TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/6 W201 2011241-1

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Veröffentlicht am 06.02.2020
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Entscheidungsdatum

06.02.2020

Norm

ASVG §338
ASVG §341
ASVG §342
ASVG §344
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W201 2011241-1/40E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Angela SCHIDLOF als Vorsitzende sowie Dr. Irmgard SCHILLER-FRÜHWIRTH, Dr. Erich SCHMATZBERGER, Mag. Martin DUHAN sowie Dr. Walter ARNBERGER als fachkundige Laienrichter über die Beschwerde von:

1) Radiologie Fachärzte Dr. XXXX ,

2) Univ.Doz. Dr. XXXX , Univ.Doz. Dr. XXXX und Partner Gruppenpraxis für Radiologie GmbH, XXXX ,

3) Univ.Prof. Dr. XXXX und Dr. XXXX , Fachärzte für Radiologie OG,

XXXX ,

4) XXXX OG, Facharztpraxis für Radiologie, XXXX ,

5) XXXX Fachärzte für Radiologie GmbH, XXXX ,

6) XXXX Radiologiegruppenpraxis OG XXXX ,

7) Dr. XXXX Partner Fachärzte für Radiologie OG, XXXX ,

8) Dr. XXXX & Dr. XXXX Fachärzte für Radiologie OG, XXXX ,

9) XXXX Gruppenpraxis für Radiologie OG, XXXX ,

10) XXXX Fachärzte für Radiologie OG, XXXX

11) Dr. XXXX und Dr. XXXX Fachärzte für Radiologie OG, XXXX ,

12) Prim.Univ.Prof. Dr. XXXX & Partner Fachärzte für Radiologie OG,

XXXX ,

13) Univ.Doz. Dr. XXXX und Dr. XXXX Fachärzte für Radiologie OG,

XXXX ,

14) Dr. XXXX und Dr. XXXX Fachärzte für Radiologie OG, XXXX ,

15) XXXX Dr. XXXX und Dr. XXXX ,

alle vertreten durch Backhausen Rechtsanwalts GmbH, Am Lugeck 7, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Paritätischen Schiedskommission für Wien, W-PSK 4/2014, vom 10.06.2014, (mitbeteiligte Partei:

Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OG, 1010 Wien, Universitätsring 12) zu Recht erkannt:

I.

Der Beschwerde gegen den Spruchpunkt 2.) des Bescheides der Paritätischen Schiedskommission vom 10.06.2014, W-PSK 4/2014, wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die betreffende Gruppenpraxis für die von dem einzelnen Gesellschafter oder auf dessen Anweisung und unter dessen Verantwortung von dazu befugten Hilfskräften vorgenommenen sonographischen Untersuchungen einen Honoraranspruch von 100% des in der Honorarordnung vorgesehenen Betrages hat, solange die Zahl der diesem zuzurechnenden Untersuchungen innerhalb eines Abrechnungsmonates die unter Punkt XII.5. der Honorarordnung für Fachärzte für Radiologie vorgesehene Grenze von 71 noch nicht überschritten hat.

II.

Im Übrigen wird die Beschwerde gegen den Bescheid der Paritätischen Schiedskommission vom 10.06.2014, W-PSK 4/2014, abgewiesen.

III.

Die Revision ist gemäß § 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

1. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 27.02.2014 stellten die im Spruch genannten Vertragsgruppenpraxen für Radiologie (Beschwerdeführerinnen - BF), alle vertreten durch Backhausen Rechtsanwalt GmbH, einen Antrag an die paritätische Schiedskommission, diese möge feststellen, dass Abschnitt XII "Sonographische Untersuchungen", Ziffer 5, der Honorarordnung für Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte zum von der österreichischen Ärztekammer mit der Antragsgegnerin abgeschlossenen Gruppenpraxen-Gesamtvertrag (GPGV) vom 01.04.2011 dahingehend auszulegen sei, dass sonographische Untersuchungen durch Gruppenpraxen für Radiologie nur mit 70 % des entsprechenden Eurowertes honoriert werden, wenn die Anzahl der von den Gruppenpraxen für Radiologie innerhalb eines Abrechnungsmonats abgerechneten Sonographieuntersuchungen den Wert 71 multipliziert durch die Anzahl der Gesellschafter der jeweiligen Gruppenpraxis übersteige. Weiters wurde begehrt, die Antragsgegnerin schuldig zu erkennen, die in der Zeit vom September 2013 bis Februar 2014 in Abzug gebrachten Honorare für die erbrachten sonographischen Leistungen bis zu der nach der in der oben genannten Weise ermittelten Höhe zu bezahlen.

Es werde ersucht, von einer Vorbehandlung in einem Schlichtungsausschuss abzusehen, da alle Versuche einer gütlichen Einigung über diese Frage gescheitert seien.

2. Zu diesem Antrag erstattete die Antragsgegnerin - die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) - eine Stellungnahme vom 07.05.2014 und brachte im Wesentlichen vor, im Hinblick auf die Bestimmung des § 49 des GPGV vom 01.04.2011 sei darauf zu schließen, dass die Vertragsparteien übereinstimmend der Meinung gewesen seien, dass die Honorarordnung in dieser Form zur Anwendung zu bringen sei. Für die von den Antragstellern gewünschte Interpretation bleibe kein Raum, da die Vertragsparteien ansonsten explizit entsprechende Regelungen im § 49 aufgenommen hätten, wie es in Abs. 3 und 4 erfolgt sei. Es sei der eindeutige Wille der Vertragspartner, die Honorarordnung in der vorliegenden Form zur Anwendung zu bringen.

Es stelle auch keinen Fehler dar, dass die "Gruppenpraxen" weder in der Honorarordnung erwähnt würden, noch dass die Honorarordnung an die Gruppenpraxen nicht angepasst worden sei: Die Vertragsparteien seien der Meinung gewesen, dass dies nicht erforderlich sei; die zu erbringenden medizinischen Leistungen von Gruppenpraxen würden sich nicht von denen einzelner niedergelassenen Ärzte unterscheiden.

Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin würden die Gruppenpraxen mit mehreren Gesellschaftern nicht geringer entlohnt als niedergelassene Vertragsärzte. Es werde jedenfalls eine wirtschaftliche Gleichbehandlung, wenn nicht sogar eine Bevorzugung vorgenommen. Das Honorar enthalte neben der Leistungskomponente auch einen Anteil für die Finanzierung der Geräteausstattung des jeweiligen Vertragspartners. Während der niedergelassene Arzt alleine eine Vielzahl von Verrichtungen vorzunehmen habe, erfolge in der Gruppenpraxis eine Verteilung auf die Gesellschafter. Die Gerätenutzung durch mehrere Gesellschafter ermögliche daher eine höhere Auslastung des Gerätes und damit eine wirtschaftlichere Nutzung. Die durch die Deckelung abgebildete Finanzierungskomponente werde die Gruppenpraxis daher früher bzw. leichter erreichen können.

Im Ergebnis sei die von der BVA vorgenommene Auslegung des GPGV die einzig mögliche.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der paritätischen Schiedskommission vom 10.06.2014 wurden die Anträge der im Spruch genannten Gruppenpraxen abgewiesen. Nach Wiedergabe des Sachverhaltes führte die belangte Behörde aus, das Vertragsverhältnis zwischen der Gruppenpraxis und der BVA werde durch den Abschluss des Gruppenpraxen-Einzelvertrages begründet. Die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien ergäben sich aus dem Gruppenpraxen-Einzelvertrag, dem GPGV sowie den Zusatzvereinbarungen hierzu. Alle ärztlichen Tätigkeiten, die der jeweils behandelnde Gesellschafter einer Vertragsgruppenpraxis für Anspruchsberechtigte der BVA erbringe, würden als im Namen der Vertragsgruppenpraxis gesetzt gelten und vertragsrechtlich der Vertragsgruppenpraxis zugerechnet. Die Abrechnung der Leistungen der Gesellschafter erfolge durch die Vertragsgruppenpraxis, weil auch die Leistungen der einzelnen Gesellschafter der Vertragsgruppenpraxis zugerechnet würden und das Honorar der Vertragsgruppenpraxis zustehe.

Soweit die Gesetzesmaterialien (779 Big NR XXIV GP, 32) festhielten, dass durch die Neuregelung des 2. Satzes des § 342 Abs. 2 ASVG es für Einzelpraxen bzw. Gruppenpraxen getrennte Honorarordnungen geben müsse, treffe dies nur für Gruppenpraxen zu, in denen mehrere Fachrichtungen vertreten seien. Nur auf diese beziehe sich § 342a Abs. 2 Satz 2 ASVG, hier seien im Unterschied zu Einzelordinationen Pauschalmodelle vorzusehen. Honorarvereinbarungen mit Gruppenpraxen sollten auch die Einsparungspotenziale, die sich für Ärzte einer Gruppenpraxis aus der Organisationsform einer Gesellschaft ergäben, wiederspiegeln. Nach § 342 Abs. 2 letzter Satz leg.cit. seien bei der Honorierung die durch die Organisation als Gesellschaft allenfalls möglichen Wirtschaftlichkeitspotenziale (Synergie-Effekte) zu berücksichtigen.

Die Vereinbarung der Einzelleistungshonorierung sei im vorliegenden Fall daher zulässig, was neben den Synergieeffekten auch die Zulässigkeit der in der hier anzuwendenden Verordnung vorgesehenen Deckelungsregelung wie bei Einzelordinationen begründet habe. Eine ausdrückliche Erwähnung der "Gruppenpraxis" in der Honorarordnung sei daher nicht erforderlich. Da sich der Wille der Vertragsparteien, bei fachgleichen Gruppenpraxen Honorarbeschränkungen aus öffentlichem Interesse einzubauen, eindeutig aus dem Regelungszweck ergebe, fehle jegliche Grundlage für eine vertragsergänzende Interpretation, und es liege auch keine Regelungslücke vor.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 06.08.2014 in der vorgebracht wird, es sei nicht festgestellt worden, welchen Willen die Vertragsparteien bei Vertragsabschluss tatsächlich verfolgt hätten, noch ob und in welchem Umfang vorliegende Einsparungspotenziale gegeben sein sollen. Die Parteien des vertragsgegenständlichen Gesamtvertrages hätten bei Vertragsabschluss der Einfachheit halber die für Einzelpraxen geltende Honorarordnung zum Vertragsinhalt gemacht. Diese Honorarordnung sei demnach nicht auf die Erfordernisse einer Gruppenpraxis angepasst worden, sondern stelle der gesamte Honorartarif ausschließlich auf niedergelassene Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte ab. Die BVA unterstelle dem Regelungsinhalt des Gesamtvertrages, dass der "Deckel" auch für die Gruppenpraxis gelte, ganz gleichgültig, wie viele Gesellschafter diese Gruppenpraxis habe. Ein derartiger Regelungsinhalt sei von den Vertragsparteien nicht gewollt gewesen. Es könne den Gesamtvertragsparteien nicht unterstellt werden, dass ein vertraglicher Honorardeckel, der bisher für die jeweilige Einzelpraxis gegolten habe, nunmehr auch bei der Vergesellschaftung mehrerer Einzelpraxen angewendet werden solle. Insoweit sei von einer Regelungslücke auszugehen und sei daher eine vertragsergänzende Auslegung notwendig. Die angeführten Erwägungen aus den Gesetzesmaterialien könnten wohl nicht den Willen der konkreten Gesamtvertragsparteien unter Beweis stellen. Es entspreche ganz im Gegenteil der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein für einen niedergelassenen Arzt geltender Honorardeckel nicht auch dann gelten könne, wenn mehrere niedergelassene Ärzte im Rahmen einer gemeinsamen Gesellschaft tätig seien. Es werde daher der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung anberaumen und die beantragten Beweise durchführen, der vorliegenden Beschwerde Folge geben und feststellen, dass die BVA schuldig sei, den BF die in der Zeit m September 2013 bis Februar 2014 in Abzug gebrachten Honorare nach dem vereinbarten Tarif ohne jeden Abschlag binnen 14 Tagen zu bezahlen. Weiters möge festgestellt werden, dass Abschnitt XII Ziffer 5 des Abschnittes der Honorarordnung dahingehend auszulegen sei, dass sonographische Untersuchungen durch Gruppenpraxen für Radiologie nur mit 70 % des entsprechenden Eurowertes honoriert werden, wenn die Anzahl der von der Gruppenpraxis für Radiologie innerhalb eines Abrechnungsmonats abgerechneten sonographischen Untersuchungen den Wert 71 multipliziert mit der Anzahl der Gesellschafter der jeweiligen Gruppenpraxis übersteige.

5. Mit Erkenntnis W201 2011241-1/10E vom 31.08.2017 wurde die Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht als unbegründet abgewiesen und die Revision zugelassen.

6. Gegen das unter Pkt 5 angeführte Erkenntnis erhoben die Beschwerdeführer die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

7. Mit Erkenntnis Ro 2017/08/0019 bis 0032-4 vom 30.01.2018 hob der VwGH das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II. Zuständigkeit und verfahrensrechtliche Bestimmungen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 347a ASVG kann gegen einen Bescheid der Paritätischen Schiedskommissionen, der Ländesschiedskommissionen und der Bundesschiedskommission und wegen Verletzung ihrer Entscheidungspflicht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

§ 347b ASVG bestimmt:

(1} Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat in Angelegenheiten nach § 347a durch einen Senat zu erfolgen, der aus dem Senatsvorsitzenden und vier fachkundigen Laienrichtern besteht, wobei davon zwei Ärzte sind und zwei spezifische Kenntnisse auf dem Gebiet des Gesundheits- und des Sozialversicherungswesens haben müssen. Für die fachkundigen Laienrichter ist je ein Stellvertreter auf dieselbe Weise zu bestellen.

(2) Die vier fachkundigen Laienrichter werden vom Bundeskanzler auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer und des Hauptverbandes bestellt. Die Österreichische Ärztekammer und der Hauptverband haben in ihren Vorschlägen jeweils einen Arzt und einen Experten mit spezifischen Kenntnissen im Gesundheits- und Sozialversicherungswesen namhaft zu machen, im Falle von Beschwerden gegen Bescheide der Paritätischen Schiedskommissionen dürfen Versicherungsvertreter und Arbeitnehmer jenes Versicherungsträgers sowie Angehörige und Arbeitnehmer jener Ärztekammer, die Vertragsparteien des Gesamtvertrages sind, auf dem ein streitgegenständlicher Einzelvertrag beruht, im jeweiligen Verfahren nicht Laienrichter sein; das Gleiche gilt für Personen, die bei der Erarbeitung der Richtlinie nach § 347 Abs 5 mitgewirkt haben, wenn in einem Verfahren die Richtlinie anzuwenden ist.

(3) Die Kosten des Verfahrens tragen je zur Hälfte die in Betracht kommende gesetzliche Interessenvertretung und der beteiligte Versicherungsträger (Hauptverband).

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Absatz 2: Über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3. Sachverhalt:

Der verfahrensgegenständliche GPGV vom 01.04.2011 wurde zwischen der österreichischen Ärztekammer für die niedergelassenen Ärzte aller Ärztekammern und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) abgeschlossen. Der GPGV regelt das Verfahren zum Abschluss von Gruppenpraxen-Einzelverträgen, die Rechte und Pflichten von Vertragsgruppenpraxen und Gesellschaftern von Vertragsgruppenpraxen sowie die Beziehungen der Parteien des GPGV und die Beziehungen der Parteien des Gruppenpraxen-Einzelvertrages zueinander.

§ 49 des GPGV mit der Überschrift "Honorierung der Vertragsgruppenpraxis" verweist in seinem Abs 1 auf die Anlage 1 - die Honorarordnung für Ärzte für Aligemeinmedizin und Fachärzte. Diese Honorarordnung ist integrierender Bestandteil des GPGV.

Die sonographischen Untersuchungen und ihre Honorierung sind im Punkt XII dieser Honorarordnung geregelt. Gemäß Punkt XII.5. der gegenständlichen Honorarordnung iZm der Verweisung durch § 49 Abs. 1 GPGV gelten die Bestimmungen der Honorarordnung nicht nur für Einzelvertragsärzte, sondern auch für Vertragsgruppenpraxen. Bei Anwendung der Honorarordnung auf ein Vertragsverhältnis mit einer Gruppenpraxis hat letztere an die Stelle der in der Honorarordnung an sich genannten "Ärzte für Allgemeinmedizin" bzw. "Fachärzte" zu treten. Im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Honoraranspruch iSd Punktes XII.5. der Honorarordnung hat die mitbeteiligte Versicherungsanstalt der Vertragsgruppenpraxis für eine sonographische Untersuchung, die ein behandelnder Gesellschafter gegenüber einem Anspruchsberechtigten erbringt, das sich aus der Honorarordnung ergebende Honorar zu bezahlen.

Die Honorarordnung stellt bei der Deckelung nicht auf eine Ordination, sondern auf den Tätigkeitsumfang eines bestimmten Facharztes ab. Für verschiedene Fachärzte sind verschiedene Degressionsgrenzen festgesetzt. Die Honorarordnung legt fest, dass für jeden Facharzt eine Deckelung sowohl was die Kosten als auch was die Beurteilung der Notwendigkeit derartiger Untersuchungen betrifft ab der jeweils angegebenen Fallzahl eingreifen soll.

Die betreffende Gruppenpraxis hat für die vom einzelnen Gesellschafter oder auf dessen Anweisung und unter dessen Verantwortung von dazu befugten Hilfskräften vorgenommenen sonographischen Untersuchungen einen Honoraranspruch von 100 % des in der Honorarordnung vorgesehenen Betrages, so lange die Zahl der diesem zuzurechnenden Untersuchungen innerhalb eines Abrechnungsmonats die in Punkt XII.5. der Honorarordnung für Fachärzte für Radiologie vorgesehene Grenze von 71 noch nicht überschritten hat. Die betreffende Gruppenpraxis hat im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht das Vorliegen dieser Voraussetzung nachzuweisen.

Mit dem Datum des Inkrafttretens des Gruppenpraxen-Einzelvertrages traten die bis dahin bestehenden Einzelverträge der Ärzte, die Gesellschafter der Gruppenpraxis wurden, außer Kraft. Das Vertragsverhältnis zwischen einer Gruppenpraxis und der BVA wird durch den Abschluss des Gruppenpraxen-Einzelvertrages begründet.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zum Spruchpunkt I.

Das fallbezogene Erkenntnis des VwGH Ro 2017/08/0019 bis 0032-4 vom 30.01.2018 lautet auszugsweise:

"Gemäß § 128 B-KUVG gelten ua hinsichtlich der Beziehungen der Versicherungsanstalt zu den Ärzten/Ärztinnen und Gruppenpraxen die Bestimmungen des Sechsten Teiles des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes insbesondere mit der Maßgabe, dass die für jedes Land gemäß den §§ 344 und 345 ASVG errichteten Kommissionen und die gemäß § 346 ASVG errichtete Bundesschiedskommission auch zuständig sind, wenn am Verfahren die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter beteiligt ist. § 338, § 341, § 342 und § 342a ASVG in der hier maßgeblichen Fassung lauten auszugsweise:

"Regelung durch Verträge

§ 338. (1) Die Beziehungen der Träger der Sozialversicherung (des Hauptverbandes) zu den freiberuflich tätigen Ärztinnen/Ärzten und Zahnärztinnen/Zahnärzten, Dentistinnen/Dentisten, Primärversorgungseinheiten, Gruppenpraxen, Hebammen, Apothekerinnen/Apothekern, den Erbringerinnen/Erbringern von nach § 135 der ärztlichen Hilfe gleichgestellten Leistungen, Pflegepersonen, die medizinische Hauskrankenpflege nach § 151 erbringen, und anderen Vertragspartnerinnen/Vertragspartnern werden durch privatrechtliche Verträge nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geregelt. Diese Verträge bedürfen zu ihrer Rechtsgültigkeit der schriftlichen Form. Die Verträge sowie allfällige Änderungen und Zusatzvereinbarungen sind vom Hauptverband im Internet zu veröffentlichen. ...

(2) ... ."

"Gesamtverträge

§ 341. (1) Die Beziehungen zwischen den Trägern der Krankenversicherung und den freiberuflich tätigen Ärzten sowie den Gruppenpraxen werden jeweils durch Gesamtverträge geregelt. Diese sind für die Träger der Krankenversicherung durch den Hauptverband mit den örtlich zuständigen Ärztekammern abzuschließen. Die Gesamtverträge bedürfen der Zustimmung des Trägers der Krankenversicherung, für den der Gesamtvertrag abgeschlossen wird. Die Österreichische Ärztekammer kann mit Zustimmung der beteiligten Ärztekammer den Gesamtvertrag mit Wirkung für diese abschließen.

(2) Aufgehoben.

(3) Der Inhalt des Gesamtvertrages ist auch Inhalt des zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis abzuschließenden Einzelvertrages. Vereinbarungen zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis im Einzelvertrag sind rechtsunwirksam, insoweit sie gegen den Inhalt eines für den Niederlassungsort des Arztes oder für den Sitz der Gruppenpraxis geltenden Gesamtvertrages verstoßen.

(4) ...

Inhalt der Gesamtverträge

§ 342. (1) Die zwischen dem Hauptverband und den Ärztekammern abzuschließenden Gesamtverträge haben nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen insbesondere folgende Gegenstände zu regeln:

1. (...)

(2) Die Vergütung der Tätigkeit von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten ist nach Einzelleistungen oder nach Pauschalmodellen zu vereinbaren. Die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen sind jeweils in den Honorarordnungen für Einzelordinationen und für Gruppenpraxen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der jeweiligen Gesamtverträge. Die Gesamtverträge sollen eine Begrenzung der Ausgaben der Träger der Krankenversicherung für die vertragsärztliche Tätigkeit einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme der wahlärztlichen Hilfe (§ 131) bzw. für die Tätigkeit von Vertrags-Gruppenpraxen einschließlich der Rückvergütungen bei Inanspruchnahme von Wahl-Gruppenpraxen enthalten.

(2a) Bei der Vereinbarung der Honorarordnungen sind von den Gesamtvertragspartnern mit der Zielsetzung einer qualitativ hochwertigen Versorgung, einer nachhaltig ausgeglichenen Gebarung des Trägers der Krankenversicherung und einer angemessenen Honorarentwicklung folgende Kriterien anzuwenden:

1. Die Entwicklung der Beitragseinnahmen des Krankenversicherungsträgers, wobei gesetzlich für andere Zwecke gebundene Beitragsanhebungen nicht zu berücksichtigen sind;

2. die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Krankenversicherungsträgers ohne Berücksichtigung der eigenen Einrichtungen und der Verwaltungskosten;

3. die gesamtwirtschaftliche Situation (einschließlich Lohn- und Gehaltsentwicklungen);

4. die allgemeine Kostenentwicklung getrennt nach Vertragsärztinnen/Vertragsärzten sowie Vertrags-Gruppenpraxen;

5. die Auswirkung von Mengensteigerungen der ärztlichen Leistungen (Leistungen von Gruppenpraxen) auf die Ausgaben des Krankenversicherungsträgers;

6. die Ausgabenentwicklung des Krankenversicherungsträgers mit Ausnahme jener Leistungen, die nicht in Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Hilfe stehen;

7. der Stand der ärztlichen Wissenschaft und Erfahrung sowie die Auswirkungen der demographischen Entwicklung und der Veränderungen der Morbidität;

8. die im Rahmen der Planung der Gesundheitsversorgungsstruktur beschlossenen Qualitätsvorgaben.

Sonderregelungen für Gruppenpraxen

§ 342a. (1) Ergänzend zu den §§ 341 und 342 sind in den Gesamtverträgen für Vertrags-Gruppenpraxen spezielle Regelungen im Hinblick auf deren spezifische Versorgungsaufgaben (insbesondere hinsichtlich Öffnungszeiten und Leistungsspektren) und Honorierung vorzusehen.

(2) Art und Umfang der Abrechnung der Tätigkeit von Gruppenpraxen sind unbeschadet des § 342 Abs. 2 auf Grundlage einer einheitlichen elektronischen Diagnosen- und Leistungsdokumentation zu vereinbaren. Leistungen von Gruppenpraxen, in denen mehrere Fachrichtungen vertreten sind, sind jedenfalls nach Pauschalmodellen (zB Fallpauschalen) zu honorieren. Dabei sind das Leistungsspektrum und die durch die Organisation als Gesellschaft allenfalls möglichen Wirtschaftlichkeitspotentiale (Synergieeffekte) zu berücksichtigen.

(3) (...)

(4) (...)

(5) Ist für eine Gruppenpraxis kein Gruppenpraxis-Gesamtvertrag anwendbar, so können zur Sicherstellung oder Verbesserung des Sachleistungsangebotes vom Hauptverband unter Bedachtnahme auf die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) für die Träger der Krankenversicherung Sonder-Einzelverträge mit Gruppenpraxen nach einheitlichen Grundsätzen abgeschlossen werden. Ein solcher Sonder-Einzelvertrag bedarf der Zustimmung des Krankenversicherungsträgers, für den er abgeschlossen wird, und der zuständigen Ärztekammer. Der Sonder-Einzelvertrag hat insbesondere die Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie erforderlichenfalls Bereitschaftszeiten sowie das Leistungsspektrum festzulegen."

Die revisionswerbenden Parteien bringen vor, § 49 GPGV iVm der Honorarordnung für Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte sei dahin auszulegen, dass die Deckelungsregelung erst nach der Anzahl der Untersuchungen greife, die der Anzahl der an der Gruppenpraxis beteiligten Fachärzte entspreche, zumal es in Gruppenpraxen Standard sei, mehrere (allenfalls bereits früher angeschaffte) Geräte zu betreiben. Die Degressionsregelung würde nur Fachärzte für Gynäkologie, Innere Medizin, Radiologie und Urologie betreffen. Für Fachgruppenpraxen unterschiedlicher Fachrichtungen fände sie keine Anwendung. Dies würde auf eine Ungleichbehandlung von Gruppenpraxen hinauslaufen. Eine Interpretation der Honorarregelung führe zu dem Ergebnis, dass die normierten Degressionsschwellen für jeden in einer Gruppenpraxis tätigen Facharzt getrennt zu berechnen seien. In einer Gruppenpraxis mit vier Gesellschaftern wäre daher die Deckelung erst ab der 285. Untersuchung (4 x 71 = 284) vorzunehmen. Es stelle sich zudem die Frage, ob es zulässig sei, dass ein Gruppenpraxengesamtvertrag hinsichtlich der Honorierung auf eine bereits für Einzelordinationen abgeschlossene Honorarordnung verweise, oder ob es nicht zwingend notwendig sei, einen gesonderten Vertrag abzuschließen. In der Literatur werde es als unzulässig angesehen, ohne gesonderte Beurteilung der Kostensituation die für Einzelpraxen geltenden Honorarordnungen auch für Gruppenpraxen anzuwenden. Der GPGV sehe keine speziellen Regelungen für Gruppenpraxen hinsichtlich der Honorierung vor. Seine Honorarordnung bzw. der gesamte GPGV seien nichtig.

§ 49 Abs. 1 des zwischen der Österreichischen Ärztekammer einerseits und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (die mitbeteiligte Partei) andererseits geschlossenen Gruppenpraxengesamtvertrages vom 1. April 2011 (GPGV) lautet samt Überschrift:

"§ 49

Honorierung der Vertragsgruppenpraxis

(1) Die Honorierung der Vertragsgruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen der Honorarordnung (Anlage 1), die integrierender Bestandteil dieses Gruppenpraxengesamtvertrages ist."

11 Punkt XII. der Honorarordnung für Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte ("Anlage 1") nach dem Stand vom 1. April 2011 lautet auszugsweise:

"XII. Sonographische Untersuchungen

1. Die im Leistungskatalog angeführten sonographischen

Untersuchungen können gegenüber der BVA von Vertragsärzten verrechnet werden, deren Sonderfach in entsprechender Abkürzung bei der jeweiligen Position angeführt ist und die zur Verrechnung gegenüber der BVA gemäß Punkt 3. berechtigt sind.

(...)

5. Sonographische Untersuchungen durch Fachärzte für

Gynäkologie, Innere Medizin, Radiologie und Urologie werden mit

70% des entsprechenden Eurowertes honoriert, wenn die Anzahl der

vom Arzt innerhalb eines Abrechnungsmonats abgerechneten

Sonographieuntersuchungen die nachstehenden Werte übersteigt

-

Fachärzte für Gynäkologie 27

-

Fachärzte für Innere Medizin 45

-

Fachärzte für Radiologie 71

-

Fachärzte für Urologie 109

Nach Ablauf eines Jahres erfolgt eine Endabrechnung auf Basis des Jahreswertes im Ausmaß des 12fachen Monatswertes.

(...)"

Der vorliegende GPGV wurde iSd § 338 Abs. 1 ASVG in schriftlicher Form abgeschlossen. Bei der "Anlage 1", auf die § 49 Abs. 1 GPGV verweist, handelt es sich nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien um die "Honorarordnung für Ärzte für Allgemeinmedizin und Fachärzte", die einen integrierenden Bestandteil des GPGV bilde. Diese Honorarordnung ist nach dessen § 27 Abs. 1 wesentlicher Bestandteil des zwischen der Österreichischen Ärztekammer und der mitbeteiligten Partei abgeschlossenen Gesamtvertrags, der die Beziehungen zwischen der mitbeteiligten Partei und den freiberuflich tätigen Ärzten regelt. Sie liegt mittlerweile in den Fassungen 1. April 2011, 1. Februar 2015 und 1. Juli 2016 vor. Die genannte Honorarordnung (in ihrer jeweiligen, auch von den Vertragsparteien des GPGV vereinbarten Fassung) bildet sohin iSd § 342 Abs. 2 ASVG einen Bestandteil des GPGV.

Gemäß § 342 Abs. 2 ASVG sind die Vereinbarungen über die Vergütung der ärztlichen Leistungen jeweils in den Honorarordnungen für Einzelordinationen und für Gruppenpraxen zusammenzufassen; diese bilden einen Bestandteil der jeweiligen Gesamtverträge. Gemäß § 342a Abs. 1 ASVG sind in den Gesamtverträgen für Vertrags-Gruppenpraxen spezielle Regelungen insbesondere im Hinblick auf deren Honorierung vorzusehen und es müssen - wie sich aus § 342 Abs. 2 ASVG ergibt - getrennte Honorarordnungen für Einzelordinationen und Gruppenpraxen bestehen.

Diesen Bestimmungen wird nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall formal insofern entsprochen, als entsprechend trennbare Vereinbarungen (wenn auch teilweise durch gemeinsamen Verweis auf weitere Vereinbarungen in anderen Schriftstücken) existieren. Es ist nicht erkennbar, dass Gesamtverträge bzw. Honorarordnungen nur deshalb gesetzwidrig bzw. (teil)nichtig sein sollen, weil sie nach dem Willen der Parteien im Ergebnis gleich lauten, sofern sie für die hier zu beurteilende Honorierung sonographischer Untersuchungen den in §§ 341 ff ASVG niedergelegten inhaltlichen Erfordernissen Genüge tun, was im vorliegenden Fall nicht bestritten wurde (vgl. aber zur im Schrifttum erörterten Unzulässigkeit, auf Gruppenpraxen generell und ohne Abschläge die für Einzelpraxen geltende Honorarordnung anzuwenden und damit die Wirtschaftlichkeitspotentiale für den Krankenversicherungsträger ungenutzt zu lassen, Kletter in Sonntag ASVG8 Rz 29 zu § 342a, sowie Kneihs/Mosler in SV-Komm § 342a, Rz 7ff). Es ist vorliegend auch kein Fall iSd § 342a Abs. 2 ASVG zu beurteilen, wonach Leistungen von Gruppenpraxen, in denen mehrere Fachrichtungen vertreten sind, jedenfalls nach Pauschalmodellen (zB Fallpauschalen) zu honorieren wären.

Strittig ist, wie Punkt XII. der gegenständlichen Honorarordnung auszulegen ist, wenn der Vertragspartner nicht ein Vertragsarzt, sondern eine Gruppenpraxis ist. Bei den Regelungen eines Gesamtvertrages ist zwischen den schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen den Parteien des Gesamtvertrages und den normativen, die Vertragsärzte bzw. Gruppenpraxen bindenden Regelungen zu unterscheiden. Die Auslegung des normativen Teiles des Gesamtvertrages erfolgt nach § 6 und § 7 ABGB.

§ 49 GPGV sowie die in ihm erwähnte Honorarordnung gehören dem normativen Teil des Gesamtvertrages an. Die Auslegung hat in erster Linie nach dem Wortsinn zu erfolgen. Die Motive der am Abschluss mitwirkenden Personen (bzw. deren Vernehmung darüber) sind für die Auslegung eines Gesamtvertrages irrelevant, wenn sie nicht im Normtext ihren Ausdruck finden. Für die Auslegung des Gesamtvertrages hat seine bisherige Handhabung bzw. Vollziehung keine Bedeutung. Es besteht auch kein schützenswertes Vertrauen auf den Fortbestand einer Vertragsübung. Bei Ergebnislosigkeit der Gesetzesauslegung im Sinn des § 6 ABGB ist eine Lückenfüllung (§ 7 ABGB) unzulässig, wenn - gemessen am Regelungszweck des Gesamtvertrages und in systematischer Betrachtung seiner Regelungen - nicht sicher vom Vorliegen einer planwidrigen Lücke ausgegangen werden kann, sondern mehr dafürspricht, dass die Gesamtvertragsparteien keine Einigung erzielen konnten oder den Gegenstand nicht regeln wollten (vgl. Kletter in Sonntag ASVG8 § 342 ASVG, Rz 2ff).

Vorauszuschicken ist, dass die Qualität des vorliegenden GPGV in legislativer Hinsicht im Vergleich zu anderen derartigen Verträgen erhebliche Verbesserungspotentiale aufweist. Seine Auslegung erfolgt im Rahmen des vorliegenden Verfahrens lediglich im Rahmen der Vorfrage (vgl. die Zuständigkeit der Landesschiedskommission zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung eines bestehenden Gesamtvertrages iSd § 345 Abs. 2 Z 2 ASVG). Die Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofes sind darauf ausgerichtet, den vorliegenden Honorarstreit im Rahmen des streitgegenständlichen Parteienvorbringens zu beurteilen. Aus Punkt XII.5. der gegenständlichen Honorarordnung iZm der Verweisung durch § 49 Abs. 1 GPGV ist gerade noch abzuleiten, dass die Bestimmungen der Honorarordnung nicht nur für Einzelvertragsärzte, sondern auch für Vertragsgruppenpraxen gelten sollen. Bei Anwendung der Honorarordnung auf ein Vertragsverhältnis mit einer Gruppenpraxis hat letztere an die Stelle der in der Honorarordnung an sich genannten "Ärzte für Allgemeinmedizin" bzw. "Fachärzte" zu treten. Im Hinblick auf den hier zu beurteilenden Honoraranspruch iSd Punktes XII.5. der Honorarordnung hat das zur Folge, dass die mitbeteiligte Versicherungsanstalt der Vertragsgruppenpraxis für eine sonographische Untersuchung, die ein behandelnder Gesellschafter gegenüber einem Anspruchsberechtigten erbringt, das sich aus der Honorarordnung ergebende Honorar zu bezahlen hat.

Was allerdings die in der Honorarordnung vorgesehene Deckelung dieser Ansprüche mit 70% ab einer gewissen Anzahl von Untersuchungen betrifft (ab der 27. für Fachärzte für Gynäkologie, ab der 45. für Fachärzte für Innere Medizin, ab der 71. für Fachärzte für Radiologie und ab der 109. für Fachärzte für Urologie), so ist diese

nach ihrem eindeutigen Wortlaut ("... der vom Arzt ... abgerechneten

Sonographieuntersuchungen ..." nicht auf die Vertragsgruppenpraxis als Ganzes, sondern auf die in ihr tätigen einzelnen "Fachärzte" zu beziehen. Die Honorarordnung stellt bei der Deckelung nicht auf eine Ordination, sondern auf den Tätigkeitsumfang eines bestimmten Facharztes ab. Für verschiedene Fachärzte wurden verschiedene Degressionsgrenzen festgesetzt. Die Honorarordnung berücksichtigt offenbar, dass bei jedem Facharzt in einer bestimmten, dem Versorgungsauftrag Rechnung tragenden Grundauslastung mit derartigen Untersuchungen zu rechnen ist, und dass das Regulativ der Deckelung sowohl was die Kosten als auch was die Beurteilung der Notwendigkeit derartiger Untersuchungen betrifft erst ab der jeweils angegebenen Fallzahl eingreifen soll. Die Ausgewogenheit dieses Regulativs würde in unsachlicher Weise verzerrt, würde man den in einer Vertragsgruppenpraxis tätigen Fachärzten eine umso geringere Grundauslastung zugestehen, je mehr Gesellschafter tätig sind.

Abweichend von der dem Antrag zu Grunde liegenden Auffassung (der eine Gesamtgrenze von 71 multipliziert mit der jeweiligen Anzahl der Gesellschafter der Gruppenpraxis iSd § 52a Abs. 3 Z 1 Ärztegesetz 1998 vor Augen hatte) hat die betreffende Gruppenpraxis für die vom einzelnen Gesellschafter oder auf dessen Anweisung und unter dessen Verantwortung von dazu befugten Hilfskräften vorgenommenen sonographischen Untersuchungen einen Honoraranspruch von 100 % des in der Honorarordnung vorgesehenen Betrages, so lange die Zahl der diesem zuzurechnenden Untersuchungen innerhalb eines Abrechnungsmonats die in Punkt XII.5. der Honorarordnung für Fachärzte für Radiologie vorgesehene Grenze von 71 noch nicht überschritten hat. Die betreffende Gruppenpraxis hat im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht das Vorliegen dieser Voraussetzung nachzuweisen."

Es war daher im Lichte des oben wiedergegebenen Judikates des VwGH wie im Spruchpunkt I. zu entscheiden.

Zu den Stellungnahmen der Beschwerdeführer ist folgendes festzuhalten:

Vorauszuschicken ist, dass sowohl das Bundesverwaltungsgericht als auch die beteiligten Parteien an die Rechtsausführungen des VwGH in seinem Erkenntnis vom 30.01.2018 gebunden sind. Wenn die Beschwerdeführer nunmehr vorbringen, dass eine Umsetzung der im Erkenntnis vertretenen Rechtsanschauung aufgrund des fehlenden Datenmaterials in der Praxis nicht möglich ist und es sich dabei um einen neuen, vom VwGH nicht berücksichtigten Sachverhalt handle, der vom Bundesverwaltungsgericht einer Prüfung zu unterziehen wäre, ist ihnen zu entgegnen, dass es sich, entgegen ihrer Meinung, um keine Sachverhaltsfrage handelt, die vom Bundesverwaltungsgericht einer neuen Beurteilung zu unterziehen wäre, sondern es vielmehr nunmehr den betroffenen Parteien obliegt, die rechtlichen Vorgaben des Verwaltungsgerichtshofes praktisch umzusetzen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Lösung einer durch die Beschwerdeführer aufgeworfenen Rechtsfrage vorgenommen. Ob diese Rechtsansicht des VwGH mit den derzeit vorliegenden Berechnungsmöglichkeiten tatsächlich umsetzbar ist, ist nicht relevant. Es wird vielmehr in weiterer Folge in Entsprechung der vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochenen Rechtsansicht das notwendige Datenmaterial zu erheben sein sowie die EDV entsprechend den Vorgaben im Erkenntnis, soweit dies nötig sein sollte, umzustrukturieren sein. Es obliegt den Parteien die für die Umsetzung des Erkenntnisses des VwGH notwendigen Vorkehrungen zu treffen.

Zum Spruchpunkt II.

Die Beschwerdeführer begehren in ihrem Antrag 1.) nicht die Leistung zahlenmäßig bestimmter Beträge, sondern machen lediglich die für einen bestimmten Zeitraum in Abzug gebrachten Honorare geltend.

Wie aus den hier anzuwendenden Regelungen der ZPO hervorgeht, müssen Begehren auf Leistung von Geldbeträgen, um ein solches handelt es sich im gegenständlichen Fall zweifellos, immer ziffernmäßig genau die begehrte Geldsumme bezeichnen. Begehren, die die Höhe des zu leistenden Geldbetrages weitwendigen Ermittlungen überlassen, sind jedenfalls unbestimmt.

Die Beschwerdeführer bringen vor, es sei nicht vorgesehen, dass die Gruppenpraxen bei sonographischen Leistungen das Honorar selber berechnen. Darüber hinaus sei dies bei Umsetzung des VwGH-Erkenntnisses auch nicht möglich. Eine konkrete Bezifferung der verrechneten Abschläge sei ausgeschlossen.

Mit diesen Ausführungen bestätigen die Beschwerdeführer, dass sie eine ziffernmäßige Konkretisierung des von ihnen gestellten Antrages auf Auszahlung von in Abzug gebrachten Honorarleistungen bis jetzt unterlassen haben und diese ihnen auch aufgrund des Erkenntnisses des VwGH derzeit nicht möglich ist. Die Beschwerde war daher mangels Bestimmtheit des Leistungsbegehrens infolge des Unterlassens einer ziffernmäßig bestimmten Geldsumme, abzuweisen.

Entfall einer mündlichen Verhandlung:

§ 24 VwGVG bestimmt Folgendes:

(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl Nr C 83 vom 30.03.2010 entgegenstehen.

Von der mündlichen Verhandlung konnte jedoch abgesehen werden, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und zudem auch Art. 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegensteht (vgl. die Entscheidung des EGMR vom 02.09.2004, Zl. 68.087/01 [Hofbauer/Österreich], wo der Gerichtshof unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt hat, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jegliche Anhörung erfüllt sind, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft, und in diesem Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise verwiesen hat.)

In der vorliegenden Beschwerde sowie im gesamten bisherigen Vorbringen wurden keine für die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes relevanten Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Zur Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und die gegenständliche Entscheidung nicht von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw es nicht an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt.

Im gegenständlichen Fall hat der VwGH bereits mit Erkenntnis vom 30.10.2018, Ro 2017/08/0019-0032, eine Entscheidung getroffen. Dieser wurde durch das Bundesverwaltungsgericht vollinhaltlich entsprochen, sodass die Revision nicht zuzulassen ist.

Schlagworte

Arzt, ärztliche Untersuchung, Einzelvertrag, Geldbetrag,
Gesellschafter, Honorarnote, Konkretisierung, Teilstattgebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W201.2011241.1.00

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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