TE Vwgh Erkenntnis 2020/2/20 Ra 2019/08/0171

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Veröffentlicht am 20.02.2020
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
ASVG §49

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revision der H GmbH in N, vertreten durch DAX Wutzlhofer und Partner Rechtsanwälte GmbH in 7000 Eisenstadt, Rusterstraße 62/1/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Oktober 2019, Zl. W164 2143327- 1/18E, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Bgld Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse,

Landesstelle Burgenland, 7000 Eisenstadt, Siegfried Marcus-Straße 5; mitbeteiligte Parteien: 1. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1200 Wien, Adalbert-Stifter-Straße 65-67, 3. J P in N; weitere Partei: Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Österreichische Gesundheitskasse hat der revisionswerbenden Partei den Aufwand in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 21. September 2016 stellte die belangte Behörde (im Folgenden: GK) fest, dass der Drittmitbeteiligte auf Grund seiner (ab 1. Oktober 2012 erbrachten) Tätigkeit für die T. GmbH (die Rechtsvorgängerin der revisionswerbenden Partei) nicht der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 2 und 4 ASVG unterliege. Er sei als Werkvertragsnehmer nicht weisungsgebunden gewesen und habe keine fixen Arbeitszeiten einhalten müssen. Er habe seine Tätigkeit mit eigenen Betriebsmitteln ausgeführt, habe sanktionslos Aufträge ablehnen können und sich auch eigener Mitarbeiter bedient.

2 Gegen diesen Bescheid erhob der Drittmitbeteiligte Beschwerde. Er habe für die T. GmbH weitaus überwiegend Arbeiten durchgeführt, welche der typischen Tätigkeit eines Bilanzbuchhalters oder Steuerberaters entsprochen hätten und somit von der Gewerbeberechtigung "Unternehmensberatung" nicht umfasst gewesen seien. Er habe jeweils in Absprache mit der Geschäftsleitung der T. GmbH Anlagenverzeichnisse, Bilanzen (auch zur Einreichung an das Firmenbuch) und Steuererklärungen zu erstellen gehabt. Die Arbeitsergebnisse seien der Geschäftsleitung der T. GmbH zur Schlussbesprechung vorzulegen und von dieser freizugeben gewesen. Er sei in Ausübung seiner Tätigkeiten weder eigenverantwortlich tätig noch weisungsungebunden gewesen und "somit in der Erbringung der vereinbarten Leistungen von der Genehmigung der Geschäftsleitung jedenfalls abhängig". Er habe kein eigenes Personal beschäftigt. Für die Umsetzung der von ihm geleisteten Tätigkeiten (Ausfertigung von Urkunden und Schriftstücken) seien ihm die Mitarbeiter der T. GmbH kostenfrei zur Verfügung gestanden.

3 Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid dahin abgeändert, dass der Drittmitbeteiligte auf Grund seiner Beschäftigung bei der revisionswerbenden Partei (bzw. bei der T. GmbH) vom 1. Oktober 2012 bis 9. November 2015 der Pflichtversicherung nach § 4 Abs. 1 und 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliege.

4 Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig erklärt.

5 Nach den im Erkenntnis (teilweise im Rahmen der rechtlichen Beurteilung) getroffenen Feststellungen habe die T. GmbH mit dem Drittmitbeteiligten (im Folgenden auch (BF)) am 19. September 2012 eine als "Werkvertrag" bezeichnete (Kooperations)Vereinbarung mit folgendem Inhalt getroffen (Fehler im Original):

"1. Übernahme

(1) (BF) und (Mag. R) halten an der (P GmbH), ... zu je 50% der Geschäftsanteile. (Mag. R) und (BF) treffen sohin einvernehmlich folgende Vereinbarung:

(2) Per Stichtag 01.02.2012 übernimmt die (T-GmbH) den gesamten Kundenstock und das gesamte in der (P GmbH) befindliche Anlagevermögen. Die Details der Übernahme sind im Abtretungsvertrag geregelt. Die weiteren Tätigkeiten in der (P GmbH) sind in einem eigenen Vertrag festgehalten.

(3) Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin der (T-GmbH) ist Frau (Mag. R). Sie ist die alleinige Ansprechpartnerin für diese GmbH und verantwortlich für die steuerlichen und finanziellen Angelegenheiten.

2. Kooperation (BF) mit der (T-GmbH)

(1) Herr (BF) hat eine eigene Firma als Unternehmensberater gegründet. Er wird in seiner Tätigkeit als Unternehmensberater mit der (T-GmbH) wie folgt zusammenarbeiten:

a.

Erstellung von Bilanzen der Klienten der (T-GmbH)

b.

Erstellung von Verträgen

c.

Betreuung von Klienten Führung von Beratungsgesprächen,

Bilanzbesprechungen, Bankgesprächen, Fördergesprächen u.ä.

         d.       Besprechungen mit Prüfern des Finanzamtes und der Gebietskrankenkasse

         e.       Die Honorarfestlegung für neues bzw.- bestehendes Klientel erfolgt ausschließlich von Frau (Mag. R) bzw. nach vorheriger Absprache mit (Mag. R). Die Vereinbarungen sind schriftlich festzuhalten.

         f.       Herr (BF) trifft keine Mitentscheidungen bei folgenden Themen: Personal, interne Organisation, Aufteilung bzw. Betreuung von Mandanten, Anschaffungen jeglicher Art und Weise.

         g.       Die Arbeiten müssen fachgerecht ausgeführt werden. Mangelhafte Arbeiten werden nicht in die Honorarverrechnung einbezogen.

(2) Herr (BF) ist verpflichtet, Frau (Mag. R) über alle Handlungen und Besprechungen Bericht zu erstatten. Diese Besprechungen sollen wöchentlich an einem festgelegten Tag stattfinden. Dieser Termin darf nur aus wichtigen Gründen ausfallen.

(3) Ansonsten ist Herr (BF) an keine Zeiteinteilung gebunden. Es sind keine fixen Stunden vorgegeben. Er ist an keine Weisungen organisatorischer Art gebunden. Für Termine, die gemeinsam mit Frau (Mag. R) wahrgenommen werden sollen, muss ein gemeinsamer Termin vereinbart werden.

3. Entgelt für die Leistungen

(1) Das Entgelt für die Leistungen von Herrn (BF) ergibt sich aus 45% der für seine Leistungen an die Klienten verrechneten und von den Klienten bezahlten Nettohonorarnoten.

(2) Wirken bei der Erstellung der Leistungen an die Klienten auch Mitarbeiter der (T-GmbH) mit, so ist dieser Anteil der Leistungen vom Honorar des Herrn (BF) abzurechnen. Der Anteil ist bereits bei Honorarerstellung zu fixieren und auf der Rechnung zu vermerken.

(3) Die Rechnungen der Leistungen von Herrn (BF) sind zusätzlich in einem eigenen Ordner abzulegen. Die Verrechnung erfolgt von Seiten des Herrn (BF). Die (T-GmbH) hat monatlich die verrechneten und bezahlten Leistungen bekannt zu geben.

(4) Werden an die Klienten Reiserechnungen von Herrn (BF) verrechnet und auch bezahlt, so gebühren Herrn (BF) Reisekosten in Form von Kilometergeld laut den LStRL. (siehe Beilage1) und wenn verrechnet auch Diäten bis maximal zu dem Betrag, welcher dem Klienten verrechnet und auch von diesem bezahlt wurde. Dabei ist jener Betrag in Abzug zu bringen, der bereits über den Punkt 3.

(1) verrechnet wurde.

(5) Die oben genannten Leistungen werden nach Bezahlung monatlich mit Herrn (BF) abgerechnet. Von Seiten der (T-GmbH) wird darauf geachtet, dass dies möglichst rasch erfolgt. Es ist monatlich eine Aufstellung zu machen.

(6) Weiters erhält Herr (BF) für die Dauer seiner Tätigkeit einen Infrastrukturzuschuss (Auto) in Höhe von EUR 6000,-- netto p. a. (EUR 500,-- netto pro Monat), ausbezahlt mit Monatsende. Herr (BF) hat aber für alle Kosten betreffend KFZ selbst aufzukommen (Versicherung, Treibstoff, Reparaturen u.s.w.)

(7) Interne Leistungen (z.B. interne Besprechungen...), die nicht verrechenbar sind, werden nicht verrechnet. Diese werden wöchentlich zirka zwei Stunden betragen.

(8) (BF) erhält eine Akquisitionsprämie der von ihm akquirierten neuen Klienten in Höhe von 20% des bezahlten Nettojahresumsatzes wobei an Herrn (BF) bezahlte Honorare abgezogen werden ausbezahlt in zwei Teilbetragen pro Jahr 10% nach jeweiliger Feststellung des Jahresabschlusses spätestens am 30.9. des folgenden Jahres. Umsätze gelten als von (BF) akquiriert, wenn diese Umsätze nachweislich überwiegend durch sein Zutun akquiriert wurden. Mit dieser Akquisitionsprämie sind jegliche nicht verrechenbare Barauslagen abgedeckt.

4. Verpflichtungen von Herrn (BF)

(1) Herr (BF) verpflichtet sich, innerhalb der Kooperationszeit mit der Firma (T-GmbH) für keine andere Kanzlei tätig zu werden. Alle Leistungen, die von Herrn (BF) an Klienten der (T-GmbH)erbracht werden, sind über die (T-GmbH) zu verrechnen. Alle Beteiligungen an Gesellschaften irgendwelcher Art von Herrn (BF) sind im Anhang anzuführen. Neue Beteiligungen sind mit der (T-GmbH) abzustimmen.

(2) Weiters verpflichtet sich Herr (BF) die Interessen der (T-GmbH) voll zu vertreten sei es steuerlich und finanziell sowie nach außen hin keine Rufschädigung für die (T-GmbH) herbeizuführen.

(3) Verschwiegenheitspflicht in allen Belangen nach außen hin.

(4) er verpflichtet sich, alle Abmachungen mit den Klienten bekanntzugeben und von den wichtigen Besprechungen Aktennotizen anzufertigen.

(5) Abstimmung von wichtigen Terminen mit Klienten mit Frau (Mag. R) bzw mit der Kanzleileitung.

(6) Neue Klienten sind der Büroleitung bekannt zu geben, damit die notwendigen Schritte unternommen werden.

(7) Die internen Besprechungstermine sind einzuhalten.

(8) Abschluss einer Vermögenshaftpflichtversicherung von Seiten Herrn (BF).

5. Verpflichtungen der Forma (T-GmbH)

(1) Die (T-GmbH)verpflichtet sich Herrn (BF) alle Unterlagen für seine Arbeiten zur Verfügung zu stellen. Er kann in beschränktem Ausmaß (wie es für seine Arbeit notwendig ist) Anweisungen an das Personal der (T GmbH) geben.

6. Konkurrenzverbot

In der Zeit der Kooperation mit der (T-GmbH) ist es Herrn (BF) nicht erlaubt im Geschäftszweig der (T-GmbH) weder selbständig noch im Rahmen einer anderen Firma bzw. mit einer anderen Firma bzw. für eine andere Firma tätig zu werden.

7. Auflösungsrecht betreffend der Kooperationsvereinbarung

(1) Herr (BF) kann die Vereinbarung zur Kooperation innerhalb der ersten 36 Monate nur aus den in Punkt 8 angegebenen Gründen auflösen. Nach Ablauf dieser Zeit verlängert sich der Vertrag automatisch um ein Jahr.

(2) Die (T-GmbH) verzichtet auf ihr ordentliches Kündigungsrecht innerhalb von 36 Monaten, kann den Vertrag jedoch aus jenen Gründen, die im Punkt 9 (erg.: festgehalten sind) jederzeit ohne Kündigungsfrist vorzeitig auflösen.

(3) Nach Ablauf der ersten 36 Monate kann der Vertrag jährlich unter Einhaltung einer schriftlichen Kündigungsfrist (eingeschrieben) von 3 Monaten jeweils zum 31.12. aufgekündigt werden.

8. Vorzeitige Auflösungsgrunde für Herrn (BF)

(1) Die Firma (T-GmbH) leistet trotz verrechneter und bezahlter Honorare, bzw. trotz nachweislich akquirierter Kunden keine Zahlungen an Herrn (BF).

(2) Große Differenzen zwischen beiden Vertragspartnern.

(3) Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der (T-GmbH).

9. Vorzeitige Auflösungsgrunde der (T-GmbH)

(1) Bei Nichteinhaltung der Verpflichtungen gemäß Punkt 4.

(2) Herr(BF) erbringt keine verrechenbaren Leistungen für die (T-GmbH)

(3) ein grobes Fehlverhalten von Herrn (BF) sowohl im Innenals auch im Außenverhältnis

(4) die Diskreditierung der Firma (T-GmbH) am Markt

(5) Es werden Abmachungen mit den Klienten getroffen, die nicht weitergegeben wurden und (erg.: dies) zu Problemen mit den Klienten führt.

(6) Fehlverhalten in finanziellen Angelegenheiten.

(7) Nichtbeachtung des Konkurrenzverbotes.

(8) Fehlberatungen von Herrn (BF) ohne vorherige Absprache, wodurch für die (T GmbH) ein grober Schaden entsteht.

(9) Eröffnung des Konkurses über das Vermögen von Herrn (BF).

10. Sonstiges

(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich, allenfalls zur Ausführung dieses Vertrages vorgesehene oder notwendige Verträge oder Urkunden rechtzeitig zu zeichnen, rechtzeitig rechtsgeschäftliche Erklärungen, allenfalls in Notariatsaktform, abzugeben und Stimmabgaben vorzunehmen.

(2) Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform, sofern nicht gesetzlich eine strengere Form vorgeschrieben ist. Das Erfordernis der Schriftform kann nur durch eine schriftliche Vereinbarung der Vertragsparteien aufgehoben werden.

(3) Wenn eine Bestimmung dieses Vertrages unwirksam oder und durchsetzbar sein sollte, beeinträchtigt das nicht die Wirksamkeit oder Durchsetzbarkeit der übrigen Bestimmungen dieses Vertrages. Die Vertragsparteien werden sich in einem solchen Fall bemühen, die unwirksame oder um durchsetzbare Bestimmung durch eine wirksame und durchsetzbare Bestimmung zu ersetzen, weiche den Zweck der zu ersetzenden Bestimmung möglichst nahekommt.

(4) Es gilt ausschließlich österreichisches materielles Recht. Gerichtsstand für alle Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist das für Oberpullendorf sachlich zuständige Gericht.

(5) Bei schriftlicher Annahme des Vertrages erfolgt rechtliche Bindung."

6 Der Drittmitbeteiligte habe bei seiner Einvernahme als Partei vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, vor dem strittigen Zeitraum Geschäftsführer der P. GmbH mit einem Geschäftsanteil von 50 % gewesen zu sein. Er sei damals im Bereich der gewerblichen Buchhaltung und Unternehmensberatung tätig und nach dem GSVG sozialversichert gewesen. Bereits damals sei seine Aufgabe die Anwerbung neuer Kunden gewesen. Ihm sei es dann aber zu mühsam geworden, die P. GmbH "de facto allein zu stemmen". Mit der Gründung der T. GmbH mit Sitz in Oberpullendorf sei diese seine Hauptkundin geworden. Er habe dieser monatlich eine Honorarnote gelegt. Seine Arbeitswoche habe am Montag um 7.30 Uhr begonnen und in der Regel bis Freitag Nachmittag gedauert. Darüber hinaus habe es an diversen Wochenenden Termine mit Klienten und Mandanten gegeben. Die T. GmbH habe die gleichen Klienten betreut wie die P. GmbH. Man habe den Klientenstamm erhalten und einen geordneten Übergang zur T. GmbH schaffen wollen. Eine seiner Aufgaben sei gewesen, diesen Übergang zu "managen", damit keine Kunden verloren gingen. Er hätte Bankgespräche und Kundenwerbung durchführen sollen. Viele der zuvor von ihm betreuten Mandanten hätten seine Anwesenheit bei Gesprächen vermisst. Seine Tätigkeiten seien die eines klassischen Steuerberaters gewesen. Er habe Dienstreisen absolviert und alle Arten von Prüfungen abgewickelt. Er sei dabei immer den beiden Geschäftsführerinnen verantwortlich gewesen. Die Klienten seien in Wien, Nordburgenland, Südburgenland und Niederösterreich betreut worden. Er sei fast täglich in diesen Räumen unterwegs gewesen. Besprechungen mit der Geschäftsführerin der T. GmbH an einem festgelegten Tag der Woche habe es nicht gegeben. Man habe jedoch täglich miteinander telefoniert und Dinge besprochen, die für den Geschäftsverlauf wichtig gewesen seien. Wenn es das Thema erfordert habe, seien den Gesprächen weitere Personen (etwa die Buchhalterin oder die zweite Geschäftsführerin) beigezogen worden. Bekleidungs- oder Verhaltensvorschriften seien ihm nicht gemacht worden. An eigenen Dienstnehmern habe er eine Haushaltskraft, ein Kindermädchen sowie eine Ferialpraktikantin zur Sozialversicherung gemeldet gehabt. Bei der Ferialpraktikantin handle es sich um die Schwägerin seines Bruders, die einen Ferialjob benötigt habe und die ihn (den Drittmitbeteiligten) bei Auswärtsterminen begleitet habe. Seine Telefonrechnung sei von der T. GmbH bezahlt worden. Diese habe auch Drucker und Druckerpapier zur Verfügung gestellt. Er habe seinen eigenen Laptop verwendet, auf dem mit Einverständnis der T. GmbH deren Software installiert worden sei. 7 Die Geschäftsführerin der T. GmbH habe bei ihrer Einvernahme angegeben, die meisten Kunden seien vom Drittmitbeteiligten gekommen. Er sei ständig angerufen worden. Dies habe sie auf gemeinsamen Autofahrten zu Klienten wahrgenommen. Wenn im Büro das Telefon geklingelt habe, sei er sofort weg gewesen. Die T. GmbH habe dem Drittmitbeteiligten keine Mandanten zugewiesen. Die Klienten hätten ihn ausgesucht. Sie hätten meist direkt bei ihm angerufen. Die Geschäftsführerin der T. GmbH habe den Drittmitbeteiligten angerufen und nachgefragt, was er mit den Klienten ausgemacht habe.

8 Die Tätigkeit des Drittmitbeteiligten - so das Bundesverwaltungsgericht weiter - habe am 1. Oktober 2012 begonnen. Er habe neue Kunden geworben, den Kontakt zu den von der P. GmbH übernommen Kunden gepflegt, Bankgespräche geführt, Verträge ausgearbeitet, Eintragungen ins Firmenbuch beantragt sowie Jahresabschlüsse und Steuererklärungen erstellt. Schriftliche Erledigungen habe er den Verantwortlichen der T. GmbH zur Genehmigung vorlegen müssen. Ein wesentlicher Teil seiner Tätigkeit sei die persönliche Betreuung des von ihm aufgebauten und an die T. GmbH übergebenen Kundenstocks sowie die Anwerbung neuer Kunden gewesen. Er sei ein für den Erhalt und Ausbau des Kundenstocks unverzichtbarer Mitarbeiter der T. GmbH gewesen. Er habe ein eigenes Büro gehabt. Ihm seien jedoch auch von der T. GmbH Büroräumlichkeiten zur Verfügung gestellt worden. Er habe deren Software nutzen und deren Personal für seine Tätigkeit (Schreibarbeiten) in Anspruch nehmen können. Die T. GmbH habe die Teilnahme des Drittmitbeteiligten an den vertraglich vereinbarten wöchentlichen Besprechungen eingefordert. Er habe alle Abmachungen und Klienten bekanntgeben müssen und regelmäßig über seine Kundengespräche und Bankgespräche zu berichten gehabt. Der Drittmitbeteiligte habe sich nicht immer diszipliniert an diese Verpflichtung gehalten. Er habe der Geschäftsführerin der T. GmbH laufend telefonisch über seine Tätigkeit berichtet. Zwar habe die T. GmbH ein persönliches Erscheinen zu Besprechungen eingefordert, dann jedoch telefonische Berichte entgegengenommen. Er habe bei der Vorbereitung der Bilanzen und Steuererklärungen unzuverlässig gearbeitet und die Geschäftsführerin der T. GmbH nicht immer ausreichend über den Stand seiner Arbeiten informiert. Wenn er mit seiner Unzuverlässigkeit konfrontiert worden sei, habe er "ein nicht entsprechendes Verhalten" an den Tag gelegt. Die Geschäftsführerin der T. GmbH - die eine Übergabe ihres Unternehmens an einen Nachfolger und ihren eigenen Ruhestand vor Augen gehabt habe - habe auf die Mitarbeit des Drittmitbeteiligten insgesamt (noch) nicht verzichten wollen. Sie habe ihn aber ab 2014 immer seltener für Arbeiten an Bilanzen und Steuererklärungen eingesetzt. Er habe nur mehr neue Kunden geworben und weiterhin die Kunden der T. GmbH betreut.

9 Der Drittmitbeteiligte sei bei der Anwerbung und Betreuung von Kunden abseits einer festen Betriebsstätte (disloziert) tätig gewesen, jedoch im Hinblick auf seine Tätigkeiten in einer Büroräumlichkeit der T. GmbH nicht ausschließlich. Er habe primär jene Kunden der T. GmbH betreut, die von ihm betreut werden wollten. Er sei abgesehen von der verpflichtenden Einhaltung der wöchentlichen zweistündigen Besprechungen an keine zeitlichen Vorgaben gebunden gewesen. Er habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über eine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügt und sei an anderen Unternehmen beteiligt gewesen. Er sei vor und nach der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit als Unternehmensberater selbständig erwerbstätig gewesen, habe aber währenddessen keine eigenen Kunden als Unternehmensberater betreut. Er habe das vertragliche Konkurrenzverbot eingehalten und seine Arbeiten persönlich verrichtet. Kurzfristig habe ihn die (von ihm als Dienstnehmerin zur Pflichtversicherung gemeldete) Schwägerin seines Bruders, die einen Ferialjob gesucht habe, bei seinen Außendiensten begleitet.

10 Der Drittmitbeteiligte habe einerseits ein erfolgsabhängiges Honorar (einen Prozentsatz der von Kunden gezahlten Honorare), andererseits eine fixe "Infrastrukturzulage" (EUR 500,-- monatlich für die Anschaffung eines KFZ) erhalten. Die monatliche Bezahlung, die stets die Geringfügigkeitsgrenze überschritten habe, sei (ab 2014) entsprechend dem (geringeren) tatsächlichen Beschäftigungsumfang reduziert worden. Der Vertrag sei schließlich am 9. Oktober 2015 einvernehmlich beendet worden. Nach dem Ausscheiden des Drittmitbeteiligten seien Kunden der T. GmbH weggebrochen.

11 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, der Drittmitbeteiligte sei zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet gewesen. Daran ändere der Umstand nichts, dass er zeitweise von der Schwägerin seines Bruders bei seinen Außendiensten begleitet wurde. Er sei bei der Anwerbung und Betreuung von Kunden abseits einer festen Betriebsstätte (disloziert) tätig gewesen. Bei dislozierten Tätigkeiten werde eine Weisungsbindung durch eine über die bloße sachliche Kontrolle des Ergebnisses der Tätigkeit hinausreichende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw. durch (auf der Ergebnis derartige Kontrollen aufbauende) persönliche Weisung dokumentiert.

12 Der Drittmitbeteiligte habe sich vertraglich zu qualifizierten Dienstleistungen verpflichtet und die dazu erforderliche Qualifikation mitgebracht, was isoliert betrachtet gegen seine persönliche Abhängigkeit spreche. Andererseits habe die T. GmbH die nicht nur zum Schein vereinbarte Teilnahme an wöchentlichen Besprechungen eingefordert. Der Drittmitbeteiligte habe regelmäßig über seine Kundengespräche berichten müssen. Er sei außerdem nicht ausschließlich disloziert tätig gewesen. Er sei insoweit in die Betriebsorganisation der T. GmbH eingebunden gewesen, als er etwa dem Personal der T. GmbH Schreibarbeiten habe übergeben und diesem Weisungen habe erteilen können. Dies wiederum habe der Geschäftsführerin der T. GmbH die Möglichkeit gegeben zu kontrollieren,

"was der BF (Drittmitbeteiligte) an Arbeiten schon abgegeben hatte und bezüglich noch fehlender Arbeiten seine Berichtspflicht einzufordern. Seitens der T-GmbH waren so gewisse faktische Vorkehrungen getroffen worden, die der Geschäftsführerin gewisse Kontrollmöglichkeiten eröffneten. Der BF (Drittmitbeteiligte) unterlag insoweit der stillen Autorität der T-GmbH.

Zusammenfassend ergibt sich: Der BF (Drittmitbeteiligte) war in einer Art - wenn auch nicht stark ausgeprägt - weisungsgebunden."

13 Er habe die Höhe des von den Kunden gezahlten Honorars nicht beeinflussen und "insoweit nicht unternehmerisch disponieren" können. Eine Gesamtbetrachtung der Beschäftigungsmerkmale ergebe, dass die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwögen. 14 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

16 Die GK hat eine "Revisionsbeantwortung" erstattet, in der sie beantragt, die Revision zuzulassen. Die übrigen Parteien haben sich an dem Verfahren nicht beteiligt.

17 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

18 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit der Revision

vor, das Bundesverwaltungsgericht sei iSd Art. 133 Abs. 4 B VG von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit abgewichen, als es eine Einbindung des Drittmitbeteiligten in die betriebliche Organisation der T. GmbH angenommen und die für seine Tätigkeit erforderliche Qualifikation nicht ausreichend berücksichtigt habe. Das Bundesverwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes trotz der hohen Qualifikation und trotz der dislozierten Tätigkeit eine persönliche Abhängigkeit des Drittmitbeteiligten angenommen, weil er sich vertraglich zu wöchentlichen Besprechungsterminen verpflichtet hätte. Damit sei das Bundesverwaltungsgericht insbesondere vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Mai 2014, 2012/08/0233, abgewichen.

19 Die Revision ist aus den von der Revisionswerberin genannten Gründen zulässig. Die Revision ist auch berechtigt, weil das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung der Einbindung in einen Betrieb bzw. bei der Unterscheidung zwischen personenbezogenen und sachbezogenen Berichtspflichten von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist. 20 Ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffspaares - davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. auf Grund eines freien Dienstvertrages im Sinn des § 4 Abs. 4 ASVG) - nur beschränkt ist (vgl. VwGH (verstärkter Senat) 10.12.1986, 83/08/0200, VwSlg. 12.325/A).

21 Unterscheidungskräftige Kriterien der Abgrenzung der persönlichen Abhängigkeit von der persönlichen Unabhängigkeit sind nur die Bindungen des Beschäftigten an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z.B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeit) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (§ 49 ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach § 4 Abs. 2 ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. etwa VwGH 15.5.2013, 2013/08/0051).

22 Die von der Rechtsprechung hervorgehobenen personenbezogenen Weisungs- und Kontrollbefugnisse des Dienstgebers gehen über die bloß sachliche Steuerung und Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus und betreffen das Verhalten des Erwerbstätigen und die Art und Weise, wie er seine Tätigkeiten verrichtet (zB Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, persönliches Erscheinungsbild, Benehmen, Kommunikationskultur, Arbeitseifer, Sorgfalt, Lernbereitschaft, Teamfähigkeit, Lenkbarkeit, Einfügungsbereitschaft in vorgegebene Strukturen des Arbeitsablaufs usw). Sie sind Mittel des Dienstgebers, unter Beachtung der Fürsorgepflicht auf das persönliche Verhalten des Dienstnehmers Einfluss zu nehmen und dieses im betrieblichen Interesse (laufend) zu steuern. Der daraus erwachsende personenbezogene Anpassungsdruck (VwGH 3.4.2019, Ro 2019/08/0003) schränkt die Bestimmungsfreiheit des Erwerbstätigen maßgeblich ein und begründet seine persönliche Abhängigkeit iSd § 4 Abs. 2 ASVG. 23 Im Unterschied dazu geht es dem Dienst- bzw. Auftraggeber bei einem freien Dienstnehmer oder bei einem selbständigen Erwerbstätigen (nach dem Gesamtbild der Tätigkeit) nicht um eine solche (laufende) Steuerung des persönlichen Verhaltens, sondern in erster Linie um die sachlichen Ergebnisse der Tätigkeit (VwGH 19.10.2015, 2013/08/0185, 0192; 17.10.2012, 2010/08/0256) bzw. darum, ob die (Geschäfts)Beziehung zu einem - in persönlichen Belangen selbstbestimmten - Partner zufriedenstellend verläuft oder nicht. Der Dienst- bzw. Auftraggeber beschränkt sich - soweit dies bei solchen Tätigkeiten, die meist eine besondere Qualifikation erfordern, möglich ist - auf eine Steuerung der Ergebnisse der Tätigkeit und ist im Übrigen darauf beschränkt, die Zusammenarbeit mit dem selbstbestimmten Partner aufrecht zu erhalten oder sie zu beenden (sachliche Weisungs- und Kontrollbefugnisse).

24 Bei der Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einem freien Dienstvertrag ist grundsätzlich von der vertraglichen Vereinbarung auszugehen, weil diese die rechtlichen Konturen des Beschäftigungsverhältnisses sichtbar macht und daher als Deutungsschema für die tatsächlichen Verhältnisse dient. Der Vertrag hat die Vermutung der Richtigkeit für sich. Diese müsste durch den Nachweis, dass die tatsächlichen Verhältnisse von den vertraglichen Vereinbarungen über das Vorliegen eines freien Dienstvertrages abweichen, entkräftet werden. Solche Abweichungen werden naturgemäß umso weniger manifest sein, in je geringerem zeitlichen Ausmaß der Beschäftigte tätig ist (VwGH 25.6.2013, 2013/08/0093).

25 Den Feststellungen zufolge war der Drittmitbeteiligte auf Grund einer mit "Werkvertrag" überschriebenen Kooperationsvereinbarung für die T. GmbH tätig, aus der - von den Parteien unwidersprochen - hervorgeht, dass er den Kundenstock, den er bisher in selbständiger Tätigkeit für die P. GmbH betreut hatte, nun für die übernehmende T. GmbH betreuen und ausweiten sollte. Er sollte bei seiner Tätigkeit als Unternehmensberater mit der T. GmbH zusammenarbeiten und für die Kunden auch Bilanzen und Verträge konzipieren. Er war verpflichtet, der Geschäftsführerin der T. GmbH über alle Handlungen, Besprechungen und Abmachungen mit Kunden bzw. Banken Bericht zu erstatten. Diese Besprechungen mit der Geschäftsführerin sollten wöchentlich an einem festgelegten Tag stattfinden und hätten nur aus wichtigen Gründen ausfallen dürfen. Tatsächlich hat der Drittmitbeteiligte den Feststellungen zu Folge die Berichte meist telefonisch erstattet. Ansonsten war er an keine Zeiteinteilung und an keine Weisungen persönlich oder organisatorischer Art gebunden (insbesondere an keine Bekleidungs- oder Verhaltensvorschriften). Er war ganztätig und teilweise auch an Wochenenden meist abseits einer festen Betriebsstätte (disloziert) tätig. Er hat Klienten im Raum Wien, Niederösterreich und Burgenland aufgesucht und täglich mit der Geschäftsführerin der T. GmbH telefoniert. Er hatte ein eigenes Büro. Auch die T. GmbH stellte ihm Büroräumlichkeiten zur Verfügung. Insofern war er nicht ausschließlich disloziert tätig. Er konnte Mitarbeiter der T. GmbH zur Vornahme von Schreibarbeiten heranziehen. Er hatte für seine Tätigkeit einen Prozentsatz der von Kunden gezahlten Honorare und eine "Infrastrukturzulage" von EUR 500,-- monatlich für die Anschaffung eines KFZ erhalten. Die sonstigen Aufwendungen für das KFZ hatte er selbst zu tragen. Seine Telefonrechnung ist von der T. GmbH bezahlt worden. Er hat seinen eigenen Laptop verwendet, auf dem die Software der T. GmbH installiert war.

26 Aus den Regelungen der Kooperationsvereinbarung geht hinreichend deutlich hervor, dass zwischen der T. GmbH und dem Drittmitbeteiligten in der Sache (ungeachtet der Bezeichnung als "Werkvertrag") ein freies Dienstverhältnis vereinbart werden sollte. Dies hat nach dem Gesagten die Vermutung der Richtigkeit für sich.

27 Die für eine Widerlegung dieser Vermutung in Frage kommenden Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts über die tatsächliche Durchführung dieses Vertragsverhältnisses erschöpfen sich zusammenfassend im Wesentlichen darin, dass der Drittmitbeteiligte nicht ausschließlich disloziert tätig sowie verpflichtet gewesen sei, der T. GmbH alle Abmachungen und Klienten bekanntzugeben und regelmäßig über seine Kundengespräche zu berichten.

28 Aus diesen Umständen lässt sich aber eine persönliche Abhängigkeit des Drittmitbeteiligten nicht ableiten (VwGH 26.5.2014, 2012/08/0233). Eine solche könnte sich jedoch daraus ergeben, dass der Erwerbstätige in einen Betrieb in einer Weise eingebunden war, dass dies der Erteilung ausdrücklicher persönlicher Weisungen bzw. der Vornahme entsprechender Kontrollen gleichgehalten werden kann ("stille Autorität" des Dienstgebers). Weiters spielt die für die Tätigkeit erforderliche Qualifikation eine Rolle, weil sich - unabhängig vom Vorliegen konkreter sachlicher Weisungen (die in der Realität des Arbeitsverhältnisses nicht immer erwartet werden können) - mit steigender Qualifikation in der Regel auch die fachliche bzw. sachliche Entscheidungsbefugnis ständig erweitert. Qualifizierte sachliche Entscheidungsbefugnisse können einen gewissen Spielraum für eine eigenständige (unter Umständen auch unternehmerische) Gestaltung der Tätigkeiten eröffnen. Derartige Dispositionsmöglichkeiten stärken - insbesondere bei Fehlen der Einbindung in eine Betriebsorganisation - die Sphäre persönlicher Ungebundenheit und sprechen für das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses (VwGH 3.4.2019, Ro 2019/08/0003).

29 Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich zB in einem durch die Erfordernisse des Betriebs vorgegebenen Ablauf, in einer aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte (VwGH 3.4.2019, Ro 2019/08/0003). Die bloße Nutzung von Einrichtungen des Auftraggebers (betriebliches Areal, Arbeitskleidung) bei Fehlen der genannten Strukturen stellt für sich allein keine Einbindung in eine betriebliche Organisation dar (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0172, 0173). Maßgeblich ist insbesondere, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgeht, indem zB ein Abweichen vom geforderten persönlichen Verhalten (bzw. eine dadurch bewirkte Störung der betrieblichen Abläufe) entsprechende Maßregelungen oder Sanktionen nach sich ziehen könnte.

30 Im vorliegenden Fall bestehen - wie das bei disloziert ausgeübten Erwerbstätigkeiten nicht selten der Fall ist - keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Einbindung in den Betrieb der T. GmbH. Insbesondere ergibt sich eine solche nicht aus der bloßen Möglichkeit, Betriebsmittel des Dienstgebers zu verwenden, im vorliegenden Fall die Büroräumlichkeiten der T. GmbH zu nutzen und sich deren Mitarbeiter für Schreibarbeiten zu bedienen. 31 Kann eine Einbindung in den Betrieb nicht festgestellt werden, so ist für die Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit zu prüfen, ob sonstige personenbezogene Kontrollbefugnisse bestehen, die eine persönliche Abhängigkeit bewirken (VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0172, 0173). Diese gehen wie erwähnt über die bloß sachliche Steuerung und Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus und zielen auf eine Steuerung des persönlichen arbeitsbezogenen Verhaltens des Erwerbstätigen. Als Kontrollmechanismen kommen in erster Linie personenbezogene Berichterstattungspflichten in Frage. Die Berichte müssen einer über die sachliche Kontrolle des Arbeitsergebnisses hinaus gehenden persönlichen Kontrolle des Erwerbstätigen dienen. 32 Die Kontrolle, die die T. GmbH über den Drittmitbeteiligten im Wege seiner (telefonischen) Berichte über die Entwicklung der Kundenbeziehungen ausübte, stellt keine über eine bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses seiner Tätigkeit hinausreichende, die persönliche Bestimmungsfreiheit der Drittmitbeteiligten einschränkende Kontrollmöglichkeit dar (vgl. nochmals VwGH 19.10.2015, 2013/08/0185, 0192). Der Bedarf und das Interesse an Kontrolle für die T. GmbH bestanden vor dem Hintergrund der angestrebten nachhaltigen Übernahme eines vom Drittmitbeteiligten aufgebauten Kundenstocks darin, Informationen über die Einzelheiten der Kundenbeziehungen zu erhalten und nicht darin, das persönliche Verhalten des Drittmitbeteiligten laufend zu steuern. Der sachliche Aspekt der im Zuge der Übernahme vereinbarten Kontrollbefugnisse kommt im vorliegenden Fall besonders dadurch zum Ausdruck, dass der Drittmitbeteiligte inhaltlich seine frühere selbständige Tätigkeit praktisch unverändert weiter ausgeübt hat und die T. GmbH - wenn auch mit einigen Elementen seiner Tätigkeit unzufrieden - an der Kooperation mit ihm bzw. an der Geschäftsbeziehung festgehalten hat, weil er für das Gelingen der Übernahme des Kundenstocks von der P. GmbH unverzichtbar war.

33 Auch die weiteren festgestellten Umstände betreffend den Gestaltungsspielraum des Drittmitbeteiligten bei der Festlegung von Arbeitsort und Arbeitszeit, sein leistungsbezogenes Entgelt, die kurzzeitige Begleitung durch eine eigene Dienstnehmerin und die eigenständige Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit sprechen als Nebenkriterien gegen das Vorliegen eines abhängigen Dienstverhältnisses. Der Drittmitbeteiligte konnte zudem - ähnlich wie bei seiner früheren Tätigkeit als Geschäftsführer der P. GmbH -

durch seinen Einsatz bei der Aquisition und Betreuung der Kunden die Höhe des von Kunden schließlich gezahlten Honorars und damit auch sein eigenes Entgelt beeinflussen und insoweit unternehmerisch disponieren.

34 Die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, es sei bei der Tätigkeit des Drittmitbeteiligten iSd § 4 Abs. 2 ASVG von einem Überwiegen der Merkmale der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit auszugehen, wird vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt.

35 Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

36 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war im Hinblick auf § 110 ASVG abzuweisen.

Wien, am 20. Februar 2020

Schlagworte

Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019080171.L00

Im RIS seit

04.05.2020

Zuletzt aktualisiert am

04.05.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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