TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/23 96/08/0208

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Veröffentlicht am 23.06.1998
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §39 Abs1 Z2 idF 1992/416;
AlVG 1977 §39 Abs1 Z2 idF 1995/297;
AlVG 1977 §39 Abs1 Z2 idF 1996/201;
AlVG 1977 §39 Abs4 idF 1996/201;
AlVG 1977 §39 idF 1992/416;
AlVG 1977 §39 idF 1995/297;
AlVG 1977 §39 idF 1996/201;
SondernotstandshilfeV 1995 §1;
SondernotstandshilfeV 1995 §2;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2001/08/0010 E 26. Mai 2004 96/08/0187 E 23. Juni 1998 97/08/0023 E 23. Februar 2000

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der HW in S, vertreten durch Dr. Aldo Frischenschlager und Dr. Dieter Gallistl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 15, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 5. Juni 1996, Zl. B1-12896372-8, betreffend Sondernotstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 18. Jänner 1996 beim Arbeitsmarktservice Steyr Sondernotstandshilfe ab 13. Februar 1996. Der Magistrat Steyr bestätigte am 18. Jänner 1996 mittels Formular, daß für das Kind der Beschwerdeführerin eine Unterbringungsmöglichkeit sofort verfügbar sei; als Art der Unterbringungsmöglichkeit wurde "Tagesmutter" genannt. Die Beschwerdeführerin legte eine Bestätigung der Aktion Tagesmutter OÖ vom 22. Jänner 1996 bei, wonach es nicht möglich sei, eine Tagesmutter für das Kind der Beschwerdeführerin zur Verfügung zu stellen. Die Beschwerdeführerin möchte die Tagesmutter für "zu Hause", die Tagesmütter arbeiteten jedoch nur im eigenen Haushalt. Mit Schreiben vom 14. Februar 1996 teilte die Beschwerdeführerin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steyr mit, daß es grundsätzlich nicht möglich sei, daß eine Tagesmutter zu ihr nach Hause komme, um ihr Kind zu beaufsichtigen. Dies wäre jedoch unbedingt notwendig, weil ihr Arbeitsbeginn mit 05.00 Uhr festgelegt sei. Bei einem notwendigen Transport ihres Kindes zu einer Tagesmutter müßte sie das Kind um 04.00 Uhr aufwecken. Abgesehen von diesem unmöglichen und wahrscheinlich auch der Psyche des Kindes abträglichem Zeitpunkt komme erschwerend dazu, daß das Kind an einer sehr argen Neurodermitiserkrankung leide und jede Trennung von seiner Mutter zu einer Verschlimmerung dieser Erkrankung führe. Es sei auch zu beachten, daß ihr Gatte sie bei einem solchen Transport nicht entlasten könne, weil er es aufgrund seines Gesundheitszustandes vermeide, mit dem Auto zu fahren. Diesem Schreiben war ein ärztliches Attest bezüglich des Ehegatten der Beschwerdeführerin und eine ärztliche Bescheinigung hinsichtlich des Kindes der Beschwerdeführerin beigelegt.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steyr forderte daraufhin die Stadt Steyr zur Überprüfung der Unterbringungsmöglichkeit auf. Der Magistrat Steyr bestätigte daraufhin mit Schreiben vom 26. Februar 1996 neuerlich, daß eine Tagesmutter zur Verfügung stehe. Daß eine Betreuung im Haushalt der Beschwerdeführerin nicht erfolgen könne, sei richtig, bei Beurteilung der Eignung aber nicht relevant.

Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steyr gab mit Bescheid vom 8. März 1996 dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Sondernotstandshilfe keine Folge. In der Begründung wurde ausgeführt, daß laut Bestätigung des Magistrates Steyr vom 18. Jänner 1996 und der neuerlichen Mitteilung vom 26. Februar 1996 eine Unterbringungsmöglichkeit für das Kind der Beschwerdeführerin gegeben sei. Es liege daher keine Voraussetzung für die Gewährung der Sondernotstandshilfe vor.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Darin führte sie aus, daß eine Tagesmutter ihr Kind während ihrer üblichen Arbeitszeit nicht betreuen könne. Sie sei als Reinigungskraft beschäftigt, ihre Arbeitszeit beginne um 05.00 Uhr und ende um 09.45 Uhr. Zu dieser Zeit finde sich keine Tagesmutter, bei der sie ihr Kind unterbringen könne. Es sei nicht zumutbar, ein zweijähriges Kind um spätestens 04.30 Uhr aus dem Schlaf zu reißen, um es zu einer Tagesmutter zu bringen. Die Beschwerdeführerin befinde sich in einem Urlaub gegen einen Entfall der Bezüge bis zum 3. Geburtstag des Kindes (bis zum 12. Februar 1997). Gemäß § 39 Abs. 4 AlVG sei daher Arbeitslosigkeit gegeben. Die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe lägen ebenfalls vor.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid aus seinen zutreffenden Gründen. In der Begründung stellte die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen dar und zitierte die anzuwendenden Gesetzesbestimmungen. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, sie könne sich bei der Entscheidung der Frage, ob mangels Vorhandenseins einer Unterbringungsmöglichkeit keine Beschäftigung aufgenommen werden könne, im vollen Umfang auf die Bescheinigung der Gemeinde beziehen. Sie könne davon ausgehen, daß bei der Abgabe der Bescheinigung sämtliche Voraussetzungen für die Eignung der Unterbringungsmöglichkeit von der Gemeinde berücksichtigt worden seien, und es habe daher keine eigene Beurteilung zu erfolgen. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin, sie könne ihre Beschäftigung als Reinigungskraft wegen der Betreuung des Kindes nicht fortsetzen bzw. während ihrer Arbeitszeit würde eine Tagesmutter für ihr Kind nicht zur Verfügung stehen, könnten die Eignung der vom Magistrat Steyr bekanntgegebenen Unterbringungsmöglichkeit nicht in Frage stellen. Bei der Beurteilung, ob die Unterbringungszeiten den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Arbeitszeiten angepaßt seien, sei nicht auf die zuletzt ausgeübte Beschäftigung "abzustimmen", sondern komme es lediglich darauf an, ob die Betreuungseinrichtung ausgehend von einem Acht-Stunden-Tag zu den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Arbeitszeiten geöffnet habe und eine durchgehende Betreuung auch über die Mittagszeit gewährleistet sei. Laut Bestätigung des Magistrates Steyr bestehe eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit für das Kind der Beschwerdeführerin bei einer Tagesmutter. Sondernotstandshilfe könne aber nur dann gewährt werden, wenn neben dem Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen erwiesenermaßen für das Kind, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubes gewesen sei, keine Unterbringungsmöglichkeit bestehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde zufolge der Zeitraumbezogenheit des geltend gemachten Anspruches § 39 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes bis 30. April 1996 i.d.F. BGBl. Nr. 416/1992 (Abs. 1 bis 4) und BGBl. Nr. 297/1995 (Abs. 5), und ab 1. Mai 1996 i.d.F. BGBl. Nr. 201/1996 anzuwenden; die Fassung BGBl. Nr. 416/1992 und Nr. 297/1995 lautet auszugsweise:

"§ 39. (1) Mütter oder Väter haben Anspruch auf Sondernotstandshilfe bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, wenn

1.

der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist,

2.

sie wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, und

3.

mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt sind.

Der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld ist erschöpft, wenn das Höchstausmaß erreicht ist oder infolge Verzichtes (§ 26a Abs. 1) kein Karenzurlaubsgeld mehr bezogen werden kann und der Vater des Kindes nicht im Bezug des vollen Karenzurlaubsgeldes gemäß § 27 steht.

(2) ...

(3) Im übrigen sind die Bestimmungen über die Notstandshilfe, soweit im folgenden nicht anders bestimmt ist, anzuwenden. Hinsichtlich des Ruhens der Sondernotstandshilfe gilt § 29 sinngemäß.

(4) Arbeitslosigkeit ist auch während der Zeit eines Urlaubes gegen Entfall der Bezüge anzunehmen.

(5) Zur Frage, ob eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit vorliegt, ist der Regionalbeirat anzuhören. Trifft der Regionalbeirat keine einhellige Feststellung, so ist das Landesdirektorium anzuhören. Die Überprüfung der Unterbringungsmöglichkeit ist ab dem Jahr 1996 halbjährlich vorzunehmen."

Diese Bestimmung lautet i.d.F. BGBl. Nr. 201/1996 ab 1. Mai 1996:

"§ 39. (1) Mütter oder Väter haben Anspruch auf Sondernotstandshilfe für die Dauer von 52 Wochen, maximal bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, wenn

1.

der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist,

2.

sie wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, und

3.

mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit und der Voraussetzung gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt sind.

Der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld ist erschöpft, wenn das Höchstausmaß erreicht ist oder infolge Verzichtes (§ 26a Abs. 1) kein Karenzurlaubsgeld mehr bezogen werden kann und der Vater des Kindes nicht im Bezug des vollen Karenzurlaubsgeldes gemäß § 27 steht.

(2) ...

(3) Im übrigen sind die Bestimmungen über die Notstandshilfe, soweit im folgenden nicht anders bestimmt ist, anzuwenden. Hinsichtlich des Ruhens der Sondernotstandshilfe gilt § 29 sinngemäß.

(4) Arbeitslosigkeit ist auch während der Zeit eines Urlaubes gegen Entfall der Bezüge anzunehmen.

(5) Dem Antrag auf Gewährung der Sondernotstandshilfe ist eine Bescheinigung der Hauptwohnsitzgemeinde über das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind beizulegen. Die Hauptwohnsitzgemeinde ist im Hinblick auf den gemäß § 2 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 30/1993, i.d.F. des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 853/1995, zu leistenden Kostenersatz an das Arbeitsmarktservice verpflichtet, eine solche Bescheinigung auszustellen. Sie ist dabei an die Sondernotstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 361/1995, in der jeweils geltenden Fassung, gebunden."

Gestützt auf § 39 AlVG und § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz erließ der Bundesminister für Soziales (nunmehr: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) die sogenannte Sondernotstandshilfeverordnung, die im am 31. Mai 1995 ausgegebenen BGBl. unter Nr. 361/1995 kundgemacht wurde und ihrem § 5 zufolge am 1. Mai 1995 in Kraft getreten ist. § 1 der Sondernotstandshilfeverordnung hatte im Zeitraum zwischen Antragstellung und Erlassung des angefochtenen Bescheides (bis zum Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 264/1996 am 19. Juni 1996) folgenden Wortlaut:

"(1) Als geeignete Unterbringungsmöglichkeit gilt jedenfalls eine Einrichtung, die nach den jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften (z.B. Kindergartengesetz, Kindertagesheimgesetz, Jugendwohlfahrtsgesetz u.dgl.) für Kinder im dritten Lebensjahr entweder vom Land oder der Gemeinde selbst oder von Rechtsträgern geführt wird, denen sich das Land oder die Gemeinde zur Erreichung dieser Ziele bedient. Eine private Einrichtung (wie Privatkindergarten, Pfarrkindergarten, Kindergruppe u.dgl.) ist einer solchen Einrichtung gleichzuhalten.

(2) Weiters müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

a)

die Öffnungszeiten müssen den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Arbeitszeiten einschließlich der Zeit, die für die Hinbringung bzw. Abholung des Kindes erforderlich ist, angepaßt sein,

b)

der Betreuungsort muß mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder anderweitig bereitgestellten Beförderungsmitteln (Kindergartentransporte) bei zumutbarem Zugang entsprechend den Öffnungszeiten erreichbar sein,

c)

das Entgelt für die Unterbringung muß angemessen sein, das bedeutet, daß es nicht wesentlich über den Kosten einer vergleichbaren kommunalen Unterbringungsmöglichkeit, bei Fehlen einer solchen, nicht wesentlich über den Kosten anderer vergleichbarer Einrichtungen im jeweiligen Bundesland liegen darf.

(3) Tagesmütter/väter gelten nur insoweit als geeignete Unterbringungsmöglichkeit, als für sie bzw. für die Einrichtung, die die Tagesmütterbetreuung organisiert, eine Bewilligung nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften vorliegt.

(4) Die im Haushalt bzw. am Wohnsitz lebenden Eltern und Großeltern der/des Antragstellerin/Antragstellers können nicht zwingend für die Betreuung herangezogen werden."

Gemäß § 2 dieser Verordnung sind die Gemeinden verpflichtet, binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch das Arbeitsmarktservice zu bestätigen, ob eine Unterbringungsmöglichkeit für das Kind besteht.

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, sie sei an die Bestätigung der Gemeinde gebunden, die Beschwerdeführerin tritt dem entgegen.

Dem Wortlaut des § 39 in beiden im vorliegenden Fall anzuwendenden Fassungen kann eine Bindung des Arbeitsmarktservice an die Bestätigung der Gemeinde nicht entnommen werden. Gleiches gilt auch für die Sondernotstandshilfeverordnung i.d.F. BGBl. Nr. 361/1995. Auch der Zweck der Sondernotstandshilfe spricht gegen die Annahme einer solchen Bindung, wie die Entwicklungsgeschichte dieser Norm zeigt: Ausgangspunkt dieser Regelung war der durch die Novelle zum AlVG BGBl. Nr. 179/1974 eingeführte Abs. 5 des § 26, wonach alleinstehenden Müttern, die wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzurlaubsgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil erwiesenermaßen für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres dieses Kindes Notstandshilfe zu gewähren ist, sofern der Anspruch auf Karenzurlaubsgeld erschöpft ist und, mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit, die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt werden. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage ziele der vorliegende Gesetzesentwurf in erster Linie darauf ab, die Entscheidung, ein Kind zur Welt zu bringen, positiv zu beeinflussen und die Situation der Frauen, die sowohl Mütter als auch Dienstnehmerinnen seien, nach der Entbindung und in den ersten Lebensjahren des Kindes zu verbessern (vgl. 1032 BlgNR XIII. GP, S 6).

Mit einer weiteren Novelle zum AlVG BGBl. Nr. 289/1976 wurde die im bisherigen § 26 Abs. 5 enthaltene Sonderregelung der Gewährung von Notstandshilfe an alleinstehende Mütter "aus Gründen der besseren Übersicht und Verständlichkeit" unter dem neuen Abschnitt 4 "Sondernotstandshilfe für alleinstehende Mütter" mit unverändertem Text aufgenommen (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 146 BlgNR XIV. GP, S 17).

Die Novelle BGBl. Nr. 615/1987 bestimmt schließlich bei der Sondernotstandshilfe ("als familienpolitische Leistung":

vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage 282 BlgNR XVII. GP, S 9f), daß die Regelung über das Ruhen des Anspruches analog zu den Bestimmungen des Karenzurlaubsgeldes gelten soll (§ 34 Abs. 4), und stellte klar, daß die Sondernotstandshilfe auch im Falle eines unbezahlten Urlaubes nach dem Karenzurlaub gebührt (§ 39 Abs. 5).

Das Wesen der im § 39 AlVG geregelten Sondernotstandshilfe besteht somit darin, jenen Müttern, die mangels anderweitiger Unterbringungsmöglichkeit für ihr Kind dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, nach Erschöpfung des Karenzurlaubsgeldes bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes die Notstandshilfe unter Nachsicht der sonst hiefür erforderlichen "Arbeitswilligkeit" zu gewähren. Der Gesetzgeber geht davon aus, daß die Mutter (bzw. nach der Novelle BGBl. Nr. 416/1992: auch der Vater) mangels anderweitiger Unterbringungsmöglichkeit das Kind betreuen muß und deshalb keine Beschäftigung annehmen kann. Diese Personen stehen somit dem Arbeitsmarkt, d.h. einer Vermittlung durch das Arbeitsmarktservice, aufgrund der nach dem Willen des Gesetzgebers familienpolitisch erwünschten Kinderbetreuung nicht zur Verfügung. Arbeitslosigkeit in diesem Sinn ist auch während der Zeit eines Urlaubes gegen Entfall der Bezüge während des dritten Lebensjahres des Kindes anzunehmen.

Ausgehend von diesem Verständnis der Rechtslage hatte die Behörde von Amts wegen zu untersuchen, ob die Unterbringung bei der über eine Bewilligung verfügenden Tagesmutter im Hinblick auf die örtliche und zeitliche Lage des Betreuungsplatzes nach den Kriterien des § 1 Abs. 1 lit. a und b SNHV als geeignete Unterbringungsmöglichkeit anzusehen ist.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist diesbezüglich strittig, ob es bei der Prüfung der Unterbringungsmöglichkeit des Kindes der Beschwerdeführerin entweder auf die atypische Arbeitszeit im karenzierten Beschäftigungsverhältnis der Beschwerdeführerin ankommt oder, wie bei nichtkarenzierten Müttern, lediglich auf die allgemeine Arbeitszeit, während der es eine Unterbringungsmöglichkeit gibt. Während die belangte Behörde letzteres vertritt, meint die Beschwerde, im Hinblick auf § 39 Abs. 4 AlVG könne nicht auf die Verhältnisse am allgemeinen Arbeitsmarkt an sich abgestellt werden.

Damit kann die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Mit (dem mit der Novelle BGBl. Nr. 615/1987 damals als Abs. 5 eingeführten) § 39 Abs. 4 AlVG sollte nur "klargestellt werden", daß im Falle einer Karenz dem Bezug der Sondernotstandshilfe nicht der Bestand des "ruhenden" Dienstverhältnisses entgegensteht. § 39 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AlVG und der Sondernotstandshilfeverordnung kommt im Anwendungsfall des § 39 Abs. 4 AlVG keine andere Bedeutung zu. § 39 Abs. 1 Z. 2 AlVG stellt keinen Bezug zu einer früheren bzw. karenzierten Beschäftigung her. Maßgeblich ist nur, ob die Mutter (Vater) eine Beschäftigung "annehmen kann", weil eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit besteht. Ist dies der Fall, so bekommt die Mutter (der Vater) keine Sondernotstandshilfe. Kann die an sich geeignete Unterbringungsmöglichkeit für das Kind genützt werden, so muß die karenzierte Mutter ebenso (allenfalls vorübergehend) einen Arbeitsplatz mit normalen Arbeitszeiten annehmen, wie diejenige, der keine entsprechende Karenzierungsvereinbarung gelungen ist. Das System der Sondernotstandshilfe unter Berücksichtigung der Sondernotstandshilfeverordnung verlangt demnach die Bereitschaft zum Wechsel von ungewöhnlichen zu den gewöhnlichen Arbeitszeiten.

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, sie stehe in einem aufrechten Dienstverhältnis, sodaß einer Erwerbstätigkeit bei einem anderen Dienstgeber das auch im Falle der Karenzierung aufrecht bleibende Konkurrenzverbot entgegenstehen würde, kommt keine Berechtigung zu. Die Beschwerdeführerin übersieht nämlich die mit der Novelle BGBl. Nr. 682/1991 eingefügten Bestimmungen des § 9 Abs. 5 bis 7 AlVG, die verhindern sollen, daß die Vermittlung durch Einstellungsvereinbarungen oder Wiedereinstellungszusagen eingeschränkt oder ausgeschlossen wird. Grundlage dieser Gesetzgebung waren rein sozialversicherungsrechtliche Aspekte, wobei aber arbeitsvertraglich unerwünschte Konsequenzen durch die Absätze 6 und 7 des § 9 AlVG vermieden werden. Ein allfälliger "Vertragsbruch" soll demnach dem Arbeitnehmer in diesem Falle nicht zum Nachteil gereichen. Der von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte § 39 Abs. 4 AlVG führt daher nicht dazu, daß im Falle einer Karenzierung der Mutter bei Prüfung der Eignung der Unterbringungsmöglichkeit auf die Arbeitszeiten im karenzierten Dienstverhältnis abzustellen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1996080208.X00

Im RIS seit

18.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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