TE Bvwg Erkenntnis 2019/9/4 I422 2222991-1

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Veröffentlicht am 04.09.2019
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Entscheidungsdatum

04.09.2019

Norm

AsylG 2005 §5 Abs1
AsylG 2005 §5 Abs3
AsylG 2005 §57
B-VG Art. 133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §53
FPG §55
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2222991-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. am XXXX StA. Nigeria, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.08.2019, Zl. IFA 1159557703/190658355/BMI-BFA, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgegenstand:

1. Der Beschwerdeführer reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 12.07.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Nachdem die belangte Behörde im Zuge des Ermittlungsverfahrens feststellte, dass der Beschwerdeführer laut EURODAC-Abfrage bereits zuvor am 01.03.2016 in Italien einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hatte, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers ohne in die Sache einzutreten mit Bescheid vom 17.10.2017, Zl. IFA 1159557703, Verf.Zl. 170822059, als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrags Italien zuständig ist (Spruchpunkt I.). Des Weiteren ordnete die belangte Behörde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers an und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig ist (Spruchpunkt II.).

2. In der Folge wurde die Außerlandesbringung bis zum Ablauf der Überstellungsfrist am 18.05.2018 nicht vollzogen und vermochte der Beschwerdeführer auch seine freiwillige Ausreise aus dem Bundesgebiet nicht nachzuweisen.

3. Mit Bescheid vom 08.08.2019, Zl. 1159557703-190658355/BMI-BFA-WIEN_RD, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.). Des Weiteren ordnete die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung an und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Italien zulässig ist (Spruchpunkt II.)

4. Nach einer neuerlichen niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers am 14.08.2019, hob die belangte Behörde mit Bescheid vom 19.08.2019, Zl. 1159557703/190658355/BMI-BFA gemäß § 68 AVG die gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 08.08.2019, 1159557703-190658355/BMI-BFA-WIEN_RD, erlassene Anordnung zur Außerlandesbringung von Amts wegen auf.

5. In weiterer Folge erteilte die belangte Behörde mit verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 20.08.2019, Zl. IFA 1159557703/190658355/BMI-BFA, dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitle aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II.) und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Eine Frist für die freiwillige Ausreise wurde dem Beschwerdeführer nicht gewährt (Spruchpunkt IV.). Zugleich erkannte die belangte Behörde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt V.) und erließ gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VI.).

6. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27.08.2019 das Rechtsmittel einer Beschwerde und begründete diese im Wesentlichen damit, dass eine rechtswidrig erlassene Rückkehrentscheidung vorliege, da die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz nicht inhaltlich geprüft habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit (dem ersten) Bescheid der belangten Behörde vom 17.10.2017, Zl. IFA 1159557703, Verf.Zl. 170822059, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.07.2017 ohne in die Sache einzutreten zunächst als unzulässig zurück und stellte fest, dass für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz gemäß Artikel 25 Abs. 2 iVm Artikel 18 Abs. 1 (b) der Dublin-III-VO Italien zuständig ist.

Die nach Aufnahme eines Konsultationsverfahrens mit Italien durch Verschweigen Italiens eingetretene Verfristung (Zustimmung durch Zeitablauf) gemäß Art. 25 Abs. 2 iVm Artikel 18 Abs. 1 (b) war grundsätzlich geeignet einen Zuständigkeitsübergang auf Italien zu bewirken.

In der Folge wurde der Beschwerdeführer nicht innerhalb der Überstellungsfrist von sechs Monaten gemäß Artikel 29 Abs. 2 Dublin-III-VO, welche am 18.05.2018 endete, nach Italien überstellt. Der Beschwerdeführer reiste auch nicht (nachweislich) freiwillig innerhalb der Überstellungsfrist von sechs Monaten nach Italien aus.

Obwohl die Zuständigkeit Italiens zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers vorlag, ist in der Folge jedenfalls die in Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO festgelegten Frist von sechs Monaten zur Überstellung abgelaufen. Das Verfahren wurde nicht ausgesetzt bzw. fand keine sonstige Fristverlängerung im Sinne des Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO statt, sodass die in Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO normierte Rechtsfolge des Zuständigkeitsüberganges auf Österreich stattgefunden hat.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Verfahrensgang und die unter II.1. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt.

Dass der Beschwerdeführer innerhalb der Überstellungsfrist von sechs Monaten, welche am 18.05.2018 endete, nicht (nachweislich) freiwillig nach Italien ausgereist ist, ergibt sich aufgrund folgender Überlegungen: Zwar ist aufgrund des vorgelegten Bahntickets (Reise von Rom nach Wien am 12.05.2019) sowie des (bis 22.08.2020) verlängerten italienischen Aufenthaltstitels von einer Ausreise des Beschwerdeführers nach Italien auszugehen, jedoch legte der Beschwerdeführer keine Unterlagen vorlegen, aus welchen sich seine nachweisliche Ausreise innerhalb der Überstellungsfrist ergeben würde.

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Rechtliche Grundlagen:

Die maßgebliche Bestimmung des Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) lautet:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Die maßgeblichen Artikel der Dublin-III-VO lauten:

Artikel 3

Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.

Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.

Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Artikel 21

Aufnahmegesuch

(1) Hält der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig, so kann er so bald wie möglich, auf jeden Fall aber innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung im Sinne von Artikel 20 Absatz 2, diesen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen.

Abweichend von Unterabsatz 1 wird im Fall einer Eurodac-Treffermeldung im Zusammenhang mit Daten gemäß Artikel 14 der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 dieses Gesuch innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Treffermeldung gemäß Artikel 15 Absatz 2 jener Verordnung gestellt.

Wird das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers nicht innerhalb der in Unterabsätzen 1 und 2 niedergelegten Frist unterbreitet, so ist der Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für die Prüfung des Antrags zuständig.

(2) Der ersuchende Mitgliedstaat kann in Fällen, in denen der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, nachdem die Einreise oder der Verbleib verweigert wurde, der Betreffende wegen illegalen Aufenthalts festgenommen wurde oder eine Abschiebungsanordnung zugestellt oder vollstreckt wurde, eine dringende Antwort anfordern.

In dem Gesuch werden die Gründe genannt, die eine dringende Antwort rechtfertigen, und es wird angegeben, innerhalb welcher Frist eine Antwort erwartet wird. Diese Frist beträgt mindestens eine Woche.

(3) In den Fällen im Sinne der Unterabsätze 1 und 2 ist für das Gesuch um Aufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat ein Formblatt zu verwenden, das Beweismittel oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen und/oder sachdienliche Angaben aus der Erklärung des Antragstellers enthalten muss, anhand deren die Behörden des ersuchten Mitgliedstaats prüfen können, ob ihr Staat gemäß den in dieser Verordnung definierten Kriterien zuständig ist.

Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für die Erstellung und Übermittlung von Aufnahmegesuchen fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Artikel 25

Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen

Artikel 29

Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

3.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Aufgrund des Aufnahmegesuchs der österreichischen Dublin-Behörde an Italien und der Nichtbeantwortung durch die italienische Dublin-Behörde und somit des Vorliegens von Verfristung gemäß Artikel 25 Abs. 1 iVm Artikel 18 Abs. 1 (b) der Dublin-III-VO, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.07.2017 zu Recht mit Bescheid vom 17.10.2017 wegen Unzuständigkeit zurück.

Der Beschwerdeführer wurde jedoch nicht innerhalb der Überstellungsfrist, welche gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO nach sechs Monaten und somit am 18.05.2018 endete, nach Italien überstellt und reiste der Beschwerdeführer auch nicht (nachweislich) innerhalb dieser Frist nach Italien aus.

Fristverlängerungen aus den in Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO genannten Gründen haben nicht stattgefunden bzw. wurde ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung seitens des Bundesverwaltungsgerichtes zu keinem Zeitpunkt gewährt.

Ein Übergang der Zuständigkeit gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin-III-VO hat im gegenständlichen Verfahren somit stattgefunden und ist Österreich nunmehr seit 19.05.2018 für die Führung des materiellen Verfahrens zuständig.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde; auch dann, wenn ein Rückkehrentscheidungsverfahren - unabhängig vom Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz - bereits anhängig ist, darf die Rückkehrentscheidung (unbeschadet eines allenfalls weiter bestehenden unrechtmäßigen Aufenthalts des Fremden) grundsätzlich nicht vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ergehen; zugleich mit der Rückkehrentscheidung ist nämlich die Feststellung nach § 52 Abs. 9 FrPolG 2005 zu treffen, dass (nunmehr: ob) die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist; dies bedeutet aber - jedenfalls in Bezug auf den Herkunftsstaat - , das Ergebnis des Verfahrens über den Antrag auf internationalen Schutz, in dem diese Frage erst zu klären ist, in unzulässiger Weise vorwegzunehmen; die Erlassung einer Rückkehrentscheidung vor der Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz ist daher grundsätzlich nicht zulässig (vgl. VwGH 04.08.2016, Ra 2016/21/0162; 25.09.2018, Ra 2018/21/0107).

Da die belangte Behörde aufgrund des Zuständigkeitsüberganges inhaltlich über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 12.07.2017 zu entscheiden hatte, war die Erlassung der verfahrensgegenständlichen Rückkehrentscheidung (ohne inhaltliche Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz) nicht zulässig.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der gegenständliche Bescheid zu beheben.

3.6. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Die Verhandlung kann nach Abs. 2 entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Z 1) oder die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist (Z 2).

Da bereits aufgrund der Aktenlage der Bescheid ersatzlos zu beheben war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Abschiebung, Aufenthaltstitel, Behebung der Entscheidung,
berücksichtigungswürdige Gründe, ersatzlose Behebung, Kassation,
Rückkehrentscheidung, Überstellungsfrist, Zuständigkeit BVwG,
Zuständigkeitsübergang

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I422.2222991.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.04.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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