffentlicher Interessen besteht bei Vorliegen von bestimmten Tatbeständen im Rahmen der Gewerbeordnung. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat aber niemand, so auch nicht Nachbarn oder Personen, die sich nur vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten, einen Rechtsanspruch auf die Handhabung dieser Zwangsmaßnahmen.

Die verwaltungsstrafrechtlichen Belange Ihrer Eingabe vom 7. Mai 2019 werden vom Magistratischen Bezirksamt für den ... Bezirk bearbeitet.“

Gegen dieses Schreiben brachte Herr B. am 11.6.2019 die verfahrensgegenständliche Beschwerde bei der belangten Behörde ein:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich erhebe hiermit innerhalb offener Frist Beschwerde gegen den Bescheid MA 40 - ..., ausgestellt vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 40, am 11. Juni 2019, zugestellt am 11. Juni 2019 per Mail, und begründe dies wie folgt:

Das Schreiben MA 40 - ... von der Magistratsabteilung 40 ist die Antwort auf meinen Antrag vom 7. Mai 2019. Bei diesem Schreiben der belangten Behörde fehlen einige deklarative Bescheidmerkmale, es sind aber alle konstitutiven Bescheidmerkmale vorhanden: Bescheidadressat. Zustellung, ausstellende Behörde, approbationsbefugte Person, Amtssignatur, normativer Inhalt („kein Rechtsanspruch auf die Handhabung dieser Zwangsmaßnahmen"). Es handelt sich daher um einen Bescheid gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

Der Bescheid ist rechtswidrig, da er nicht bzw. mangelhaft begründet ist, und dem Antragsteller keine Parteienstellung einräumt. Das TNRSG selbst normiert kein subjektives Recht von Betroffenen. Durch Auslegung des „Tabak- und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz" im Hinblick auch auf dessen Schutzzweck muss aber von einem subjektiven Recht von Betroffenen ausgegangen werden. Bereits im Titel des TNRSG ist der „Nichtraucherschutz" festgelegt. Unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzips ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Norm des objektiven Rechts auch ein subjektives Recht gewährt. Die Erläuterungen zum TNRSG (RV 163 BlgNR 19. GP, 14) betonen, es sei „geboten, den Nichtraucher in seinem Recht auf rauchfreie Luft weitgehend zu schützen". Sowohl der Schutzzweck als auch das subjektive Recht ist damit hinreichend begründet. Allein durch Verwaltungsstrafverfahren kann dem Schutzzweck der Norm nicht Rechnung getragen werden. Dieses Lokal wird seit Jahren von mir angezeigt wegen Verstoßes gegen das TNRSG ohne dass das gesetzwidrige Verhalten eingestellt worden ist. Durch die schädlichen Emissionen von Tabakrauch und Ultrafeinstaub wird das Recht des Antragstellers auf körperliche Integrität verletzt. Es gibt zwar explizit kein entsprechendes Grundrecht, der Grundrechtscharakter ergibt sich aber indirekt durch Art 2 EMRK „Recht auf Leben". Für die weitere Argumentation wird auf den Antrag verwiesen.

Es wird hiermit das Begehren gestellt, das Verwaltungsgericht Wien möge dem Antragsteller Parteienstellung einräumen und der MA 40 auftragen, durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, dass kein gesundheitsschädlicher Tabakrauch und Ultrafeinstaub durch gesetzwidriges Verhalten des Gastronomieunternehmers in die Mall dringen kann.

Es wird hiermit eine öffentliche mündliche Verhandlung am Verwaltungsgericht Wien beantragt.“

Daraufhin erließ die belangte Behörde eine mit 7.8.2019 datierte Beschwerdevorentscheidung. Der Spruch und die Begründung dieser Entscheidung lauten wie folgt:

„Die von Herrn A. B., BSc erhobene Beschwerde gegen das Schreiben des Magistrats der Stadt Wien - Magistratsabteiiung 40 vom 11. Juni 2019, MA 40-..., wird als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage: § 14 Abs. 1 iVm § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz -VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung.

Begründung

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es der Behörde im Verfahren über Beschwerden

gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung). § 27 ist sinngemäß anzuwenden.

§ 27 leg. cit. normiert: Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Der Beschwerdeführer wandte sich mit E-Mail vom 7. Mai 2019 mit folgendem Antrag an das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk:

Die Behörde möge unverzüglich Maßnahmen ergreifen (z.B. Schließung des Gastronomieunternehmens bzw. andere Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt), die verhindern, dass durch das Gastronomieunternehmen D., ..., in Wien, E.-gasse, gesundheitsschädlicher Tabakrauch und Rauch von verwandten Produkten in den Mallbereich aufgrund von Verstößen gegen § 13 Abs. 1 TNRSG gelangen können. Begründend wurde ausgeführt, dass ein subjektives Recht von Betroffenen auf rauchfreie Luft bestünde und der Antragsteller daher Partei im Sinne des § 8 AVG wäre. Seit etwa drei Jahren habe er das gegenständliche Unternehmen wegen Verstoßes gegen das TNRSG angezeigt, weil die Türe zwischen Raucherraum und Mall ständig geöffnet sei, wodurch tagtäglich gesundheitsschädliche Emissionen in den Mallbereich des Einkaufszentrums gelangen würden. Die Behörde habe gemäß Art. 18 Abs. 1 B-VG zwingend den Nichtraucherschutz unverzüglich zu gewährleisten und sei über diesen Antrag bescheidmäßig abzusprechen.

Mit E-Mail vom 5. Juni 2019 wandte sich Herr B. erneut an das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk und wies darauf hin, noch keinen Bescheid erhalten zu haben.

Das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk hat daraufhin am 6. Juni 2019 diese E-Mail Korrespondenz zuständigkeitshalber sowohl an das Magistratische Bezirksamt für den ... Bezirk, als auch an die Magistratsabteilung 40 weitergeleitet.

Am 11. Juni 2019 hat die erkennende Behörde sodann per E-Mail ein Schreiben an den Beschwerdeführer gerichtet, in dem die Rechtslage in Bezug auf den von ihm gestellten Antrag der Schließung des gegenständlichen Unternehmens erläutert und ihm mitgeteilt wurde, dass die verwaltungsstrafrechtlichen Belange seiner Eingabe vom 7. Mai 2019 vom Magistratischen Bezirksamt für den ... Bezirk bearbeitet werden.

Mit E-Mail vom 11. Juni 2019 wurde vom Beschwerdeführer binnen offener Frist Beschwerde gegen den „Bescheid“ der MA 40 vom 11. Juni 2019, MA 40-..., zugestellt am 11. Juni 2019 per E-Mail, aus folgenden Gründen erhoben:

„Das Schreiben MA 40 - ... von der Magistratsabteilung 40 ist die Antwort auf meinen Antrag vom 7. Mai 2019. Bei diesem Schreiben der belangten Behörde fehlen einige deklarative BescheidmerKmale, es sind aber alle Konstitutiven Bescheidmerkmale vorhanden: Bescheidadressat, Zustellung, ausstellende Behörde, approbationsbefugte Person, Amtssignatur, normativer Inhalt („kein Rechtsanspruch auf die Handhabung dieser Zwangsmaßnahmen“). Es handelt sich daher um einen Bescheid gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG.

Der Bescheid ist rechtswidrig, da er nicht bzw. mangelhaft begründet ist, und dem Antragsteller keine Parteienstellung einräumt. Das TNRSG selbst normiert kein subjektives Recht von Betroffenen. Durch Auslegung des „Tabak- und Nichtraucherinnen bzw. Nichtraucherschutzgesetz“ im Hinblick auch auf dessen Schutzzweck muss aber von einem subjektiven Recht von Betroffenen ausgegangen werden. Bereits im Titel des TNRSG ist der „Nichtraucherschutz“ festgelegt. Unter Berücksichtigung des Rechtsstaatsprinzips ist im Zweifel davon auszugehen, dass eine Norm des objektiven Rechts auch ein subjektives Recht gewährt. Die Erläuterungen zum TNRSG (RV 163 BlgNR 19. GP, 14) betonen, es sei „geboten, den Nichtraucher in seinem Recht auf rauchfreie Luft weitgehend zu schützen“. Sowohl der Schutzzweck als auch das subjektive Recht ist damit hinreichend begründet. Allein durch Verwaltungsstrafverfahren kann dem Schutzzweck der Norm nicht Rechnung getragen werden. Dieses Lokal wird seit Jahren von mir angezeigt wegen Verstoßes gegen das TNRSG ohne dass das gesetzwidrige Verhalten eingestellt worden ist. Durch die schädlichen Emissionen von Tabakrauch und Ultrafeinstaub wird das Recht des Antragstellers auf körperliche Integrität verletzt. Es gibt zwar explizit kein entsprechendes Grundrecht, der Grundrechtscharakter ergibt sich aber indirekt durch Art 2 EMRK „Recht auf Leben“. Für die weitere Argumentation wird auf den Antrag verwiesen.

Es wird hiermit das Begehren gestellt, das Verwaltungsgericht Wien möge dem Antragsteller Parteienstellung einräumen und der MA 40 auftragen, durch entsprechende Maßnahmen sicherzustellen, dass kein gesundheitsschädlicher Tabakrauch und Ultrafeinstaub durch gesetzwidriges Verhalten des Gastronomieunternehmers in die Mall dringen kann.

Es wird hiermit eine öffentliche mündliche Verhandlung am Verwaltungsgericht Wien beantragt. “

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 58 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen und hat den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten.

Eine Beschwerde ist dann als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine behördliche Erledigung, gegen die sich die Beschwerde wendet, nicht als Bescheid zu beurteilen ist.

Mit dem von der erkennenden Behörde an den Beschwerdeführer gerichteten Schreiben vom 11. Juni 2019 wurde diesem lediglich eine Auskunft bzw. Information erteilt, unter welchen Voraussetzungen die Schließung eines Betriebes möglich ist und dass seine Beschwerde zur Prüfung eines allfälligen verwaltungsstrafrechtlichen Deliktes an die zuständige Strafbehörde weitergeleitet wurde. Ein objektiv erkennbarer Wille, gegenüber dem Beschwerdeführer eine normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen, geht aus dieser Mittelung nicht hervor. Dass eine behördliche Erledigung die Bezeichnung der Behörde sowie eine Fertigungsklausel enthält, versteht sich von selbst. Diese Merkmale sind nicht exklusiv einem Bescheid Vorbehalten. Auch enthält das Schreiben vom 11. Juni 2019 weder eine ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, noch einen Spruch oder eine Rechtsmittelbelehrung.

Im Ergebnis liegt daher kein Bescheid vor, weshalb die gegenständliche Beschwerde im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung zurückgewiesen wird.“

Gegen diesen Bescheid brachte Herr B. am 12.8.2019 einen Vorlageantrag ein, in welchem er ausführte wie folgt:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich stelle hiermit den Vorlageantrag betreffend MA 40 - ... an das Verwaltungsgericht Wien. Mein bereits vorliegender Verfahrenshilfeantrag in dieser Rechtsangelegenheit betrifft nun auch die Gebühr von 14,30 Euro.

Ich stelle außerdem den Antrag an das Verwaltungsgericht Wien bezüglich meines Antrages an die MA 40 vom 7. Mai 2019 meritorisch zu entscheiden, da die Behörde offensichtlich nicht willens ist innerhalb der Entscheidungsfrist von 6 Monaten ein Schreiben mit der Bezeichnung und Rechtsqualität „Bescheid" zu verfassen. Es kann nur rechtlich als kurios bezeichnet werden, dass die Behörde eine Beschwerdevorentscheidung bei einer Beschwerde gegen einen Bescheid erlässt, gleichzeitig aber bestreitet, dass es sich bei dem Behördenschreiben um einen Bescheid handelt.

Mit freundlichen Grüßen

A. B. BSc C.-gasse Wien“

Das Verwaltungsgericht Wien hat erwogen:

§ 58 Abs. 1 AVG bestimmt, dass jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist; dies bedeutet, dass jeder Bescheid mit dem Wort "Bescheid" gekennzeichnet sein muss.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwSlg 9458A, Verst.Sen. 9683A, 9696A) ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid dann nicht wesentlich, wenn der Inhalt des betreffenden Aktes an seiner Bescheidqualität keinen Zweifel aufkommen lässt. Ergeben sich aus dem Inhalt jedoch Zweifel, dann ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid essentiell (VwGH 28.1.1982, 2771/80; 31.3.1993, 92/01/0402).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt jedenfalls dann stets kein Bescheid vor, wenn dem allenfalls strittigen Behördenakt der normative Gehalt (daher der Spruch) fehlt (vgl. VwSlg. 2291A; VwGH 7.10.1963, 811/63; 11.3.1971, 1833, 1834/70; 10.5.1971, 482/71).

Wenn ein Behördenakt, welcher nicht als Bescheid zu qualifizieren ist, von einer Partei bekämpft wird, so ist dieses Rechtsmittel wegen Fehlens eines Bescheides, der durch Berufung bekämpft werden könnte, zurückzuweisen (vgl. Walter/Mayer, Grundzüge des Verwaltungsverfahrensrechts 6. Auflage; Rz 447).

Das im vorliegenden Fall bekämpfte Schreiben vom 11.6.2019 ist weder als Bescheid gekennzeichnet noch enthält es einen dezitiert normativen Ausspruch.

In diesem Schreiben wird lediglich mitgeteilt, dass die Setzung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grundlage des Taba- und Nichtraucherinnen- bzw. Nichtraucherschutzgesetz (TNRSG) nicht möglich sei und solche Zwangsmaßnahmen im Rahmen des Gewerbeordnung (GewO) gesetzt werden könnten, wobei dem Beschwerdeführer auch hier keinen Rechtsanspruch auf die Setzung einer solchen Maßnahme habe, da er sich nur vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalte.

Weder aus der Textierung dieses Schreibens noch aus sonst einem Indiz lässt sich ableiten, dass die belangte Behörde mit diesem Schreiben eine rechtskräftige normative Entscheidung treffen wollte.

Zu diesem Ergebnis hat man auch deshalb zu gelangen, da dieses Schreiben nicht als Behandlung eines förmlichen Antrags des Beschwerdeführers i.S.d. AVG qualifiziert werden kann; auch wenn dieses Schreiben als „Antrag“ tituliert ist.

Vielmehr ist das gegenständlich bekämpfte Behördenschreiben als Antwort auf eine Aufforderung des Beschwerdeführers an die Behörde, gegen dritte Personen gerichtete, nicht näher bestimmte Behördenakte zu setzen, ergangen. Ein Schreiben, mit welchem die Behörde von einer Person, welche nicht einmal behauptet, Partei eines Verfahrens zu sein, aufgefordert wird, nicht näher bestimmte, gegen dritte Personen gerichtete Handlungen zu setzen, stellt keinen Antrag auf eine bescheidmäßige Erledigung im Hinblick auf die Rechtsstellung des Aufforderers dar.

Wie aus dem klaren Wortlaut des Behördenschreibens zu ersehen ist, sollte mit diesem Schreiben dem Beschwerdeführers lediglich eine Rechtsauskunft erteilt werden. Rechtsauskünfte sind nun aber grundsätzlich keine in Rechtskraft erwachsenden Behördenakte.

Die Behörde wollte daher offenkundig keinen hoheitlichen Rechtsakt setzen, was auch dadurch erhärtet wird, als die Behörde ihr Schreiben weder mit einer Amtssignatur versehen hat, noch eigenhändig unterfertigt hat und zudem auch nicht nach den Vorgaben des § 37 Abs. 1 ZustG zugestellt hat (vgl. Bumberger/Schmid, ZustG, Praxiskommentar zum Zustellgesetz, S. 314 ff).

Es fehlt dem Schreiben daher auch eine Erlassung im Sinne der Vorgaben des Zustellgesetzes.

Da das verfahrensgegenständliche Schreiben sohin nicht als Bescheid zu qualifizieren war, ist auch gegen dieses Schreiben keine Beschwerde zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung könnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG abgesehen werden, weil die Beschwerde zurückzuweisen war.

Die Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bescheid; Mitteilung; normativer Gehalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.101.042.11037.2019

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten