TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/17 LVwG-2018/37/0060-19

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Veröffentlicht am 17.01.2020
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Entscheidungsdatum

17.01.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AWG 2002 §39
AVG §13
VwGVG 2014 §24
VwGVG 2014 §28

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hirn über die Beschwerde des Landesumweltanwaltes, Adresse 1, Z, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, betreffend ein Bewilligungsverfahren nach § 50 AWG 2002 (mitbeteiligte Parteien: AA GmbH, Arbeitsinspektorat Tirol, Wasserwirtschaftliches Planungsorgan, Gemeinde X; belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Y),

zu Recht:

1.       Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, wird wegen Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ersatzlos aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz
(B-VG) nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang/Sachverhalt:

Mit Schriftsatz vom 21.12.2016 hat die AA GmbH beim Landeshauptmann von Tirol um die Erteilung der abfallrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Bodenaushubdeponie (Deponie „BB“) gemäß den §§ 37 ff in Verbindung mit (iVm) 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) unter Vorlage von Einreichunterlagen angesucht.

Mit Schriftsatz vom 24.01.2017, Zl *****, hat der Landeshauptmann von Tirol der Bezirkshauptmannschaft Y die Durchführung des abfallrechtlichen Verfahrens übertragen und die genannte Behörde ermächtigt, im eigenen Namen zu entscheiden.

Mit den Spruchpunkten I. und II. des Bescheides vom 09.06.2017, Zl *****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y der AA GmbH nach Maßgabe näher bezeichneter Planunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen die abfallwirtschaftsrechtliche (Spruchpunkt I.) und die naturschutzrechtliche (Spruchpunkt II.) Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Deponie im W auf dem Gst Nr **1 GB ***** X, befristet bis zum 31.12.2020, erteilt.

Mit Schriftsatz vom 05.07.2017, Zl *****, hat der Landesumweltanwalt gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, Beschwerde erhoben und beantragt, die naturschutzrechtliche Bewilligung zu versagen; hilfsweise wird beantragt, den naturkundlichen Sachverhalt auf Basis eines ergänzenden Gutachtens klären zu lassen, eine Alternativprüfung entsprechend dem Beschwerdevorbringen durchzuführen und auf Basis dieser Ermittlung eine Entscheidung in der Sache zu treffen.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol hat unter Spruchpunkt 1. des Erkenntnisses vom 14.06.2018, Zl LVwG-2018/37/0060-13, der Beschwerde Folge gegeben, Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, aufgehoben und dahingehend abgeändert, dass die beantragte Errichtungs- und Betriebsbewilligung einer Bodenaushubdeponie (Deponie „BB“) gemäß § 38 Abs 1 AWG 2002 iVm § 11 Abs 2 lit a Tiroler Naturschutzgesetz 2005 (TNSchG 2005) sowie § 2 lit a der Verordnung der Landesregierung vom 03.10.2016 über die Erklärung eines Teiles der V im Gebiet der Marktgemeinde X und der Gemeinden U, T und S zum Ruhegebiet (Ruhegebiet Ver und Ser Hauptkamm) versagt wird. Unter Spruchpunkt 2. des Erkenntnisses vom 14.06.2018, Zl LVwG-2018/37/0060-13, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol eine ordentliche Revision für zulässig erklärt.

Mit Erkenntnis vom 11.12.2019, Zl Ro 2018/05/0018-3, beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 08.01.2020 eingelangt, hat der Verwaltungsgerichtshof über die Revision der rechtsfreundlich vertretenen AA GmbH das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 14.06.2018, Zl LVwG-2018/37/0060-13, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Mit dem am 13.01.2020 beim Landesverwaltungsgericht Tirol eingelangten Schriftsatz von eben diesem Tag hat die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH ihren Genehmigungsantrag betreffend die Bodenaushubdeponie „BB“ vom 21.12.2016 zurückgezogen.

II.      Rechtslage:

1.       Abfallwirtschaftsgesetz 2002:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 39 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002), BGBl I Nr 102/2002 in der Fassung (idF) BGBl I Nr 71/2019, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Antragsunterlagen

§ 39. (1) Dem Antrag auf eine Genehmigung gemäß § 37 sind in vierfacher Ausfertigung insbesondere anzuschließen:

[…]“

2.       Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991:

Die entscheidungswesentliche Bestimmung des § 13 des Allgemeinen Verwaltungs-verfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 57/2018, lautet samt Überschrift auszugsweise wie folgt:

„Anbringen

§ 13. […]

(7) Anbringen können in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden.

[…]“

3.       Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idF BGBl I Nr 138/2017, lauten samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

„Verhandlung

§ 24. […]

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1.

der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

[…]“

„Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

[…]“

III.     Erwägungen:

1.       In der Sache:

Mit den Spruchpunkten I. und II. des Bescheides vom 09.06.2017, Zl *****, hat die Bezirkshauptmannschaft Y der AA GmbH nach Maßgabe näher bezeichneter Planunterlagen und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen die abfallwirtschaftsrechtliche (Spruchpunkt I.) und die naturschutzrechtliche (Spruchpunkt II.) Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Deponie im W auf dem Gst Nr **1, GB ***** X, befristet bis zum 31.12.2020 erteilt.

Grundlage für diesen Bescheid ist der am 23.12.2016 ursprünglich beim Landeshauptmann von Tirol eingelangte Antrag der AA GmbH vom 21.12.2016. Der Erteilung einer abfallwirtschaftsrechtlichen Bewilligung unter Berücksichtigung der Konzentrations-bestimmung des § 38 Abs 1 bis 3 AWG 2002 von ortsfesten Behandlungsanlagen ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt, unabhängig davon, ob das ordentliche Verfahren nach den §§ 37 ff AWG 2002 oder das vereinfachte Verfahren nach § 50 AWG 2002 durchzuführen ist.

Gemäß § 13 Abs 7 AVG können Anbringen in jeder Lage des Verfahrens zurückgezogen werden. Die Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages ist auch noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend einen Bescheid nach dem AVG zulässig. Eine derartige Zurückziehung hat die ersatzlose Behebung des in Beschwerde gezogenen Bescheides zur Folge [Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 Rz 42 (Stand: 01.01.2014, rdb.at)].

Die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH hat im Einklang mit
§ 13 Abs 7 AVG ihren (verfahrenseinleitenden) Antrag auf Erteilung der Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Bodenaushubdeponie „BB“ auf dem Gst Nr **1,
GB ***** X, in dem aufgrund des Rechtsmittels des Landesumweltanwaltes anhängigen Beschwerdeverfahren zurückgezogen. Aufgrund der Zurückziehung des Antrages war Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, ersatzlos aufzuheben (vgl Spruchpunkt 1. des gegenständlichen Erkenntnisses). Die ersatzlose Aufhebung stützt sich auf § 28 Abs 5 VwGVG und hat daher in Form eines Erkenntnisses zu ergehen.

Zur ersatzlosen Aufhebung des Spruchpunktes I. des Bescheides der Bezirkshaupt-mannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, war das Landesverwaltungsgericht Tirol trotz der Zurückziehung des verfahrenseinleitenden Antrages der rechtsfreundlich vertretenen AA GmbH nicht berechtigt, da dieser Spruchpunkt nicht Gegenstand des aufgrund des Rechtsmittels des Landesumweltanwaltes eingeleiteten Beschwerdeverfahrens war und somit bereits in Rechtskraft erwachsen ist. Trotz des weiterhin aufrechten Spruchpunktes I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, ist die Errichtung der Bodenaushubdeponie „BB“ nicht zulässig, da in Folge der ersatzlosen Aufhebung des Spruchpunktes II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, *****, die für die genannte Bodenaushubdeponie erforderliche naturschutzrechtliche Bewilligung fehlt.

2.       Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Im Hinblick auf die ersatzlose Aufhebung des Spruchpunktes II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, konnte nach dem eindeutigen Wortlaut des § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG die mündliche Verhandlung entfallen.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die rechtsfreundlich vertretene AA GmbH war gemäß § 13 Abs 7 AVG berechtigt, ihren verfahrenseinleitenden Antrag vom 21.12.2016 zurückzuziehen, der Grundlage des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, abgeschlossenen abfallrechtlichen Verfahrens war. Der aufgrund des Rechtsmittels des Landesumweltanwaltes den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildende Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Y vom 09.06.2017, Zl *****, war daher ersatzlos aufzuheben. Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren waren keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung zu beurteilen. Das Landesverwaltungsgericht Tirol erklärt daher die ordentliche Revision für nicht zulässig (vgl Spruchpunkt 2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hirn

(Richter)

Schlagworte

Bodenaushubdeponie; Landesumweltanwalt; konzentriertes Verfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2018.37.0060.19

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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