TE Bvwg Erkenntnis 2020/1/27 W261 2224745-1

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Veröffentlicht am 27.01.2020
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Entscheidungsdatum

27.01.2020

Norm

B-VG Art. 133 Abs4
KOVG 1957 §18
KOVG 1957 §32
VOG §1
VOG §2
VOG §5

Spruch

W261 2224745-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den Kriegsopfer- und Behindertenverband Steiermark, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 14.08.2019, betreffend die teilweise Abweisung des Antrages auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG) in Form von orthopädischer Versorgung der beantragten Übernahme der Kosten für Hospicare Nitrilhandschuhe, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin wurde am 10.05.1970 Opfer eines Verbrechens und leidet seither - infolge Durchtrennung des Rückenmarks zwischen dem sechsten und dem siebenten Brustwirbel - an einer Querschnittlähmung einschließlich einer Blasen- und Mastdarmlähmung und lähmungsbedingten Zirkulationsstörungen an den Beinen.

Sie steht seit 1. Juli 1973 in Bezug eines Verdienstentganges, orthopädischer Versorgung sowie einer Pflegezulage nach dem Verbrechensopfergesetz.

Die Firma XXXX Heilbehelfe übermittelte in regelmäßigen Abständen dem Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet), Rechnungen mit einer Aufstellung der für die Pflege der Beschwerdeführerin bezogenen Produkte sowie die entsprechenden ärztlichen Verordnungen der Heilbehelfe und Hilfsmittel. Darin waren auch regelmäßig Einweg-Nitrilhandschuhe in Packungen zu je 100 bzw. 150 Stück enthalten.

Bis Februar 2018 wurden die Rechnungen der Firma XXXX seitens der belangten Behörde zur Gänze übernommen. Ab Februar 2018 änderte die belangte Behörde die diesbezügliche Vorgangsweise. Es wurde festgelegt, dass eine Verordnung der entsprechenden Pflegeprodukte und ein Kostenvoranschlag durch die Firma XXXX benötigt werde, anschließend müsse ein Pflegesachverständigengutachten mit der Frage eingeholt werden, ob die Pflegeprodukte in Art und Ausmaß der Pflegebedürftigkeit angemessen seien, und die Pflege den aktuellen Standards entspreche. Bei Bejahung würden jene Kosten übernommen werden, welche auch von der Versicherungsanstalt für Eisenbahner und Bergbau übernommen würden.

Mit Aktenvermerk vom 24.07.2018 wurde seitens der belangten Behörde festgehalten, dass die Versicherungsanstalt für Eisenbahner und Bergbau nach dortiger telefonischer Auskunft die Kosten für Handschuhe übernehme, wenn diese zur digitalen Stuhlentleerung notwendig seien. Ansonsten würden die Handschuhe in die Pflege fallen, wofür das Pflegegeld zur Verfügung stehe. Die belangte Behörde orientiere sich an dieser Regelung. Es sei daher zu ermitteln, ob eine medizinische oder "lediglich" eine pflegerische Notwendigkeit für die Verwendung der Nitrilhandschuhe bestehe.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegers unter anderem mit der Frage ein, ob die Nitrilhandschuhe in den angegebenen Mengen erforderlich seien und eine dem aktuellen Pflegestand entsprechende Pflege gewährleisten würden. In dem aufgrund der Aktenlage am 16.10.2018 erstatteten Gutachten führte der Sachverständige dazu aus, dass der Verbrauch an Nitrilhandschuhen für die häusliche Pflege (ca. sechs Paar pro Tag laut der beigefügten Unterlagen) ungewöhnlich hoch sei. Es werde zur Optimierung der wirtschaftlichen Nutzung der Heil- und Hilfsmittel ein Heimpflegetraining oder eine Beratung für pflegende Angehörige in einer Einrichtung für Betroffene mit Querschnittlähmung empfohlen.

Mit Aktenvermerk vom 14.11.2018 wurde von der belangten Behörde festgehalten, da der Gutachter lediglich eine erhöhte Menge, nicht aber eine missbräuchliche Verwendung angegeben habe und die sehr gute Pflege der Beschwerdeführerin betont habe, würden die Kosten für die in der Vergangenheit "konsumierten" Mengen an Handschuhen (und anderen Produkten, deren Verbrauch der Gutachter als über das notwendige Maß beschrieb) übernommen werden. Zukünftig werde die Beschwerdeführerin ersucht, gleichzeitig mit den Verordnungen medizinische Begründungen für die verbrauchten Mengen vorzulegen.

Die belangte Behörde ersuchte den Ärztlichen Dienst um Stellungnahme, ob für die Verwendung der Nitrilhandschuhe eine medizinische oder "lediglich" eine pflegerische Notwendigkeit bestehe. Die ärztliche Leiterin des Ärztlichen Dienstes führte in ihrer Stellungnahme vom 17.12.2018 aus, es könne dem Akt nicht explizit entnommen werden, ob die Handschuhe auch für digitales Stuhlmanagement verwendet würden.

Mit Schreiben vom 07.01.2019 ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin um einen Nachweis des behandelnden Arztes, aus dem ersichtlich sei, ob die von der Firma XXXX bezogenen Handschuhe für digitales Stuhlmanagement verwendet werden, bzw. aufgrund welcher sonstigen Erfordernisse eine Verwendung stattfinde.

Mit E-Mail vom 17.01.2019 übermittelte die Schwester und Pflegerin der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme zum Pflegesachverständigengutachten vom 16.10.2018. Darin wurde betreffend die Handschuhe ausgeführt, dass durchschnittlich sogar mehr als sechs Paar am Tag gebraucht werden. Sie würden für die Körperwäsche, das Putzen der Zahnprothese, das Eincremen des Körpers, das (Wieder-)Einsetzen des Blasenkatheters, die Reinigung des Rollstuhles und das Tauschen des Harnbeutels benützt. Jeden zweiten Tag sei Stuhltag, an dem ein Zäpfchen eingeführt, der Stuhl mit Reinigungsschaum entfernt und der Bereich mit Hirschtalg-Salbe eingecremt werde, dafür sei ebenfalls die Verwendung von Handschuhen erforderlich. Außerdem würden die Handschuhe für die Reinigung und Behandlung der Wunde auf der Schamlippe benützt werden.

Da die Verwendung der Handschuhe aus verschiedenen Gründen angegeben wurde, befragte die belangte Behörde den Ärztlichen Dienst erneut, ob - abgesehen vom digitalen Stuhlmanagement - auch in den anderen in der Stellungnahme vom 17.01.2019 angeführten Bereichen die medizinische Notwendigkeit für das Tragen von Handschuhen bestehe.

Mit Stellungnahme vom 04.04.2019 wurde seitens des Ärztlichen Dienstes ausgeführt, dass aus der Stellungnahme der Pflegerin der Beschwerdeführerin vom 17.01.2019 ersichtlich sei, dass die Handschuhe überwiegend im Rahmen der Pflegetätigkeit verwendet würden und nicht für medizinische Behandlungen. Durch die Stellungnahme vom 17.01.2019 sei aber weiterhin nicht erklärbar, wodurch sich der hohe Verbrauch der Handschuhe ergebe.

Mit Parteiengehör vom 10.04.2019 brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihr die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. Die belangte Behörde teilte darin betreffend die Handschuhe mit, dass der Antrag abgewiesen werde, da die Handschuhe überwiegend im Rahmen der Pflegetätigkeit verwendet würden und die Kosten durch die Pflegezulage bzw. das Pflegegeld abgedeckt wären.

Mit Schreiben vom 27.05.2019 gab der Kriegsopfer- und Behindertenverband für die Steiermark (im Folgenden auch als KOBV bezeichnet) als bevollmächtigter Vertreter der Beschwerdeführerin eine Stellungnahme ab. Bezüglich der Kostenübernahme für die Handschuhe wurde darin ausgeführt, dass bereits mit Schreiben der belangten Behörde vom 06.04.1974 Handschuhe bewilligt worden seien, und die Kostenübernahme dafür seither durch die belangte Behörde erfolgt sei. Die Begründung, dass die Handschuhe überwiegend im Rahmen der Pflegetätigkeit verwendet und daher die Kosten nicht übernommen würden, sei nicht schlüssig, da bei der durchgeführten Körperpflege schon immer Handschuhe verwendet worden seien und die Pflegebedürftigkeit Folge des Verbrechens sei. Der Stellungnahme wurde ein Ärztliches Attest eines Arztes für Allgemeinmedizin vom 09.05.2019 angeschlossen, in welchem festgehalten wird, dass die Handschuhe aufgrund der Stuhl- und Blaseninkontinenz benötigt werden würden.

Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 14.08.2019 wies die belangte Behörde die beantragte Übernahme der Kosten für Hospicare Nitrilhandschuhe im Rahmen der orthopädischen Versorgung gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Z 3 und § 5 VOG ab. Begründend wurde ausgeführt, dass die Handschuhe überwiegend im Rahmen der Pflegetätigkeit verwendet würden, und die Kosten dafür durch Pflegezulage bzw. das Pflegegeld abgedeckt werden würden. Zur Stellungnahme des KOBV als bevollmächtigter Vertretung der Beschwerdeführerin vom 27.05.2019 sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführerin die Kostenübernahme für Handschuhe im Rahmen der orthopädischen Versorgung nach dem VOG zwar bewilligt worden seien, dies aber im Zusammenhang mit der Bewilligung eines Rollstuhls, eines Regenmantels, wobei es sich nicht um die Pflege dienende Handschuhe, sondern um solche für die Benützung eines Rollstuhles gehandelt habe. Dass die Handschuhe pflegebedingt notwendig seien, werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

Gegen diesen Bescheid erhob die durch den KOBV vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dabei führte sie im Wesentlichen aus, dass sie als Verbrechensopfer erwerbsunfähig sei und daher Anspruch auf freie Heilfürsorge habe. Außerdem seien die Handschuhe seit Jahrzehnten von der belangten Behörde bewilligt worden und würden zur Durchführung der Körperreinigung und Körperpflege dienen. Der Verordnung über die orthopädische Versorgung in der Kriegsopferversorgung sei im Artikel I - Sachleistungen - § 1 Abs. 4 andere Hilfsmittel Z 11 zu entnehmen, dass für Querschnittgelähmte und Beschädigte mit gleichzuachtenden Zuständen sowie dauernd oder fast ständig Bettlägrigen alle die Pflege erleichternden Hilfsmittel, wenn der Sachverständige die Notwendigkeit befürworte, zu gewähren seien. Da es sich bei der Übernahme der Kosten für Hospicare Nitrilhandschuhe um ein Hilfsmittel zur Durchführung der Körperreinigung und Körperpflege und somit um eine Sachleistung aus der orthopädischen Versorgung handle, werde beantragt, dass der Beschwerde stattgegeben werde.

Die belangte Behörde legte einen Teilakt samt der Beschwerde mit Schreiben vom 18.10.2029 dem Bundesverwaltungsgericht vor, wo dieser am 25.10.2019 einlangte.

Das Bundesverwaltungsgericht ersuchte die belangte Behörde am selben Tag, den gesamten Aktenvorgang dem Bundesverwaltungsgericht vorzulegen, was die belangte Behörde mit Schreiben vom 05.11.2029, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 08.11.2029 auch zeitnah vornahm.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist österreichische Staatsbürgerin

Die Beschwerdeführerin wurde am 10.05.1970 Opfer eines Verbrechens und leidet seither - infolge Durchtrennung des Rückenmarks zwischen dem sechsten und dem siebenten Brustwirbel - an einer Querschnittlähmung einschließlich einer Blasen- und Mastdarmlähmung und lähmungsbedingten Zirkulationsstörungen an den Beinen.

Beginnend mit 01.07.1973 bewilligte die belangte Behörde aufgrund des Verbrechens den Ersatz des Verdienstentganges, eine Pflegezulage und orthopädische Versorgung nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG).

Für die Pflege der Beschwerdeführerin werden unter anderem Nitrilhandschuhe benötigt.

Die Handschuhe werden überwiegend im Rahmen der Pflegetätigkeit verwendet.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur österreichischen Staatsbürgerschaft der Beschwerdeführerin, zum erlittenen Verbrechen, der dadurch erlittenen Gesundheitsschädigung und den seit 01.07.1973 bezogenen Leistungen nach dem VOG basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung, wonach für die Pflege der Beschwerdeführerin unter anderem Nitrilhandschuhe benötigt werden, ergibt sich aus den ärztlichen Verordnungen, den vorgelegten Rechnungen der Firma XXXX , dem Gutachten eines Pflegesachverständigen vom 16.10.2018, einem Ärztlichen Attest vom 09.05.2019 und den Angaben der Pflegerin der Beschwerdeführerin im Schreiben vom 17.01.2019. Daraus ergibt sich, dass die Handschuhe für verschiedene Tätigkeiten wie Körperpflege, Eincremen, das Putzen der Zahnprothese, die Reinigung des Rollstuhles, das Tauschen des Harnbeutels und das Stuhlmanagement verwendet werden. Seitens des Ärztlichen Dienstes der belangten Behörde wurde daraufhin am 04.04.2019 festgehalten, dass der überwiegende Gebrauch der Handschuhe im Rahmen der Pflegetätigkeit liegt, was seitens der Beschwerdeführerin auch weder in der Stellungnahme vom 27.05.2019 noch in der Beschwerde bestritten wurde.

Dass die belangte Behörde die Kosten der Handschuhe bis ins Jahr 2018 im Rahmen der orthopädischen Versorgung des VOG übernommen hat, ist zwar zutreffend, begründet aber für sich noch keinen Anspruch auf Ersatz von nach diesem Zeitpunkt entstandenen Kosten und zukünftigen Leistungen unter dem Titel der orthopädischen Versorgung. Betreffend die Abgrenzung von orthopädischer Versorgung und Pflegezulage nach dem VOG wird auf die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung verwiesen.

Die Beschwerdeführerin legte im Rahmen der Beschwerde keine Beweismittel vor, die geeignet wären, zu einer anderen Beurteilung der zu führen.

Die Beschwerdeführerin ist dem vorliegenden Sachverständigengutachten und der Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit des vorliegenden Pflegesachverständigengutachtens vom 16.10.2018 und der Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der belangten Behörde vom 04.04.2019. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes lauten auszugsweise:

Kreis der Anspruchsberechtigten

§ 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1. durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohte rechtswidrige und vorsätzliche Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2. durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3. als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

Hilfeleistungen

§ 2. Als Hilfeleistungen sind vorgesehen:

1. Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges;

2. Heilfürsorge

a) ärztliche Hilfe,

b) Heilmittel,

c) Heilbehelfe,

d) Anstaltspflege,

e) Zahnbehandlung,

f) Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955);

2a. Kostenübernahme bei Krisenintervention durch klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten;

3. orthopädische Versorgung

a) Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung,

b) Kostenersatz für Änderungen an Gebrauchsgegenständen sowie für die Installation behinderungsgerechter Sanitärausstattung,

c) Zuschüsse zu den Kosten für die behinderungsgerechte Ausstattung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

d) Beihilfen zur Anschaffung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

e) notwendige Reise- und Transportkosten;

4. medizinische Rehabilitation

a) Unterbringung in Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation dienen,

b) ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe, wenn diese Leistungen unmittelbar im Anschluß oder im Zusammenhang mit der unter lit. a angeführten Maßnahme erforderlich sind,

c) notwendige Reise- und Transportkosten;

5. berufliche Rehabilitation

a) berufliche Ausbildung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit,

b) Ausbildung für einen neuen Beruf,

c) Zuschüsse oder Darlehen (§ 198 Abs. 3 ASVG 1955);

6. soziale Rehabilitation

a) Zuschuß zu den Kosten für die Erlangung der Lenkerberechtigung, wenn auf Grund der Behinderung die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar ist,

b) Übergangsgeld (§ 306 ASVG 1955);

7. Pflegezulagen, Blindenzulagen;

8. Ersatz der Bestattungskosten;

9. einkommensabhängige Zusatzleistung;

10. Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Orthopädische Versorgung

§ 5. (1) Hilfe nach § 2 Z 3 ist nur für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu leisten. Opfer, die infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 eine zumutbare Beschäftigung, die den krankenversicherungsrechtlichen Schutz gewährleistet, nicht mehr ausüben können, sowie Hinterbliebene (§ 1 Abs. 4) erhalten orthopädische Versorgung bei jedem Körperschaden.

(2) Hilfe nach § 2 Z 3 lit. a bis d ist nach Maßgabe des § 32 Abs. 3 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957, BGBl. Nr. 152, zu gewähren.

(3) Beschafft sich ein Opfer oder ein Hinterbliebener ein Körperersatzstück, ein orthopädisches oder anderes Hilfsmittel selbst, so sind ihm die Kosten zu ersetzen, die dem Bund erwachsen wären, wenn die orthopädische Versorgung auf Grund dieses Bundesgesetzes durch diesen erfolgt wäre.

Pflegezulagen und Blindenzulagen

§ 6. Ist ein Opfer infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 so hilflos, dass es für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf, so ist ihm nach Maßgabe des § 18 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 eine Pflegezulage zu gewähren. Ist ein Opfer infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 erblindet, so ist ihm nach Maßgabe des § 19 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 eine Blindenzulage zu gewähren. Hiebei ist eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 einer Dienstbeschädigung im Sinne des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 gleichzuhalten.

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 in der geltenden Fassung lauten auszugsweise:

§ 18. (1) Zur Beschädigtenrente wird eine Pflegezulage gewährt, wenn der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung so hilflos ist, daß er für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf.

(2) Die Höhe der Pflegezulage ist nach der Schwere des Leidenszustandes und nach dem für die Pflege und Wartung erforderlichen Aufwand abgestuft. Die Gewährung der Pflegezulagen der Stufen II bis V setzt voraus, daß die Dienstbeschädigung außergewöhnliche Pflege und Wartung erfordert; verursacht die Dienstbeschädigung dauerndes Krankenlager, ist die Pflegezulage zumindest in der Höhe der Stufe III zu leisten. Die Pflegezulage der Stufe V gebührt, wenn der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung an zwei Gebrechen leidet, von denen jedes für sich Hilflosigkeit verursacht, oder wenn das die Hilflosigkeit verursachende Gebrechen für sich allein oder zusammen mit einem anderen auf eine Dienstbeschädigung zurückzuführenden Gebrechen einen derart schweren Gesamtleidenszustand darstellt, daß Pflege und Wartung in besonders erhöhtem Ausmaß erforderlich ist.

(3) Die nachstehend angeführten Verluste und Teilverluste von Gliedmaßen sind wie folgt eingestuft:

Stufe

1. Verlust von drei Gliedmaßen, darunter Exartikulation beider Oberarme V

2. Verlust beider unterer Gliedmaßen und eines Armes oder einer Hand

IV

3. Exartikulation beider Oberarme IV

4. Verlust beider Oberarme oder beider Unterarme oder beider Hände

III

5. Exartikulation beider Oberschenkel III

6. Verlust beider Oberschenkel II

7. Verlust eines Oberarmes und eines Oberschenkels II

8. Verlust beider Unterschenkel I

9. Verlust eines Unterschenkels und eines Oberschenkels I

10. Verlust eines Oberarmes und eines Unterschenkels I

11. Verlust eines Unterarmes (einer Hand) und eines Oberschenkels I

12. Verlust eines Unterarmes (einer Hand) und eines Unterschenkels I

Für andere Schädigungen an Gliedmaßen, die den vorangeführten Verlusten und Teilverlusten in funktioneller Hinsicht gleichzuhalten sind, gebührt die Pflegezulage in gleicher Höhe. Einer Exartikulation ist eine Versteifung des Oberarm- oder Oberschenkelstumpfes oder ein extremer Kurzstumpf des Oberarmes oder Oberschenkels gleichzuhalten.

(5) Für Beschädigte, die infolge einer Dienstbeschädigung vier Gliedmaßen verloren haben, sowie für Beschädigte mit gleichzuachtenden schweren Leidenszuständen ist die Pflegezulage der Stufe V um ein Drittel ihres Betrages zu erhöhen.

ABSCHNITT VI

Orthopädische Versorgung

§ 32. (1) Der Beschädigte hat zum Zwecke der Wiedergewinnung oder Erhöhung seiner infolge der Dienstbeschädigung geminderten Erwerbsfähigkeit oder zur Behebung oder Erleichterung der Folgen der Dienstbeschädigung Anspruch auf orthopädische Versorgung. Erwerbsunfähige (§ 9 Abs. 2) haben Anspruch auf orthopädische Versorgung auch für Körperschäden, die mit der Dienstbeschädigung in keinem ursächlichen Zusammenhange stehen. Den gleichen Anspruch haben auch die übrigen Schwerbeschädigten, wenn sie eine Zusatzrente (§ 12) beziehen und weder der gesetzlichen Krankenversicherung unterliegen noch Anspruch auf Heilbehelfe im Rahmen der Unfallheilbehandlung oder auf Körperersatzstücke, orthopädische Behelfe oder andere Hilfsmittel gegen den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung haben.

(2) Die orthopädische Versorgung umfaßt

1. die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung,

2. den Kostenersatz für Änderungen an Gebrauchsgegenständen sowie für die Installation behinderungsgerechter Sanitärausstattung,

3. Zuschüsse zu den Kosten für die behinderungsgerechte Ausstattung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen und

4. Beihilfen zur Anschaffung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen.

Die Leistungen nach Z 1 sind in einer der jeweiligen technischwissenschaftlichen Entwicklung entsprechenden, dauerhaften und den Bedürfnissen des Beschädigten angepaßten Ausführung vom Bund beizustellen; der Bund kann sich das Eigentumsrecht vorbehalten. Für die Leistungen nach Z 1 gelten die Bestimmungen des § 31 Abs. 2 sinngemäß.

(3) Art, Umfang und Gebrauchsdauer der Leistungen gemäß Abs. 2 Z 1, nähere Bestimmungen zu den Leistungen nach Abs. 2 Z 2 bis 4 sowie die Höhe der Leistungen nach Abs. 2 Z 3 und 4 hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festzulegen.

(4) Beschafft sich ein Beschädigter ein Körperersatzstück, ein orthopädisches oder anderes Hilfsmittel selbst, so sind ihm die Kosten zu ersetzen, die dem Bund erwachsen wären, wenn die orthopädische Versorgung durch diesen erfolgt wäre.

(5) Die unvermeidlichen Reisekosten, die dem Beschädigten beim Bezuge, bei der Wiederherstellung oder Erneuerung von Körperersatzstücken, orthopädischen oder anderen Hilfsmitteln erwachsen, sind ihm zu ersetzen.

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die orthopädische Versorgung in der Kriegsopferversorgung in der geltenden Fassung lauten auszugsweise:

ARTIKEL I

Sachleistungen

§ 1. (1) Die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln ist in einer der jeweiligen technischwissenschaftlichen Entwicklung entsprechenden, dauerhaften und den Bedürfnissen des Beschädigten angepaßten Ausführung nach Maßgabe der Abs. 2 bis 4 zu gewähren.

(2) Körperersatzstücke

1. Künstliche Glieder mit Zubehör, einschließlich Prothesenhandschuhen;

2. bei nachgewiesenem Bedarf zusätzlich eine wasserfeste Prothese für Beinamputierte, für Doppel-Oberschenkelamputierte zusätzlich auch ein Paar Kurzprothesen;

3. Künstliche Augen;

4. Kosmetische Ersatzstücke;

5. Zahnersatz, Kieferersatzstücke, Kieferschienen;

6. Perücken oder teilweiser Haarersatz;

(3) Orthopädische Hilfsmittel

1. Stützapparate, Bandagen;

2. bei nachgewiesenem Bedarf zusätzlich ein wasserfester Stützapparat;

3. Sitz- und Lagerungshilfen;

4. Modelleinlagen, bei Beinamputierten und Trägern von Beinstützapparaten für den nichtbeschädigten Fuß;

5. orthopädische Zurichtung an Normalschuhen;

6. orthopädische Schuhe, sofern nicht deren Zweck durch orthopädische Zurichtung an Normalschuhen oder durch Modelleinlagen erreicht werden kann. Wahlweise sind anstelle von orthopädischen Schuhen serienmäßig gefertigte Spezialschuhe beizustellen, wenn dies als orthopädische Hilfe ausreicht;

7. bei entsprechender Schädigung zusätzlich ein Paar orthopädische Schuhe in leichter Ausführung für den Hausgebrauch;

8. Krücken, Stützkrücken, Krankenstöcke, Blindenstöcke, Blindentaststöcke oder sonstige Gehhilfen;

9. Hilfsmittel für Einhänder und solchen gleichzuhaltenden Personen, insbesondere Einhändergabeln, Gabelmesser, Handwaschbürsten mit Gummisaugern oder Anschraubvorrichtungen, Stielbürsten;

10. Zughaken und Greifzangen;

11. handbetriebene Rollstühle (für den Haus- und Straßengebrauch) mit erforderlichem Zubehör, sofern auf andere Weise eine den Bedürfnissen des Beschädigten entsprechende Gehfähigkeit nicht erzielt werden kann und der Beschädigte in der Lage ist, den Rollstuhl zu benutzen;

12. elektrisch betriebene Rollstühle, sofern ein Beschädigter einen handbetriebenen Rollstuhl nicht selbst bedienen kann. Elektrisch betriebene Rollstühle dürfen bauartbedingt nicht mehr als 10 km/h erreichen.

(4) Andere Hilfsmittel

1. Brillen und Schutzbrillen für Blinde und Lichtempfindliche, Sehhilfen für Sehbehinderte;

2. Hilfsmittel zur Umwandlung von optischen in akustische oder taktile Informationen einschließlich Zubehör und erforderlicher Betriebsmittel, wenn der Sehbehinderte darauf angewiesen ist;

3. Führhunde mit der erforderlichen Ausrüstung;

4. Hörapparate oder andere Schallverstärker für Hörbehinderte, einschließlich Zubehör und erforderlicher Betriebsmittel;

5. Hilfsmittel zur Umwandlung von akustischen in für Hörbehinderte wahrnehmbare Informationen einschließlich Zubehör und erforderlicher Betriebsmittel, wenn der Hörbehinderte darauf angewiesen ist;

6. Stumpfstrümpfe, Trikotschlauchbinden, Gummistrümpfe;

7. Handschuhe (Woll- oder Lederhandschuhe) für Beschädigte mit verstümmelten oder gelähmten Händen, Blinde, Krücken- oder Stockträger und Benützer von Rollstühlen; Arbeitshandschuhe für verstümmelte oder narbenempfindliche Hände;

8. je vier Abzeichen für Verkehrsbehinderte (Hörbehinderte, Blinde, Sehbehinderte, Hirnverletzte und Gebrechliche);

9. Hilfsmittel zur Durchführung der Körperreinigung, Körperpflege, zur Verrichtung der Notdurft, insbesondere Haltegriffe, Badebrett, Badewannensitz, Badelifter, Badewannenlifter; Warmwasserduschen und/oder Trockner für Toiletten;

10. Stomaversorgung und Inkontinenzhilfen;

11. für Querschnittgelähmte und Beschädigte mit gleichzuachtenden Zuständen sowie dauernd oder fast ständig Bettlägrige alle die Pflege erleichternden Hilfsmittel, wenn der ärztliche Sachverständige die Notwendigkeit befürwortet; insbesondere auch Spezialbetten, Trapezträger, wenn die Umrüstung des Bettes als Hilfe nicht ausreicht;

12. sonstige Hilfsmittel, die für Behinderte entwickelt worden oder für sie besonders geeignet sind, wenn der Beschädigte darauf angewiesen ist.

Umfang der Ausstattung

§ 2. (1) Soferne nachstehend keine Sonderregelungen getroffen werden, stehen die Sachleistungen nur in einfacher Ausstattung zu.

(2) In doppelter Anzahl sind erstmalig beizustellen

-

Körperersatzstücke nach § 1 Abs. 2 Z 1, 3 und 4,

-

orthopädische Hilfsmittel nach § 1 Abs. 3 Z 1 und Z 6,

-

Krücken oder Stützkrücken wenn der Beschädigte auf deren Gebrauch dauernd angewiesen ist,

-

Handschuhe für Benützer von handbetriebenen Rollstühlen.

(3) Jährlich können bis zu zwei Paar Schuhe (§ 1 Abs. 3 Z 5) orthopädisch zugerichtet werden. Den Trägern von orthopädischen Schuhen oder serienmäßig gefertigten Spezialschuhen (§ 1 Abs. 3 Z 6) sind Schuhe für den nichtbeschädigten Fuß beizustellen. Ober- oder Unterarm- oder Handamputierten oder Handverletzten sind Handschuhe für die nichtbeschädigte Hand beizustellen.

(4) Handbetriebene Rollstühle sind bei Bedarf zweifach, jeweils einer für den Haus- oder Straßengebrauch beizustellen. Dem Beschädigten steht nur ein elektrisch betriebener Rollstuhl zu, wobei in Ausnahmefällen und bei dringendem Bedarf für beide Verwendungszwecke je ein elektrisch betriebener Rollstuhl beigestellt wird.

(5) Leistungen nach § 1 Abs. 3 Z 3, Abs. 4 Z 6, 10, 11 und 12 sind nach dem jeweiligen Bedarf beizustellen.

Der Beschwerdeführerin, einer österreichischen Staatsbürgerin, wurde am 10.05.1970 durch eine Stichverletzung das Rückenmark zwischen dem sechsten und dem siebenten Brustwirbel durchtrennt. Seither leidet sie an einer Querschnittlähmung einschließlich einer Blasen- und Mastdarmlähmung und an lähmungsbedingten Zirkulationsstörungen an den Beinen.

Gemäß § 1 Abs. 1 VOG liegen die grundsätzlichen Voraussetzungen für Leistungen nach dem Verbrechensopfergesetz damit vor.

Wie unter Punkt II.2. ausgeführt, sind für die Pflege der Beschwerdeführerin Nitrilhandschuhe erforderlich. Der überwiegende Gebrauch der Handschuhe liegt im Rahmen der Pflegetätigkeit. Auch seitens der Beschwerdeführerin wird in der Beschwerde bestätigt, dass die Handschuhe ein Hilfsmittel zur Durchführung der Körperreinigung und Körperpflege darstellen.

Aus den Gesetzesmaterialien (GP XIII RV 40. S. 9) zum VOG 1972 ergibt sich, dass die orthopädische Versorgung nach Art und Umfang jenen Leistungen entspricht, die Kriegsopfer erhalten, wobei auf das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 (KOVG) verwiesen wird.

Gemäß § 32 Abs. 2 Z 1 KOVG 1957 umfasst die orthopädische Versorgung die Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung. Bei den verfahrensgegenständlichen Nitrilhandschuhen handelt es sich unbestritten weder um Körperersatzstücke noch um orthopädische Hilfsmittel wie Krücken, Rollstühle o.ä.

Artikel 1 § 1 Abs. 4 der Verordnung über die orthopädische Versorgung in der Kriegsopferversorgung führt näher aus, was unter den "anderen Hilfsmitteln" zu verstehen ist. Gemäß Z 11 der zitierten Bestimmung, auf die auch die Beschwerdeführerin in der Beschwerde verweist, fallen darunter "für Querschnittgelähmte und Beschädigte mit gleichzuachtenden Zuständen sowie dauernd oder fast ständig Bettlägrige alle die Pflege erleichternden Hilfsmittel, wenn der ärztliche Sachverständige die Notwendigkeit befürwortet; insbesondere auch Spezialbetten, Trapezträger, wenn die Umrüstung des Bettes als Hilfe nicht ausreicht." Die Handschuhe sind jedoch nicht, wie ein Spezialbett oder ein Trapezträger, für die Erleichterung der Pflege bei Bettlägrigkeit erforderlich, sondern werden aus hygienischen Gründen von der Pflegerin hauptsächlich für die Körperpflege der Beschwerdeführerin, zum Eincremen und für das Blasen- und Stuhlmanagement verwendet.

Eine Kostenübernahme der Handschuhe ist auch nicht gemäß Z 9 der genannten Verordnung möglich, welche für "Hilfsmittel zur Durchführung der Körperreinigung, Körperpflege, zur Verrichtung der Notdurft, insbesondere Haltegriffe, Badebrett, Badewannensitz, Badelifter, Badewannenlifter; Warmwasserduschen und/oder Trockner für Toiletten" vorgesehen ist. Zwar könnten die Handschuhe dem Wortlaut nach prinzipiell als Hilfsmittel zur Durchführung der Körperreinigung, der Körperpflege und zur Verrichtung der Notdurft angesehen werden, gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung über die orthopädische Versorgung in der Kriegsopferversorgung stehen die in der genannten Bestimmung erwähnten Sachleistungen jedoch nur in einfacher Ausstattung zu, was betreffend die beispielhaft aufgezählten Haltegriffe, Badewannenlifter, etc. nachvollziehbar erscheint. Zur Pflege der Beschwerdeführerin werden laut der eigenen Angaben der Pflegerin der Beschwerdeführerin durchschnittlich pro Tag mehr als sechs Paar der verfahrensgegenständlichen Einweghandschuhe benötigt. Ein Ersatz von damit über tausend, zumindest aber mehreren Hundert Paar der Nitrilhandschuhe pro Jahr ist gemäß § 2 Abs. 1 der genannten Verordnung somit nicht möglich.

Ein Kostenersatz der Handschuhe im Rahmen der orthopädischen Versorgung des VOG ist auch von Z 10 der Verordnung über die orthopädische Versorgung nicht umfasst, welche Stomaversorgung und Inkontinenzhilfen als sonstige Hilfsmittel vorsieht. Obwohl die Beschwerdeführerin inkontinent ist und die Nitrilhandschuhe im Rahmen des Blasen- und Stuhlmanagements benützt werden, sind die Handschuhe selbst keine Inkontinenzhilfe, sondern werden - wie zuvor ausgeführt, aus hygienischen Gründen bei der Entfernung des Stuhls, dem (Wieder-)Einsetzen des Blasenkatheters und dem Tauschen des Harnbeutels benötigt.

Demgegenüber verweist die Regelung zur Pflegezulage gemäß § 6 VOG auf § 18 KOVG 1957. Nach § 18 Abs. 1 KOVG 1957 ist eine Pflegezulage zu gewähren, wenn der Beschädigte infolge der Dienstbeschädigung so hilflos ist, dass er für lebenswichtige Verrichtungen der Hilfe einer anderen Person bedarf. Dies ist bei der Beschwerdeführerin unbestritten der Fall, weshalb sie seitens der belangten Behörde auch Leistungen aus dem Titel der Pflegezulage bezieht. Da die Handschuhe - wie bereits ausgeführt - in erster Linie für die Pflegetätigkeit und die Einhaltung von Hygienestandards bei der Körperpflege der Beschwerdeführerin verwendet werden, sind die diesbezüglichen Kosten von der Pflegezulage, die den Aufwand der Pflege durch eine andere Person abdeckt, umfasst.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall wurde eine Verhandlung vom Bundesverwaltungsgericht für nicht erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt durch Aktenstudium des vorgelegten Fremdaktes, insbesondere auch der Beschwerde, zu klären war. Alle aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes notwendigen Unterlagen befanden sich im verwaltungsbehördlichen Fremdakt. Ansonsten waren im gegenständlichen Fall rechtliche Fragen zu klären. Damit liegt ein besonderer Grund vor, welcher auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR eine Einschränkung des Grundrechts auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zulässt. Im Fall Faugel (EGMR 20.11.2003, 58647/00 und 58649/00) wurde ein solch besonderer Grund, der von der Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung entbindet, etwa dann angenommen, wenn in einem Verfahren ausschließlich rechtliche oder höchst technische Fragen zur Diskussion stehen. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt auch kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Kostenersatz, Kostentragung, orthopädische Versorgung, Pflege,
Pflegebedarf, Pflegezulage, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W261.2224745.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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