TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/2 98/01/0220

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Veröffentlicht am 02.06.1998
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z2;
StbG 1985 §10 Abs3;
StbG 1985 §20 Abs1;
StbG 1985 §20 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des H in Wien, vertreten durch Dr. Gerhard Deinhofer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ditscheinergasse 4, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 6. Oktober 1997, Zl. MA 61/IV - C 654/95, betreffend Widerruf der Zusicherung der Verleihung der Staatsbürgerschaft und Verleihung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 27. Juni 1994 hatte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, daß er binnen zwei Jahren den Nachweis über das Ausscheiden aus dem türkischen Staatsverband erbringe. Der Beschwerdeführer legte hierauf am 3. November 1995 die "Austrittsbewilligungsurkunde" der Türkei vor.

Mit Bescheid vom 6. Oktober 1997 sprach die belangte Behörde (zu Spruchpunkt 1.) aus, daß ihr Bescheid betreffend die Zusicherung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 20 Abs. 2 StbG widerrufen werde; überdies wies sie (zu Spruchpunkt 2.) das Ansuchen des Beschwerdeführers um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2a StbG ab. Dies begründete sie im wesentlichen damit, daß der Beschwerdeführer nach Ausfolgung des Zusicherungsbescheides am 20. Oktober 1995 vom Landesgericht für Strafsachen Wien - mittlerweile rechtskräftig - wegen der Vergehen der Freiheitsentziehung, der versuchten Nötigung, der gefährlichen Drohung und der Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten, bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden sei. Eine Verleihungsvoraussetzung, welche im Zeitpunkt der Zusicherung noch gegeben gewesen sei (§ 10 Abs. 1 Z. 2a StbG), sei damit weggefallen.

Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach § 20 Abs. 1 StbG ist einem Fremden bei Vorliegen der in den Z. 1 bis 3 näher umschriebenen Voraussetzungen die Verleihung (Erstreckung der Verleihung) zunächst für den Fall zuzusichern, daß er binnen zwei Jahren das Ausscheiden aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates nachweist. Gemäß dem § 20 Abs. 2 StbG ist die Zusicherung zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft (Erstreckung der Verleihung) erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

Vom hier nicht in Betracht kommenden Fall des § 14 StbG abgesehen, verlangen alle Verleihungstatbestände des StbG, daß

-

neben sonstigen tatbestandscharakteristischen Umständen - die Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 leg. cit. vorliegen. Eine dieser Voraussetzungen - § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG

-

ist, daß der Staatsbürgerschaftswerber durch ein inländisches Gericht

a)

weder wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten

b)

noch wegen eines Finanzvergehens zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.

Gemäß § 10 Abs. 3 StbG kann bei einer Verleihung nach Abs. 1 dieser Bestimmung von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 (mindestens zehnjähriger ununterbrochener inländischer Hauptwohnsitz) abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt.

Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer nicht die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, daß er am 20. Oktober 1995 - und damit nach Erlassung des Zusicherungsbescheides der belangten Behörde - vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen der Vergehen der Freiheitsentziehung, der versuchten Nötigung, der gefährlichen Drohung und der Körperverletzung zu einer neun-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist. Er erfüllt damit nicht mehr die oben wiedergegebene Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG, zumal von dieser Vorschrift auch bedingte strafgerichtliche Verurteilungen erfaßt sind. Der Beschwerdeführer vermeint, diesem Umstand besonders berücksichtigungswürdige Gründe im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG entgegenhalten zu können. Damit verkennt er jedoch die Rechtslage. Nach dem klaren Wortlaut der zuletzt genannten Bestimmung vermögen die "besonders berücksichtigungswürdigen Gründe" nämlich nur die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG, also den mindestens zehnjährigen ununterbrochenen inländischen Hauptwohnsitz, zu substituieren; eine Ausnahme vom allgemeinen Verleihungserfordernis nach § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG ist hingegen weder in § 10 Abs. 3 leg. cit. noch in einer anderen Bestimmung des StbG normiert. Frei von Rechtsirrtum gelangte die belangte Behörde damit zu dem Ergebnis, daß die festgestellte, ihrem Zusicherungsbescheid vom Juni 1994 nachfolgende strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers aus dem Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 2 StbG den Widerruf der Zusicherung gemäß § 20 Abs. 2 StbG und die Abweisung seines Verleihungsgesuches nach sich ziehen mußte.

Gehen die Überlegungen der Beschwerde zu § 10 Abs. 3 StbG schon grundsätzlich fehl, so kann auch den Ausführungen zum geltend gemachten Verfahrensmangel (der darin erblickt wird, daß Ermittlungen und Feststellungen zu besonders berücksichtigungswürdigen Gründen unterblieben seien) kein Erfolg beschieden sein.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010220.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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