TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/18 W235 2144451-1

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Veröffentlicht am 18.02.2020
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Entscheidungsdatum

18.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

W235 2144451-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Gambia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.12.2016, Zl. 1044343709-140129041, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29.01.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3 und 57 AsylG, § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 02.11.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen seiner Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 04.11.2014 gab der Beschwerdeführer zunächst an, dass er vor ca. sechs Monaten Gambia illegal verlassen habe und mit einem LKW in den Senegal gefahren sei, wo er ca. vier Monate gelebt habe. Dann sei er schlepperunterstützt über Marokko nach Spanien gebracht worden. Von Spanien aus sei er illegal mit einem Reisebus über ihm unbekannte Länder nach Österreich gelangt, wo er am XXXX 10.2014 angekommen sei.

Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer an, dass er als Tischler und Dachdecker als Vorarbeiter gearbeitet habe. Sein Chef und er hätten am Flughafen für den [damaligen] Präsidenten Yahya Jammeh gearbeitet, als der Beschwerdeführer nach XXXX versetzt worden sei, um beim Bau eines Fußballstadions zu helfen. Dort habe er die Information erhalten, dass sein Chef wegen Veruntreuung weggelaufen sei. Da der Beschwerdeführer der Vorarbeiter gewesen sei, habe die Polizei nach ihm gesucht. Er sei verhaftet und zwei Wochen lang eingesperrt worden. In der Haft sei er gefoltert worden, da die Polizei von ihm habe wissen wollen, wo sich sein Chef aufhalte. Sein Onkel habe die Freilassung aus der Haft erwirkt und der Beschwerdeführer sei geflohen. Bei einer Rückkehr nach Gambia befürchte er, dass er getötet werde.

1.3. Am 02.06.2016 wurde der Beschwerdeführer unter Beiziehung einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Mandingo vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er zunächst angab, dass er gesund sei. Er besuche einen Deutschkurs, habe die A1 Prüfung jedoch noch nicht gemacht. Erst in Österreich habe er damit begonnen, richtig lesen und schreiben zu lernen. In Gambia sei er zwar zur Schule gegangen, habe jedoch nicht richtig lesen und schreiben gelernt. Dort habe er eine Ausbildung zum Tischler gemacht. In Österreich habe er keine Dokumente; sein Reisepass, sein Personalausweis und seine Geburtsurkunde befänden sich in Gambia bei seiner Ehefrau. Er könne sich die Dokumente nicht schicken lassen, da er keinen Kontakt mehr zu seiner Frau habe. Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Gambia, Zugehöriger der Volksgruppe der Mandingo und Moslem. Er sei verheiratet und habe einen ca. dreieinhalbjährigen Sohn. In Gambia habe er in XXXX in der Nähe von XXXX gemeinsam mit seiner Frau, seinem Sohn, seiner Schwester und seinem Bruder gelebt. Er habe als Tischler gearbeitet. Wegen seiner Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit habe er keine Probleme im Herkunftsstaat gehabt. Er sei nicht vorbestraft und sei niemals politisch tätig gewesen.

Dezidiert zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er mit seinem "Boss" namens XXXX gearbeitet habe. Dieser habe zwei Aufträge gehabt und zwar einen am Flughafen in Banjul und einen beim Fußballstadion in XXXX . Der Chef habe am Flughafen, der Beschwerdeführer beim Stadion gearbeitet. Seine Schwester habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass die Polizei bei ihm zu Hause gewesen sei. Eine Stunde später habe man ihn verhaftet und ihm gesagt, dass sie seinen Boss auch verhaftet hätten, da er zu viel Geld vom Präsident gestohlen hätte. Man habe ihn auf ein Revier gebracht und befragt. Der Beschwerdeführer habe gesagt, dass er nichts wisse. Er sei drei Tage inhaftiert gewesen und sei gefoltert worden. Da sein Onkel, der beim Militär gewesen sei, eine Kaution bezahlt habe, habe man ihn freigelassen. Sein Onkel habe ihm gesagt, es werde zu einer Verhandlung kommen und die werde nicht gut für ihn ausgehen. Deshalb sei er sofort in den Senegal gegangen. Vom Senegal aus sei er nach Mauretanien, Marokko und letztlich nach Spanien gereist. Die Reise habe er mit Arbeiten für Einheimische finanziert. Der Onkel namens XXXX sei zwei Monate, nachdem der Beschwerdeführer Österreich erreicht habe, umgebracht worden. Von wem wisse man nicht genau. Er habe sein Kind in die Schule gebracht und sei in seinem Auto umgebracht worden. Man vermute, mit einer Giftspritze. Dies habe er von einer Bekannten, die in Frankreich lebe, erfahren.

Sein Chef habe eine nicht so große Firma gehabt, habe jedoch Aufträge von der Regierung bekommen. In XXXX seien sie zehn Leute gewesen; wie viele es am Flughafen gewesen seien, wisse der Beschwerdeführer nicht. Insgesamt seien vier Mitarbeiter verhaftet worden, aber die anderen drei hätten gewusst, was los sei. Der Beschwerdeführer glaube, dass sie auch weggelaufen seien. Da der Beschwerdeführer die rechte Hand von XXXX gewesen sei, habe man geglaubt, er wisse, was los sei. Die anderen drei Mitarbeiter seien nicht mit ihm zusammen inhaftiert gewesen, sondern seien geflüchtet, bevor die Polizei gekommen sei, da sie etwas gewusst hätten. Auf die Frage, wieso der Beschwerdeführer als rechte Hand des Chefs nichts gewusst habe, die anderen Mitarbeiter aber schon, gab er an, dass er in XXXX gearbeitet habe; die anderen jedoch zuvor in Banjul mit dem Chef gearbeitet hätten und erst danach nach XXXX gekommen seien. Man habe dem Beschwerdeführer vorgeworfen, dass ihn sein Boss zuletzt angerufen habe und er wissen müsse, wo dieser sei. Der Beschwerdeführer müsse von der Geschichte mit dem Geld wissen und sie hätten immer gesagt, dass das Geld, das von der Regierung gekommen sei, untereinander aufgeteilt worden sei. Was mit seinem Chef passiert sei, wisse der Beschwerdeführer nicht.

Da der Beschwerdeführer große Narben am linken Unter- und Oberarm zeigte, wurde er aufgefordert, diesbezüglich ärztliche Unterlagen vorzulegen.

Mit Schreiben vom 17.06.2016 legte der Beschwerdeführer eine undatierte Ambulanzkarte eines Krankenhauses, Abteilung für Unfallchirurgie, vor, dem zu entnehmen ist, dass die Wunde am Unterarm links von einem ca. vor einem Jahr ausgeführten Schlag gegen die Hand herrührt und Status nach Rissquetschwunde Handrücken, Unterarm und Ellbogengelenk links diagnostiziert wurde.

1.4. In der Folge richtet das Bundesamt eine Anfrage an die Staatendokumentation, ob herausgefunden werden könne, ob XXXX im großen Stil Aufträge in der Baubranche von der Regierung bekommen, später beim Präsident in Ungnade gefallen, verfolgt, gesucht und angeklagt worden sei.

In der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 02.11.2016 wird zunächst darauf verwiesen, dass diese an die Österreichische Botschaft Dakar und an das Honorarkonsulat in Banjul zur Recherche übermittelt worden sei. Den in der Folge zitierten Quellen sei zu entnehmen, dass der Fall eines XXXX nicht bekannt sei. Diesem wurden keine Großaufträge in der Baubranche gegeben und habe seine Existenz nicht nachgeprüft werden können. Des Weiteren habe man auch keine aktuellen Anklagen gegen XXXX finden können.

In seiner Stellungnahme im Rahmen eines Parteiengehörs zu diesem Rechercheergebnis vom 14.11.2016 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Nachfragen des Bundesamtes sich darauf bezogen hätten, dass es sich um einen großen Bauauftrag der gambischen Regierung gehandelt habe, der an XXXX vergeben worden sei. Allerdings würden in Gambia auch öffentliche Aufträge fast ausschließlich mündlich vergeben werden. Es gebe keinerlei Dokumentation. Die Firmen und ihre Arbeitskräfte würden für die jeweiligen Aufträge kurzfristig zusammengestellt werden. Im konkreten Fall des Beschwerdeführers habe es sich um keinen Großauftrag, sondern um Instandsetzungsarbeiten an einem Bürogebäude am Flughafen in Banjul gehandelt, an dem insgesamt fünf Arbeiter mitgearbeitet hätten. An dieser Baustelle sei auch sein Chef gewesen und habe die Arbeit beaufsichtigt. Der Beschwerdeführer sei mit zwei Arbeitern in einem Fußballstadion in XXXX eingeteilt gewesen und habe Schalungszimmerarbeiten für die Sitzgelegenheiten aus Beton durchzuführen gehabt. Bis es zu dem beschriebenen Vorfall gekommen sei, habe er dort ca. 20 Tage gearbeitet. Der Firmenchef habe sich beim Beschwerdeführer selbst mit dem Namen XXXX vorgestellt. Er habe nie ein Dokument gesehen, das diesen Namen hätte belegen können. Es könne sein, dass diese der Gebrauchsname und nicht der offizielle Name des Chefs sei oder auch, dass der Name falsch geschrieben worden sei. Viele Menschen wie der Beschwerdeführer würden in Gambia ohne ihr Wissen von korrupten Menschen, die eine "Baufirma" leiten würden für einen bestimmten Auftrag und zeitlich beschränkt eingestellt. Diese Firmen würden Aufträge zum Teil oder nur mangelhaft "erfüllen" und seien wie der Auftraggeber Profiteure. Ausgebootete "Mitbewerber" würden anzeigen und die korrupten Exekutivorgane dafür bezahlen, dagegen vorzugehen. Der Beschwerdeführer sei ein Opfer gewesen, da er an der Baustelle in XXXX der Vorarbeiter gewesen sei und nach Ansicht der einschreitenden Polizisten hätte wissen müssen, wer der Firmenchef und die Auftraggeber wären.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Gambia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 12 AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihm unter Spruchpunkt III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt und gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen sowie gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung nach Gambia gemäß § 46 FPG zulässig ist. Letztlich wurde unter Spruchpunkt IV. ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

In seiner Begründung stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger von Gambia und Moslem sei. Er sei psychisch und physisch gesund. In seinem Herkunftsstaat sei er nicht politisch tätig gewesen und sei auch nicht aufgrund von politischen Ansichten verfolgt worden. Er habe keine asylrelevanten Probleme wegen seiner Religion, Volksgruppe oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe gehabt. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 11 bis 23 des angefochtenen Bescheides unter Anführung von Quellen Länderfeststellungen zur Lage in Gambia. Die Möglichkeit, dass der Beschwerdeführer nach Rückkehr nach Gambia aus asylrechtlich relevanten Gründen verfolgt werde, könne ausgeschlossen werden. Mit der Abwahl von Präsident Jammeh würden auch die unter Punkt "Behandlung nach Rückkehr" der Länderfeststellungen genannten Bedenken wegfallen.

Der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Gesundheitszustandes angegeben habe, gesund zu sein. Betreffend die vorgebrachten Narben habe er eine undatierte Ambulanzkarte für Unfallchirurgie eines Krankenhauses vorgelegt, aus welcher hervorgehe, dass er einmal Rissquetschwunden an Handrücken, Unterarm und Ellenbogen erlitten habe. Nach Wiederholung des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers verwies das Bundesamt darauf, dass sich das vorgebrachte Verfolgungsszenario aufgrund eines Korruptions- bzw. Kriminalfalls ergeben habe. Im Zuge von Recherchen im Heimatland sei hervorgekommen, dass weder der vorgebrachte Fall noch die genannte Person bekannt seien. Mit näherer Begründung wurde unter Einbeziehung der Angaben aus der schriftlichen Stellungnahme des Beschwerdeführers ausgeführt, dass das Vorbringen widersprüchlich und nicht nachvollziehbar sei. Wenn es sich nur um kleinere Instandsetzungsarbeiten gehandelt haben, fehle jegliches Motiv für eine Verfolgung, die von staatlicher Seite ausgehe. Die Feststellungen zu Gambia würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Darüber hinaus sei angemerkt, dass sich seit der Ausreise des Beschwerdeführers die Umstände in Gambia durch Abwahl von Präsident Jammeh grundsätzlich geändert hätten und es auszuschließen sei, dass der vom Beschwerdeführer geschilderte Fall von Seiten der Behörden in einem ihn gefährdenden Sinn wieder aufgegriffen werde.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass aufgrund der unterschiedlich vorgebrachten Versionen der Fluchtgeschichte des Beschwerdeführers seinem Vorbringen keine Glaubhaftigkeit zugebilligt werden könne. Zu Spruchpunkt II. wurde zusammengefasst ausgeführt, dass bei der derzeitigen allgemeinen Lage in Gambia ausgeschlossen werden könne, dass es zu massiven Verfolgungshandlungen gegen die Person des Beschwerdeführers kommen würde, die sich unter die in Art. 3 EMRK genannten Sachverhalte subsumieren ließen. Daher gelange die Behörde zu der Ansicht, dass eine Rückkehrentscheidung nach Gambia zulässig sei. Zu Spruchpunkt III. führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" im Fall des Beschwerdeführers nicht zutreffen würden. Ferner habe er keine Familien- oder nahe Angehörige in Österreich. Daher stelle eine Ausweisung keinen Eingriff in sein Familienleben gemäß Art. 8 EMRK dar. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens trete in seinem Fall hinter das öffentliche Interesse auf ein geordnetes Fremdenwesen zurück. Sein Grad der Integration sei nicht so hoch zu bewerten, dass sich alleine daraus ein Aufenthaltstitel ableiten ließe. Gegen ihn werde mit diesem Bescheid eine Rückkehrentscheidung erlassen. Letztlich wurde unter Spruchpunkt IV. die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft im Fall der Einbringung einer Beschwerde mit Zustellung eines abweisenden Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes festgesetzt.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2016 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 27.12.2016 im Wege seiner nunmehr bevollmächtigten Vertretung fristgerecht Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer zurzeit keine Dokument aus Gambia beibringen könne, die seine Identität bestätigen würden, da er keine Kontaktperson in Gambia habe. Seine einzige Verbindung sei sein Onkel gewesen, der mittlerweile verstorben sei. Er könne nicht in seine Heimat zurückkehren, da er dort aufgrund der beschriebenen Vorkommnisse mit seinem gewaltsamen Tod rechnen müsse.

4.1. Am 20.03.2017 langten schlecht leserliche Kopien des Personalausweis und der Geburtsurkunde des Beschwerdeführers beim Bundesverwaltungsgericht ein. Hierzu wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer über einen gambischen Staatsbürger, der in Wien lebe, wieder Kontakt zu seiner Familie habe und ihm durch seine Ehefrau die Dokumente zugesandt worden seien.

4.2. Ferner legte der Beschwerdeführer einen Bescheid des AMS XXXX vom XXXX 12.2019 vor, demzufolge ihm eine Beschäftigungsbewilligung für die Tätigkeit als Abräumer/Abwäscher zwischen XXXX 12.2019 bis XXXX 04.2020 für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche und einem monatlichen Entgelt in der Höhe von € 1.900,00 brutto erteilt worden war.

5. Am 29.01.2020 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Mandingo statt, an der der Beschwerdeführer in Begleitung einer Vertrauensperson und seine bevollmächtigte Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich mit E-Mail vom 27.01.2020 für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation in Gambia zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Er befinde sich nicht in medizinischer Behandlung und nehme auch keine Medikamente. Die Niederschriften der Erstbefragung und vor dem Bundesamt seien ihm rückübersetzt worden und er habe die Wahrheit gesagt. Die Dolmetscher in der Erstbefragung und in der Einvernahme habe er gut verstanden. Der Beschwerdeführer habe einen Freund, der in Wien lebe. Der sei in Gambia gewesen und habe auf Ersuchen des Beschwerdeführers die Kopien von Ausweis und Geburtsurkunde mitgebracht. Sein Reisepass sei bei seinem Onkel, der nicht "dort" gewesen sei, als sein Freund in Gambia gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei verheiratet gewesen, nun sei er geschieden und habe einen Sohn, der fünf Jahre und fünf Monate alt sei. Seine Eltern seien verstorben und er habe noch einen jüngeren Bruder in Gambia. Nach der Scheidung sei seine Frau zu ihrer Familie zurückgegangen. Sein Sohn lebe bei seinem Onkel väterlicherseits. Sein Onkel heiße XXXX . Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger von Gambia, gehöre der Volksgruppe der Mandingo an und sei Moslem. Probleme wegen seiner Religion oder wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in seinem Herkunftsstaat nicht gehabt. Er spreche Mandingo, Englisch und Wolof; könne jedoch in allen drei Sprachen nicht schreiben.

Zu seinen Wohnorten, zu seinen Familienangehörigen und zu seinem Leben in Gambia gab der Beschwerdeführer an, dass seine Schwester und sein Bruder in Gambia leben würden, zu denen er jedoch keinen Kontakt habe. Sein Onkel sei gestorben und lebe sein Sohn bei der Frau seines Onkels. Die letzte Wohnadresse des Beschwerdeführers sei in XXXX gewesen. Seine letzte Adresse sei in XXXX gewesen, aber er stamme aus XXXX . In XXXX habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinem Cousin in einem Haushalt gelebt. Wie lange er jeweils in XXXX und in XXXX gelebt habe, könne er nicht sagen. Ungefähr sei er drei Jahre lang in XXXX gewesen. In XXXX habe er mit seinem Vater, seiner Mutter, seinem Bruder, seiner Schwester und seiner Frau im gemeinsamen Haushalt gelebt. Er habe geheiratet als er 18 Jahre alt gewesen sei und sich vor zwei Jahren scheiden lassen. Seine Eltern seien vor ca. zehn bis 15 Jahren verstorben. Von seinen anderen Verwandten - Bruder, Schwester, Cousin, Sohn - habe er seit vier Jahren nichts gehört. Bevor sein Onkel gestorben sei, habe er noch mit ihnen gesprochen, aber danach nicht mehr, weil seine Tante das Telefon nicht mehr abnehme. Auf Vorhalt, er sage, dass er seit vier Jahren keinen Kontakt mehr habe, sich jedoch vor zwei Jahren habe scheiden lassen, gab der Beschwerdeführer an, das sei nicht seine Frau, sondern die Schwester, der Bruder und die Frau des Onkels. In Gambia habe er die Volksschule bis zur dritten Klasse gemacht. Er sei ein Tischler, der nur händisch ohne Maschinen arbeite. Das heiße "local carpenter". Das habe er bei einem Tischler, der Lehrlinge ausbilde, die nur händisch arbeiten würden, gelernt. Als "local Tischler" habe er auch sein Geld verdient. Viel habe er zwar nicht verdient, habe aber damit leben können.

Zu seiner Integration in Österreich gab der Beschwerdeführer an, dass er in Österreich keine Verwandten, sondern nur gute Freunde habe. Er könne ein bisschen Deutsch und habe "den A1". Er arbeite bei der XXXX ; dort verdiene er auch Geld und lege seinen Gehaltszettel für Dezember 2019 (vgl. Beilage ./1) vor. Vor Dezember 2019 habe der Beschwerdeführer Geld von der Caritas bekommen und für ältere Menschen Gartenarbeiten erledigt. Dafür sei er auch bezahlt worden. Ausbildungen habe er in Österreich nicht absolviert. Manchmal gehe er zur Gemeinde und arbeite mit Elektrikern oder Tischlern für zwei bis drei Stunden, damit er etwas lerne. In einem Verein sei er nicht, aber er helfe älteren Menschen. Die heute anwesende Vertrauensperson sei ein Freund von ihm. Der Beschwerdeführer wolle in Österreich bleiben, damit er weiter arbeiten könne. Sein Leben gefalle ihm hier und die Arbeit, die er mache, gefalle ihm auch.

Zu seinen Reisebewegungen befragt, gab der Beschwerdeführer zunächst an, er habe seinen Herkunftsstaat im Jahr 2014 verlassen. Von Gambia sei er in den Senegal gefahren und von dort aus - wie lange er im Senegal geblieben sei, wisse er nicht - sei er nach Mauretanien gelangt und dort "ein bisschen" geblieben. Dann sei er mit dem Auto nach Marokko gefahren und habe dort drei Monate gearbeitet. Von Casablanca aus sei er nach Barcelona geflogen und habe von dort aus den Bus nach Wien genommen.

Zu den Fluchtgründen brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst vor, sein Chef namens XXXX habe einen Auftrag vom [damaligen] Präsidenten Gambias, Yahya Jammeh, bekommen. Das sei ein Auftrag für die Renovierung des Fußballstadions für die Ortschaft XXXX gewesen. Als sein "Boss" das Geld für den Auftrag erhalten habe, sei er mit dem Geld weggelaufen. Er sei aus Gambia weggelaufen und niemand wisse, wo er sei. Der Beschwerdeführer sei seine rechte Hand gewesen und habe alles mit ihm zusammen gemacht. Die Polizei sei zu ihm gekommen, weil alle gesagt hätten, sie sollten ihn fragen. Die Polizei habe ihn mitgenommen, nach seinem Chef gefragt und ihn geschlagen. Sie hätten gesagt, der Beschwerdeführer wisse, wo sein Chef sei. Er habe auf der linken Hand Narben. Der Beschwerdeführer habe aber nicht gewusst, wo sein Chef sei. Danach hätten sie ihn fast zwei Wochen "dort" festgehalten. Bevor sein Onkel verstorben sei, habe er eine Kaution für den Beschwerdeführer hinterlegt und dafür sein Haus als Sicherheit genommen. Daraufhin sei der Beschwerdeführer freigelassen worden. Dann habe er eine andere Arbeit gefunden und als er in der Arbeit gewesen sei, habe ihn seine Schwester angerufen und gesagt, die Polizei sei bei ihnen zu Hause gewesen. Daraufhin sei er weggelaufen, weil er nicht wieder ins Gefängnis gewollt habe.

Abgesehen vom Beschwerdeführer hätten ca. 15 Leute bei dem Fußballstadion gearbeitet; darunter auch sein Chef. Wann er festgenommen worden sei, könne der Beschwerdeführer nicht sagen. Auf die Frage, ob auch andere Mitarbeiter festgenommen worden seien, gab der Beschwerdeführer an, er wisse es nur von sich selbst. Er wisse, sie hätten die anderen auch festgenommen, aber wie und was, wisse er nicht. Genaueres wisse er nur über seine Festnahme. Auf Vorhalt der Anfragebeantwortung des Bundesamtes gab der Beschwerdeführer an, er wisse nicht, wie sie das angestellt hätten. Aber es sei das passiert, was er erzählt habe. Es sei ein Großauftrag mit viel Geld dahinter gewesen. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt gesagt, dass sein Onkel getötet worden sei und eingangs in der Verhandlung davon gesprochen, dass sein Sohn beim Onkel lebe und nunmehr - nach einer Besprechung mit der Vertreterin - wieder gesagt, dass der Onkel getötet worden sei, gab der Beschwerdeführer an, er habe das gesagt, weil er geglaubt habe, man werde ihn verstehen. Die Frau seines Onkels sei im Haus seines Onkels und sein Sohn sei dort zu Hause. Deswegen habe er gesagt, dass sein Kind bei seinem Onkel sei. Als er schon in Österreich gewesen sei, habe der Beschwerdeführer mit seiner Schwester telefoniert, die ihm gesagt habe, der Onkel sei von der Polizei mitgenommen und geschlagen worden. Seine Schwester glaube, dass er deswegen gestorben sei. Dann hätten sie ihn freigelassen, er habe arbeiten gehen wollen und sei im Auto gestorben. Wann das gewesen sei, könne er nicht einmal ungefähr sagen. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt gesagt, er sei drei Tage inhaftiert gewesen und sage nun, es seien zwei Wochen gewesen, gab der Beschwerdeführer an, das stimme. Er habe Probleme mit dem Reden und vergesse viel. Auf weiteren Vorhalt, er habe in der Verhandlung gesagt, dass er gemeinsam mit seinem Chef gearbeitet habe; vor dem Bundesamt habe er jedoch angegeben, sein Chef habe am Flughafen und er beim Stadion gearbeitet, brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Chef gehe und komme. Er arbeite am Flughafen und komme auch zum Stadion. Er habe ein Auto und fahre hin und her. Wie lange er für diesen Chef gearbeitet habe bis es zu dem Vorfall gekommen sei, wisse der Beschwerdeführer nicht. Es sei lange her gewesen. Auf die Frage, wann der Vorfall gewesen sei, bei dem er festgenommen worden sei, gab der Beschwerdeführer wörtlich an: "Ende 2013 bis 2014 haben die Probleme begonnen." Auf weiteren Vorhalt, vor dem Bundesamt habe er angegeben, er sei gleich nach seiner Freilassung in den Senegal gefahren und bringe heute vor, dass er zwischendurch eine andere Arbeit gefunden habe, gab der Beschwerdeführer an, als "sie" ihn freigelassen hätten, habe er gearbeitet und sei nicht gleich in den Senegal. Er habe drei bis vier Tage gearbeitet, bevor er weggegangen sei. Das stimme nicht, was geschrieben worden sei. Der Beschwerdeführer könne wegen der Probleme nicht nach Gambia zurück. Er glaube, wenn er zurückkehre, dass "sie" ihn noch einmal verhaften würden. Auf Vorhalt, dass es seit 2017 einen neuen Präsidenten in Gambia gebe, brachte der Beschwerdeführer vor, er glaube, dass der neue Präsident den Fall auch aufrollen werde. Die Polizisten, die ihn gefoltert hätten, könne er nicht anzeigen. Er kenne ihre Namen nicht.

Zu den mit der Ladung vorab ausgefolgten Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zu Gambia gab die Vertreterin des Beschwerdeführers zusammengefasst an, dass der Beschwerdeführer Opfer von Folter durch die gambische Polizei geworden sei. Dieses Vorbringen decke sich mit dem Länderinformationsblatt. Aus diesem gehe hervor, dass Folter allgemein verbreitet sei und routinemäßig insbesondere durch die National Intelligence Agency unmittelbar nach der Inhaftierung angewendet werde. Gambia verfüge nicht über wirksame Beschwerdeverfahren für die Untersuchung von Folter. Zum Vorhalt, es sei nicht möglich gewesen, gegen den ehemaligen Arbeitgeber des Beschwerdeführers ein anhängiges Gerichtsverfahren ausfindig zu machen, werde ausgeführt, dass die Gerichte nicht unabhängig seien, sondern korrupt und ineffizient. Richtern komme auch keine Unabhängigkeit zu und liege in Bezug auf das Justizwesen in Gambia durchaus ein rechtsfreier Raum vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

1.1.1. Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Gambia, Zugehöriger der Volksgruppe der Mandingo und moslemischen Glaubens. Er stammt aus XXXX , wo er geboren und in seinem Elternhaus aufgewachsen ist. Der Beschwerdeführer ist geschieden und Vater eines ca. fünfeinhalbjährigen Sohnes. Im Laufe des Jahres 2014 reiste der Beschwerdeführer von Gambia aus in den Senegal, von dort aus nach Mauretanien und schließlich nach Marokko, wo er jeweils einige Wochen verbrachte. Von Casablanca aus flog er nach Barcelona und gelangte von dort aus mit einem Bus nach Wien, wo er nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 02.11.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Beschwerdeführers zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Gambia. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Beschwerdeführer einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten des gambischen Staates ausgesetzt ist, weil sein Chef Regierungsgelder, die für einen Bauauftrag vorgesehen waren, veruntreut hat und der Beschwerdeführer von der gambischen Polizei festgenommen, inhaftiert und misshandelt wurde, da diese vom Beschwerdeführer den Aufenthaltsort seines flüchtigen Chefs wissen wollten. Der Beschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr nach Gambia aus Gründen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Mandingo und/oder aus Gründen seines moslemischen Glaubens einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Gambia aus sonstigen, in seiner Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen und zwar weder aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers noch aus amtswegiger Wahrnehmung.

1.1.3. Der Beschwerdeführer ist gesund. Er befindet sich weder in medizinischer Behandlung noch nimmt er Medikamente.

Neben seinem minderjährigen Sohn und seiner Ex-Frau leben in Gambia jedenfalls noch der Bruder, die Schwester und ein Cousin des Beschwerdeführers, sodass festgestellt wird, dass familiäre bzw. soziale Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Gambia bestehen. Ob der Beschwerdeführer zu seinen Angehörigen aktuell Kontakt hat, kann nicht festgestellt werden. Festgestellt wird, dass es dem Beschwerdeführer zumutbar ist, wieder Kontakt zu seinem Bruder, seiner Schwester und seinem Cousin aufzunehmen. Ferner verfügt er über eine gesicherte Existenzgrundlage. Der Beschwerdeführer hat in Gambia die Volksschule bis zur dritten Klasse besucht und danach eine Ausbildung zum Tischler, der händisch ohne Maschinen arbeitet, gemacht. Der Beschwerdeführer war dann auch als sogenannter "local carpenter" beruflich tätig, wodurch er seinen Lebensunterhalt verdiente. Er spricht Mandingo auf Mutterspracheniveau und zusätzlich Englisch und Wolof.

Festgestellt wird sohin, dass der Beschwerdeführer über eine rudimentäre Schulbildung, eine Ausbildung sowie über Berufserfahrung als "händisch ohne Maschinen arbeitender" Tischler (= "local carpenter") verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass er im Fall seiner Rückkehr nach Gambia sein (bestehendes) familiäres bzw. soziales Netz wieder aufbauen kann und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerde-führers nach Gambia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich nicht über familiäre oder verwandtschaftliche Anknüpfungspunkte und lebt auch mit niemanden in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Seit XXXX12.2019 ist er bei der XXXX beschäftigt und verfügt diesbezüglich über eine Beschäftigungsbewilligung des AMS XXXX mit einer Gültigkeit von XXXX 12.2019 bis XXXX 04.2020 für eine Ganztagsbeschäftigung im Ausmaß von 40 Stunden pro Woche, wodurch er monatlich € 1.900,00 brutto verdient. Daher ist der Beschwerdeführer zwar aktuell selbsterhaltungsfähig, lebte jedoch seit Antragstellung bis 31.12.2019 von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Darüber hinaus erhielt er fallweise geringfügige Zuwendungen von Bekannten für Gelegenheitsarbeiten. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er lebt seit Antragstellung am 02.11.2014 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer ist kaum in der Lage, eine Unterhaltung in einfachen Worten in deutscher Sprache zu führen. Dass er Deutschkurse gemacht bzw. absolviert hat, kann nicht festgestellt werden. Auch sonstige Ausbildungen bzw. Kurse hat er in Österreich nicht gemacht. Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über einen Bekanntenkreis und nimmt hier auch am am sozialen Leben teil. In einer Gesamtbetrachtung kann jedoch nicht festgestellt werden, dass eine ausgeprägte und verfestigte Integration des Beschwerdeführers in Österreich vorliegt.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Gambia gemäß § 46 FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage in Gambia:

1.2.1. Politische Lage:

Gambia ist eine Präsidialrepublik. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist seit 2017 Präsident Adama Barrow von der United Democratic Party - UDP (AA 18.9.2018). Präsident Barrow war Anfang 2017 in sein Amt eingeführt worden, nachdem er die Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2016 gegen den langjährigen Gewaltherrscher Yahya Jammeh gewonnen hatte (AA 3.8.2018).

Seit den Präsidentschaftswahlen vom 1.12.2016, die als weitgehend frei und fair bezeichnet werden (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018; FH 1.2018), befindet sich das Land in einem tief greifenden und anhaltenden demokratischen Transformations- und Demokratisierungsprozess. Der seit 22 Jahren autoritär regierende Präsident, Yaya Jammeh, wurde abgewählt und durch Adama Barrow ersetzt.

Seither befinden sich im Auftrag der CEDEAO/ECOWAS und auf Bitten der neuen Regierung Militärtruppen in Gambia (KAS 16.5.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018), um die Sicherheit des Transformationsprozesses und der aktuellen Regierung zu gewährleisten (KAS 16.5.2018). Die internationale Gemeinschaft hat der Barrow - Regierung erhebliche finanzielle Unterstützung gewährt, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung vergangener Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018).

Barrow spricht von einem "neuen Gambia" - öffnet seither das Land nach außen und reformiert es nach innen (KAS 16.5.2018; vgl. HRW 18.1.2018). Direkt nach seiner Amtsübernahme erklärte Barrow sein Land zur Republik und ließ den Zusatz "Islamische Republik" streichen. Er stärkt die Freiheit der Bürger, indem Militär- und Polizei-Checkpoints im Land reduziert werden und der Stellenwert von Meinungs- und Pressefreiheit öffentlich beteuert wurde (KAS 16.5.2018). Am 13. 12.2017 wurde das Gesetz der Wahrheits-, Versöhnungs- und Reparationskommission (TRRC) von der Nationalversammlung verabschiedet und vom Präsidenten am 13.1.2018 bestätigt (LHG 2018). Darüber hinaus soll die Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) ihre Arbeit aufnehmen, um das in zwei Jahrzehnten Diktatur begangene Unrecht zu sammeln und aufzuarbeiten (AA 3.8.2018; vgl. KAS 16.5.2018; LHB 2018). In den meisten Fällen gab es keine wirksamen Ermittlungen und die Täter wurden nicht vor Gericht gestellt. Das TRRC-Gesetz sieht die Erstellung einer historischen Aufzeichnung über Art, Ursachen und Ausmaß der im Zeitraum Juli 1994 bis Januar 2017 begangenen Verstöße und Verletzungen der Menschenrechte und die Gewährung einer Entschädigung für die Opfer vor (LHG 2018).

Ein wichtiges Reformvorhaben der Regierung Barrow ist der am 6.2.2018 vorgestellte nationale Entwicklungsplan (The Gambia National Development Plan), der als Grundlage der Beratung der Geberkonferenz am 22.5.2018 in Brüssel gilt. Der Entwicklungsplan betont die Wichtigkeit von Demokratie, guter Regierungsführung, Menschenrechte, sowie Sicherheit und Wohlstand für alle (KAS 16.5.2018). Die innenpolitische Reformbereitschaft Barrows in Gambia wird auch durch das Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe deutlich, das am 18.2.2018 in Kraft trat. Vorerst wurden keine Hinrichtungen mehr vorgenommen, die Abschaffung der Todesstrafe soll noch folgen (KAS 16.5.2018).

In Gambia fanden am 12.4.2018 und am 12.5.2018 Lokal- und Kommunalwahlen statt. Die Wahlen verliefen friedlich ohne Zwischenfälle (KAS 16.5.2018; vgl. UNSC 29.6.2018). Als Bürgermeisterin in der Hauptstadt Banjul wurde mit Rohey Malick Lowe, erstmals eine Frau gewählt (KAS 16.5.2018). Die Vereinigte Demokratische Partei unter der Leitung von Außenminister Ousainou Darboe gewann die Mehrheit der Sitze, während die Alliance for Patriotic Reorientation and Construction of Ex-Präsident Yahya Jammeh weniger als 15 % der Sitze erlangte. In der Zwischenzeit hat die Regierung weitere Fortschritte gemacht bei der eine Reihe von Reformprozessen, unter anderem in den Bereichen Sicherheitssektor Reform und Übergangsjustiz, durchgeführt wurden (UNSC 29.6.2018).

Die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen Gambias ähneln einer Herkulesaufgabe und stehen unter Zeitdruck. Die Bevölkerung erwartet sichtbare Resultate in der Dezentralisierung des Landes, in der Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie in der Verbesserung ihrer persönlichen Lebenssituation. Dazu gehört auch ein Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum, die Reform des Sicherheitsapparates, die Aufarbeitung der Schreckenstaten während des Jammeh-Regimes und die sichtbare Entwicklung der Infrastruktur des Landes (KAS 16.5.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624#content_0, Zugriff 18.9.2018;

* AA - Auswärtiges Amt (3.8.2018): AA-Bericht Gambia,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442719/4598_1536326072_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-gambia-stand-juli-2018-03-08-2018.pdf, Zugriff 18.9.2018;

* FH - Freedom House (27.1.2016): Freedom in the World 2016 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/281635/411922_de.html, Zugriff 18.8.2016;

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html, Zugriff 18.9.2018;

* KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (16.5.2018): Ein Jahr Demokratie in Gambia,

http://www.kas.de/wf/doc/kas_52476-544-1-30.pdf?180516145500,

Zugriff 4.9.2018;

* LHB - Law Hub Gambia (2018): Truth, Reconciliation and Reparations Commission (TRRC) Act,

https://www.lawhubgambia.com/truth-reconciliation-reparations-commission/, Zugriff 27.9.2018;

* UNSC - UN Security Council (29.6.2018): Report of the Secretary-General on the activities of the United Nations Office for West Africa and the Sahel,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1438086/1226_1531382798_n1817627.pdf, Zugriff 6.9.2018 und

* USDOS - U.S. Department of State (13.4.2016): Country Report on Human Rights Practices 2015 - Gambia, The, http://www.ecoi.net/local_link/322484/461961_de.html, Zugriff 22.8.2016

1.2.2. Sicherheitslage:

Laut France Diplomatie wird im gesamten Staatsgebiet zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen (FD 18.9.2018; vgl. BMEIA 18.9.2018), vor allem in entlegenen Teilen entlang der südlichen Grenze zum Senegal (BMEIA 18.9.2018). Gambia blieb bisher von terroristischen Anschlägen verschont. Angesichts möglicher terroristischer Aktivitäten in der ganzen Region Westafrika können jedoch auch in Gambia Anschläge gegen westliche Einrichtungen oder Staatsangehörige nicht ausgeschlossen werden (AA 18.9.2018). Im Rest des Landes wird ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ausgerufen (BMEIA 18.9.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (18.9.2018): Reise & Sicherheit - Gambia - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/gambia-node/gambiasicherheit/213624#content_0, Zugriff 18.9.2018;

* BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (18.9.2018): Reise & Aufenthalt - Gambia - Sicherheit und Kriminalität,

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/gambia/, Zugriff 18.9.2018 und

* FD - France Diplomatie (18.9.2018): Conseils par pays, Gambie, Sécurité,

https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/gambie/, Zugriff 18.9.2018

1.2.3. Rechtsschutz / Justizwesen:

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor und die Regierung respektiert die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz (USDOS 20.4.2018). Die Verfassung garantiert allen Bürgern den Zugang zu einer unabhängigen Justiz und das Recht auf Verteidigung (EASO 12.2017).

Nach dem Regierungswechsel Anfang 2017 kündigte Barrow an, dass er Jammehs Entscheidung, Gambia den Internationalen Strafgerichtshof zu verlassen, rückgängig machen werde (EASO 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Er ernannte einen ehemaligen Sonderbeauftragten und Staatsanwalt des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda auf die höchste Position der gambischen Justiz. Barrow erklärte, dies seien Zeichen der Unabhängigkeit der Justiz und Schritte auf dem Weg zur institutionellen und rechtlichen Reform (EASO 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018).

Im ersten Amtsjahr hat die Regierung Barrows eine Justiz- und Verfassungsreform angestoßen (AA 3.8.2018). Auch Amnesty International forderte Ende April 2017 die Regierung auf, Reformen durchzuführen und mehr Mittel in folgenden Bereichen der Justiz bereitzustellen: die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz zu stärken; Organisationen wie die National Agency for Legal Aid (NALA), die Gambia Bar Association und die Female Lawyers Association Gambia zu unterstützen; sicherzustellen, dass Folter als Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen wird (EASO 12.2017).

Die Justiz wird durch Korruption und Ineffizienz behindert und die Exekutive dominiert die gerichtlichen Verfahren. Von Februar bis November 2017 ernannte Barrow neue Richter am Obersten Gerichtshof (FH 1.2018; vgl. EASO 12.2017; HRW 18.1.2018; USDOS 20.4.2018), ein Schritt, welchen die Gambia Bar Association lobte (FH 1.2018). Die Richter verpflichteten sich, das Justizsystem zu reformieren und seine Glaubwürdigkeit wiederherzustellen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

* EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018;

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428746.html, Zugriff 18.9.2018;

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html Zugriff 18.9.2018 und

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html, Zugriff 18.9.2018

1.2.4. Sicherheitsbehörden:

Die zivilen Behörden behalten eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Das Militärpersonal der ECOWAS bleibt auf Einladung des Präsidenten weiterhin im Land (USDOS 20.4.2018).

Die Gambia Armed Forces - GFA (Streitkräfte) ist für die externe Verteidigung zuständig und steht unter der Aufsicht des Oberbefehlshabers der Streitkräfte und Verteidigungsminister, eine Position, die der Präsident innehat (USDOS 20.4.2018; vgl. EASO 12.2017). Der Nationale Geheimdienst untersteht direkt dem Präsidenten (EASO 12.2017). Das Innenministerium ist für die Gambia Police Force (GPF) verantwortlich, die die innere Sicherheit gewährleistet (USDOS 20.4.2018; vgl. EASO 12.2017). Die Abteilung für Einwanderung fällt in die Zuständigkeit des Innenministeriums und ist für Migration und Grenzkontrolle zuständig. Straflosigkeit war unter dem Jammeh-Regime weit verbreitet. Ehemalige Beamte der NIA (Geheimdienst) stehen wegen Foltervorwürfen vor Gericht (USDOS 20.4.2018).

Im Februar 2017 wurde die National Intelligence Agency (NIA), die unter der früheren Regierung Folter und willkürliche Inhaftierung praktizierte, in State Intelligence Services (SIS) umbenannt und ihre Haftbefugnisse wurde aufgehoben (AI 22.2.2018; vgl. EASO 12.2017; USDOS 20.4.2018). Laut Menschenrechtsorganisationen unterhielt die NIA ihre eigenen Haftanstalten.

Menschenrechtsorganisationen und die Opposition warfen der NIA wiederholt Verbrechen wie übermäßige Gewaltanwendung, illegale Verhaftung, Folter und Tötung vor. Der neue Präsident Barrow ließ die Führungsspitzen der NIS verhaften und kündigte an, die Vorwürfe zu untersuchen (EASO 12.2017). Auch die Leiter von Polizei, Gefängnis und Militär wurden ausgetauscht (AI 22.2.2018). Selbst nach dem Regierungswechsel gibt es Berichte über die Anwendung von Gewalt durch die Polizei. Innerhalb des Innenministeriums wurde eine Stelle geschaffen, die Vorwürfe wegen Fehlverhaltens und Menschenrechtsverletzungen durch Polizeibeamte untersucht (EASO 12.2017).

Quellen:

* AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425363.html, Zugriff 18.9.2018;

* EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018 und

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html,

Zugriff 18.9.2018

1.2.5. Folter und unmenschliche Behandlung:

Die Verfassung und weitere Gesetze verbieten Folter und andere, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Es gibt aber Berichte, dass Sicherheitskräfte Personen in Gewahrsam foltern, schlagen und misshandeln (USDOS 20.4.2018). Seit Amtsübernahme der Regierung Barrow im Januar 2017 sind keine Berichte über Folter bekannt geworden (AA 3.8.2018). Bis dato hat Gambia noch nicht das optionale Protokoll der Anti-Folter Konvention ratifiziert (EASO 12.2017).

Quellen:

* EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018;

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html Zugriff 18.9.2018 und

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html,

Zugriff 18.9.2018

1.2.6. Korruption:

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Regierungsbeamte vor, und die Regierung setzt das Gesetz im Allgemeinen um, jedoch haben Beamte manchmal ungestraft korrupte Praktiken angewandt (USDOS 20.4.2018).

Die neue Regierung hat Initiativen zur Verringerung der Korruption ergriffen, die nach wie vor ein ernsthaftes Problem darstellt. Eine Untersuchungskommission prüft die Verwendung staatlicher Mittel durch den ehemaligen Präsidenten Jammeh für private Zwecke und friert sein Vermögen ein. Die Herausforderungen bleiben jedoch bestehen. Die Bevölkerung fordert nach wie vor Gesetze zur Einrichtung einer Anti-Korruptionskommission und zur Abgabe von Vermögenserklärungen durch Regierungsbeamte. Es gibt derzeit kein Gesetz zum Schutz von Informanten, und im Juni 2017 kam es bereits zur Verhaftung eines Beamten (FH 1.2018). Im August setzte die Regierung von Barrow eine Untersuchungskommission ein, um die finanziellen Transaktionen des ehemaligen Präsidenten Jammah zu untersuchen (USDOS 20.4.2018). Die Regierungsgeschäfte sind im Allgemeinen undurchsichtig, aber 2017 wurden Schritte zur Verbesserung der Transparenz unternommen, Regierungsbeamte sind nun verpflichtet, Vermögenserklärungen an den Bürgerbeauftragten abzugeben, aber die Erklärungen sind nicht öffentlich und medienwirksam; Barrow hat diese Zurückhaltung von Informationen verteidigt und auf Bedenken des Datenschutzes hingewiesen. Es gibt weit verbreitete Behauptungen über Korruption in öffentlichen Beschaffungsprozessen (FH 1.2018).

Im Jahr 2017 wurde Gambia im von Transparency International veröffentlichten Korruptionsindex auf Platz 130 von 180 Ländern platziert (TI 2018).

Quellen:

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428746.html, Zugriff 18.9.2018;

* TI - Transparacy International (2018): Gambia, Corruption Perception Index 2017, https://www.transparency.org/country/GMB, Zugriff 19.9.2018 und

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html, Zugriff 18.9.2018

1.2.7. Allgemeine Menschenrechtslage:

Der neue Präsident Adama Barrow machte deutlich, dass ein vorrangiges Ziel der neuen Regierung darin bestehen würde, die Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten (EASO 12.2017).Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehören: harte und potenziell lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen; mangelnde Verantwortlichkeit in Fällen von Gewalt gegen Frauen, einschließlich Vergewaltigung und FGM; Menschenhandel und Kinderarbeit (USDOS 20.4.2018).

Das Menschenrechtsklima in Gambia hat sich seit dem Amtsantritt von Präsident Barrow deutlich verbessert (HRW 18.1.2018). Die neue Regierung versprach, Gambia zur "Menschenrechtshauptstadt Afrikas" zu machen, ließ zahlreiche politische Gefangene frei und begann, die Justiz zu stärken und die Sicherheitsdienste zu reformieren. Die internationale Gemeinschaft leistete der Regierung Barrow erhebliche finanzielle Unterstützung, einschließlich der Unterstützung bei der Untersuchung früherer Menschenrechtsverletzungen und der Reform der Sicherheitskräfte und der Justiz (HRW 18.1.2018). Mitglieder des Jammeh-Regimes werden nicht systematisch verfolgt (EASO 12.2017).

Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit werden durch die Verfassung garantiert und seit Amtsübernahme der Regierung durch Barrow werden diese staatlicherseits respektiert und gewährleistet (AA 3.8.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018; USDOS 20.4.2018). Die neue Regierung unternahm mehrere bedeutende Anstrengungen, um ein günstigeres Umfeld für die Meinungsfreiheit zu schaffen. Die Verfassung und das Gesetz sehen die Meinungsfreiheit, auch für die Presse, vor, und die Regierung respektierte dieses Recht (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018; HRW 18.1.2018). Tageszeitungen veröffentlichten regierungskritische Artikel, ohne Angst vor Vergeltung. Radiosender strahlen regelmäßig Sendungen mit politischem und zivilen Diskursen aus (USDOS 20.4.2018; vgl. FH 1.2018). Radioprogramme, Nachrichten-Websites und Fernsehsender sind in Gambia online zugänglich. Internationale Sender wie die BBC, Voice of America und Nachrichten-Websites aus der Diaspora, die der Regierung Jammeh sehr kritisch gegenüberstanden, bleiben eine wichtige Informationsquelle (EASO 12.2017).

Die gesetzlichen Regelungen aus der Jammeh-Ära, welche die Pressefreiheit stark eingeschränkt haben, wurden im Mai 2018 vom Obersten Gerichthof weitestgehend für verfassungswidrig erklärt. Die Barrow-Regierung hat das Gesetz seit Amtsantritt nicht angewendet. Seit dem Regierungswechsel liegen auch keine Hinweise auf Einschränkungen der Medienfreiheit vor. Die Regierung sucht den Austausch mit Journalisten und der "Gambia Press Union". In Kooperation mit der Menschenrechts-NGO Article 19 erarbeitet die Regierung aktuell ein neues Mediengesetz (AA 3.8.2018). Allerdings hat die Regierung noch keine Gesetzesänderungen vorgenommen, die eine Genehmigung für öffentliche Kundgebungen erfordern, was eine Verletzung der Versammlungsfreiheit darstellt (HRW 18.1.2018). Die Regierung verpflichtete sich zur Reform mehrerer repressiver Mediengesetze. Eine Reihe von Journalisten kehrten in das Land zurück, nachdem sie wegen Schikanen oder drohender Inhaftierungen unter der früheren Regierung ins Exil geflohen waren (AI 22.2.2018).

Quellen:

* AA - Auswärtiges Amt (3.8.2018): AA-Bericht Gambia,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442719/4598_1536326072_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-gambia-stand-juli-2018-03-08-2018.pdf, Zugriff 18.9.2018;

* -EASO - European Asylum Support Office (12.2017): The Gambia - Country Focus,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1419801/90_1513324824_easo-201712-coi-report-gambia.pdf, Zugriff 18.9.2018;

* FH - Freedom House (1.2018): Freedom in the World 2018 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1428746.html, Zugriff 18.9.2018;

* HRW - Human Rights Watch (18.1.2018): World Report 2018 - Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422435.html, Zugriff 18.9.2018 und

* USDOS - US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - The Gambia, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430134.html, Zugriff 18.9.2018

1.2.8. Grundversorgung:

Gambia ist im internationalen Vergleich eines der ärmsten und am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Lediglich ein Drittel der Bevölkerung verfügt über eine garantierte Ernährungssicherheit. Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren zwischen 2014 und 2016 über 200.000 Gambier gezwungen, sich auf humanitäre Hilfe zu verlassen (EASO 12.2017). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist v.a. in ländlichen Gegenden nur beschränkt gewährleistet (EASO 12.2017). Das staatliche "Social Welfare Service" bietet für bedürftige Frauen und Kinder Unterbringung, Nahrung und Kleidung. Nach Angaben der Weltbank sind knapp 40 % der Kinder unter 5 Jahren akut unterernährt. Sozialhilferegelungen etc. bestehen nicht (AA 3.8.2018).

Gambia ist wirtschaftlich schwach. Etwa drei Viertel der Bevölkerung arbeiten in der Landwirtschaft. Familien bauen auch in kleinem Umfang Produkte für den Eigenbedarf an. Viele führen kleine Einzelhandelsgeschäfte (EASO 12.2017).

Die Wirtschaft des Landes ist aufgrund von Rückschlägen abgewürgt (KAS 16.5.2018). Zudem ist die Landwirtschaft anfällig für Überschwemmungen und Dürren (EASO 12.2017). Die schlechte landwirtschaftliche Ernte führte 2016/2017 zu Ausfällen (KAS 16.5.2018). Der Landwirtschaftssektor ist nicht vielfältig genug aufgestellt, 91 % der Landbevölkerung sind Kleinbauern, mehrheitlich durch Subsistenzwirtschaft geprägt. Das Land ist stark importabhängig, praktisch alle Güter des täglichen Gebrauchs werden importiert. Die Preise sind entsprechend hoch (KAS 16.5.2018).

Negativ wirkte sich auch die politische Krise des Jahres 2017 aus. Der jüngste Länderbericht des Internationalen Währungsfonds schätzt, dass die Tourismuseinnahmen im ersten Quartal 2017 aufgrund der politischen Turbulenzen um rund ein Drittel (8,8 Mio. $) gesunken sind (EASO 12.2017) und sich nur zögerlich erholten (KAS 16.5.2018). Die Überweisungen (Geldtransfers) von Auswanderern in ihr Heimatland werden auf rund 10% des BIP geschätzt. Im internationalen Handel haben China und Indien die EU (insbesondere Frankreich und Großbritannien) als Hauptexporteur teilweise abgelöst (EASO 12.2017).

Eine zerstörte Wirtschaft, ausgebeutete Staatsressourcen, eine ineffiziente Infrastruktur, enorme soziale Herausforderungen sowie ein Mangel an Möglichkeiten für die junge Bevölkerung waren die Rahmenbedingungen, unter denen Barrow seine Präsidentschaft angetreten hat (KAS 16.5.2018).

Als Jammeh Anfang 2017 ins Exil nach Äquatorialguinea ging, nahm er Vermögenswerte mit unbekanntem Wert mit (EASO 12.2017). Der systematische Diebstahl von Staatseigentum wurde rückwirkend seit 2014 auf 4 % des BIP jährlich geschätzt (KAS 16.5.2018). Laut Medien sei das Land "fast bankrott". Niedrige Ernteerträge, ängstliche Touristen und Investoren sowie wachsende Staatsverschuldung tragen zur weiteren Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation bei (EASO 12.2017). Das Land ist auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Nach Angaben der Konferenz der Vereinte

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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