TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/20 96/03/0174

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Veröffentlicht am 20.05.1998
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
92 Luftverkehr;

Norm

LuftfahrtG 1958 §146 Abs1;
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2;
VStG §44a Z2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des S S in Kapfenberg, vertreten durch Dr. Werner Walch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 9. April 1996, Zl. 4/4-7/1996, betreffend Übertretung des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Landeshauptmannes von Tirol vom 29. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 12. August 1995 zwischen 17.00 Uhr und 19.00 Uhr mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Hubschrauber eines näher bezeichneten Unternehmens anläßlich des Open-Air-Konzertes der Schürzenjäger vier Passagiere von Innsbruck nach Finkenberg geflogen, wobei das genannte Unternehmen für diesen Tag nur eine Bewilligung für einen Presseflug zwecks Luftaufnahmen, nicht aber für touristische Personentransporte gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe diesen Flug durchgeführt, ohne eine Außenlande- bzw. Außenabflugbewilligung des Landeshauptmannes von Tirol als Luftfahrtbehörde zu besitzen. Er habe dadurch die Rechtsvorschriften des "§ 146 Abs. 1 Luftfahrtgesetz (LFG) BGBl. Nr. 253/1957 idgF, iVm § 9 Abs. 2 LFG" verletzt, weshalb über ihn gemäß § 146 Abs. 1 LFG eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf S 10.000,-- (und entsprechend die Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt wurde; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt, wobei jedoch der Spruch des Straferkenntnisses dahin modifiziert wurde, daß er zu lauten habe wie folgt:

"Sie flogen am 12. August 1995 als Pilot mit dem

Hubschrauber der Firma ... , mit dem Kennzeichen ... anläßlich

des Open-Air-Konzertes der Zillertaler Schürzenjäger vier Passagiere von Innsbruck nach Finkenberg, wobei drei Personen bei dieser Veranstaltung zurückblieben und in der Folge eine Person nach Wattens zurückgeflogen wurde. Die Außenlandung in Finkenberg erfolgte um 18.37 Uhr, in Wattens um 20.49 Uhr, Außenabflug von Finkenberg um 20.39 Uhr, Außenlandung in Wattens um 20.49 Uhr. Für die genannten Außenabflüge und Außenlandungen waren Sie nicht im Besitz einer Bewilligung im Sinne des § 9 Abs. 2 Luftfahrtgesetz, da es sich bei diesen Flügen nicht um einen Personentransport im öffentlichen Interesse zur Durchführung von Geländeaufnahmen von Foto- und Filmflügen im Sinne des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 02.12.1994, Zl. IIb2-Sch-182/448-1994, Punkt IV, Ziffer 15) gehandelt hat."

Im übrigen beließ die belangte Behörde den Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz unverändert.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes beantragt.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsstrafakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem vorliegenden Straferkenntnis, mit welchem die belangte Behörde die von der Erstbehörde als Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG genannten Normen übernommen hat, wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe die Bestimmungen des § 146 Abs. 1 LFG in Verbindung mit

§ 9 Abs. 2 leg. cit. übertreten.

§ 9 Abs. 1 und 2 LFG lautet:

"(1) Zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen dürfen, soweit nicht in den Abs. 2 bis 4 und in § 10 etwas anderes bestimmt ist, nur Flugplätze (§ 58) benützt werden.

(2) Für Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) ist, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, eine Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt."

§ 146 Abs. 1 LFG bestimmt:

"(1) Wer den Vorschriften dieses Bundesgesetzes, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen oder den Anordnungen der Flugsicherungsorgane zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, begeht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist vom Landeshauptmann mit einer Geldstrafe bis zu 300.000 S zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Im Falle der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen ohne die nach § 103 oder § 108 erforderlichen Bewilligungen ist eine Geldstrafe von mindestens 50.000 S zu verhängen."

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1996, Zl. 94/03/0086, mit weiterem Judikaturhinweis), daß die Bestimmung des § 9 Abs. 2 LFG kein Gebot oder Verbot enthält, sodaß ein Zuwiderhandeln im Sinne des § 146 Abs. 1 LFG gegen diese Bestimmung gar nicht möglich ist. § 9 Abs. 2 LFG stellt eine gesetzliche Grundlage lediglich für die Durchführung eines Administrativverfahrens dar, dessen Gegenstand ein Antrag auf Erteilung einer Außenabflug- oder Außenlandebewilligung bildet. Diese Bestimmung stellt jedoch keine solche Verhaltensnorm dar, die als verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG in Betracht kommen könnte. Dies trifft im vorliegenden Fall auch auf die Strafbestimmung des § 146 Abs. 1 LFG zu. § 146 Abs. 1 erster Satz LFG enthält keine selbständigen Straftatbestände und normiert insbesondere nicht die Strafbarkeit im Falle eines Verstoßes gegen Bestimmungen eines Bewilligungsbescheides nach § 9 Abs. 2 LFG. Eine Übertretung des § 9 Abs. 1 LFG wurde dem Beschwerdeführer hingegen nicht zur Last gelegt.

Aus diesen Gründen erweist sich die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gebilligte Rechtsauffassung der Erstbehörde, § 9 Abs. 2 in Verbindung mit § 146 Abs. 1 LFG sei die verletzte Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG als rechtsirrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden mußte, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994, im Rahmen des gestellten Begehrens. Hinsichtlich der Kostenersatzpflicht des Landes Tirol als Rechtsträger im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG wird unter Bezugnahme auf § 43 Abs. 2 VwGG auf den hg. Beschluß vom 6. Mai 1998, Zl. 96/21/0735, hingewiesen.

Schlagworte

Verwaltungsvorschrift Mängel im Spruch falsche Subsumtion der Tat

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996030174.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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