TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/10 G301 2227071-1

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Veröffentlicht am 10.02.2020
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Entscheidungsdatum

10.02.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §76

Spruch

G301 2227071-1/7E

Schriftliche Ausfertigung des am 07.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX, geboren am XXXX, Staatsangehörigkeit: Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, gegen die seit XXXX10.2019, 11:20 Uhr, andauernde Anhaltung in Schubhaft zur

Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.01.2020 zu Recht:

A) I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Es wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) Aufwendungen in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem am 31.12.2019 um 15:22 Uhr - außerhalb der Amtsstunden - beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) eingelangten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen die Anhaltung in Schubhaft seit XXXX10.2019, 11:20 Uhr (Zeitpunkt der Asylantragstellung).

Auf Grund der entsprechenden Verfügung des BVwG zur Aktenvorlage vom 02.01.2020 wurden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Erstaufnahmestelle West, noch am selben Tag die Bezug habenden Verwaltungsakten elektronisch übermittelt und eine Stellungnahme zur gegenständlichen Beschwerde erstattet.

Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 07.01.2020 in der Außenstelle Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der BF nach polizeilicher Vorführung aus dem XXXX und seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Nach Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

Mit dem am 17.01.2020 eingebrachten Schriftsatz beantragte der BF über seinen Rechtsvertreter die schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Afghanistan.

Der BF wurde am XXXX10.2019 um 01:00 Uhr in Villach in einem Nachtzug von Wien nach Mailand von der österreichischen Bundespolizei kontrolliert und wegen des Fehlens von Reisedokumenten festgenommen.

Der BF reiste von Afghanistan in den Iran und von dort in die Türkei. In der Türkei hielt sich der BF etwa vier Jahre lang auf, wobei ein dort von ihm gestellter Asylantrag abgewiesen wurde. Danach reiste der BF von der Türkei über das Meer nach Griechenland, und von dort über Nordmazedonien, Serbien, Ungarn nach Österreich. Der BF hatte dann die Absicht, von Österreich nach Italien, zu dort lebenden Freunden, weiterzureisen. Der BF hatte nicht die Absicht, länger in Österreich zu bleiben oder hier einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

Nach Durchführung einer niederschriftlichen Befragung wurde mit Mandatsbescheid des BFA, Regionaldirektion Kärnten, vom XXXX10.2019, Zl. XXXX, gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG über den BF die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Dieser Schubhaftbescheid wurde dem BF am XXXX10.2019 um 11:10 Uhr persönlich ausgefolgt und rechtswirksam erlassen.

Der BF stellte um 11:20 Uhr, somit 10 Minuten nach Anordnung der Schubhaft, einen Antrag auf internationalen Schutz, nachdem dem BF bereits in der vorangegangenen Befragung und vor Anordnung der Schubhaft mitgeteilt worden war, dass beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und seine Abschiebung nach Afghanistan zu veranlassen.

Mit Aktenvermerk des BFA vom XXXX10.2019 wurde gemäß § 76 Abs. 6 FPG die Aufrechterhaltung der Schubhaft wegen Verzögerungsabsicht angeordnet. Dieser Aktenvermerk wurde dem BF am selben Tag um 12:00 Uhr persönlich ausgefolgt.

Mit Bescheid des BFA vom 09.11.2019, dem BF zugestellt am 11.11.2019, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom XXXX10.2019 zur Gänze abgewiesen, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen, die Abschiebung nach Afghanistan für zulässig erklärt, einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt und keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 02.12.2019, W192 2225788-1/2E, als unbegründet abgewiesen, dem BF jedoch eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung eingeräumt.

Der BF unterschrieb am 03.12.2019 ein Formular betreffend Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise nach Afghanistan, widerrief diese allerdings am 17.12.2019, nachdem im Zuge einer Vorführung vor die afghanische Botschaft sowohl seine Personalidentität bestätigt und ein Reisedokument für die Rückkehr nach Afghanistan ausgestellt worden waren.

Am 11.12.2019 wurde von der Botschaft Afghanistans in Wien für den BF ein Reisedokument ("Travel Document - Repatriation") ausgestellt.

Eine Abschiebung des BF im Zuge einer begleiteten Rückführung auf dem Luftweg ist für den XXXX02.2020 in Aussicht genommen.

Der BF hat bislang keine ernsthafte Bereitschaft gezeigt, freiwillig ihn seinen Herkunftsstaat Afghanistan zurückzukehren.

Die BF verfügt über keine familiären oder nennenswerten privaten Bindungen in Österreich. Auch Anhaltspunkte für die Annahme einer sozialen Integration in Österreich liegen nicht vor. Der BF verfügt über keine zur Sicherung seines Lebensunterhaltes ausreichenden Mittel und über keine eigene Unterkunft.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Die getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens und des in der Verhandlung hinterlassenen persönlichen Eindrucks tritt das erkennende Gericht im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde bei, dass sich der BF bislang als nicht vertrauenswürdig erwiesen hat.

Die Feststellung, dass der BF nicht die Absicht hatte, in Österreich zu bleiben und hier einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, sondern nach Italien zu dort lebenden Freunden weiterzureisen, beruht auf den diesbezüglichen Angaben des BF in der Befragung am XXXX10.2019 und in der Einvernahme am 28.10.2019. Den gegenteiligen Ausführungen des BF in der mündlichen Verhandlung, wonach er gar nicht nach Italien fahren wollte und auch nicht gewusst hätte, wohin der Zug, in den er in Wien eingestiegen war, fahren würde, und dass er auch nie nachgefragt habe, wohin dieser Zug fahren würde und wo er aussteigen sollte, kamen keinerlei Glaubwürdigkeit zu. So erschien es als völlig lebensfremd und unglaubhaft, dass der BF beim Besteigen des Nachtzuges in Wien gar keine Ahnung gehabt hätte, wohin dieser Zug fahren würde bzw. wo der BF überhaupt aussteigen hätte sollen. In einer Gesamtbetrachtung aller Umstände, insbesondere aufgrund des Verhaltens des BF und seiner früheren, anderslautenden Angaben in der polizeilichen Befragung und Einvernahme, war unzweifelhaft davon auszugehen, dass der BF zum Zeitpunkt seiner Festnahme sehr wohl die Absicht hatte, mit diesem Nachzug von Wien in das beabsichtigte Reiseziel Italien zu gelangen. Der weiteren Behauptung des BF in der Verhandlung, dass er ohnehin immer in Österreich bleiben hätte wollen, war vor dem Hintergrund der dargelegten Erwägungen ebenso kein Glauben zu schenken.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in Österreich über keinerlei familiäre oder nennenswerte private Bindungen verfügt und daher eine maßgebliche soziale Verankerung in Österreich jedenfalls nicht anzunehmen war.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Beschwerdegegenstand und Prüfungsumfang:

Mit der gegenständlichen Beschwerde wurde ausdrücklich nur die Anhaltung des BF in Schubhaft seit XXXX10.2019, 11:20 Uhr, somit ab dem Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, angefochten. Der Bescheid des BFA vom XXXX10.2019, mit dem die Schubhaft angeordnet wurde, und die ab der rechtswirksamen Erlassung des Bescheides um 11:10 Uhr angeordnete Anhaltung in Schubhaft (somit der Zeitraum von 11:10 bis 11:20 Uhr) wurden nicht angefochten.

Gemäß § 27 iVm. § 9 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 in der geltenden Fassung, beschränkte sich somit der Prüfungsumfang auf die Überprüfung der Anhaltung der Schubhaft ab XXXX10.2019, 11:20 Uhr.

3.2. Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A.I.):

Auf Grund des in der mündlichen Verhandlung festgestellten Sachverhaltes hat sich die seit XXXX10.2019, 11:20 Uhr, andauernde Anhaltung in Schubhaft als rechtmäßig erwiesen:

Die belangte Behörde hat die Anordnung der Schubhaft gegen den unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen BF und die anschließende Anhaltung in Schubhaft ab XXXX10.2019, 11:10 Uhr, zunächst auf § 76 Abs. 2 Z 2 (iVm. Abs. 3) FPG gestützt. Die belangte Behörde ging dabei auf Grund der von ihr festgestellten Umstände vom Vorliegen eines Sicherungsbedarfs wegen Fluchtgefahr aus. Der BF war ohne Reisedokumente und ohne die für die Einreise und den Aufenthalt erforderlichen Berechtigungen beim Versuch, mit einem Nachtzug unrechtmäßig von Österreich nach Italien zu reisen, von der österreichischen Bundespolizei kontrolliert und schließlich wegen unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet festgenommen worden. Der BF verfügte weder über ausreichende Existenzmittel, wie etwa Bargeld, noch über einen festen Wohnsitz in Österreich. Anhaltspunkte für eine allenfalls anzunehmende soziale Verankerung in Österreich lagen ebenso wenig vor.

Der BF stellte nach Anordnung der Schubhaft am XXXX10.2019, 11:10 Uhr, und während aufrechter Anhaltung noch am selben Tag um 11:20 Uhr einen Antrag auf internationalen Schutz.

Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft gemäß § 76 Abs. 6 FPG wurde von der belangten Behörde mit Aktenvermerk vom XXXX10.2019 unter Angabe der näheren Gründe festgehalten und dem BF am selben Tag um 12:00 Uhr mit der erforderlichen Übersetzung nachweislich zur Kenntnis gebracht.

Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß (§ 76 Abs. 6 FPG).

Die belangte Behörde ist bei der ihrer Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft nach Stellung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 76 Abs. 6 FPG im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass berechtigte Gründe zur Annahme bestanden, dass der BF den Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich zur Verzögerung bzw. Vereitelung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme (Erlassung einer Rückkehrentscheidung und Abschiebung nach Afghanistan) stellte (zu § 76 Abs. 6 FPG, insbesondere zur Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Schubhaft, siehe VwGH 19.09.2019, Ra 2019/21/0204; 19.09.2019, Ra 2019/21/0234; weiters 24.10.2019, Ra 2019/21/0198).

Für das erkennende Gericht hat sich in der mündlichen Verhandlung unzweifelhaft ergeben, dass der BF nach Erlassung des Schubhaftbescheides und während aufrechter Anhaltung den Antrag auf internationalen Schutz ausschließlich zum Zweck der Vereitelung bzw. jedenfalls zur Verzögerung einer ihm drohenden Abschiebung nach Afghanistan stellte. So ist festzuhalten, dass der BF eigenen glaubhaften Angaben zufolge bereits in der Türkei einen letztlich erfolglos gebliebenen Asylantrag stellte, weshalb davon ausgegangen werden konnte, dass der BF bereits mit der rechtlichen Möglichkeit der Stellung von Asylanträgen vertraut war. Dennoch stellte der BF in keinem der zahlreichen europäischen Staaten, in die er gereist war, einen Asylantrag, obwohl kein Grund ersichtlich ist, weshalb er dies nicht tun hätte können, wenn er wirklich eine begründete Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat gehabt hätte. Letztlich ist dem BF auch vorzuhalten, dass er sich bereits vor seiner beabsichtigen Reise nach Italien in Österreich aufhielt, aber auch hier wiederum keinen Asylantrag (Antrag auf internationalen Schutz) stellte. Vielmehr hatte der BF bis zum Zeitpunkt seiner Festnahme ganz offensichtlich nicht die Absicht, in Österreich zu bleiben, sondern nach Italien weiterzureisen. Die Behauptung des BF in der Verhandlung, wonach er keine Ahnung gehabt hätte, wohin er mit diesem Zug reisen würde bzw. wo er überhaupt aussteigen müsse, war nicht glaubhaft, zumal der BF in der Einvernahme vor der belangten Behörde ausdrücklich gesagt hatte, dass er zu Freunden nach Italien reisen wolle. Es erscheint auch nicht glaubhaft, dass der BF vor Antritt der Zugfahrt gar nicht gewusst hätte, wohin der Zug fahren würde.

Erst nachdem der BF beim Versuch, illegal mit dem Zug nach Italien zu reisen, von der österreichischen Bundespolizei kontrolliert und wegen unrechtmäßigen Aufenthalts festgenommen und gegen ihn sodann von der belangten Behörde die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet worden war, stellte der BF, als er sich rechtlich bereits im Stande der Schubhaft befand, einen Antrag auf internationalen Schutz. Dem BF war vonseiten der belangten Behörde im Zuge des Verfahrens zur Anordnung der Schubhaft mitgeteilt worden, dass letztlich beabsichtigt sei, eine Rückkehrentscheidung zu erlassen und ihn sodann in seinen Herkunftsstaat Afghanistan abzuschieben, sofern er nicht bereit sei, freiwillig zurückzukehren. In diesem Zusammenhang erwies sich auch die erstmalige Behauptung des BF in der Verhandlung als unglaubhaft, wonach er von Anfang an die Absicht gehabt hätte, hier in Österreich zu bleiben und hier einen Asylantrag zu stellen.

Letztlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass sich dieser Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der vom BF vorgebrachten Verfolgungsgründe inhaltlich zur Gänze als unbegründet erwiesen hat. Die vom BF gegen den abweisenden Bescheid des BFA vom 09.11.2019 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 02.12.2019, W192 2225788-1/2E, rechtskräftig als unbegründet abgewiesen.

Aus den dargelegten Gründen konnte die belangte Behörde daher zu Recht davon ausgehen, dass die Motivation des BF für die Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz ausschließlich darin gelegen war, damit eine drohende Aufenthaltsbeendigung bzw. Abschiebung in seinen Herkunftsstaat zu verhindern oder jedenfalls zu verzögern.

Die Aufrechterhaltung der Anhaltung in Schubhaft des BF auch nach Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz am XXXX10.2019, 11:20 Uhr, erwies sich daher gemäß § 76 Abs. 6 FPG als rechtmäßig, weshalb die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.

3.3. Vorliegen der maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft (Spruchpunkt A.II.):

Den oben unter Punkt 3.2. dargelegten Erwägungen zum Vorliegen eines konkreten Sicherungsbedarfs und zur Verhältnismäßigkeit der Schubhaft kommt auch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung unverändert Geltung zu. Darüber hinaus war im gegenständlichen Fall bei der Beurteilung des konkreten Sicherungsbedarfs (infolge Fluchtgefahr) der weiter fortgeschrittene Stand des Verfahrens maßgeblich zu berücksichtigen:

Der vom BF gestellte Antrag auf internationalen Schutz wurde rechtskräftig abgewiesen. Im Hinblick auf die ihm mit Erkenntnis des BVwG vom 02.12.2019 eingeräumte Frist für die freiwillige Ausreise binnen 14 Tagen erklärte der BF am 03.12.2019 zunächst seine Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise nach Afghanistan, widerrief diese allerdings am 17.12.2019, nachdem im Zuge einer Vorführung vor die afghanische Botschaft sowohl seine Personalidentität bestätigt und ein Reisedokument für die Rückkehr nach Afghanistan ausgestellt worden waren.

Dem BF wurde am 11.12.2019 von der afghanischen Botschaft ein Reisedokument für die Rückkehr nach Afghanistan (ohne Ablaufdatum) ausgestellt.

Nach glaubhafter Auskunft des Behördenvertreters in der Verhandlung ist eine begleitete Abschiebung des BF im Rahmen einer Charter-Rückführung nach Afghanistan für Anfang Februar beabsichtigt. Eine tatsächlich mögliche und auch zeitnahe Rückführung des BF in den Herkunftsstaat ist daher aus derzeitiger Sicht jedenfalls nicht ausgeschlossen oder völlig unwahrscheinlich.

Die Annahme, wonach es sehr wahrscheinlich ist, dass im Fall der Beendigung der Schubhaft und Freilassung letztlich eine Rückführung des rückkehrunwilligen BF durch Untertauchen vereitelt oder erschwert werden könnte, erweist sich unter Berücksichtigung des bisherigen Gesamtverhaltens des BF, der mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einer fehlenden sozialen Verankerung in Österreich nach wie vor als begründet. Der BF hat wiederholt erklärt, zuletzt in der heutigen mündlichen Verhandlung, dass er nicht freiwillig nach Afghanistan zurückkehren wolle.

Ein - nunmehr verstärkter - Sicherungsbedarf zur Durchführung einer Rückführung in den Herkunftsstaat ist somit weiterhin gegeben. Ein gelinderes Mittel ist unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles, insbesondere des Vorliegens von Fluchtgefahr, zur Erreichung des Sicherungszwecks nicht geeignet.

Die Fortsetzung der Schubhaft wegen Fluchtgefahr erweist sich vor diesem Hintergrund und der zeitnah durchführbaren Abschiebung nach Abwägung aller betroffenen Interessen als verhältnismäßig.

Die in § 80 Abs. 2 Z 2 FPG grundsätzlich vorgesehene Höchstdauer der Anhaltung in Schubhaft im Ausmaß von sechs Monaten wurde zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht überschritten.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

3.4. Zu den Anträgen auf Ersatz der Aufwendungen (Spruchpunkte A.III. und A.IV.):

Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe sinngemäß, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

Den Ersatz von Aufwendungen im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG) regelt § 35 VwGVG, wonach die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Als Aufwendungen gelten die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat, die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren, sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand.

Die Höhe der in solchen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge ist in der VwG-Aufwandersatzverordnung (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013 idgF, geregelt (zur Zulässigkeit des Kostenzuspruchs siehe auch VwGH 11.05.2017, Ra 2016/21/0144).

Gemäß § 35 Abs. 7 VwGVG ist Aufwandersatz nur auf Antrag einer Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

Da die Beschwerde abgewiesen und das Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft ausgesprochen wurden, ist die belangte Behörde gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG obsiegende und die beschwerdeführende Partei unterlegene Partei.

Die belangte Behörde hat fristgerecht beantragt, dem Bund Kostenersatz im Umfang des Vorlage- und Schriftsatzaufwandes sowie des Verhandlungsaufwandes zuzusprechen.

Es war daher spruchgemäß der beschwerdeführenden Partei als unterlegener Partei der zu leistende Aufwandersatz (Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand) in der Gesamthöhe von 887,20 Euro aufzuerlegen.

Der in der Beschwerde gestellte Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Aufwendungen im beantragten Umfang war gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG abzuweisen, da sie (gänzlich) unterlegene Partei ist und ein Aufwandersatz somit nicht in Betracht kommt.

3.5. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der einschlägigen Erkenntnisse des VwGH jeweils vom 11.05.2017, Ro 2016/21/0021 und Ra 2016/21/0144, insbesondere zur geltenden Rechtslage des § 76 FPG (im Zusammenhalt mit unionsrechtlichen Bestimmungen) und der Zulässigkeit eines Kostenzuspruchs und eines "Kostenrisikos" nach § 35 VwGVG. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH teilweise zu früheren Rechtslagen ergangen ist, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Schlagworte

Fluchtgefahr, Interessenabwägung, öffentliche Interessen, Schubhaft,
Schubhaftbeschwerde, Sicherungsbedarf, Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G301.2227071.1.00

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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