TE Vwgh Erkenntnis 1998/5/29 98/02/0032

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Veröffentlicht am 29.05.1998
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §45 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 98/02/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Riedinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerden 1. der S in Wien und

2. der Dr. C, Rechtsanwalt in W, die Erstbeschwerdeführerin vertreten durch die Zweitbeschwerdeführerin, gegen 1. den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 25. November 1997, Zl. MA 65-PB/299/97, und 2. den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 25. November 1997, Zl. MA 65-PB/300/97, betreffend Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben der Bundeshauptstadt (Gemeinde) Wien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 8.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der belangten Behörden wurde der Antrag der Beschwerdeführerinnen vom 6. Juni 1997 auf Erteilung einer Ausnahmebewiligung von der im 4./5. Wiener Gemeindebezirk innerhalb der Kurzparkzone in der Zeit von Montag bis Freitag von 9.00 bis 20.00 Uhr geltenden höchstzulässigen Parkdauer von zwei Stunden für ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gemäß § 45 Abs. 2 StVO - soweit sich diese Beschränkung auf Gemeindestraßen bezieht, durch den erstangefochtenen Bescheid, soweit sich diese Beschränkung auf Bundesstraßen bezieht, durch den zweitangefochtenen Bescheid - abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden, in denen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 45 Abs. 2 StVO kann die Behörde in anderen als den im Abs. 1 bezeichneten Fällen Ausnahmen von Geboten oder Verboten, die für die Benützung der Straße gelten, auf Antrag bewilligen, wenn ein erhebliches persönliches (wie z.B. auch wegen einer schweren Körperbehinderung) oder wirtschaftliches Interesse eines Antragstellers eine solche Ausnahme erfordert oder wenn sich die ihm gesetzlich oder sonst obliegenden Aufgaben anders nicht oder nur mit besonderen Erschwernissen durchführen ließen und eine wesentliche Beeinträchtigung von Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht zu erwarten ist.

In den im wesentlichen gleichlautenden Begründungen der angefochtenen Bescheide hat die belangte Behörde ausgeführt, daß es den Beschwerdeführerinnen nicht gelungen sei, bei dem anzulegenden strengen Maßstab genügende Gründe für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 45 Abs. 2 StVO glaubhaft zu machen. So könnten die Beschwerdeführerinnen auch bei Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung nicht damit rechnen, immer einen geeigneten Parkplatz in nächster Umgebung zur Verfügung zu haben, sodaß sie auch dann in Kauf nehmen müßten, umfangreiche Aktenunterlagen aus der Kanzlei der Zweitbeschwerdeführerin über weitere Wegstrecken tragen zu müssen. Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerinnen stünden einer von der belangten Behörde durchgeführten telefonischen Anfrage zufolge Abstellplätze in zumutbarer Entfernung in einer Parkgarage zur Vermietung frei. Es sei unter Bedachtnahme auf die hg. Judikatur und im Hinblick auf die bestehende Kurzparkzonenregelung zumutbar, das Kraftfahrzeug von einem solchen Abstellplatz zu holen, vor der Kanzlei der Zweitbeschwerdeführerin mit zu transportierenden Akten zu beladen, nach der Erledigung der jeweiligen Termine wieder vor der Kanzlei zu entladen und anschließend wieder auf den gemieteten Abstellplatz zu verbringen, wobei die Strecke zwischen der Kanzlei und dem Abstellplatz unter Zuhilfenahme öffentlicher Verkehrsmittel oder von Taxis zurückgelegt werden könnte. Daß dem wirtschaftliche oder finanzielle Hindernisse entgegenstünden, sei von den Beschwerdeführerinnen nicht behauptet worden. Auch hinsichtlich der Zweitbeschäftigung der Erstbeschwerdeführerin als Billeteurin könnte durch die Anmietung eines Abstellplatzes vorgesorgt werden, daß diese rechtzeitig ihren Arbeitsplatz erreiche.

Soweit die Beschwerdeführerinnen dem entgegenhalten, die belangte Behörde habe hinsichtlich der Verfügbarkeit eines Mietabstellplatzes das Parteiengehör nicht gewahrt, ist ihnen zunächst beizupflichten, weil den Verwaltungsakten nicht entnommen werden kann, daß die von der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden angeführte telefonische Auskunft eines Garagenbetreibers im Zuge des Verwaltungsverfahrens den Beschwerdeführerinnen zur Kenntnis gebracht und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre. Die Verletzung des Parteiengehörs rechtfertigt die Aufhebung eines angefochtenen Bescheid allerdings nur dann, wenn die Behörde bei Gewährung des Parteiengehörs zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können (vgl. die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 614, vorletztes Zitat angeführte Judikatur), wobei in einem solchen Fall einem neuen Tatsachenvorbringen des Beschwerdeführers das Neuerungsverbot des § 41 VwGG nicht entgegensteht (vgl. die in Dolp, aaO, S. 555, drittes Zitat angeführte Judikatur). Bei Beurteilung eines solchen Vorbringens ist auf die ständige

hg. Rechtsprechung (vgl. für viele andere z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996, Zl. 96/02/0108) Bedacht zu nehmen, derzufolge bei der Prüfung der erforderlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 45 Abs. 2 StVO ein strenger Maßstab anzulegen und eine solche Bewilligung daher nur bei Vorliegen von gravierenden, den Antragsteller außergewöhnlich hart treffenden Gründen zu erteilen ist, wobei dem Antragsteller unter Zugrundelegung des geforderten strengen Maßstabes zugemutet werden muß, die Möglichkeit, öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch zu nehmen, ebenso auszuschöpfen, wie jene, in angemessener Entfernung vom Kanzleisitz des Rechtsanwaltes einen Abstellplatz zu mieten; dazu kommt, daß auch die Beförderung durch ein Taxi in Betracht zu ziehen ist. Angesichts dieser Judikatur erweist sich das Vorbringen der Beschwerdeführerinnen zu der Möglichkeit der Anmietung eines Abstellplatzes aber nicht als geeignet darzulegen, daß die belangte Behörde bei Bedachtnahme auf die Beschwerdeausführungen zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. So ist nicht erkennbar, warum auf Grund der geltend gemachten zahlreichen Termine - selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß diese auch oft an Orten stattfinden, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht oder nur schwer erreichbar seien, - diese nur dadurch eingehalten werden könnten, daß "oft ins Auto "gesprungen" werden" müsse. Der von den Beschwerdeführerinnen ins Treffen geführte erhöhte Zeit- und Geldaufwand - eine Konkretisierung der wirtschaftlichen Situation der Rechtsanwaltskanzlei der Zweitbeschwerdeführerin wurde nicht vorgenommen - bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel und von Taxis fällt im Zusammenhang mit dem geforderten strengen Maßstab nicht ins Gewicht (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom 29. März 1996).

Die Beschwerdeführerinnen haben auch zur Entfernung des von der belangten Behörde in Betracht gezogenen Abstellplatzes von der Rechtsanwaltskanzlei keine konkreten Angaben gemacht, sondern ausgeführt, diese Garage befinde sich "in enormer Entfernung von der Kanzlei" und sei mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen. Angesichts des Umstandes, daß die aus jedem Stadtplan ersichtliche Entfernung der angegebenen Garage von der Kanzlei lediglich etwa 600 m beträgt, hätte die belangte Behörde auch bei Berücksichtigung dieses Vorbringens zu keinem anderen Bescheid gelangen können, sodaß auch in dieser Hinsicht die Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels nicht vorliegt.

Hinsichtlich der Frage des rechtzeitigen Erreichens des Zweitarbeitsplatzes durch die Erstbeschwerdeführerin läßt das Vorbringen sowohl im Verwaltungsverfahren als auch in der Beschwerde jegliche Ausführungen dazu vermissen, warum nicht etwa durch eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit der Erstbeschwerdeführerin in der Rechtsanwaltskanzlei für eine ausreichende Zeitspanne, um die Wegstrecke in der erforderlichen Zeit zurücklegen zu können, gesorgt werden könnte, sodaß der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegengetreten werden kann, wenn sie auch in dieser Hinsicht nicht vom Vorliegen eines für die Erteilung der begehrten Ausnahmebewilligung sprechenden erheblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Interesses im Sinne des § 45 Abs. 2 StVO ausgegangen ist.

Den Beschwerdeführerinnen kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Auffasung vertreten, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, ihnen vorzuhalten, welche Unterlagen für die Behandlung ihres Ansuchens vorzulegen seien. Vielmehr hat im Verfahren zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß der zitierten Rechtsvorschrift der Antragsteller initiativ alles darzulegen, was zur Begründung seines Antrages tauglich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. November 1994, Zl. 94/02/0070).

Die sich sohin als unbegründet erweisenden Beschwerden waren gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Verwaltungsakten nur von einer der belangten Behörden vorgelegt wurden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998020032.X00

Im RIS seit

12.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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