TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/20 96/09/0095

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Veröffentlicht am 20.05.1998
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Index

20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

ABGB §916;
AuslBG §2 Abs2 litb;
AuslBG §3 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des Manfred Z in L, vertreten durch Dipl.-Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in Graz, Griesplatz 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 2. Februar 1996, Zl. UVS 303.8-17/93-34, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer der Begehung dreier Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG), BGBl. Nr. 218/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 19/1993, dahingehend schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Manfred Z GesmbH mit Sitz in L und somit als gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen hin berufenes Organ drei namentlich genannte slowenische Staatsangehörige im Zeitraum vom 3. bis zum 17. Februar 1993 auf der Baustelle "Buschenschenke Q" beschäftigt, obwohl ihm für diese Ausländer keine Beschäftigungsbewilligung erteilt worden sei und diese Ausländer nicht im Besitze einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines gewesen seien; über den Beschwerdeführer wurden drei Verwaltungsstrafen in Höhe von je S 15.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit drei Ersatzfreiheitsstrafen im Ausmaß von je 10 Tagen, verhängt.

Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im wesentlichen damit, die drei genannten slowenischen Staatsangehörigen hätten in dem im Spruch angeführten Zeitraum auf der genannten Baustelle Arbeiten, nämlich eine Dachbodenrenovierung, für die Manfred Z GesmbH durchgeführt. Die drei slowenischen Staatsangehörigen seien zu je 26 % Gesellschafter der Manfred Z GesmbH und darüber hinaus Gesellschafter-Geschäftsführer. Der Beschwerdeführer halte 22 % Anteile an der Stammeinlage und sei ebenfalls Geschäftsführer. Nach dem am 25. September 1992 zwischen dem Beschwerdeführer und den drei genannten slowenischen Staatsangehörigen abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag, mit welchem die drei slowenischen Staatsangehörigen jeweils eine Stammeinlage in Höhe von S 130.000,-- übernommen hätten, sei keine Sperrminorität vereinbart worden. Unter Berücksichtigung der von den ausländischen Staatsangehörigen erbrachten Arbeitsleistungen und trotz ihrer damaligen Stellung als handelsrechtliche Geschäftsführer der Manfred Z GesmbH sei jedoch davon auszugehen gewesen, daß jeder slowenische Staatsangehörige als abhängiger Arbeitnehmer dieser Gesellschaft anzusehen und daher eine Beschäftigungsbewilligung bzw. Befreiungsschein oder Arbeitserlaubnis nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz für die festgestellte Beschäftigung erforderlich gewesen wäre.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach - insoweit zutreffenden - Reflexionen über die Rechtslage bringt der Beschwerdeführer vor, bei Beurteilung eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses sei der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgebend. Das Gesetz zähle als Beispiel auf, daß eine Beschäftigung insbesondere dann vorliege, wenn ein Gesellschafter einer GesmbH mit einem Geschäftsanteil von weniger als 25 % der Stammeinlage Arbeitsleistungen für die Gesellschaft erbringe, die typischerweise in einem Arbeitsverhältnis geleistet würden, und er persönlich tatsächlich keinen wesentlichen Einfluß auf die Geschäftsführung ausübe. Es sei insbesondere auch bei einem Geschäftsanteil über 25 % zu prüfen, ob dem Gesellschafter ein maßgeblich beherrschender Einfluß auf die Geschäftsführung der Gesellschaft zukomme. Die grundsätzliche Vermutung sei durch den Nachweis des tatsächlich persönlich ausgeübten wesentlichen Einflusses des ausländischen Gesellschafters auf die Geschäftsführung der Gesellschaft widerlegbar, für den Fall, daß ein ausländischer Gesellschafter nur 25 % des Stammkapitales innehabe. Der bekämpfte Bescheid lasse Ausführungen über den tatsächlichen und faktischen wesentlichen Einfluß der ausländischen Gesellschafter im gegebenen Fall vermissen, da er diesbezüglich keine Fakten enthalte. Die belangte Behörde habe bei Zitierung der höchstgerichtlichen Judikatur unberücksichtigt gelassen, daß der Beschwerdeführer Minderheitsgesellschafter sei, die Ausländer insgesamt aber Mehrheitsgesellschafter. Auch habe die Behörde es ohne Rücksicht auf das geltende GesmbH-Recht unterlassen, aus dem Gesellschaftsvertrag wesentliche Punkte festzustellen, und zwar, daß darin für eine Beschlußfassung der Generalversammlung 70 % der Gesamtstimmen vertreten sein müßten und Beschlüsse der Gesellschafter in der Generalversammlung mit einfacher Mehrheit zu fassen seien. Aus dem Firmenbuch sei ersichtlich, daß die genannten Ausländer gemeinsam mit dem Beschwerdeführer Geschäftsführer der Manfred Z GesmbH seien. Im übrigen zitiert der Beschwerdeführer mehrere Bestimmungen des GesmbH-Gesetzes, in denen höhere Quoren festgelegt sind und kommt zum Schluß, daß der Beschwerdeführer als inländischer Gesellschafter, der lediglich 22 % am Gesellschaftsvermögen innehabe, auf die Gesellschaft keinen wie immer gearteten Einfluß habe ausüben können, da insgesamt 78 % des Gesellschaftsvermögens in ausländischer Hand gelegen seien und er daher bei jedem Beschluß der Gesellschafterversammlung darauf angewiesen sei, daß zumindest zwei ausländische Gesellschafter anwesend seien, die ihn zu überstimmen in der Lage gewesen seien. Alle vier Gesellschafter seien überdies Geschäftsführer gewesen, weshalb die belangte Behörde davon hätte ausgehen müssen, daß, egal welche Tätigkeit die Ausländer ausübten, sie nicht unter das Ausländerbeschäftigungsgesetz fielen, da sie alle einen wesentlichen Einfluß auf die Gesellschaft ausgeübt hätten, weil sie insgesamt 78 % des Stammkapitales in sich vereinten. Die belangte Behörde habe den Gesellschaftsvertrag weder genau gelesen, noch dessen reale Auswirkungen geprüft.

Diese Ausführungen sind im Sinne einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften beachtlich. Die belangte Behörde hat nämlich lediglich Feststellungen über die von den Beteiligten durchgeführten Arbeiten, die von den Gesellschafter-Geschäftsführern gehaltenen Anteile an der Stammeinlage der in Rede stehenden GesmbH sowie den Mangel eines Sperrquorums im Gesellschaftsvertrag getroffen. Weitere Feststellungen wurden von der belangten Behörde nicht getroffen. Dieser Sachverhalt erweist sich aber als für die rechtliche Beurteilung nicht ausreichend.

Vor Einführung des Abs. 4 in § 2 AuslBG durch die Novelle BGBl. Nr. 502/1993 war bei Gesellschaften mit ausländischen mitarbeitenden Gesellschaftern zu prüfen, welche gesellschaftliche Stellung der in Rede stehende Ausländer auf Grund der Größe seines Geschäftsanteiles hat oder/und durch andere Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages betreffend die Abstimmungsquoren, durch die ihm allenfalls ein erheblicher Einfluß auf die tatsächliche Ausgestaltung der gesellschaftlichen Gebarung eingeräumt wird, als selbstständiger Unternehmer oder als abhängiger Arbeitnehmer anzusehen ist. Ist der Ausländer Mehrheitsgesellschafter und kann er als solcher die Beschlußfassung der Generalversammlung bestimmen oder verfügt er über einen solchen Geschäftsanteil, der ihn in Verbindung mit einer im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen qualifizierten Mehrheit bei Abstimmungen in die Lage versetzt, Beschlüsse der Generalversammlung zumindest zu verhindern ("Sperrminorität"), ist er nicht als abhängiger Arbeitnehmer anzusehen. In einem solchen Fall kann seine Tätigkeit auch nicht als Verwendung in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis qualifiziert werden. Ein derartiger Geschäftsführer bedürfte daher mangels Zutreffens der Voraussetzung des § 2 Abs. 2 AuslBG keiner Beschäftigungsbewilligung im Sinn des § 3 Abs. 1 AuslBG. Erst wenn sich aus dem Gesamtbild der Vertragsgestaltung in Verbindung mit den vom Ausländer tatsächlich ausgeführten Tätigkeiten die berechtigte Vermutung von Verschleierungsversuchen ergibt, wäre vom Vorliegen eines Scheingeschäfts im Sinne des § 916 ABGB auszugehen. Erst in diesem Fall wären dann die dem Ausländer im Rahmen der Gesellschaft ausgeübten Tätigkeiten als arbeitnehmerähnlich im Sinn des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG anzusehen, und bedürften im Sinn des § 3 Abs. 1 AuslBG einer Beschäftigungsbewilligung.

Die belangte Behörde hat in diesem Punkte lediglich festgestellt, daß die Manfred Z GesmbH zwischen drei slowenischen Staatsangehörigen (zu je 26 % Geschäftsanteil) und dem Beschwerdeführer als einzigem Österreicher (mit einem Geschäftsanteil von 22 %) ohne Einräumung einer Sperrminorität gegründet worden sei. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer jedoch darauf, daß diese Feststellungen für die von der belangten Behörde daraus gezogene Schlußfolgerung eines nicht bestimmenden Einflusses jeweils eines der ausländischen Gesellschafter-Geschäftsführer auf den Geschäftsgang und die Gebarung der Gesellschaft nicht ausreichend sind. Aus dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gesellschaftsvertrag ist nämlich ersichtlich, daß gemäß Punkt VIII dieses Vertrages sämtliche Beschlüsse der Gesellschafter in der Generalversammlung mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefaßt werden, wobei nach Punkt IX. dieses Vertrages die Beschlußfähigkeit der Generalversammlung gegeben ist, wenn mindestens 70 % der Gesamtstimmen vertreten sind. 70 % der Stimmen kann im Hinblick auf die gehaltenen Geschäftsanteile nur erreicht werden, wenn neben dem Beschwerdeführer zumindest zwei der ausländischen Gesellschafter anwesend sind, bei welcher Konstellation der Beschwerdeführer in jedem Falle von den ausländischen Gesellschaftern überstimmt werden kann (unter Einschluß der Möglichkeit einer Stimmenthaltung). Bei dieser Konstellation hätte die belangte Behörde daher ergänzende Feststellungen dahingehend zu treffen gehabt, inwieweit die ausländischen Gesellschafter bei tatsächlicher Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages ihren gesellschaftlichen Funktionen überhaupt nachgekommen sind oder nachkommen konnten.

Da die belangte Behörde ihre Entscheidung aus den dargelegten Gründen auf einer nicht ausreichenden Sachverhaltsgrundlage aufgebaut hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996090095.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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