TE Vwgh Beschluss 2020/2/12 Ra 2020/11/0012

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Veröffentlicht am 12.02.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §117c Abs1 Z6
ÄrzteG 1998 §4 Abs2 Z3
ÄrzteG 1998 §59 Abs1
ÄrzteG 1998 §59 Abs3
B-VG Art102
B-VG Art103
B-VG Art120b Abs2
B-VG Art131 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision des Dr. Y A in W, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 30. Juli 2019, Zl. VGW-172/090/30865/2014-18, betreffend Unzuständigkeit zur Behandlung einer Beschwerde gegen die Streichung aus der Ärzteliste (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident der Österreichischen Ärztekammer), den Beschluss

Spruch

gefasst:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 17. Juni 2014 verfügte die belangte Behörde - unter einem aussprechend, dass der Revisionswerber nicht über die gemäß § 4 Abs. 2 Z 3 des Ärztegesetzes 1998 (ÄrzteG 1998) zur Erfüllung der ärztlichen Berufspflichten erforderliche Vertrauenswürdigkeit verfüge und die Berechtigung zur Ausübung des ärztlichen Berufes gemäß § 59 Abs. 1 Z. 1 ÄrzteG 1998 erloschen sei - die Streichung des Revisionswerbers aus der Ärzteliste. In der Rechtsmittelbelehrung wurde auf die Möglichkeit einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht Wien) hingewiesen.

2 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies die belangte Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom 28. August 2014 ab. Über Antrag des Revisionswerbers wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. 3 Mit dem vorliegend angefochtenen Beschluss sprach das Verwaltungsgericht aus, dass die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes zurückgewiesen werde. Gleichzeitig erklärte es gemäß § 25a VwGG die Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

4 Begründend stützte sich das Verwaltungsgericht auf das Erkenntnis vom 13. März 2019, G 242/2018-16, mit dem der Verfassungsgerichtshof im ÄrzteG 1998, BGBl. I Nr. 169 idF. BGBl. I Nr. 56/2015, § 27 Abs. 10, die Wort- und Zeichenfolge "1 und" in § 59 Abs. 3 Z 1, § 59 Abs. 3 Z 2, die Wort- und Zeichenfolgen "1 und" und "2", "§ 4 Abs. 2 oder" und "Eintragung in die oder" in § 117c Abs. 1 Z 6 und die Wort- und Zeichenfolge "10 und" in § 125 Abs. 4 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen hat, dass diese Aufhebung mit Ablauf des 31. August 2020 in Kraft trete. Da der Revisionsfall weder Anlassnoch Quasi-Anlassfall sei, sei für ihn die nach Art. 140 Abs. 7 B-VG fortgeltende Fassung des ÄrzteG 1998 maßgeblich und für die Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig.

5 Gegen diesen Beschluss erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 3. Oktober 2019, E 3458/2019-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Begründung dieses Beschlusses verwies der Verfassungsgerichtshof auf sein Erkenntnis vom 13. März 2019, G 242/2018, in dem er ausgesprochen habe, dass "die Streichung aus der Ärzteliste - in der durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes fortgeltenden Fassung (Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG) - der unmittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen" sei, woraus im Fall der Bekämpfung von Akten der Vollziehung die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts folge. 6 Der Revisionswerber erhob die nun vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG). Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN). 8 In der somit für die Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

9 Zunächst wird darin vorgebracht, das Verwaltungsgericht sei von der hg. Judikatur insoweit abgewichen, als es entgegen der Rechtsprechung, "wonach die Unzuständigkeit der belangten Behörde unabhängig davon, ob sie von der Partei eingewendet wurde, von Amts wegen aufzugreifen ist (...), nicht die Frage der (wieder hergestellten) Vertrauenswürdigkeit des Revisionswerbers bei der Berufsausübung als Arzt geprüft hat". Dieses Vorbringen geht am angefochtenen Zurückweisungsbeschluss, der ausschließlich die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts betrifft, vorbei. 10 Soweit vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht hätte die Beschwerde an das für zuständig gehaltene Bundesverwaltungsgericht weiterzuleiten gehabt anstatt einen Zurückweisungsbeschluss zu fassen, genügt es, auf die ständige hg. Judikatur zu verweisen (vgl. die Nachweise in VwGH 4.4.2019, Ro 2017/11/0003), nach der die Verwaltungsgerichte ermächtigt sind, ihre Unzuständigkeit durch förmlichen Beschluss zum Ausdruck zu bringen. 11 Mit der Behauptung eines Verfahrensfehlers (als Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) kann nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen werden, wenn im Rahmen des Vorbringens zur Zulässigkeit der Revision auch die Relevanz dieses Verfahrensfehlers aufgezeigt wird (vgl. etwa den Zurückweisungsbeschluss VwGH 23.1.2017, Ra 2017/11/0001, mwN). Letzteres hat der Revisionswerber in seinem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Unrecht zum Erkenntnis G 242/2018 und dessen Auswirkungen auf das Beschwerdeverfahren kein Parteiengehör eingeräumt, verabsäumt.

12 Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich das Verwaltungsgericht im Rahmen der hg. Rechtsprechung bewegte und entgegen dem Revisionsvorbringen eine Sachentscheidung nicht rechtswidrig verweigerte, wenn es davon ausging, dass im Revisionsfall, der keinen Anlassfall iSd. Art. 140 Abs. 7 B-VG darstellte, die Streichung aus der Ärzteliste - in der durch den Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes fortgeltenden Fassung (Art. 140 Abs. 7 letzter Satz B-VG) des ÄrzteG 1998 - der unmittelbaren Bundesverwaltung zuzurechnen sei, weshalb für die Beschwerde das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei (vgl. VwGH 24.4.2019, Ro 2019/11/0004; 4.4.2019, Ro 2017/11/0003; vgl. auch neuerlich VfGH 13.3.2019, G 242/2018).

13 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110012.L00

Im RIS seit

10.03.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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