TE OGH 2019/12/17 3Ob149/19m

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Veröffentlicht am 17.12.2019
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Präsidentin Hon.-Prof. Dr.

 Lovrek als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Roch und Priv.-Doz. Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen Kinder M*****, S*****, A*****, und H*****, in Unterhaltsangelegenheiten vertreten durch den Kinder- und Jugendhilfeträger Land Niederösterreich, dieser vertreten durch den Magistrat der Stadt St. Pölten, St. Pölten, Heßstraße 6, in Pflege und Erziehung der Mutter L*****, Vater: A*****, wegen Unterhalts, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 15. Mai 2019, GZ 23 R 178/19b-25, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 1. April 2019, GZ 2 PU 26/16h-14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

In dritter Instanz ist die Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. Februar 2019 nur soweit strittig, als das Erstgericht den Vater zwar – von diesem unbekämpft – sowohl auf sein im Jahr 2018 erzieltes Nettoeinkommen von 2.447,97 EUR als auch auf den halben Familienbonus Plus in Höhe von 62,50 EUR monatlich anspannte, allerdings – entgegen der Rechtsansicht des Vertreters der Kinder – nur für das jeweilige Kind, weshalb es von einer Unterhaltsbemessungsgrundlage von (2.447,97 + 62,50 =) 2.510,47 EUR ausging. Der Vertreter der Kinder verlangt hingegen auch im Revisionsrekurs die Einbeziehung des Familienbonus Plus im Weg der Anspannung für alle vier Kinder in die Unterhaltsbemessungsgrundlage, sodass sich diese auf (2.447,97 + [4 x 62,50] =) 2.697,97 EUR erhöhe. Das Erstgericht setzte die Unterhaltsbeträge entsprechend der Prozentsatzmethode fest, ohne die ermittelten Beträge wegen der Anrechnung von Transferleistungen zu kürzen.

Das Rekursgericht gab dem (nur) von den Kindern erhobenen Rekurs nicht Folge und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Fragen der Berücksichtigung des Familienbonus Plus bei der Unterhaltsbemessung erheblich iSd § 62 Abs 1 AußStrG seien. Es bejahte grundsätzlich die Berücksichtigung aller Familienboni, verneinte aber im konkreten Fall die Möglichkeit, den Vater auf deren Bezug anzuspannen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Kinder ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

In eingehender Auseinandersetzung mit dem vom Gesetzgeber bei Einführung des „Familienbonus Plus“ durch BGBl I 2018/62 verfolgte Zweck, mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, mit der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu den Auswirkungen des Familienbonus Plus auf die Höhe des Unterhalts und mit der unterhaltsrechtlichen Literatur zu diesem Thema gelangte der 4. Senat jüngst mit ausführlicher Begründung zum Ergebnis, dass mit der steuergesetzlichen Maßnahme der Einführung des Familienbonus Plus erkennbar den verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung getragen und die gebotene steuerliche Entlastung der Unterhaltspflichtigen im Wege einer pauschalierenden Regelung umgesetzt werden sollte, nach den Intentionen des Gesetzgebers also die verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung der Unterhaltsleistungen nunmehr unmittelbar im Weg der steuergesetzlichen Vorschriften durch den Familienbonus Plus und den Unterhaltsabsetzbetrag herbeigeführt werden soll. Es scheide daher – jedenfalls bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahrs – einerseits eine Einrechnung des Familienbonus Plus in die Unterhaltsbemessungsgrundlage aus; andererseits bestehe auch kein Anlass mehr, die Unterhaltsleistung durch die Anrechnung von Transferleistungen zu kürzen (4 Ob 150/19s).

Dies bedeutet im Ergebnis, dass sich der Familienbonus Plus und der Unterhaltsabsetzbetrag auf die Unterhaltsleistung nicht auswirken, also unterhaltsrechtlich neutral bleiben.

Der Senat schließt sich dieser Auffassung aus den in der zitierten Entscheidung genannten Gründen, auf die verwiesen wird, an.

Zwar kann die diesen Grundsätzen widersprechende Erhöhung der Bemessungsgrundlage um den halben Familienbonus Plus pro Kind zugunsten des Vaters mangels eines von ihm erhobenen Rechtsmittels gegen die Unterhaltsfestsetzung nicht wahrgenommen werden. Dem Revisionsrekurs der Kinder, die eine noch weitergehende Erhöhung der Bemessungsgrundlage um insgesamt alle vier Familienboni Plus anstreben, kann aber keinesfalls ein Erfolg zukommen. Da das Erstgericht eine Kürzung der ermittelten Unterhaltsbeträge wegen der Anrechnung von Transferleistungen ohnehin nicht vornahm, besteht im Ergebnis kein Korrekturbedarf.

Textnummer

E127669

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2019:0030OB00149.19M.1217.000

Im RIS seit

03.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

03.04.2020
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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