TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/20 LVwG-2020/25/0084-1

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Veröffentlicht am 20.01.2020
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Entscheidungsdatum

20.01.2020

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §69 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Hohenhorst über die Beschwerde von AA, geb. XX.XX.XXXX, wohnhaft in Adresse 1, Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, Y, vom 09.01.2020, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 12.12.2019,Zl *****, betreffend Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs 1 AVG,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27.10.2017, *****, wurde dem Land Tirol, Landesstraßenverwaltung, für das Bauvorhaben „Adresse 3, km ***** – km *****; Verlegung Adresse 3“ nach Maßgabe der unter Spruchpunkt II. erteilten Auflagen der Straßenbaubewilligung gemäß § 44 Abs 4 TStG erteilt.

Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 stellte der Grundeigentümer AA bei der Tiroler Landesregierung einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs 1 AVG.

Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 12.12.2019 wies die Tiroler Landesregierung den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens als unzulässig zurück.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde, in welcher AA durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen ausführt, dass die bekämpfte Straßenbaubewilligung eine dauernde Grundinanspruchnahme seines Eigentums im Ausmaß von 360 m² bedinge. Dabei gehe der Großteil der in Anspruch genommenen Fläche in das Eigentum des Landes Tirol über. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes X vom 06.12.2019 sei die grundbücherliche Durchführung dieses Eigentümerwechsels, das dem Projekt zugrunde liege, rechtskräftig abgewiesen worden. Damit sei eine titellose Benützung seiner Grundflächen gegeben. Er habe deshalb einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt, um einen Antrag gemäß § 43 TStG zu erheben. Es liege der Wiederaufnahmegrund vor, dass der Bescheid sonst wie erschlichen wurde, weil weder im Bewilligungsverfahren noch im Projekt sich der Umstand ergebe, wonach 5 m² aus seinem Eigentum ins Eigentum des öffentlichen Gutes zu übertragen sind und dieser Umstand im gesamten Bewilligungsverfahren nie Berücksichtigung gefunden habe. Im Hinblick auf die Entscheidung des Bezirksgerichtes X sei ihm keine adäquate Gegenleistung zur Verfügung gestellt worden. Die privatrechtliche Vereinbarung zwischen Antragsteller und ihm sei in der vorliegenden Form nicht verbücherungsfähig, weshalb eine Beeinträchtigung seines Grundstückes vorliege, die ihm nicht zumutbar wäre und eine Antragstellung iSd § 43 TStG rechtfertige. Ein solcher Antrag sei berechtigt, weil aufgrund der vorliegenden Situation eine Grundinanspruchnahme seiner Grundfläche bestehe, für die keine Gegenleistung erbracht werde und erbracht werden könne, da die dem Verfahren zugrunde liegende zivilrechtliche Vereinbarung nicht verbücherungsfähig sei. Aus diesem Grund sei bei richtiger rechtlicher Beurteilung die Straßenbaubewilligung auch zu versagen. Es werde deshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II.      Sachverhalt:

Dem nunmehrigen Beschwerdeführer AA wurde die Kundmachung der Tiroler Landesregierung vom 31.08.2017 betreffend die Straßenbauverhandlung am 17.10.2017, 09:30 Uhr, Gemeindeamt Zberg, betreffend die Verlegung der Adresse 3 im Bereich zwischen km ***** und km ***** zugestellt. Diese Erledigung enthält den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs 1 AVG. AA hat an dieser Verhandlung persönlich teilgenommen und in dieser keine Erklärung abgegeben. Auch bis zur Verhandlung wurde von ihm keine Einwendung gegen das verfahrensgegenständliche Projekt erhoben.

Mit Schreiben vom 17.10.2017 übermittelte die belangte Behörde die Verhandlungsschrift von diesem Tag die Verfahrensparteien, darunter auch AA. In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass sich das Stellungnahmerecht im Hinblick auf § 42 AVG nur mehr auf etwaige Fehler oder missverständliche Angaben in der Verhandlungsschrift bezieht.

Am 19.10.2017 wurde der Erstbehörde das mit 17.10.2017 datierte Übereinkommen zwischen AA als Eigentümer und Veräußerer des Grundstücks Nr **1 und dem Land Tirol/Landesstraßenverwaltung als Erwerber und der Zbahnen GmbH und Co KG übermittelt. In diesem Vertrag erklärt AA, gegen das geplante Straßenbauvorhaben keinen Einwand zu erheben. Er veräußert und übergibt das zur Ausführung des Straßenbauvorhabens unbedingt erforderlichen Teilstücks von 381 m² gegen eine Vergütung in der Höhe von Euro 225/m². Dieses Übereinkommen ist von allen drei Vertragsparteien unterschrieben. Einwendungen zum Verhandlungsprotokoll wurden von AA nicht erhoben.

Mit ihrem Bescheid vom 27.10.2017, *****, erteilte die Tiroler Landesregierung dem Land Tirol, Landesstraßenverwaltung, für das gegenständliche Bauvorhaben „Adresse 3, km ***** – km *****, Verlegung Adresse 3“ die Straßenbaubewilligung gemäß § 44 Abs 4 TStG unter der Vorschreibung von Auflagen.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes X vom 06.12.2019 zu TZ ***** und TZ *****, wurde die grundbücherliche Durchführung des dem vorher zitierten Übereinkommen zugrunde liegenden Eigentümerwechsels rechtskräftig abgewiesen.

III.     Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt der belangten Behörde.

IV.      Rechtslage:

Im gegenständlichen Verfahren sind folgende Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes maßgebend:

㤠42

(1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

(1a) Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet, wenn sich aus einer dauerhaften Kundmachung an der Amtstafel der Behörde ergibt, dass solche Kundmachungen im Internet erfolgen können und unter welcher Adresse sie erfolgen. Sonstige Formen der Kundmachung sind geeignet, wenn sie sicherstellen, dass ein Beteiligter von der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

(3) Eine Person, die glaubhaft macht, daß sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, rechtzeitig Einwendungen zu erheben, und die kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, kann binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses, jedoch spätestens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache bei der Behörde Einwendungen erheben. Solche Einwendungen gelten als rechtzeitig erhoben und sind von jener Behörde zu berücksichtigen, bei der das Verfahren anhängig ist.

(4) Versäumt derjenige, über dessen Antrag das Verfahren eingeleitet wurde, die Verhandlung, so kann sie entweder in seiner Abwesenheit durchgeführt oder auf seine Kosten auf einen anderen Termin verlegt werden.

§ 69

Wiederaufnahme des Verfahrens

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

         1.       der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

         2.       neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder

         3.       der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde;

         4.       nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat.“

V.       Erwägungen:

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer mit einer Kundmachung der belangten Behörde persönlich zur mündlichen Verhandlung am 17.10.2017 geladen wurde, an welcher er teilnahm. Diese Erledigung enthält den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 Abs 1 AVG. Weder bis zur mündlichen Verhandlung noch während der mündlichen Verhandlung erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen das Projekt. Er wurde damit iSd § 42 Abs 1 AVG präkludiert und hat damit seine Stellung als Partei verloren.

Nach § 69 Abs 1 AVG setzt ein Wiederaufnahmeantrag die Parteistellung des Antragstellers im zugrunde liegenden Verfahren voraus. Da der Beschwerdeführer seine Parteistellung verloren hat, kommt ihm kein Recht zu, einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zu stellen (vgl VwGH 15.03.2012, 2011/06/0211). Die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde ist damit korrekt.

Das Verwaltungsgericht hat gemäß § 24 Abs 1 VwGVG auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amtswegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs 2 Z 1 leg cit kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen ist. Da die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde korrekt war, konnte die beantragte mündliche Verhandlung entfallen.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Hohenhorst

(Richter)

Schlagworte

Wiederaufnahme des Verfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.25.0084.1

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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