TE Vwgh Erkenntnis 2020/2/19 Ro 2019/12/0002

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Veröffentlicht am 19.02.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz
65/01 Allgemeines Pensionsrecht

Norm

AVG §56
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §236e Abs1 idF 2010/I/111
PG 1965 §56 Abs3b idF 2010/I/111
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §63 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §27
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der Bildungsdirektion für Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2018, W228 2122190- 1/25E, betreffend Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten gemäß § 56 Pensionsgesetz 1965 (mitbeteiligte Partei: Mag. G D in W, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Die 1954 geborene Mitbeteiligte stand bis zu ihrer Versetzung in den Ruhestand mit 31. August 2016 als Lehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Aktivdienstverhältnis zum Bund. 2 Mit Antrag vom 5. Oktober 2015 begehrte die Mitbeteiligte, ihr Studienzeiten im Gesamtausmaß von 24 Monaten, deren Anrechnung sie anlässlich der Ruhegenussvordienstzeitenanrechnung seinerzeit von der Anrechnung ausgeschlossen hatte, nachträglich als Ruhegenussvordienstzeiten anzurechnen.

3 Über diesen Antrag entschied die im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde und nun revisionswerbende Partei mit Bescheid vom 9. November 2015 wie folgt:

"Durch Ihre Erklärung vom 05. Oktober 2015 haben Sie bewirkt, dass gemäß § 53 Abs. 2a in Verbindung mit § 56 Abs. 3a und 3b des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340 aus jenen Zeiten, die Sie seinerzeit anlässlich der Ruhegenussvordienstzeitenanrechnung von der Anrechnung ausgeschlossen haben, die Zeiträume vom 01.01.1973 bis 30.06.1974 und vom 01.08.1974 bis 31.01.1975 durch nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages als nachgekaufte Zeit zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählt.

Gemäß § 56 Abs. 3b des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, beträgt der besondere Pensionsbeitrag für 24 Monate EUR 59.540,832.

Dieser besondere Pensionsbeitrag, in der Höhe von insgesamt EUR 59.540,83 wird Ihrem Antrag entsprechend in zwei Jahresraten, wie folgt beglichen:

-

bis Dezember 2015 eine Rate zu EUR 34.540,83

-

bis Dezember 2016 eine Rate zu EUR 25.000,-- mittels Überweisung, hereingebracht.

Der besondere Pensionsbeitrag, ist auf das Konto: (...) zu überweisen."

4 Mit Erkenntnis vom 19. Jänner 2017 gab das Bundesverwaltungsgericht der dagegen von der Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde statt und änderte den Spruch dahingehend ab, dass dieser zu lauten habe:

"Durch Ihre Erklärung vom 05. Oktober 2015 haben Sie bewirkt, dass gemäß § 53 Abs. 2a in Verbindung mit § 56 Abs. 3a des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004, aus jenen Zeiten, die Sie seinerzeit anlässlich der Ruhegenussvordienstzeitenanrechnung von der Anrechnung ausgeschlossen haben, die Zeiträume vom 01.01.1973 bis 30.06.1974 und vom 01.08.1974 bis 31.01.1975 durch nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages als nachgekaufte Zeit zur ruhegenussfähigen Gesamtdienstzeit zählt.

Gemäß § 56 Abs. 3a des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340, in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004, in Verbindung mit § 22 Abs. 2 PG 1965, beträgt der besondere Pensionsbeitrag für 24 Monate EUR 8.648,40.

Dieser besondere Pensionsbeitrag ist auf das Konto des Stadtschulrates für Wien in einem binnen 14 Tagen ab Rechtskraft zu überweisen. Für den Fall, dass aufgrund der ersten 2015 fälligen Rate des Ausgangsbescheides die Zahlung in Höhe von EUR 34.540,83 trotz aufschiebender Wirkung der Beschwerde diese bereits entrichtet wurde, hat die Rückzahlung des Differenzbetrages von EUR 25.932,43 binnen 14 Tagen ab Rechtskraft auf das Konto der Beschwerdeführerin zu erfolgen."

5 Mit Erkenntnis vom 8. März 2018, Ro 2017/12/0008, - auf dessen Inhalt für Näheres verwiesen wird - hob der Verwaltungsgerichtshof den zweiten und dritten Absatz dieses Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

6 Dies wurde im Wesentlichen wie folgt begründet:

"35 Im vorliegenden Fall vertrat das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis die Ansicht, dass die Einführung des Risikozuschlags einem legitimen Ziel im Sinn der Richtlinie 2000/78/EG diene und führte weiters aus, dass auch die Erforderlichkeit des Risikozuschlags aus Sicht des Gerichts gegeben sei. Lediglich die Angemessenheit sah das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die schlagartige Einführung des Risikozuschlags als nicht gerechtfertigt an. Darin erblickte es eine Ungleichbehandlung von Beamten des Geburtsjahrgangs 1954 insbesondere gegenüber jenen des Jahrgangs 1953, die nicht nachvollziehbar sei. Es vermeinte daher, dass die Berechnung des besonderen Pensionsbeitrags nach § 56 Abs. 3a PG 1965 in der Fassung BGBl. I Nr. 176/2004 durchzuführen sei.

36 Dieser Argumentation ist zunächst entgegenzuhalten, dass - wie die Revision zutreffend aufzeigt - damit nicht zu erklären ist, weshalb das Bundesverwaltungsgericht auch die allgemeine Anhebung des besonderen Pensionsbeitrags nach § 56 Abs. 3b erster Satz PG 1965 auf 22,8 % der am Tag des Antrags auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrags geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG für nicht anwendbar ansah. So wird auch im angefochtenen Erkenntnis festgehalten, dass betreffend die Verteuerung des Nachkaufs der Schul- und Studienzeiten für die Mitbeteiligte die gleichen Bedingungen wie für andere Beamte galten, die zur selben Zeit Schul- und Studienzeiten hätten nachkaufen wollen, sodass die Verteuerung des Nachkaufs zu keiner auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG führe. Sollte das Verwaltungsgericht auch in diesem Fall die 'schlagartige Einführung' als (alters-)diskriminierend erachtet haben, ist zu berücksichtigen, dass diese Bestimmung - wie dargestellt - gemäß § 236e Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 bereits mit 31. Dezember 2010 in Kraft trat. Die Mitbeteiligte stellte den hier gegenständlichen Antrag erst am 5. Oktober 2015 und bewirkte ihre Ruhestandsversetzung erst mit Ablauf des 31. August 2016. Die schon mehr als fünf Jahre vor dem letztgenannten Zeitpunkt erfolgte Novellierung kann für die Mitbeteiligte im vorliegenden Fall daher nicht als überraschend bezeichnet werden. Inwiefern die Mitbeteiligte durch diese allgemeine Verteuerung des besonderen Pensionsbeitrags aufgrund ihres Alters - und gegenüber welcher (bevorzugten) Gruppe von Beamten - diskriminiert worden sein sollte, ist nicht erkennbar.

37 Eine Diskriminierung im Hinblick auf den Risikozuschlag argumentiert das Verwaltungsgericht mit einer Ungleichbehandlung von Beamten des Geburtsjahrgangs 1954 gegenüber jenen des Jahrgangs 1953. Diese Argumentation ist jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang der Einführung eines 'Risikozuschlags' zum besonderen Pensionsbeitrag nicht tragfähig. Es fallen nämlich die Beamten beider Jahrgänge gleichermaßen unter die Bestimmung des § 56 Abs. 3b PG 1965. Danach ist der Risikozuschlag von allen Beamten, die vor dem 1. Jänner 1955 geboren sind, zu entrichten. Eine Altersdiskriminierung aus dem vom Bundesverwaltungsgericht argumentierten Grund liegt daher nicht vor."

7 Dem vom Verwaltungsgericht nicht näher begründeten und von der Mitbeteiligten auch nicht beantragten Rückzahlungsausspruch fehlte es an einer gesetzlichen Grundlage. Zudem lag ein solcher außerhalb der Sache des Beschwerdeverfahrens.

8 Mit dem nun angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge, und sprach aus:

"Gemäß § 56 Abs. 3b des Pensionsgesetzes 1965 beträgt aufgrund der Unanwendbarkeit der Risikozuschläge der besondere Pensionsbeitrag für 24 Monate EUR 25.444,80."

9 Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für zulässig.

10 Rechtlich begründete das Bundesverwaltungsgericht sein Erkenntnis fallbezogen wie folgt (Hervorhebungen im Original):

"Ausgangslage

Der Verfassungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 27. September 2014, B 113/2014 und B 143/2014, einen Eingriff in verfassungsrechtlich gewährleistete Rechte verneint (Punkt III.

4.5. und 5.2. der Entscheidungsgründe des zitierten Erkenntnisses). Diese Überlegungen sind, da der verfahrensgegenständliche Sachverhalt des Nachkaufes von Ruhegenussvordienstzeiten gleich gelagert ist wie jener im VfGH Erkenntnis, zu übertragen.

Mit Erkenntnis vom 17.08.2015, Ro 2014/12/0072, führte der Verwaltungsgerichtshof mit Verweis auf sein Erkenntnis vom 25.03.2015, Ro 2014/12/0045, aus, dass die Novellierungen des BDG 1979 und des PG 1965 angesichts der für den Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten geltenden Bedingungen, insbesondere durch den in § 56 Abs. 3b PG 1965 vorgesehenen Risikozuschlag, eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung im Sinn des Art. 2 Abs. 2 lit. a der Richtlinie 2000/78/EG einführen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 der (entsprechend ihrem 6. und

25. Erwägungsgrund inhaltlich die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer konkretisierenden) Richtlinie 2000/78/EG stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dann keine Diskriminierung dar, wenn sie objektiv und angemessen ist sowie im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen seien, gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich sind. Die nähere Prüfung, ob derartige Regelungen (nach Untersuchung des mit ihnen verfolgten Zieles) mit der Richtlinie 2000/78/EG zu vereinbaren sind, stellt nach der Rechtsprechung des EuGH eine Aufgabe des nationalen Gerichtes dar. Eine solche Prüfung durch den Verwaltungsgerichtshof im Wege der nachprüfenden Kontrolle eines verwaltungsbehördlichen Bescheides setzt aber voraus, dass die sich auf eine innerstaatliche Norm, welche eine Ungleichbehandlung auf Grund des Alters vorsieht, stützende Verwaltungsbehörde von sich aus Rechtfertigungsgründe im Verständnis des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG ins Treffen führt und auch die hierfür erforderlichen Tatsachengrundlagen feststellt. Dazu ist den Parteien die Möglichkeit einzuräumen, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Soweit der Beschwerdeführer im Erkenntnis vom 25.03.2015, Ro 2014/12/0045, eine unmittelbare Diskriminierung darin erblickte, dass beginnend ab dem Geburtsjahrgang 1951 eine kurzfristig erfolgte Erhöhung des erforderlichen Ausmaßes an ruhegenussfähiger Gesamtdienstzeit zur Inanspruchnahme der 'Korridorpension' vorgenommen worden sei, hielt der VwGH fest, dass die Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides war, sich die dazu erstatteten Revisionsausführungen nicht auf diesen Bescheid bezogen und daher auf die behauptete unmittelbare Diskriminierung der durch den Gesetzgeber vorgenommenen Änderung der für eine Ruhestandsversetzung erforderlichen Voraussetzungen nicht weiter einzugehen war.

Auch diese Entscheidung des VwGH vom 17.08.2015, Ro 2014/12/0072, kann für den gegenständlichen Fall fruchtbar gemacht werden, da aufgrund eines gleichgelagerten Sachverhaltes im gegenständlichen Fall eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Diskriminierung vorliegt.

Prüfung der Rechtfertigungsgründe

Zum Vorliegen eines legitimen Zieles

Gemäß § 56 Abs. 3b PG 1965 in der Fassung des Budgetbegleitgesetzes 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, beträgt der besondere Pensionsbeitrag für die nachträgliche Anrechnung von Ruhegenussvordienstzeiten nach § 53 Abs. 2 lit. h und i (Schul- und Studienzeiten) abweichend von Abs. 3a 22,8% der am Tag des Antrags auf nachträgliche Entrichtung eines besonderen Pensionsbeitrages geltenden monatlichen Höchstbeitragsgrundlage nach dem ASVG und für jeden restlichen Tag ein Dreißigstel davon. Dieser Betrag erhöht sich für vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte, die den Antrag auf Nachkauf nach dem vollendeten 55. bis zum 60. Lebensjahr stellen, um 122% und nach dem vollendeten 60. Lebensjahr um 134% (Risikozuschlag). Damit wurde einerseits der Nachkauf von Schul- und Studienzeiten verteuert. Andererseits müssen vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamten einen 'Risikozuschlag' leisten. Nur mehr die Anwendbarkeit dieser Risikozuschläge ist verfahrensgegenständlich strittig.

Während in Bezug auf die Verteuerung des Nachkaufs der Schul- und Studienzeiten für die Beschwerdeführerin die gleichen Bedingungen wie für andere Beamte galten, die zur selben Zeit Schul- und Studienzeiten nachkaufen wollten, und die Verteuerung des Nachkaufpreises somit zu keiner auf dem Alter beruhenden Ungleichbehandlung iSd Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG führt, betrifft der 'Risikozuschlag' nur bestimmte Geburtsjahrgänge. Abgesehen von den vorgesehenen Übergangsregelungen, die ebenso eine Altersdiskriminierung darstellen können, soweit sie das berechtigte Vertrauen der Betroffenen nicht zu schützen vermögen, stellt sich daher zunächst die Frage, ob die Einführung des 'Risikozuschlages' gemäß § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 mit Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG durch ein legitimes Ziel vereinbar ist.

Die Materialien (RV 981 BlgNR 24. GP) geben als Ziel der Neuregelung des § 56 Abs. 3b PG 1965 an, dass die bisherigen getrennten Bestimmungen betreffend die Nachkaufsmöglichkeit von zuvor von der Anrechnung als Ruhegenussvordienstzeit ausgeschlossenen Zeiten in eine neue Bestimmung zusammengefasst, der Nachkaufspreis für Schul- und Studienzeiten jenem des ASVG angepasst und für Geburtsjahrgänge bis einschließlich 1954 ein sog. 'Risikozuschlag' eingeführt werden soll. Eine Begründung, welches konkrete rechtspolitische Ziel mit der Einführung des Risikozuschlages verfolgt wird, ist den Materialien nicht zu entnehmen.

Soweit die Gesetzesmaterialien keinen Aufschluss darüber geben, welche konkreten Ziele mit der Einführung des Risikozuschlages verfolgt werden, ist auf die bereits im Erkenntnis des VwGH vom 17.08.2015 zitierte Rechtsprechung des EuGH zu verweisen, wonach aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG nicht abzuleiten ist, dass eine nationale Regelung, die das angestrebte Ziel nicht genau angibt, automatisch von einer Rechtfertigung nach dieser Bestimmung ausgeschlossen ist. Fehlt es an einer solchen genauen Angabe, ist nach der Rechtsprechung des EuGH allerdings wichtig, dass andere - aus dem allgemeinen Kontext der betreffenden Maßnahme abgeleitete - Anhaltspunkte die Feststellung des hinter dieser Maßnahme stehenden Ziels ermöglichen, damit dessen Rechtmäßigkeit sowie die Angemessenheit und Erforderlichkeit der zu seiner Erreichung eingesetzten Mittel gerichtlich überprüft werden können (vgl. die Urteile des EuGH vom 5. Juli 2012, C-141/11, Hörnfeldt, Rn 24; vom 21. Juli 2011, C-159/10 und C-160/10, Fuchs und Köhler, Rn 39; vom 18. November 2010, C-268/09, Georgiev, Rn 40; vom 12. Oktober 2010, C-45/09, Rosenbladt, Rn 58; vom 12. Jänner 2010, Petersen, C-341/08, Rn 40; vom 5. März 2009, Age Concern England, C-388/07, Rn 45 und vom 16. Oktober 2007, Palacios de la Villa, C- 411/05, Rn 57).

In einer für den Stadtschulrat für Wien abgegebenen Stellungnahme zu den rechtspolitischen Überlegungen, die zur Einführung des Risikozuschlages im ASVG und im PG 1965 geführt haben, führt das (nunmehrige) Bundesministerium für Bildung aus, dass der Risikozuschlag gemäß § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 auf vor dem 1. Jänner 1955 geborene Beamtinnen und Beamte eingeschränkt und dadurch gerechtfertigt sei, dass diese Gruppe von der Parallelrechnung (Abschnitt XIII des PG 1965) nicht erfasst sei und daher Anspruch auf Ruhegenüsse habe, die ausschließlich nach den (günstigeren) Bestimmungen des PG 1965 zu ermitteln seien.

Als weiteren Rechtfertigungsgrund führt das Bundesministerium an, dass sich der in § 56 Abs. 3b letzter Satz PG 1965 vorgesehene und dem ASVG nachgebildete (vom Lebensalter bei Antragstellung abhängige) Risikozuschlag gegen 'Spekulationsüberlegungen' im Hinblick auf die Erlebenswahrscheinlichkeit einer Pensionsleistung richte. Das Erfolgsrisiko einer Person, die zum Beispiel im Alter von 40 Jahren (nachträglich) Ruhegenussvordienstzeiten erwerbe, sei ungleich höher als das Risiko, das eine Person eingehe, die kurz vor dem Antritt des Ruhestandes stehe. Wer im Alter von fast 60 Jahren beschließe, einen Geldbetrag in den Nachkauf (weiterer) Ruhegenussvordienstzeiten - zwecks Antritt der Korridorpension mit 62 Jahren - zu investieren, könne mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass das erhoffte Ereignis (Antritt des Ruhestandes mit 62 Jahren) auch tatsächlich eintrete, weil - wie auch die Sterbetafeln bestätigen würden - die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person das 62. Lebensjahr erlebt, bei einer Person im Alter von 59 Jahren höher sei als bei einer Person im Alter von 40 Jahren. Weder die gesetzliche Pensionsversicherung noch die beamtenrechtliche Altersversorgung seien darauf ausgelegt, Überlegungen zur möglichst rentablen Investition zusätzlicher Beiträge zu unterstützen. Ein Risikozuschlag, der den späten Nachkauf (weiterer) Ruhegenussvordienstzeiten unattraktiv mache und damit spekulative Überlegungen zurückdränge, sei daher im gegebenen Kontext sachgerecht und im Sinne des Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG gerechtfertigt.

Die Änderung der für den Nachkauf von Ruhegenussvordienstzeiten geltenden Bestimmungen ist Teil bzw. die Fortführung eines Regelungskomplexes, der insgesamt das Ziel verfolgt, angesichts der demographischen Entwicklung die langfristige Finanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems sicherzustellen (vgl. dazu bereits die RV zum Pensionsreformgesetz 2000, 175 BlgNR 21. GP, 29). In den Materialien zum Pensionsharmonisierungsgesetz (vgl. die Erläuterungen zur RV 653 BlgNR 22. GP) kommt die generelle Zielsetzung der Pensionsreform zum Ausdruck, wonach damit das Ziel verfolgt wird, die langfristige und nachhaltige Finanzierbarkeit des österreichischen Pensionssystems zu sichern und insbesondere den Generationenvertrag, vor allem aber Gerechtigkeit zwischen und innerhalb der Generationen, aufrechtzuerhalten. Mit dem Ziel, 'Strukturmaßnahmen zu setzen, die eine Entlastung des Staatshaushalts erreichen ('Konsolidierungspaket 2012 bis 2016')', brachte das 2. Stabilitätsgesetz 2012 insbesondere auch Maßnahmen und Regelungen mit sich, die 'zur rascheren Harmonisierung des Beamten-Pensionssystems mit dem Allgemeinen Pensionssystem' führen sollten (vgl. die Erläuterungen zur RV 1685 BlgNR 24. GP, 6). Zu diesem Zweck sollte 'das faktische Pensionsantrittsalter durch eine Erschwerung der Zugangsvoraussetzungen für die Korridorpension angehoben' werden (vgl. die Erläuterungen zur RV 1685 BlgNR 24. GP, 44). Die Vereinheitlichung des Preises für den Nachkauf von Schul- oder Studienmonaten, die Anpassung desselben an das ASVG-Niveau bzw. die Einführung eines Risikozuschlages für 'Nicht-Harmonisierte' (d.h. Geburtsjahrgänge vor 1955) waren aus demselben Grund erfolgt (vgl. die Erläuterungen zur RV 981 BlgNR 24. GP, 215).

Nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Fuchs und Köhler, Rn 65) können sich die betreffenden nationalen Stellen bei der Festlegung ihrer Sozialpolitik aufgrund politischer, wirtschaftlicher, sozialer, demografischer und/oder haushaltsbezogener Erwägungen veranlasst sehen, zu entscheiden, die Lebensarbeitszeit der Arbeitnehmer zu verlängern oder, im Gegenteil, deren früheren Eintritt in den Ruhestand vorzusehen (vgl. Urteil Palacios de la Villa, Rn 68 und 69). Der EuGH hat entschieden, dass es Sache dieser Stellen ist, einen gerechten Ausgleich zwischen den verschiedenen widerstreitenden Interessen zu finden, wobei sie darauf zu achten haben, nicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung des verfolgten legitimen Ziels angemessen und erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne die Urteile Palacios de la Villa, Rn 69 und 71, Rosenbladt, Rn 44).

Wie der Stellungnahme des Bundesministeriums für Bildung zu entnehmen ist, verfolgt die Einführung des 'Risikozuschlages' das Ziel, einen Ausgleich zwischen harmonisierten und nicht harmonisierten Beamtinnen und Beamten herbeizuführen, weil Letztere mangels Anwendbarkeit der Parallelrechnung vergleichsweise hohe Ruhebezüge haben. Im Lichte der o. a. Judikatur des EuGH wird damit ein legitimes Ziel im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt, indem damit zum einen die Frage der Bedingungen für den Eintritt in den Ruhestand (und damit eine Frage der Beschäftigungspolitik) berührt wird und zum anderen ein gerechter Ausgleich zwischen Angehörigen derselben Generation, die in den vorzeitigen Ruhestand zu treten, in Bezug auf den hierfür für den Nachkauf von Vordienstzeiten zu leistenden besonderen Pensionsbeitrag und die zu erwartende Pensionsleistung geschaffen werden soll.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner auf nationaler Ebene nicht nur bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, sondern auch bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügen (Urteil Palacios de la Villa, Rn 68).

Somit ist zunächst festzuhalten, dass 'einen Ausgleich zwischen harmonisierten und nicht harmonisierten Beamtinnen und Beamten herbeizuführen' dem Grundsatz nach im Sinne der Generationengerechtigkeit ein legitimes Ziel iSd Richtlinie 2000/78/EG darstellt. Andere Überlegungen, dass sich der Risikozuschlag gegen 'Spekulationsüberlegungen', werden vom erkennenden Richter nicht geteilt, wie im folgenden Abschnitt noch auszuführen sein wird.

Zur Erforderlichkeit und Angemessenheit der Regelung des 'Risikozuschlages'

Wie bereits oben dargelegt, ist aber, um eine verpönte Altersdiskriminierung zu vermeiden, darauf zu achten, dass nicht über das hinausgegangen wird, was zur Erreichung des verfolgten legitimen Ziels angemessen und erforderlich, d. h. verhältnismäßig (vgl. Wachter in Wachter (Hrsg), Altersdiskriminierung 2015 (2015) Berufsverbot für Richter ab 65, Seite 169) ist.

Wenn man sich nun die Zeitschriftenartikel in der Zeit vor Erlassung des Budgetbegleitgesetzes ansieht, so steht die Erforderlichkeit der Einführung von Maßnahmen zum Zwecke der Beibehaltung der Finanzierbarkeit des Pensionssystems, wie im gegenständlichen Fall die Einführung des Risikozuschlages, außer Frage. Exemplarisch sei auf den Presseartikel von 'Die Presse' vom 10.11.2010 unter dem Titel 'Überalterung gefährdet Österreichs Kreditrating' verwiesen (http://diepresse.com/home/wirtschaft/econo mist/609244/Ueberalterung-gefaehrdet-Oesterreichs-Kreditrating). Auch der Druck außerhalb Österreichs auf die österreichische Politik ist aus einem weiters demonstrativ zu nennenden Artikel des 'Standard' vom 06.07.2010 mit Titel 'EU-Kommission will Frauen später in Pension schicken' erkennbar (http://derstandard.at/127733 7480186/Hohe-Dringlichkeitsstufe-EU-Kommission-will-Frauen-spaeterin-Pension-schicken). Ein ergänzender Blick in die Daten der Statistik Austria, um die Erforderlichkeit nicht nur mit Pressemeinungen zu belegen, bezüglich 'Lebend- und Totgeborene seit 1871' zeigt, dass sich die Anzahl Lebendgeborener von einem Tiefstand im Jahre 1953 mit 102.867 bis zum Höchststand im Jahre 1964 mit 133.841 veränderte (https://www.statistik.at/web_de/ statistiken/menschen_und_gesellschaft/bevoelkerung/geborene/025423. html). Dieser Anstieg der Anzahl Lebendgeborener in diesen Jahren erfolgte relativ gleichmäßig. Daher ist die Erforderlichkeit des Risikozuschlages aus Sicht des erkennenden Richters gegeben.

Hinsichtlich der Angemessenheit der Regelung des Budgetbegleitgesetzes 2011 bleiben aber das Bildungsministerium wie auch die Erläuterungen zum Gesetzestext eine Rechtfertigung schuldig. Auch die Stellungnahme des Stadtschulrates vom 30.07.2018 führt zu keiner ausreichenden Rechtfertigung. Es wird ausgeführt, dass der Nachkaufpreis aus Sicht der Steuerzahler, die die Pensionen bezuschussen versicherungsmathematisch viel zu niedrig angesetzt und absolut nicht kostendeckend sei. Vor der Kundmachung habe für alle Beamten jeden Alters eine Nachkaufmöglichkeit zum alten Preis bestanden. Dies sei auch in den Medien schon vorher publik gemacht worden. Der höhere Risikozuschlag hätte der Beschwerdeführerin erspart bleiben können, wenn sie 2014 nachgekauft hätte, was jedoch nicht der Fall sei.

Die schlagartige Einführung eines Risikozuschlages - ohne eine stufenweise Übergangsbestimmung - ist aus Sicht des erkennenden Richters mit den dargebrachten Argumenten auf der Ebene der Prüfung der Angemessenheit der Regelung nicht rechtfertigbar, zumal Regelungsalternativen zur Verfügung standen, wie noch zu zeigen sein wird.

Insoweit sich die Stellungnahme vom 30.07.2018 auf versicherungsmathematische Methoden beruft, so herrschen aus Sicht des erkennenden Richters grobe Bedenken, mit Blick auf das Europarecht, auf solche Methoden zurückzugreifen, zumal die Versicherungsmathematik nicht nur nach dem Alter diskriminiert, sondern auch nach dem Geschlecht. Eine Kombination dieser Diskriminierungen wird darin sichtbar, dass bei Anwendung versicherungsmathematischer Methoden ohne ausreichende Unterscheidung zwischen den Geschlechtern und der Altersentwicklung innerhalb dieser Männer für die höhere Lebenserwartung von Frauen zahlen müssten! Schon deshalb wird dieses Argument im Sinne einer Rechtfertigung als ungeeignet gewertet.

Soweit seitens der belangten Behörde argumentiert wird, dass vor dem 31.12.2010 der Beschwerdeführerin ein Nachkauf möglich gewesen wäre, so ist dies aus Sicht des erkennenden Richters deshalb gegenständlich nicht der Fall gewesen, da die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Nachkauf frühestens mit 01.01.2013 stellen hätte können, da sie erst zu diesem Zeitpunkt die Anzahl an dann benötigten Monaten für ihre ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit kennen konnte und somit erst zu diesem Zeitpunkt die Anzahl der nachzukaufenden Monate im Antrag beziffern konnte. Auch hier zeigt sich, dass eine brauchbare Übergangslösung fehlt und somit die fehlende Angemessenheit der Regelung!

Auch das Argument, dass die Beschwerdeführerin den höheren Risikozuschlag durch Antragstellung 2014 vermeiden hätte können, führt letztlich nicht zum Erfolg. Der erkennende Richter geht aufgrund des klaren Wortlauts der Bestimmung davon aus, dass die Risikozuschläge aufeinander aufbauen und somit untrennbar sind, somit beide nicht angewendet werden dürfen, damit die Beschwerdeführerin einen effektiven Rechtsschutz im Sinne der ständigen Judikatur des EuGH erfahren kann. Die Beschwerdeführerin konnte den niedrigeren Risikozuschlag faktisch gar nicht vermeiden. Die Stellungnahmen bleiben darüber hinaus eine Erklärung schuldig, weshalb die Haushaltskonsolidierungsmaßnahme nicht darin bestand, dass auch die Jahrgänge vor dem 01.01.1955 in die Parallelrechnung mitaufgenommen wurden. Das Schaffen einer weiteren Gruppe neben jenen, die in den Anwendungsbereich der Parallelrechnung fallen, die nunmehr von mit Inkrafttreten sofort anwendbaren Risikozuschlägen betroffen ist und die nur nach dem Geburtsjahrgang und somit dem Alter abgrenzbar ist, ist aus der Sicht des erkennenden Richters im Rahmen der Angemessenheitsprüfung der Altersdiskriminierung, die auch im Verhältnis zu der Gruppe jener in Parallelrechnung entsteht, nicht rechtfertigbar. Den Argumenten hinsichtlich der Verhinderung von Spekulationsüberlegungen ist somit auch der Boden entzogen, da bei abgestufter Eingliederung der 'Risikozuschlagsgruppe' in die 'Gruppe der Parallelrechnung' solche Überlegungen gar nicht Platz greifen hätten können bzw. müssen. Zwar verfügt der Gesetzgeber bei gesetzgeberischen Maßnahmen über einen weiten Gestaltungsspielraum verfügen (vgl. Urteil Palacios de la Villa, Rn 68), doch ist er bei der Angemessenheitsprüfung an den schon getroffenen Maßnahmen zu messen, wie im gegenständlichen Fall eben geschehen.

Das in der Revisionsschrift vom 23.02.2017 vorgebrachte Argument, dass der Risikozuschlag primär zu Lasten von Beamten mit akademischen Grad gehe und es sich dabei um einen 'gerechten Ausgleich innerhalb der Generationen' handle, erscheint aus Sicht des erkennenden Richters nicht zweckmäßig. Denn die Argumentation der höheren Einstufung im Bundesdienst blendet daneben eintretende Lasten wie den späteren Eintritt ins Erwerbsleben, erlittene Überstellungsverluste und Sozialversicherungsbeiträge bzw. Steuern, die entsprechend der Einstufung ebenfalls höher ausfallen, aus, die genau diese Gruppe trifft. Auch die Gruppenbildung anhand der Absolvierung eines Universitätsstudiums stellt eine verfassungsrechtlich bedenkliche Unterscheidung in Hinblick auf Art. 7 B-VG dar.

Die durch das Budgetbegleitgesetz 2011 eingeführte Bestimmung ist daher im vorliegenden Fall nicht angemessen und somit hinsichtlich der beiden Risikozuschläge unanwendbar."

11 Anschließend legte das Verwaltungsgericht die von ihm vorgenommene Berechnung des zu leistenden besonderen Pensionsbeitrages (ohne Risikozuschlag) dar.

12 Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht (wie im ersten Rechtsgang) mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Vereinbarkeit des § 56 Abs. 3b PG 1965 letzter Satz mit der Richtlinie 2000/78/EG und die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen auch nicht klar und eindeutig sei. Überdies wies es darauf hin, dass das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren W209 2007679-1 am 11. Oktober 2016 einen nicht komplett gleichgelagerten Fall betreffend einen 1952 geborenen Beschwerdeführer abschlägig entschieden habe.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

14 Die Amtsrevision sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnis zusammengefasst darin gelegen, dass das Bundesverwaltungsgericht bei der Bemessung des besonderen Pensionsbeitrags der Mitbeteiligten den Risikozuschlag gemäß § 56 Abs. 3b zweiter Satz PG 1965 zu Unrecht nicht angewendet habe.

15 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

16 Zur maßgeblichen Rechtslage und deren Entwicklung wird in

sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis vom 8. März 2018, Ro 2017/12/0008, sowie das Erkenntnis vom 17. August 2015, Ro 2014/12/0072, verwiesen.

17 Wie im ersten Rechtsgang vertrat das Bundesverwaltungsgericht in seinem nunmehr angefochtenen Erkenntnis die Ansicht, dass die Einführung des Risikozuschlags einem legitimen Ziel im Sinn der Richtlinie 2000/78/EG diene und führte weiters aus, dass aus seiner Sicht auch die Erforderlichkeit des Risikozuschlags gegeben sei. Lediglich die Angemessenheit sah es im Hinblick auf die "schlagartige Einführung" des Risikozuschlages als nicht gerechtfertigt an. Dazu ist auszuführen:

18 Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden dann, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Die Verwaltungsbehörden bzw. Verwaltungsgerichte sind bei der Erlassung der Ersatzentscheidung sohin an die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerte Rechtsanschauung gebunden. Eine Ausnahme bildet der Fall einer wesentlichen Änderung der Sach- und Rechtslage. Auch der Verwaltungsgerichtshof selbst ist gemäß § 63 Abs. 1 VwGG an seine Erkenntnisse gebunden (vgl. etwa VwGH 19.12.2017, Ro 2017/09/0001, mwN).

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat nun bereits in dem im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnis vom 8. März 2018, Ro 2017/12/0008, zum Argument der "schlagartigen Einführung" - wenn auch im Zusammenhang mit dem besonderen Pensionsbeitrag nach § 56 Abs. 3b erster Satz PG 1965 - ausgeführt, "...dass diese Bestimmung gemäß § 236e Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung BGBl I Nr. 111/2010 bereits mit 31. Dezember 2010 in Kraft trat. Die Mitbeteiligte stellte den hier gegenständlichen Antrag erst am 5. Oktober 2015 und bewirkte ihre Ruhestandsversetzung erst mit Ablauf des 31. August 2016. Die schon mehr als fünf Jahre vor dem letztgenannten Zeitpunkt erfolgte Novellierung kann für die Mitbeteiligte im vorliegenden Fall daher nicht als überraschend bezeichnet werden."

20 Diese Erwägungen gelten in gleichem Maße auch für den Risikozuschlag, wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls bereits judiziert hat (siehe VwGH 10.12.2018, Ra 2018/12/0003, Rn 31). 21 Insbesondere ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, dass das Verwaltungsgericht zwar moniert, dass eine "stufenweise Übergangsbestimmung" gefehlt habe, andererseits aber den Risikozuschlag insgesamt als unanwendbar ansieht, obwohl mit diesem - abhängig vom Lebensalter - eine stufenweise Verteuerung vorgesehen wurde. Zudem begründet der Umstand, dass auch eine andere Regelung denkbar gewesen wäre, für sich noch keine Diskriminierung aufgrund des Alters.

22 Wenn das Bundesverwaltungsgericht ferner damit argumentiert, dass die Mitbeteiligte den Antrag auf Nachkauf frühestens mit 1. Jänner 2013 habe stellen können, weil sie erst zu diesem Zeitpunkt die Anzahl an dann benötigten Monaten für ihre ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit habe kennen können, ist dem zunächst entgegen zu halten, dass die Mitbeteiligte zum Einen bereits lange vor diesem Termin (Ende 2010) Zeiten nachgekauft hat. Vor allem stellt dieses Argument aber auf die Erhöhung des erforderlichen Ausmaßes an ruhegenussfähiger Gesamtdienstzeit zur Inanspruchnahme der "Korridorpension" ab. Die Änderung der Bedingungen zur Inanspruchnahme der "Korridorpension" und die Ruhestandsversetzung der Mitbeteiligten waren jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens (siehe dazu VwGH 17.8.2015, Ro 2014/12/0072).

23 Das Bundesverwaltungsgericht zeigt mit seiner Argumentation daher abermals nicht auf, inwiefern die Mitbeteiligte durch die Einführung des Risikozuschlages aufgrund ihres Alters - und gegenüber welcher (bevorzugten) Gruppe von Beamten - diskriminiert worden sein sollte.

24 Indem das Bundesverwaltungsgericht dies verkannte, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat aufzuheben war.

Wien, am 19. Februar 2020

Schlagworte

AllgemeinAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Besondere RechtsgebieteMaßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltMaßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019120002.J00

Im RIS seit

15.04.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.04.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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