TE Lvwg Erkenntnis 2020/2/21 VGW-001/076/15855/2019, VGW-001/V/076/242/2020

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

21.02.2020

Index

L46109 Tierhaltung Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

TierhalteG Wr §5a Abs1
TierhalteG Wr §5a Abs1
VStG §5 Abs2

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seine Richterin Mag. Nussgruber über 1.) die Beschwerde des Herrn A. B., Wien, C.-gasse, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 58, vom 05.06.2019, Zahl ..., wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5a Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz) LGBl. für Wien Nr. 39/1987 idgF, sowie 2.) über den gleichzeitig mit Erhebung der Beschwerde gestellten Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe

A)                        IM NAMEN DER REPUBLIK

zu Recht e r k a n n t:

Ad 1.)

I. Gemäß § 50 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

B.)

Ad 2.) den

BESCHLUSS

gefasst:

I. Gemäß § 40 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG wird der Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe abgewiesen.

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 – VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Der Spruch des in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 58, vom 05.06.2019, Zahl ..., lautet wie folgt:

„1.  Datum/Zeit:  24.04.2019

     Ort:     Wien, C.-gasse

Sie haben die Vorschriften des Gesetzes über die Haltung von Tieren insoferne nicht eingehalten, als Sie den hundeführscheinpflichtigen Hund (Dogo Argentino, geb.: ..., Chipnummer: ...) am oben angeführten Ort, ohne den erforderlichen Sachkundenachweis im Sinne des §5a Abs. 1 (positive Absolvierung der Hundeführscheinprüfung gemäß § 8 Abs. 8) gehalten haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

1.   § 5a Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltegesetz), LGBl. für Wien Nr. 39/1987, in der geltenden Fassung

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von  falls diese uneinbringlich ist, […]      Gemäß

                           Ersatzfreiheitsstrafe von 

                           

1. € 1.100,00  1 Tage(n) 4 Stunde(n)   § 5a Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die
                Haltung von Tieren (Wiener Tierhaltege-

                                                                        setz), LGBl. für Wien Nr. 39/1987 in der

                                                                        geltenden Fassung

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 110,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

€ 1.210,00

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 30.06.2019, in der der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde habe keine seiner Aussagen für ihn gewertet, wie beispielsweise die Falschauskünfte des Magistrates mit der Begründung, dass der betreffende Mitarbeiter nicht geschult sei. Es gebe keine Möglichkeit ohne einen Computer Informationen über die Melde- und Haltepflicht von Listenhunden einzusehen. Die Strafe in Höhe von 1.210,-- Euro sei zu hoch und könne er diese Summe auch nicht erbringen. Seine Übergangshilfe im Vorruhestand betrage 1.352,13 Euro pro Monat. Für den Fall, dass seiner Beschwerde keine Folge gegeben werde, ersuche er um Verringerung der Strafe. Er habe zudem am 14.06.2019 den erforderlichen Hundeführschein absolviert.

Unter einem beantragte der Beschwerdeführer die Gewährung von Verfahrenshilfe.

3. Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30.01.2020 wurde der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 60, um Bekanntgabe ersucht, ob der Beschwerdeführer bereits die Hundeführscheinprüfung für den Hund „Dogo Argentino“, geboren am ..., Chipnummer ..., positiv absolviert hat und bejahendenfalls wann diese Prüfung abgelegt wurde.

In Beantwortung dieses Schreibens teilte der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 60, am 07.02.2020 mit, dass der Beschwerdeführer mit dem Hund „D.“ (Dogo Argentino, Chipnummer ...) die Prüfung zum verpflichtenden Wiener Hundeführschein am 14.06.2019 positiv absolviert hat.

4.1. Das Verwaltungsgericht Wien nimmt folgenden Sachverhalt als erwiesen an:

Der Beschwerdeführer war am 24.04.2019 Halter des Hundes mit dem Rufnamen „D.“, geboren am ..., Rasse: Dogo Argentino, Chipnummer: .... Die Haltung wurde vom Beschwerdeführer am 01.09.2018 aufgenommen. Der Beschwerdeführer besaß am 24.04.2019 keinen Sachkundenachweis für diesen Hund und hatte auch die Hundeführscheinprüfung nicht absolviert.

Der Beschwerdeführer hat sich bei einem Mitarbeiter des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, über die Ablegung eines Hundeführscheins erkundigt und die Information erhalten, dass er eine Verständigung über die Ablegung des Sachkundennachweises erhalten werden. Aus diesem Grund ist der Beschwerdeführer dem nicht weiter nachgegangen.

Der Beschwerdeführer absolvierte sodann mit dem genannten Hund die Prüfung zum Hundeführschein am 14.06.2019.

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf den unbedenklichen und im Verfahren unstrittig gebliebenen Inhalt des vorgelegten Verwaltungsstrafaktes und das Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, dass er am 24.04.2019 nicht über den erforderlichen Sachkundenachweis verfügt und die Hundeführscheinprüfung erst am 14.06.2019 abgelegt hat. Das Vorbringen, wonach er sich beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, erkundigt habe, war glaubhaft und wurde auch nicht von der belangten Behörde im Verfahren respektive in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses in Zweifel gezogen.

II. 1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes, in der zur Tatzeit geltenden Fassung des LGBl. Nr. 12/2019, lauten:

„Haltung von hundeführscheinpflichtigen Hunden

§ 5a. (1) Jede Person, die einen mindestens 6 Monate alten Hund hält bzw. verwahrt, der bei unsachgemäßer Haltung bzw. Verwahrung ein erhöhtes Potential hat, Menschen oder Tiere zu verletzen, hat einen Sachkundenachweis im Sinne der positiven Absolvierung der Hundeführscheinprüfung gemäß § 8 Abs. 8 zu erbringen.

(2) Der Magistrat hat durch Verordnung festzulegen, welche Hunde und Kreuzungen dieser Hunde untereinander bzw. mit anderen Hunden als hundeführscheinpflichtig gemäß Abs. 1 anzusehen sind.

(3) […]

(4) Die Halterin oder der Halter muss die Hundeführscheinprüfung innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Haltung eines Hundes gemäß Abs. 1 positiv absolviert haben. Die Verwahrerin oder der Verwahrer muss ab Beginn ihrer oder seiner Tätigkeit die Hundeführscheinprüfung positiv absolviert haben.

(5) – (12) […]“

„Strafbestimmungen

§ 13. (1) […]

(2) Wer

[…]

 13. einen Hund gemäß § 5a Abs. 2 ohne den erforderlichen Sachkundenachweis (§ 5a Abs. 1) hält oder verwahrt, […]

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro zu bestrafen.

(4) Für Verwaltungsübertretungen nach § 13 Abs. 2 Z 2, 10 bis 13 sowie 15 beträgt die Mindeststrafe 1.000 Euro. […]“

2. Die Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von hundeführscheinpflichtigen Hunden, LGBl. 33/2010, lautet:

§ 1. Folgende Hunde und Kreuzungen dieser Hunde untereinander bzw. mit anderen Hunden gelten als hundeführscheinpflichtig gemäß § 5a Abs. 1 Wiener Tierhaltegesetz, LGBl. für Wien Nr. 39/1987, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl. für Wien Nr. 29/2010:

Bullterrier, Staffordshire Bullterrier, American Staffordshire Terrier, Mastino Napoletano, Mastin Espanol, Fila Brasileiro, Mastiff, Bullmastiff, Tosa Inu, Pit Bull Terrier, Rottweiler, Dogo Argentino (Argentinischer Mastiff).“

3. Die im gegenständlichen Fall maßgebliche Bestimmung des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG lautet:

Verfahrenshilfeverteidiger

§ 40. (1) Ist ein Beschuldigter außerstande, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, so hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist.“

4. Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK lauten:

Artikel 6 - Recht auf ein faires Verfahren

(1) Jedermann hat Anspruch darauf, daß seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muß öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozeßparteien es verlangen, oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang.

(2) [...]

(3) Jeder Angeklagte hat mindestens die folgenden Rechte:

      a) bis b) [...]

      c) sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten und, falls er nicht über die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers verfügt, unentgeltlich den Beistand eines Pflichtverteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;

      d) bis e) [...]“

5. Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union – GRC lautet:

„Artikel 47

Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht

Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.

Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Personen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, wird Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten.“

III. In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daher Folgendes:

Ad 1.)

1. Für Hunde der Rasse „Dogo Argentino“ ist gemäß § 5a Abs. 1 und 2 Wiener Tierhaltegesetz in Verbindung mit § 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung über die Festlegung von hundeführscheinpflichtigen Hunden ein verpflichtender Hundeführschein zu absolvieren. Gemäß § 5a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 Wiener Tierhaltegesetz muss der Halter die Hundeführscheinprüfung innerhalb von drei Monaten nach Aufnahme der Haltung eines Hundes gemäß Abs. 1 positiv absolviert haben. Der Hund muss älter als sechs Monate sein.

Beim verfahrensgegenständlichen Hund handelt es sich feststellungsgemäß um einen Hund, welcher der Rasse „Dogo Argentino“ angehört und für den sohin ein Sachkundenachweis im Sinne einer positiven Hundeführscheinprüfung abzulegen ist, weil der Hund im Tatzeitpunkt auch bereits älter als sechs Monate war. Der Beschwerdeführer war im Tatzeitpunkt unbestritten Halter des Hundes. Ebenso verfügte der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt über keinen Hundeführschein gemäß den Bestimmungen des Wiener Tierhaltegesetzes. Der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung des § 5a Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Z 13 Wiener Tierhaltegesetz ist sohin erfüllt.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine verwaltungsstrafrechtliche Vorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.

Ein Ungehorsamsdelikt liegt bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes vor, wenn erstens zum Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört und zweitens für die Tatbegehung kein besonderes Verschulden gefordert ist.

Die angelastete Verwaltungsübertretung ist als Ungehorsamsdelikt zu qualifizieren. Bei solchen Delikten obliegt es sohin gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass im konkreten Fall die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne vorwerfbares Verschulden unmöglich war. Das bedeutet, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen hat, was für seine Entlastung spricht, z.B. durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge (vgl. VwGH vom 30.06.1998, Zl 96/11/0175).

Der Beschwerdeführer brachte vor, er sei von der Magistratsabteilung 6 informiert worden, er werde eine Verständigung für den Sachkundenachweis erhalten, weshalb er sich nicht weiter darum gekümmert habe.

In diesem Zusammenhang ist auf den Verbotsirrtum im Sinn des § 5 Abs. 2 VStG hinzuweisen, wonach demjenigen, der sich auf diesen beruft, das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Dem Beschuldigten ist daher die Verbotsunkenntnis vorwerfbar, wenn er sich – trotz Veranlassung hiezu – über den Inhalt der einschlägigen Normen nicht näher informiert hat. Es besteht also insoweit eine Erkundigungspflicht. Unterlässt der Beschuldigte bei gebotener Informationspflicht derartige Erkundigungen, so ist ein einschlägiger Verbotsirrtum – weil nicht erwiesenermaßen unverschuldet – jedenfalls vorwerfbar (VwGH vom 10.02.1999, Zl 98/09/0298). Bei Unsicherheiten über die Auslegung der in Rede stehenden Vorschriften sind Erkundigungen bei der zuständigen Behörde einzuholen (VwGH vom 13.09.2016; Ro 2016/03/0013); geschieht dies nicht, so ist ein diesbezüglicher Verbotsirrtum nicht erwiesenermaßen unverschuldet.

Der Beschwerdeführer hat sich – nach seinem glaubhaften Vorbringen zufolge – bei der Magistratsabteilung 6 des Magistrats der Stadt Wien erkundigt. Dazu ist zu bemerken, dass sich der Magistrat der Stadt Wien unter anderem in Geschäftsgruppen und innerhalb dieser in Abteilungen gliedert. Der Magistrat der Stadt Wien besorgt die Geschäfte der Gemeinde. Er vollzieht alle behördlichen Angelegenheiten, soweit hierfür nicht andere Organe zuständig sind. Zu den behördlichen Angelegenheiten des Magistrates gehören auch die Angelegenheiten der Bezirksverwaltung.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass er sich bei einer Abteilung des Magistrats der Stadt Wien – bei der Magistratsabteilung 6 - erkundigt hat, so liegt – entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde – ein entschuldigender Verbotsirrtum der Beschwerdeführers vor, zumal er sich bei der zuständigen Behörde – nämlich beim Magistrat der Stadt Wien (hier: als Bezirksverwaltungsbehörde) – erkundigt hat. Demnach hätte die fachlich unzuständige Magistratsabteilung 6, den Beschwerdeführer an die zuständige Magistratsabteilung 60 weiterzuleiten gehabt, wenn sie nicht über die erforderlichen oder richtigen Informationen verfügt.

Mangels vorwerfbaren Verschuldens hat der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung daher nicht begangen.

3. Die mündliche Verhandlung konnte nach § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG entfallen, da keine Partei die Durchführung einer solchen beantragt hat, der Sachverhalt unstrittig feststeht und in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung (arg. „Verbotsirrtum“) behauptet wurde.

4. Die Kostenentscheidungen gründen sich auf die im Spruch genannten Gesetzesstellen.

Ad 2.)

Mit der gegen das Straferkenntnis vom 05.06.2019 erhobenen Beschwerde begehrte der Beschwerdeführer unter einem die Gewährung von Verfahrenshilfe.

Die Verfahrenshilfe besteht in Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017 in der Bestellung eines Verteidigers; sie befreit nicht von den (sonstigen) Verfahrenskosten (siehe aber zur Gebührenfreiheit von Eingaben im Verwaltungsstrafverfahren § 14 TP 6 Abs 5 Z 7 Gebührengesetz 1957 - GebG).

Gemäß § 40 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn ein Beschuldigter außerstande ist, die Kosten der Verteidigung ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, soweit dies im Interesse der Rechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich und auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten ist.

Ein Verfahrenshilfeverteidiger darf dementsprechend nur dann beigegeben werden, wenn beide Voraussetzungen, nämlich die Mittellosigkeit und die Interessen der Rechtspflege kumulativ vorliegen; es muss der/die Beschuldigte sowohl mittellos sein, wie auch die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers notwendig erscheinen (VwGH vom 28.03.2003, Zl 2003/02/0061). Diese zu den Vorläuferbestimmungen ergangene Judikatur ist auch auf § 40 Abs. 1 VwGVG idF BGBl. I 24/2017 übertragbar.

Daher sind abgesehen von der Mittellosigkeit des Antragstellers als Gründe für die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage, besondere persönliche Umstände der Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen (VwGH vom 24.11.1993, Zl 93/02/0270).

Als Gründe für die Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers im Zusammenhang mit dem Kriterium der "zweckentsprechenden Verteidigung" sind primär die Bedeutung und Schwere des Delikts und die Schwere der drohenden Sanktion zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist insbesondere die Komplexität des Falles ausschlaggebend, wobei auf die Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art (hinsichtlich der Sachverhaltsfeststellung) Bedacht zu nehmen ist. Bei der Beurteilung der "Komplexität der Sache" ist daher von Bedeutung, ob Rechtsfragen zur Beurteilung anstehen, zu deren Beantwortung das Alltagswissen der mit solchen Situationen immer wieder konfrontierten Personen nicht ausreicht, oder eben solche Rechtsfragen vorliegen, die bislang uneinheitlich entschieden wurden, in denen ein Abgehen von der bisherigen Rechtsentscheidungspraxis erwogen wird oder denen über den Einzelfall hinausgehende grundsätzliche Bedeutung zukommt (VwGH vom 30.06.2010, Zl 2010/08/0102).

Dem Antragsteller wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 5a Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 2 Z 13 Wiener Tierhaltegesetz zur Last gelegt. Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob der Antragsteller am 24.04.2019 den Hund „D.“, geboren am ..., Rasse: Dogo Argentino, Chipnummer: ..., ohne den erforderlichen Sachkundenachweis gehalten hat und ihm dieses Verhalten in subjektiver Hinsicht vorwerfbar war.

Es kann somit im Zusammenhang mit dem gegen den Antragsteller erhobenen Tatvorwurf weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, noch eine besonders schwierige Sach- oder Rechtslage erkannt werden. Es war daher davon auszugehen, dass der Antragsteller ohne weiteres in der Lage ist, seinen Standpunkt im vorliegenden Verfahren ohne anwaltlichen Beistand darzulegen und hat er dies – was sich insbesondere bereits an den Beschwerdeausführungen zeigt – auch getan. Umfassende Interessensabwägungen, vielschichtige Wertungsentscheidungen sowie diffizile Probleme der Beweiswürdigung bei der Aufarbeitung und Feststellung des Sachverhalts sowie uneinheitliche Rechtsprechungslinien der Höchstgerichte lagen gegenständlich nicht vor. Auch kann von im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung keine Rede sein. Auch die Höhe der im antragsgegenständlichen Verfahren verhängten Geldstrafe von 1.100,-- Euro ist nicht derartig gravierend, dass alleine dadurch eine besondere Tragweite des Rechtsfalles für den Antragsteller gegeben wäre.

Die Beigebung eines Verteidigers, dessen Kosten der Antragsteller nicht zu tragen hat, lag daher im vorliegenden Fall nicht im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung und war auch nicht auf Grund des Art. 6 Abs. 1 und Abs. 3 lit. c EMRK oder des Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geboten.

Im Übrigen erschienen die Rechte des Antragstellers durch den Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit, die Verpflichtung, dem Standpunkt eines Beschuldigten ausreichend Rechnung zu tragen, sowie die Manuduktionspflicht des Gerichts ausreichend geschützt.

Es konnte vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben, ob der Antragsteller imstande ist, die Kosten eines Verteidigers ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten.

Der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers war daher spruchgemäß abzuweisen.

IV. Die Aussprüche über die Unzulässigkeit der Revision gründen sich jeweils darauf, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weichen die gegenständlichen Entscheidungen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Strafbemessung erfolgte anhand einer einzelfallbezogenen Abwägung, die nach den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen vorgenommen wurde, und warf daher keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf (VwGH vom 09.06.2017, Ra 2017/02/0018).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Hundeführschein; hundeführscheinpflichtiger Hund; Verbotsirrtum; Erkundigungspflicht; zuständige Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.076.15855.2019

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten