TE Lvwg Erkenntnis 2020/3/2 LVwG-2020/30/0144-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Index

41/02 Melderecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

MeldeG 1991 §8 Abs2
MeldeG 1991 §22 Abs2 Z5
VStG §45 Abs1 Z4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Rieser über die Beschwerde von Frau AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.12.2019, Zl *****, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach dem Meldegesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird insofern Folge gegeben, als in Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG von der Fortführung des Strafverfahrens abgesehen und der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung erteilt wird.

2.       Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25 Abs 4 VwGG eine Revision nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Sachverhalt und rechtliche Erwägungen:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin Folgendes angelastet:

„Die Beschuldigte hat obwohl sie als Unterkunftgeberin Grund zur Annahme hatte, dass der Unterkunftsnehmer CC geb. am XX.XX.XXXX, seine Meldepflicht nicht erfüllt hat, es verabsäumt dies der Meldebehörde Gemeinde Stadtamt Z binnen 14 Tagen mitzuteilen. Die oben angeführte Person war seit Mitte Juni 2019 unter der Anschrift X, Adresse 2, aufhältig, ohne sich anzumelden.“

Der Beschwerdeführerin wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 Z 5 Meldegesetz angelastet und gegen sie eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 bzw eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden zuzüglich Euro 10,00 Verfahrenskosten verhängt.

In der rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wurde Folgendes ausgeführt:

„In der umseits bezeichneten Rechtssache erhebt die Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 10.12.2019 binnen offener Frist

Beschwerde

an das Landesverwaltungsgericht.

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte eine Geldstrafe in Höhe von Euro 50,00 verhängt, da, obwohl sie als Unterkunftgeberin Grund zur Annahme hatte, dass der Unterkunftsnehmer CC, geb. am XX.XX.XXXX, seine Meldepflicht nicht erfüllt hat, es verabsäumt habe, dies der Meldebehörde der Gemeinde Stadtamt Z binnen 14 Tagen mitzuteilen.

Als Begründung führt die Behörde aus, dass im Zuge einer Meldeüberprüfung am 3.10.2019 festgestellt worden sei, dass sich der Unterkunftsnehmer schon längere Zeit nicht mehr an der angeführten Adresse aufgehalten habe, dies sei durch Befragung der Nachbarn erhoben worden. Aus diesem Grund sie die Beschuldigte durch den amtshandelnden Beamten telefonisch über die Pflichten des Unterkunftgebers in Kenntnis gesetzt worden und sei aufgetragen worden, umgehend die Abmeldung bei der Meldebehörde zu veranlassen.

Die Abmeldung sei erst mit 7.11.2019 erfolgt.

Entgegen der Behauptung der Behörde hat die Beschuldigte keinerlei Übertretung nach dem Meldegesetz zu verantworten.

Für die Beschuldigte bestand zu keinem Zeitpunkt irgendeine Veranlassung, davon auszugehen, dass der Meldepflichtige seine Meldepflicht nicht erfüllt hätte.

Insbesondere war der Beschuldigten völlig ungekannt, dass der Meldepflichtige nach X übersiedelt sei.

Dieser Umstand wurde der Beschuldigten erst durch den Anruf der Behörde (dessen Zeitpunkt im angefochtenen Erkenntnis im Übrigen verschwiegen wird) bekannt. Nachdem die Beschuldigte von der Behörde selbst auf den Umstand aufmerksam gemacht worden war, dass sich der Beschuldigte pflichtwidrig nicht abgemeldet hätte, bestand für die Beschuldigte keine weitere Veranlassung, der Behörde etwas mitzuteilen, was die Behörde ohnehin bereits wusste. Bereits aus diesem Grund scheidet eine Übertretung nach § 8 Abs 2 Meldegesetz aus.

Nachdem das gegenständliche Erkenntnis aber auch nicht darlegt, zu welchem Zeitpunkt das Telefonat mit der Beschuldigten stattgefunden haben soll, ist auch dieser Begründung eine Übertretung der 14-tägigen Frist nicht ableitbar.

Aus all diesen Gründen wird gestellt der

ANTRAG,

das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das gegen die Beschuldigte gerichtete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.“

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt Einsicht genommen. Im Beschwerdeverfahren wurde bei der PI Z nachgefragt, wann Frau AA von der PI Z telefonisch über die Rechtslage in Kenntnis gesetzt wurde. Laut schriftlicher Mitteilung der PI Z vom 23.01.2020 wurde mit der Beschwerdeführerin am 20.08.2019 telefonisch Rücksprache gehalten. Die Beschwerdeführerin sei zum Aufenthalt des CC befragt worden sowie über die Rechtslage in Kenntnis gesetzt worden. Aufgrund der Tatsache, dass bis zum 03.10.2019 keine Abmeldung veranlasst worden sei, sei nach Rücksprache mit der Bezirkshauptmannschaft W ein amtliches Abmeldeverfahren veranlasst sowie die Unterkunftgeberin und der Unterkunftnehmer gemäß den Bestimmungen des Meldegesetzes angezeigt worden.

Zur Sachverhaltsfeststellung wurde weiters am 24.02.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt. Zur Beschwerdeverhandlung erschien der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin selbst ist zur Beschwerdeverhandlung nicht gekommen. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin ist der Bruder der Beschwerdeführerin und gab dieser auf Befragung Folgendes an:

„Beim Unterkunftnehmer CC handelt es sich um den ehemaligen Schwiegersohn der Beschwerdeführerin. Er war mit der Tochter der Beschwerdeführerin DD verheiratet. Die Ehe dauerte vielleicht ca 15 Jahre. Aus der Ehe entstanden drei minderjährige Kinder im Alter zwischen 11 und 17 Jahren. Die Familie meiner Nichte hat dort ca 18 Jahre zusammengelebt.

Im Melderegister scheint der Meldezeitraum auf von 16.04.2002 bis 07.11.2019. Vielleicht im Jahre 2013 ist dann meine Nichte mit den Kindern in eine Wohnung in Z gezogen, im Zuge einer Ehescheidung.

Der Ehemann CC verblieb in der gemeinsamen ehelichen Wohnung. Die Wohnung war auch weiterhin eingerichtet und haben auch die Kinder ihre Besuchszeiten beim Vater dort verbracht. CC musste an meine Schwester keine Miete bezahlen. Dies deshalb, um ein funktionierendes familiäres Zusammenleben mit den Kindern zu gewährleisten. Es konnte ja diesbezüglich auch nicht auffallen, ob und wie lange er in Z war oder ob er gerade nicht da war. Meine Schwester, also die Beschwerdeführerin, hat ihre Ordination und eine Wohnung in W und sie hat auch noch einen weiteren Wohnsitz in V, in Z hat sie keinen Wohnsitz mehr. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass ihr ein etwaiger Auszug oder ein Wegziehen nicht aufgefallen sind. Schlussendlich ausgezogen und den Wohnsitz aufgegeben hat er erst im Dezember 2019. Im Dezember hat er die Wohnung geräumt. Anfang Dezember 2019 dürfte er mit dem Auszug dann wirklich fertig gewesen sein.“

Der im Beschwerdeverfahren eingeholte Bericht der PI Z wurde dargetan. Zu diesem Erhebungsbericht gab der Rechtsvertreter ergänzend Folgendes an:

„Auch wenn das Telefonat am 20.08.2019 stattgefunden hat, wusste meine Schwester sicherlich nicht, ob ihr Ex-Schwiegersohn ausgezogen ist oder nicht. Dem Anschein nach war dies nicht erfolgt. Die Wohnung wurde erst Anfang Dezember 2019 geräumt. Er hat sich auch bei meiner Schwester nicht gemeldet oder mitgeteilt, dass die Wohnung von ihm nicht mehr benützt wird und er nicht mehr darüber verfügt. Er hat über das Haus über mehr als 17 Jahre frei verfügen können. Meine Schwester hat nicht kontrolliert, wann er da war und so weiter. Ihr ist auch nichts bekannt, dass er irgendwo nach X oder anderswohin verzogen wäre.“

Weiters wurde in der Beschwerdeverhandlung der vorgelegte Verwaltungsstrafakt dargetan. Weitere Beweisanträge wurden nicht gestellt. Im Rahmen der abschließenden Stellungnahme führte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin noch Folgendes aus:

„Im gegenständlichen Fall kann maximal davon ausgegangen werden, dass der objektive Tatbestand vorgelegen ist. Von einem vorwerfbaren Verschulden kann kaum ausgegangen werden. Meine Schwester ist sicher davon ausgegangen, dass ihr Ex-Schwiegersohn noch in dem zur Verfügung gestellten Haus wohnt bzw dass die Polizei die Abmeldung veranlassen wird, was auch in weiterer Folge dann geschehen ist. Tatsächlich ausgezogen und die Wohnung aufgegeben hat er erst Anfang Dezember mit dem Verbringen der restlichen privaten Gegenstände.

Die Beschwerde wird auf eine Strafberufung eingeschränkt.

Es wird beantragt, dass die Strafe herabgesetzt bzw dass in Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden wird.“

Einer schriftlichen Entscheidungsausfertigung wurde ausdrücklich zugestimmt.

Aufgrund der Einschränkung der Beschwerde auf eine Strafberufung ist der Schuldspruch in Teilrechtskraft erwachsen. Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung liegt somit jedenfalls vor. Hinsichtlich des vorliegenden subjektiven Tatbestand ist auszuführen, dass das Verschulden der Beschwerdeführerin als gering anzusehen ist. Beim abzumeldenden Unterkunftnehmer handelte es sich um den Ex-Schwiegersohn der Beschwerdeführerin, der jahrelang in der von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Unterkunft unentgeltlich Unterkunft genommen hat. Es ist glaubhaft und nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführerin, die selbst in U berufstätig und wohnhaft ist, nicht bekannt war, wann sich ihr Ex-Schwiegersohn in der zur Verfügung gestellten Unterkunft aufhielt oder wann er die Unterkunft tatsächlich aufgegeben hat. Auch wenn die Polizei am 20.08.2019 telefonisch nachgefragt hat, ist es nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin davon ausgegangen ist, dass die für Vollziehung des Meldegesetzes zuständigen Organe von einem Wegzug und von einer Unterkunftaufgabe in Kenntnis waren. Die Organe der PI Z fungierten im gegenständlichen Falle als Exekutivorgane der für das Verwaltungsstrafverfahren nach dem Meldegesetz zuständigen Bezirkshauptmannschaft W und nicht als Organe der für die Führung des Melderegisters zuständigen Meldebehörde, nämlich der Bürgermeisterin der Stadt Z. Es ist auch nachvollziehbar, dass für die Beschwerdeführerin die Unterkunft erst nach Räumung durch den Unterkunftnehmer endgültig aufgegeben wurde. Ob und ab wann sich der Beschwerdeführer in einer Unterkunft in X oder anderswo aufgehalten hat, entzieht sich nachvollziehbarer Weise der Kenntnis der Beschwerdeführerin und ist hinsichtlich einer neuen oder zusätzlichen Unterkunftnahme durch den Ex-Schwiegersohn im vorliegenden Fall auch die Beschwerdeführerin nicht mitteilungspflichtig nach dem Meldegesetz. Aufgrund der im Beschwerdeverfahren festgestellten grundsätzlich unstrittigen Umstände liegen im gegenständlichen Fall das tatbildmäßige Verhalten der unbescholtenen Beschwerdeführerin und auch die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes durch die Tat hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück. Nach Rechtsansicht des Landesverwaltungsgerichts Tirol sind im gegenständlichen Fall jedenfalls die Voraussetzungen zur Anwendung des § 45 Abs 1 Z 4 VStG gegeben.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, war der Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens eine Ermahnung zu erteilen, da dies geboten und ausreichend erscheint, um sie von der Begehung strafbarer Handlung gleicher Art bestmöglich abzuhalten.

II.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Aufgrund der Tatsache, und das im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren weder die Verhängung einer Gelstrafe von mehr als Euro 750,00 möglich ist noch eine Geldstrafe von mehr als Euro 400,00 ausgesprochen wurde, ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof wegen Verletzung von Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) seitens der Beschwerdeführerin nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Dr. Rieser

(Richter)

Schlagworte

Ermahnung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.30.0144.4

Zuletzt aktualisiert am

26.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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