TE Vwgh Beschluss 2020/2/13 Ra 2020/19/0009

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Veröffentlicht am 13.02.2020
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §37
AVG §45 Abs2
AVG §45 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des R K A, vertreten durch MMag. Salih Sunar, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurnerstraße 14/1. Stock, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. November 2019, Zl. I422 2206736- 1/10E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber, ein irakischer Staatsangehöriger, stellte am 19. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Dazu brachte er begründend vor, er sei im Oktober 2013 infolge fotografischer Dokumentation einer Demonstration in Mossul von der irakischen Armee festgenommen, zu einer siebenjährigen Haftstrafe verurteilt und inhaftiert worden. Nachdem ihn Mitglieder des IS befreit hätten, sei er von diesen zum Kampf für den IS aufgefordert worden.

2 Mit Bescheid vom 24. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag des Revisionswerbers zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Irak zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 22. November 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit zunächst vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht sei insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erforderlichkeit der Wahrung des Parteiengehörs abgewichen, als dem Revisionswerber nicht Gelegenheit gegeben worden sei, den über die erstinstanzliche Beweiswürdigung hinausgehenden, vom Bundesverwaltungsgericht angestellten (beweiswürdigenden) Überlegungen entgegentreten zu können.

6 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass der ermittelte Sachverhalt, wenn die eigenen Angaben der Partei die wesentliche Entscheidungsgrundlage bilden, sowie die Würdigung der von der Partei selbst stammenden Beweismittel und die darauf gestützte rechtliche Beurteilung nicht vor der Entscheidung zur Kenntnis gebracht werden müssen (vgl. VwGH 9.2.2018, Ra 2017/20/0426; 23.2.2017, Ra 2016/20/0089; jeweils mwN). Eine Verletzung des Parteiengehörs hinsichtlich der vom Bundesverwaltungsgericht angestellten beweiswürdigenden Überlegungen liegt daher schon aus dem Grund nicht vor. 7 Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes richtet und sie dabei unter anderem vorbringt, das Bundesverwaltungsgericht habe die Feststellungen des BFA übernommen ohne diese zu hinterfragen, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Die Beweiswürdigung ist damit nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges (nicht aber die konkrete Richtigkeit) handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind (VwGH 21.5.2019, Ra 2018/19/0141).

8 Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in seiner Beweiswürdigung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers auseinandergesetzt und ist dabei zur Auffassung gelangt, dass dieses - unter anderem in Hinblick auf diverse Widersprüche und das gesteigerte Fluchtvorbringen - als unglaubwürdig anzusehen sei.

Dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall unvertretbar wäre, wird von der Revision nicht aufgezeigt.

9 Schließlich rügt die Revision, das Bundesverwaltungsgericht hätte durch "präzisere Einvernahme" des Revisionswerbers aufzuklären gehabt, ob die Fortsetzung des Privatlebens in der aktuellen Art und Weise im Irak möglich sei. Ebenso hätte es durch ergänzende Erhebungen über die Situation und Perspektiven eines sogenannten Rückkehrers Feststellungen dazu bedurft, ob und gegebenenfalls welche Gefährdung dem Revisionswerber im Sinn der Art. 2 und 3 EMRK, insbesondere in Hinblick auf allfällige Kontakte zum IS, drohe.

10 Damit macht die Revision Verfahrensmängel geltend. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision jedoch nicht ausreichend, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensmängel in konkreter Weise darzulegen (vgl. VwGH 23.10.2019, Ra 2019/19/0457, mwN). Eine solche Darlegung enthält die Revision nicht.

11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Februar 2020

Schlagworte

Parteiengehör Erhebungen Ermittlungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190009.L00

Im RIS seit

07.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

07.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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