TE Bvwg Erkenntnis 2019/10/8 I413 2192807-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2019
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Entscheidungsdatum

08.10.2019

Norm

ASVG §4
ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

I413 2192807-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX vertreten durch 1. Tiroler Revisions- und Treuhand GmbH, 2. Burmann Wallnöfer Suitner Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) vom XXXX, wegen Beitragsnachverrechnung von EUR 160.589,42 nach Durchführung eines Augenscheins am 15.02.2018 und einer mündlichen Verhandlung am 18.04.2018, 10.04.2018, 14.06.2018 und am 23.07.2018 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid abgeändert, sodass es insgesamt zu lauten hat wie folgt:

"Der Dienstgeber XXXX GmbH, XXXX ist verpflichtet, den Betrag von EUR 32.983,16 unverzüglich nach Zustellung dieser Entscheidung an die Tiroler Gebietskrankenkasse zu bezahlen."

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die belangte Behörde führte für den Zeitraum Jänner 2005 bis Dezember 2010 eine gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben durch.

2. Mit angefochtenem Bescheid vom 11.05.2012 verpflichtete die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, den Betrag von EUR 160.589,42 zu bezahlen. Diesen Bescheid begründete die belangte Behörde zusammengefasst mit den Ergebnissen der durchgeführten GPLA-Prüfung. Zum einen sei festgestellt worden, dass XXXX als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 2 ASVG anzusehen sei und daher Urlaubszuschüsse und Weihnachtsremuneration nachverrechnet worden seien. Zum anderen seien nicht bezahlte Überstunden festgestellt worden, die vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende angefallen seien. Es seien aber nur die jeweils in den Tagesmodellen hinterlegten Stunden verrechnet worden. Die Überstundenzuschläge seien zur Nachverrechnung gebracht worden. Ebenso wurden die Schmutz- und die kombinierte Schmutz- und Erschwerniszulage nachverrechnet, weil vor Ort festgestellt worden sei, dass die Tätigkeiten nicht überwiegend zu einer Verschmutzung führen würden. Da die Beschwerdeführerin darüber keine Aufzeichnungen führe, seinen 50 % der Arbeitszeit berücksichtigt worden und im Ergebnis die Hälfte der Schmutzzulage sozialversicherungspflichtig nachverrechnet worden. Selbiges gelte für die Schmutz- und Erschwerniszulage. Mit weiterem Bescheid vom 11.05.2012 stellte die belangte Behörde fest, dass XXXX von 01.07.2008 bis laufend als Vermarkter von XXXX bei der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin gemäß § 4 Abs 2 ASVG iVm § 1 Abs 1 lit a AlVG vollversicherungs- und arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei.

3. Gegen diesen der Beschwerdeführerin am 14.05.2012 zugegangenen Bescheid (wie auch gegen den weiteren, am 14.05.2012 zugegangenen Bescheid vom 11.05.2012 betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht von XXXX) erhob die von ihrer Steuerberatungskanzlei vertretene Beschwerdeführerin fristgerecht am 31.05.2012 Einspruch (eingelangt bei der belangten Behörde am 05.06.2012) an den Landeshauptmann von Tirol. Zusammengefasst brachte die Beschwerdeführerin neben Vorbringen zur mit weiterem Bescheid vom 11.05.2012 festgestellten Pflichtversicherung von XXXX vor, dass dieser nicht der Pflichtversicherung unterliege. Die Schmutzzulagen würden nur in bestimmten Fertigungsbereichen berücksichtigt. Im Weiteren wird ausgeführt, warum in diesen Bereichen ein erhöhter Verschmutzungsgrad auftrete. Die Zulagen seien für die abgerechneten Arbeitszeiten berücksichtigt und würden automatisch eingetragen werden. In einer Aufstellung zeigt die Beschwerde auf, welche konkreten Tätigkeiten und Arbeitsplätze betroffen seien. Die genannten Zulagen würden nach Hinzuziehung auch von externen Arbeitstechnikern und Lärmmessungen aufgrund einer Betriebsvereinbarung gewährt werden, weil die von den betroffenen ArbeitnehmerInnen zu leistenden Arbeiten überwiegend unter diesen Umständen erfolgen würden. Die nur kurze Begehung durch das Prüforgan reiche keinesfalls aus, um den Sachverhalt objektiv beurteilen zu können. Es wird die Durchführung eines Augenscheines beantragt.

Der Einspruch richtet sich auch gegen den Ansatz, nicht geleistete Arbeitszeiten als Überstunden zu qualifizieren und der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen. Anfang und Ende einer Schicht seien genau festgelegt und die Arbeitsplätze könnten nur von jeweils einem Mitarbeiter besetzt werden. Dass einige Mitarbeiter viel früher im Unternehmen seien, resultiere aus dem teilweise weiten Anfahrtsweg, gebildeten Fahrgemeinschaften und gewolltem sozialen Austausch unter Kollegen. Dazu sei eine eigene Studie angefertigt worden, welche in der Beilage vorgelegt werde.

Die Beschwerdeführerin beantragte die Aufhebung des Bescheides, stellte den Antrag auf aufschiebende Wirkung und erhob die Einrede der Verjährung aller in 2005 inkriminierten Sachverhalte, ohne freilich hierzu ein substantiiertes Vorbringen zu erstatten.

4. In weiterer Folge legte die belangte Behörde diesen Einspruch dem Landeshauptmann von Tirol zur Entscheidung vor und erstattete die Stellungnahme 22.08.2012 betreffend den weiteren Bescheid hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht betreffend XXXX, welcher nach Auffassung der belangten Behörde unbekämpft geblieben und daher rechtskräftig geworden sei. Hinsichtlich der übrigen Punkte des Einspruches (Beitragsnachverrechnung) wird neuerlich ausgeführt, warum aus Sicht der belangten Behörde spruchgemäß zu entscheiden war und beantragte die Abweisung des Einspruches.

5. Mit Bescheid vom 04.09.2012, XXXX, erkannte der Landeshauptmann von Tirol die aufschiebende Wirkung betreffend den zu bezahlenden Betrag in der Höhe von € 160.589,42 zu. Zugleich übermittelte der Landeshauptmann den Vorlagebericht der belangten Behörde vom 22.08.2012 zur Ermöglichung einer Gegenäußerung binnen der Frist von drei Wochen.

6. Mit Stellungnahme vom 22.08.2012 nahm die belangte Behörde Stellung zum Einspruch und brachte ua darin vor, dass nach gewissenhafter Beschau der Örtlichkeiten eine außerordentliche Verschmutzung nicht für alle Arbeitsstunden gegeben sei, weshalb die Schmutzzulage und die SEG-Zulage für den gegenständlichen Zeitraum zu 50 % der Sozialversicherungs- und Lohnsteuerpflicht unterworfen worden seien. Soweit sich der Einspruch gegen den Ansatz der nicht geleisteten Arbeitszeiten als Überstunden richte, verwies die belangte Behörde auf die vorgelegten digitalen Unterlagen, welche von der Beschwerdeführerin vorgelegt worden seien. Die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten seien auf die hinterlegten täglich vorgegebenen Arbeitszeiten reduziert worden. Geleistete Überstunden seien von der Beschwerdeführerin zur Gänze gestrichen worden. Es seien nach dem Prüfbericht nicht die ursprünglich errechneten 10.607 Stunden, sondern lediglich 3.158 Stunden berücksichtigt worden. Es sei nicht nachvollziehbar und nicht richtig, wenn die Beschwerdeführerin zeitliche Abweichungen mit der geographischen Lage des Unternehmens begründe, welche aufgrund gebildeter Fahrgemeinschaften die Arbeitnehmer dazu bewege, zeitig in das Unternehmen zu kommen, während aufgrund des Schichtbetriebes alle Arbeitsplätze besetzt seien und ein Arbeiten vor dem Schichtbeginn nicht möglich sei. Entsprechend den vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen seien die zuvor genannten Stunden berechnet und mit einem Überstundenzuschlag von 50 % aufgewertet und zur Nachverrechnung gebracht worden. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin seien nicht nachvollziehbar und nicht zielführend. Die belangte Behörde beantragte die Abweisung des Einspruches.

7. Aufgrund der Aufforderung des Landeshauptmanns von Tirol vom 04.09.2012 zur Abgabe einer Stellungnahme zur Stellungnahme der belangten Behörde, erstattete die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 20.09.2012 ein weiteres Vorbringen. In diesem bestritt die Beschwerdeführerin ua das Vorbringen der belangten Behörde betreffend die Versicherungspflicht von XXXX. Zur Beitragsnachverrechnung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Prüfer nicht bloß die Bereiche Isolierteilfertigung und Feinwerk in Augenschein genommen hätten und daher von einer gewissenhaften und genauen Begutachtung nicht gesprochen werden könne. Die Verschmutzung on diesen Bereichen sei sehr wohl überwiegend und außerordentlich. Zudem handle es sich nur um wenige Arbeitsplätze und Arbeitsbereiche, bei denen ein Anspruch auf Schmutz-, Erschwernis-Zulage bestehe und eine solche ausbezahlt werde. Zur Arbeitszeit brachte die Beschwerdeführerin vor, dass Anwesenheitszeiten nicht mit Arbeitszeiten deckungsgleich seien. Bei den vor Schichtbeginn und danach erfassten Zeiten gehe es nicht um geleistete Arbeitszeiten, sondern um Anwesenheitszeiten. Es sei auch nicht richtig, wenn ausgeführt werde, geleistete Überstunden seien von der Beschwerdeführerin ersatzlos gestrichen worden. Bei den digital erfassten Zeiten handle es sich nicht um Arbeitszeiten, sondern um Anwesenheitszeiten, worauf die belangte Behörde aber nicht eingegangen sei. Dass die belangte Behörde sich der Richtigkeit ihrer Ermittlungen nicht sicher gewesen sei, sei aus der Tatsache zu erschließen, dass nur 30 % der ursprünglich ermittelten Differenz zwischen Anwesenheits- und vereinbarten und entlohnten Arbeitszeiten der Nachbemessung unterworfen worden seien. Für geleistete Überstunden gebe es einen definierten Ablauf, während Anwesenheitszeiten, die keine Arbeitszeiten seien, nicht bezahlt worden seien. Die Beschwerdeführerin beantragte die Stattgebung ihres Antrages.

8. Zu dieser Stellungnahme nahm die belangte Behörde aufgrund Aufforderung des Landeshauptmanns von Tirol vom 03.10.2012 ihrerseits mit Schriftsatz vom 18.10.2012 Stellung. Zusammengefasst brachte die belangte Behörde betreffend die Nachverrechnung von gewährte Schmutzzulagen vor, dass die Beschwerdeführerin keine Unterlagen vorgelegt hätte. Die gegenständlichen Tätigkeiten seien nicht überwiegend (mehr als die Hälfte der Arbeitszeit, für die die Schmutzzulage gewährt wird) verschmutzend und beantragte dazu die Einvernahme der befassten Prüfer. Zu den Arbeitszeiten brachte die belangte Behörde vor, dass eine Differenzierung zwischen Anwesenheits- und Arbeitszeiten nicht möglich sei. Es gebe auch keine weiteren (sonstigen) Aufzeichnungen, die bestätigen würden, dass zwischen Arbeitszeit und Anwesenheitszeit unterschieden worden sei. Die belangte Behörde sei kulant entgegengekommen, wenn sie nur 30 % der ursprünglich ermittelten Differenz nachverrechnet habe und zeige, dass die belangte Behörde Vorbereitungshandlungen zur Arbeit, wie Umziehen des Dienstnehmers, Zeiten für Kaffeepause udgl, berücksichtigt habe. Die belangte Behörde wiederholte den Antrag, den Einspruch als rechtlich unbegründet abzuweisen.

9. Diese Stellungnahme übermittelte der Landeshauptmann von Tirol der Beschwerdeführerin zur Kenntnis und ermöglichte ihr eine Stellungnahme abzugeben. Eine solche Stellungnahme erfolgte nicht.

10. Mit Schreiben vom 10.06.2013 forderte der Landeshauptmann von Tirol die Beschwerdeführerin auf, im Hinblick der Schmutz- und SEG-Zulage Aufzeichnungen, Belege, Unterlagen, Arbeitsbereiche oder andere Beweismittel für einen repräsentativen Teil der Dienstnehmer oder für Gruppen von Dienstnehmern zuzusenden, für welche Tätigkeiten, für wie viele Arbeitsstunden die (kombinierte) Schmutzzulagen bezahlt und wie diese berechnet werden. Arbeitsverträge und allfällige Änderungen oder Dienstzettel wären ebenfalls zu übermitteln. Betreffend die Thematik der Arbeitszeit - Verfallszeit forderte der Landeshauptmann von Tirol die Beschwerdeführerin auf, für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2010 die Arbeitszeitaufzeichnungen bzw Stechuhrprotokolle, "hinterlegten" täglichen Arbeitszeiten, Jahreslohnkonten, Dienstverträge, abgerechnete Über- und Mehrstunden und die abgegoltenen Zeitguthaben sowie andere geeignete Unterlagen bzw Nachweise über Arbeitszeiten für mindestens drei verschiedene Dienstnehmer, die in der Normalschicht, im 2-Schicht-Betrieb, in der Nachtarbeit und im administrativen Bereich tätig waren, zu übermitteln, wobei es auch einer Legende der Kurzbezeichnungen bedürfe. Sollten diese für insgesamt 12 Dienstnehmer für alle Beschäftigten bzw Gruppen von Dienstnehmern nicht repräsentativ sein, wären für weitere Personen geeignete Belege für den angegebenen Zeitraum vorzulegen. In diesem Zusammenhang solle die Beschwerdeführerin auch darlegen, warum die geleisteten Überstunden vom Dienstgeber ersatzlos gestrichen worden seien, wobei von Interesse sei, auf welcher rechtlichen Grundlage, wie und ab welchem Zeitpunkt eine andere Abrechnung der geleisteten Überstunden auf Grundlage der "neu" erfassten Arbeitsstunden erfolgt sei, wobei diese Ausführungen auch zum Vorbringen der belangten Behörde, bei Dienstnehmern mit Gleitzeittagesmodellen seien geleistete Arbeitszeiten nicht in Ansatz gebracht worden, wenn diese Dienstnehmer ihren Dienst zwischen 06:45 und 07:00 Uhr begonnen bzw zwischen 16:30 und 16:45 Uhr beendet hätten, zu tätigen seien. Ebenfalls sollten allfällige weitere Betriebsvereinbarungen neben den bereits vorgelegten mit 01.01.2005 bzw 01.01.2009 in Kraft getretenen Betriebsvereinbarungen und jedenfalls Anhang 1, auf den sich die Betriebsvereinbarung, die am 01.01.2005 in Kraft getreten sei, unter Punkt II. "Geltungsbereich" beziehe, vorgelegt werden. Überdies ersuchte der Landeshauptmann von Tirol betreffend die als Vorfrage zur Beitragspflicht zu beurteilende Feststellung der Pflichtversicherung in Bezug auf DI XXXX die mit seiner Tätigkeit in Zusammenhang stehenden Zwischen-, Abschluss- und Endberichte zu übermitteln und bekannt zu geben, ob und wie oft und durch wen er bei Besorgung der mit ihm vereinbarten Aufgaben er vertreten wurde und ob er noch für die Beschwerdeführerin tätig sei.

11. Aufforderungsgemäß erstattete die Beschwerdeführerin am 30.06.2013 eine Stellungnahme. Zu den SEG-Zulagen brachte sie vor, dass diese nur in den Fertigungsbereichen Isolierteilfertigung und Feinwerk zuerkannt würden und verwies auf die beiliegende Beschreibung der bei diesen Arbeitsplätzen bestehenden Erschwernisse und Gefahren und legte in 2 Ordnern ausführliche Erläuterungen vor. Eine Schicht dauere jeweils 8 Stunden, sodass für die Feststellung des "Überwiegens" der gefährdenden oder verschmutzenden Tätigkeit eine mehr als vierstündige durchgehende Beobachtung des konkreten Arbeitsplatzes nötig sei, um sachlich richtige Aussagen zu treffen. Dies sei bei der Prüfung durch die belangte Behörde nicht der Fall gewesen. Die Beschwerdeführerin beantragte die Vornahme eines Augenscheins an den in Rede stehenden Arbeitsplätzen. Unter einem legte die Beschwerdeführerin mit dieser Stellungnahme insgesamt sieben Ordner mit Nachweisen vor, die Unterlagen betreffend "SEG-Zulagen "Z4", "Übersicht SEG-Zulagen E.G.O. Austria" (mit Fotos), "Grundsätzliches zur Erfassung und Abrechnung von SEG-Zulagen" und die "Jahreslohnkonten, Dienstzettel, Zeitnachweise, Zulagenlisten, etc. der Dienstnehmer XXXX, XXXX, XXXX" (Teil 1) (Ordner 1), "Anwesenheitszeiten", "Jahreslohnkonten, Zeitnachweise, etc., Normalarbeitszeit Arbeiter von XXXX, XXXX und XXXX, Nachtschicht von XXXX, XXXX und XXXX" (Ordner 2), "BV (Betriebsvereinbarung) 2005 bis 2009 über die Anwendung der erweiterten Bandbreite samt Anhang und BV 2010 über Verteilung der Arbeitszeit", "Studie über Verfallszeiten", "Ablauf Überstunden", "Abkürzungen Zeiterfassung bzw. Monatsjournal (Legende)", "Tagesmodelle und ihre Bezeichnung" und "Detailliste Tagesmodelle" (Ordner 3), "SEG-Zulagen "Z2", "Übersicht SEG-Zulagen E.G.O. Austria" (mit Fotos), "Grundsätzliches zur Erfassung und Abrechnung von SEG-Zulagen" und die "Jahreslohnkarten, Dienstzettel, Zeitnachweise, Zulagenlisten, etc der Dienstnehmer XXXX, XXXX und XXXX" (Ordner 4), "Anwesenheitszeiten", "Jahreslohnkonten, Dienstzettel, Anstellungsverträge, Zeitnachweise, etc, Angestellte Normalarbeitszeit von XXXX, XXXX und XXXX, Angestellte Gleitzeit von XXXX, XXXX und XXXX" (Ordner 5), "Anwesenheitszeiten", "Jahreslohnkonten, Dienstzettel, Zeitnachweise, etc, Wechselschicht (Früh- und Spätschicht) von XXXX, XXXX und XXXX (Ordner 6) und §SEG-Zulagen "Z$", "Übersicht SEG-Zulagen E.G.O. Austria", "Grundsätzliches zur Erfassung und Abrechnung von SEG-Zulagen" und die "Jahreslohnkonten, Dienstzettel, Zeitnachweise, Zulagenlisten etc der Dienstnehmer XXXX, XXXX und XXXX (Teil 2) (Ordner 7).

12. Mit Schreiben vom 11.07.2013 informierte der Landeshauptmann von Tirol die belangte Behörde über die Gegenäußerung der Beschwerdeführerin vom 30.06.2013 und die dort vorgelegten Unterlagen und ermöglichte dieser die Abgabe einer Stellungnahme.

13. Mit E-Mail vom 15.07.2013 legte die Beschwerdeführerin das Formular E101 für DI XXXX für 2008 bis 2010 vor und kündigte an, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin XXXX die Behörde in Sachen Arbeitszeit kontaktieren werde. Dieses Formular E101 leitete der Landeshauptmann von Tirol der belangten Behörde zur Kenntnis- und Stellungnahme mit Schreiben vom 16.07.2013 weiter.

14. Mit Schriftsatz vom 08.08.2013 erstattete die belangte Behörde eine Stellungnahme, in der sie zusammengefasst vorbrachte, dass die Prüfer XXXX und XXXX gemeinsam mit dem Bereichsleiter XXXX zweimal, je zwei Stunden, die Örtlichkeiten begutachtet hätten und verwies auf die entsprechende Niederschrift sowie darauf, dass die gegenständlichen Tätigkeiten nicht überwiegend zu einer erheblichen Verschmutzung geführt hätten. Es seien auch konkrete Behauptungen und Beweisanbote seitens der Beschwerdeführerin unterblieben, weshalb an der Entscheidung, die Schmutz- und SEG-Zulage für den gegenständlichen Zeitraum zu 50 % der Sozialversicherungs- und Lohnsteuerpflicht unterworfen werde, festgehalten. Zur Arbeits-/Verfallszeit führte die belangte Behörde aus, dass die tatsächlich geleisteten Arbeitszeiten auf die (hinterlegten) täglich (vorgegebenen) Arbeitszeiten reduziert worden seien. Dabei seien lediglich 3.185 Stunden berücksichtigt worden. Die seitens der Beschwerdeführerin vorgelegten "Wegbeschreibungen" würden nicht überzeugen, dass unverhältnismäßig hohe "Verfallszeiten" im Ausmaß von 30 bis 40 Minuten (täglich) aus den zurückgelegten Wegstrecken von ungefähr 100 bis 150 m (täglich) bis zur jeweiligen Arbeits-/Produktionsstätte resultierten. Die Aufzeichnungen der Beschwerdeführerin würden auch keinen Aufschluss bieten, dass tatsächlich zwischen "Arbeitszeiten" und "Anwesenheitszeiten" unterschieden werden würde. Die Zeiten zur Vor- und Nachbereitung der Arbeit seien bereits von der belangten Behörde ausreichend gewürdigt worden. Zur Pflichtversicherung von XXXX wiederholte die belangte Behörde abermals, dass der Bescheid vom 11.05.2012 nicht beeinsprucht worden sei und mittlerweile rechtskräftig sei. Außerdem brachte die belangte Behörde vor, dass XXXX ex lege in Österreich pflichtversichert sei.

15. Hierzu erstattete die Beschwerdeführerin ein ergänzendes Vorbringen, in welchem diese ua zusammengefasst die Zuständigkeit der belangten Behörde im Zusammenhang mit dem Auftrag Bautechnik Simon mangels eines inländischen Anknüpfungspunktes bestritten hatte.

16. Mit Schreiben vom 24.10.2013 legte die Beschwerdeführerin die Bescheinigung E101 der (bundesdeutschen) Techniker Krankenkasse vom 14.10.2013 vor.

17. In ihrer Stellungnahme vom 16.10.2013 (eingelangt am 28.10.2013) verwies die belangte Behörde zur Vermeidung von Wiederholungen auf ihre Stellungnahme zum Einspruch vom 08.08.2013 und führte darüber hinaus zum Einwand der Verjährung zusammengefasst aus, dass keine Verjährung vorliege. Bereits bei der vorausgegangenen Prüfung für den Prüfzeitraum 2001 bis 2003 seien entsprechende Feststellungen getroffen worden. Auch bei der vorangegangenen Prüfung seien ua die Schmutzzulage und Zuschläge zu geleisteten Mehrarbeitszeiten ein Thema gewesen und habe die Beschwerdeführerin die getroffenen Feststellungen zur Kenntnis genommen und sich damals für einverstanden erklärt. Hinsichtlich der Versicherungspflicht für

XXXX erstattete die belangte Behörde ein weiteres Vorbringen.

18. Mit E-Mail vom 18.12.2013 übermittelte der Landeshauptmann von Tirol der Beschwerdeführerin eine Aufstellung der belangten Behörde über die "neuberechnete Arbeitszeit" zur Kenntnis.

19. Mit Schreiben vom 18.12.2013, XXXX, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 13.03.2014, übermittelte der Landeshauptmann von Tirol aufgrund des Zuständigkeitsübergangs an das Bundesverwaltungsgericht den Akt an das Bundesverwaltungsgericht.

20. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 07.03.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I407 abgenommen und der Geschäftsabteilung I409 neu zugeteilt.

21. Aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 26.09.2016 wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I409 abgenommen und der Geschäftsabteilung I414 neu zugeteilt.

22. Aufgrund der Übergangsbestimmung der GV 2018 4. Teil § 38 (5) wurde die gegenständliche Rechtssache der Gerichtsabteilung I414 abgenommen und der Geschäftsabteilung I413 neu zugeteilt.

23. Am 15.02.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht einen Augenschein am Ort der Betriebsstätte der Beschwerdeführerin in Heinfels in Gegenwart der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, des Aufsichtsratsmitgliedes und Vorsitzenden des Angestelltenbetriebsrates, der steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin, sowie eines Vertreters belangten Behörde durch. Das Bundesverwaltungsgericht nahm die an den Zugängen zu den Werkhallen bereitgehaltenen Stechuhren, den Aufenthalts- und Gardarobenraum, die Zugänge zum Werk, die Werkhallen und insbesondere die Stanzteilfertigung und Isolierteilfertigung in Augenschein. Zudem wurde die Sachlage mit den Parteien erörtert.

24. Am 08.03.2018 langte seitens der Beschwerdeführerin eine Liste namhaftgemachte Zeugen samt Adressen zum Beweisthema Arbeitsbeginn sowie eine Auskunft des Geschäftsführers der Sektion Industrie der Tiroler Wirtschaftskammer zu dieser Frage ein und beantragte, den Leider der Abteilung Prüfung in der belangten Behörde in diesem Zusammenhang als Zeugen zu vernehmen.

25. Mit Schriftsatz vom 08.03.2018, eingelangt per ERV an diesem Tag, nahm die belangte Behörde zum Vertragsverhältnis des XXXX Stellung und brachte zusammengefasst, nach tabellarischer Übersicht des Verfahrensganges, vor, dass die (bundesdeutsche) Techniker Krankenkasse den rechtskräftigen Ausgang dieses Verfahrens abwarte. Für den Zeitraum 01.07.2008 bis 30.04.2010 sei von ihr ein E101 Formular ausgestellt worden (09.07.2013), mit welchen bestätigt worden sei, dass XXXX aufgrund seiner unselbständigen Tätigkeiten in zwei oder mehreren Staaten den deutschen Rechtsvorschriften über soziale Sicherheit unterliege. Mit Schreiben vom 17.12.2013 sei der belangten Behörde von der Techniker Krankenkasse ein neuerliches Formular E101 für den Zeitraum 01.07.2008 bis 40.04.2012 übermittelt worden, mit welchem nunmehr bestätigt werde, dass XXXX in mehreren Staaten eine unselbständige Tätigkeit ausübe. Für die Zeit vom 01.05.2010 bis 30.04.2015 sei mit einem PD A1 seitens des DVKA bestätigt worden, dass XXXX den deutschen Vorschriften über soziale Sicherheit unterstellt sei. Mit Schreiben vom 26.02.2014 habe die DVKA mitgeteilt, dass das von ihr ausgestellte PD A1 vom 04.10.2013 als gegenstandslos zu betrachten sei und dass sich diesbezüglich die belangte Behörde melden werde. Mit Schreiben vom 23.05.2014 sei seitens der Techniker Krankenkasse bekannt gegeben worden, dass sich die unselbständige Geschäftsführertätigkeit für XXXX für die Beschwerdeführerin derzeit in Überprüfung beim zuständigen Verwaltungsgericht in Österreich befinde und sie die rechtskräftige Erledigung hierüber abwarten möchte, um eine endgültige Beurteilung hierüber treffen zu können. Mit dieser Stellungnahme legte die belangte Behörde folgende Urkunden vor: Schreiben der Techniker Krankenkasse vom XXXX; Schreiben des GKV-Spitzenverband Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland vom XXXX; E-Mail der belangten Behörde vom 15.01.2014, 14:11 Uhr; Schreiben der Techniker Krankenkasse vom XXXX; Schreiben des GKV-Spitzenverband Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland vom XXXX; Schreiben der belangten Behörde vom XXXX. Diese Stellungnahme samt Urkunden übermittelte das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 13.03.2018 der Beschwerdeführerin zur Kenntnisnahme und räumte ihr die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme binnen vierzehn Tagen ein.

26. Mit E-Mail vom 13.03.2018, 12:37:33 Uhr, legte die Beschwerdeführerin eine Zeugenliste vor.

27. Mit Schriftsatz vom 09.04.2018 gaben die rechtsfreundlichen Vertreter der Beschwerdeführerin ihre Vollmacht bekannt und teilten mit, dass auch die steuerlichen Vertreter an den anberaumten mündlichen Verhandlungen am 18.04.2018 und am 19.04.2018 anwesend sein werden.

28. Am 18.04.2018 und am 19.04.2018 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in welcher neben rechtlichen und tatsächlichen Erörterungen XXXX, XXXX, XXXX sowie die Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, XXXX und XXXX am18.04.2018 befragt wurden. Am 19.04.2018 befragte das Bundesverwaltungsgericht XXXX XXXX, XXXX XXXX, XXXX und XXXX. Zudem wurden in dieser mündlichen Verhandlung weitere Urkunden vorgelegt. Zudem erteilte das Bundesverwaltungsgericht nach Erörterung der Sach- und Rechtslage der Beschwerdeführerin den Auftrag für die Zeugen XXXX, XXXX XXXX, XXXX XXXX, XXXX und XXXXPrämienlisten, Zeiterfassungsaufzeichnungen vorzulegen. Der belangten Behörde wurde aufgetragen, die im Beitragsbescheid vom 11.05.2012 vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge hinsichtlich der Anteile, welche auf Arbeitszeit, die Sozialversicherungspflicht XXXX sowie die Schmutzzulagen entfallen, aufzuschlüssen.

29. Mit Schriftsatz vom 09.05.2018 legte die Beschwerdeführerin für die Zeugen XXXX, XXXX XXXX, XXXXXXXX, XXXX und XXXX Prämienlisten, Zeiterfassungsaufzeichnungen sowie eine Differenzliste vor, erstattete dazu ein Vorbringen und gab die Anschriften weiterer Zeuginnen bzw Zeugen bekannt. Zudem teilte die Beschwerdeführerin mit, dass einundzwanzig handgeschriebene A5-Hefte betreffend die Schichtzeiten vorgefunden worden seien, welche im Original vorgelegt werden. Zusammenfassend hielt die Beschwerdeführerin fest, dass ausgehend von der bestehenden Betriebsvereinbarung zum Schichtbetrieb und deren auch so gelebten Umsetzung in Verbindung mit dem Prämiensystem und der damit einhergehenden Nachkontrolle der tatsächlichen Arbeitszeit von einem tauglichen und schlüssigen System auszugehen sei, welches belege, dass die Arbeitszeit mit den eingehaltenen Schichtzeiten, soweit es nicht einzelne nachprüfbare Differenzen gebe, übereinstimme. Zusätzlich zu den übereinstimmenden Zeugenaussagen sei auch vom Vorliegen einer Betriebsvereinbarung, dem Führen entsprechender handschriftlicher Aufzeichnungen, dem Führen von Prämienlisten mit Abgleich der Arbeitszeit in den Prämien und Schichtzeit laut Plan auszugehen. Durch die vorgelegten Differenzlisten sei auch erwiesen, dass derartige Abgleiche konkret vorgenommen würden und damit eine dauernde, regelmäßige und begleitende Kontrolle und Korrektur zur Arbeitszeit, welche im Schichtbetrieb als Arbeitszeit im rechtlichen Sinne zu werten sei, erfolge.

30. Mit Schrieben vom 11.05.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der belangten Behörde die vorgelegten Differenz-, Prämienlisten und die Zeitnachweise. In ihrer Stellungnahme vom 18.05.2018 schlüsselte die vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge auftragsgemäß auf und führte aus, dass sich periodengerechte Aufteilungen der Beitragsnachforderungen aus der Aufstellung über Entgeltdifferenzen und dem Prüfbericht ergeben würden, die integrierte Bestandteile des Beitragspflichtbescheides vom 11.05.2012 darstellten. Zudem erstattete die belangte Behörde ein ergänzendes Vorbringen betreffend ein Missverhältnis zwischen Spät- und Frühschicht, fehlende Stunden bei Mitarbeitern mit fixen Zeiten (Verwaltung und Hilfsgewerke, kein Schichtbetrieb) und beantragten die Einvernahme von vier weiteren Zeugen. Zudem brachte die belangte Behörde vor, dass für die Arbeitshefte des Jahres 2014 eine Aufbewahrungspflicht bestehe und die Arbeitshefte vorgelegt werden sollen. Zudem seien die vorliegenden Detailaufzeichnungen dem Prüfer im Rahmen der GPLA nicht vorgelegt worden. Es handle sich bei der Erfassung der Arbeitszeiten nicht um eine Schätzung, sondern um eine Ermittlung an Hand der Stempelprotokolle. Ein alternatives Zeiterfassungssystem sei nie im Rahmen der Prüfung oder im Rahmen des Einspruches angesprochen worden; erst im Rahmen der Einvernahme von XXXX in der mündlichen Verhandlung am 18.04.2018 sei dieser Umstand erwähnt worden. Die belangte Behörde beantragte die Vorlage der Arbeitshefte für das gesamte Jahr 2014 zur Einsichtnahme. Erst dann könne verifiziert werden, ob tatsächliche ein alternatives Kontrollsystem bestehe. Diese Stellungnahme übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 25.05.2019 und ermöglichte es, hierzu eine Stellungnahme binnen 14 Tagen abzugeben.

31. Mit Schriftsatz vom 12.06.2018 legte die Beschwerdeführerin weitere Urkunden (Arbeitsordnung, Bestätigung des Erhalts der Arbeitsordnung) vor und erstattete ein Vorbringen, wonach zusammengefasst bestritten wird, dass ein Missverhältnis zwischen Nachtschicht, Früh- bzw Spätschicht bestehe und auch nicht darauf geschlossen werden könne, dass Mitarbeiter der Frühschicht vor Beginn der Frühschicht zu arbeiten begonnen hätten. Die belangte Behörde übersehe dabei, dass die in der Schicht produzierte Stückzahl die Höhe des Entgeltsbestandteils "Prämie" beeinflusse. Durch früheren Arbeitsbeginn in der Frühschicht würde lediglich die Stückzahl zur Erreichung der Quote in der Nachtschicht erhöht werden. Die Berechnungen der belangten Behörde zu den Arbeitszeiten seien nicht schlüssig. Betreffend die Zeiterfassung hätten sich die Prüforgane nicht mit den vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt und die Beschwerdeführerin auf den zu erlassenden Bescheid verwiesen.

32. Mit Schreiben vom 12.06.2018 nahm der Geschäftsführer der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Tirol, XXXX, zum gegenständlichen Verfahren Stellung und teilte seine Auffassung zu den Themen "Arbeitsbereitschaft" und "Zutrittssystem" mit.

33. Am 14.06.2018 fand eine weitere mündliche Verhandlung statt, in welcher die Zeugen XXXX, XXXX, XXXX, Dr. XXXX einvernommen wurden. In dieser Verhandlung legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut mit Schichtheften vor. Sodann wurde die mündliche Verhandlung auf 23.07.2018 vertagt.

34. Mit Schriftsatz vom 18.07.2018 erstattete die belangte Behörde ein ergänzendes Vorbringen, in dem die belangte Behörde Ausführungen zu § 26 AZG machte und mitteilte, dass in den "Schichtheften" unterschiedliche Daten aufschienen, keine vollständigen Aufzeichnungen für das Jahr 2014 vorgelegt wurden und daher kein zweites in sich geschlossenes Arbeitszeiterfassungssystem vorliege. Zum Zeugen XXXX brachte die belangte Behörde vor, dass weder Einstufung noch Entlohnungshöhe eine leitende Position des XXXX erkennen ließen. Beim Zeugen DI XXXX ergebe sich eine Anwesenheitszeit von 45:21 Stunden, die nicht als Arbeitszeit berücksichtigt worden seien. Ähnlich stelle sich die Situation bei

XXXX dar.

35. Am 23.07.2018 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung statt, in der die Zeugen XXXX, XXXX und XXXX befragt wurden.

36. Mit Schreiben vom 10.08.2018 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die belangte Behörde um genaue Aufschlüsselung der vorgeschriebenen Beitragsnachverrechnung hinsichtlich der Beträge in Bezug auf die festgestellte Pflichtversicherung von XXXX, hinsichtlich der Nichtanerkennung von Schmutzzulagen nach Isolierteilfertigung und Feinwerk, sowie hinsichtlich der nicht geleisteten Arbeitsstunden in der Schichtarbeit und von nicht in der Schichtarbeit tätigem Personal.

37. Mit Stellungnahme vom 30.08.2018 übermittelte die belangte Behörde die gewünschte Aufstellung, welche das Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 10.09.2018 der Beschwerdeführerin zur Kenntnis brachte und dieser die Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Frist von vierzehn Tagen einräumte. Eine Stellungnahme der Beschwerdeführerin langte hierzu nicht ein.

38. Mit Erkenntnis vom XXXX, gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX, wegen Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 2 ASVG iVm § 1 Abs 1 lit a AlVG von XXXX, Folge und behob den angefochtenen Bescheid ersatzlos.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt.

Darüber hinaus werden nachstehende Feststellungen getroffen:

1.1 Zur Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in Heinfels in Osttirol.

Sie erzeugt dort mineralische Pressformteile, die als Isolierbauteile va in Herdplatten, Ceranfelder und Induktionsplatten zum Einsatz kommen.

1.2 Aufschlüsselung des Nachverrechnungsbetrag

Die belangte Behörde schrieb der Beschwerdeführerin für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2010 (im Folgenden als "maßgebender Zeitraum" bezeichnet) einen Nachverrechnungsbetrag in Höhe von insgesamt EUR 160.589,42 vor, welcher sich aus folgenden

Teilnachverrechnungsbeträgen zusammensetzt:

Höhe der Beiträge bzgl XXXX

 

 

€ 59.970,20

Höhe der Beiträge SEG-Zulagen

Gesamt:

€ 14.940,26

 

 

davon für Isolierfertigung - Z2

 

€ 9.479,29

 

davon für Feinwerk (Stanzerei) - Z4

 

€ 5.460,97

Höhe der Beiträge für nicht geleistete Arbeitszeiten der in der Schichtarbeit tätigen Arbeiter

 

 

€ 52.695,80

Höhe der Beiträge für nicht geleistete Arbeitszeiten der Angestellten und von anderem nicht in der Schichtarbeit tätigem Personal

 

 

€ 32.983,16

 

Gesamt:

 

€ 160.589,42

1.3 Zur Versicherungspflicht von

XXXX:

XXXX unterliegt im Zeitraum 01.07.2008 bis 30.06.2012 nicht der Sozialversicherungspflicht gemäß § 4 Abs 2 ASVG.

Er stand in diesem Zeitraum in keinem Dienstverhältnis zur Beschwerdeführerin und ist auch kein Dienstnehmer im Sinne des ASVG der Beschwerdeführerin.

1.4 Zur Arbeitszeit und zu den Arbeitszeitaufzeichnungen

1.4.1. Anzuwendender Kollektivvertrag

Arbeitsverträge zwischen Arbeitern und der Beschwerdeführerin unterlagen im maßgebenden Zeitraum dem Kollektivvertrag für Arbeiter für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie in der jeweiligen Fassung.

Gemäß Pkt. 9 dieses Kollektivvertrages ist die tägliche Arbeitszeit unter Bedachtnahme auf die Betriebserfordernisse im Einvernehmen mit dem Betriebsrat. Pkt. 19a dieses KV erlaubt eine erweiterte Bandbreite der Normalarbeitszeit, welche durch Betriebsvereinbarungen (siehe unten 1.3.1.2) ausgeschöpft wurde.

1.4.2 Arbeitszeitregelung

Die Arbeitszeit und Pausen im Betrieb der Beschwerdeführerin sind in der zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung sowie in einer mit allen Arbeitnehmern vereinbarte Arbeitsordnung geregelt.

1.4.2.1 Arbeitsordnung

Nach Pkt. 3 der Arbeitsordnung der Beschwerdeführerin sind die Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin verpflichtet, rechtzeitig angeordnete Mehr- und Überstunden zu leisten.

Nach Pkt. 3.1 dieser Arbeitsordnung erhält jeder Mitarbeiter einen Zutrittschip sowie einen Schlüssel mit Nummernschild für den Garderobenschrank. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses sind Chip und Schlüssel zu retournieren.

Nach Pkt. 3.2 der Arbeitsordnung ist beim Betreten und Verlassen des Betriebes die Kontrolleinrichtung (Zeit-Terminal) zu benutzen. Für andere darf nicht gestempelt werden. Der Chip ist ein Dokument.

Pkt. 3.4 der Arbeitsordnung verpflichtet jeden Arbeitnehmer sich so rechtzeitig am Arbeitsplatz einzufinden, dass er pünktlich seine Arbeiten aufnehmen kann.

Im Betrieb der Beschwerdeführerin gelten hinsichtlich der Ruhepausen die Regelungen des § 11 AZG und die zwischen der Geschäftsleitung der Beschwerdeführerin und dem Betriebsrat zuletzt gültig abgeschlossene Betriebsvereinbarung.

1.4.2.2 Betriebsvereinbarungen

a) Betriebsvereinbarung vom 22.12.1986

Gemäß der am 01.11.1986 in Kraft getretenen und "bis auf weiteres gültige" Betriebsvereinbarung vom 22.12.1986 beträgt gemäß Pkt. 4. die durchschnittliche Normalarbeitszeit 38,5 Stunden. "Die wöchentliche Arbeitszeit wird innerhalb eines Zeitraumes von 2 Wochen wie folgt verteilt: an ungeraden Kalenderwochenzahlen:

Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag je neun Stunden pro Arbeitstag (kurze Woche mit 36 Stunden) an geraden Kalenderwochenzahlen:

Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag je neun Stunden pro Arbeitstag und am Freitag fünf Stunden (lange Woche mit 41 Arbeitsstunden) Arbeitszeit Freitag: 7:40 Uhr bis 12:50 Uhr Pause: von 9:50 Uhr bis 10:00 Uhr" Bei Schichtbetrieb gilt als voraussichtliche Arbeitszeit gemäß Pkt. 4 a) dieser Betriebsvereinbarung: Lange Woche:

Frühschicht von 5:00 Uhr bis 14:00 Uhr Spätschicht von 14:00 Uhr bis 23:00 Uhr (jeweils 30 Minuten Pause) 8,5 h x 5 Tage = 42,5 Stundenwoche Kurze Woche: Frühschicht von 5:00 Uhr bis 14:00 Uhr Spätschicht von 14:00 Uhr bis 23:00 Uhr (jeweils 30 Minuten Pause) 8,5 h x 4 Tage = 34 Stundenwoche 42,5 h + 34,0 h = 76,5 h Die fehlenden 0,5 h auf 77,00 h wird anderweitig eingebracht bzw geleistet und verrechnet. b) Abendschicht: 18:00 Uhr bis 22:00 Uhr bzw 23:00 Uhr" Als Überstunden definiert Pkt. 6. Dieser Betriebsvereinbarung für die kurze Woche die Arbeitszeit, die 36 Stunden im Normalbetrieb bzw 34 Stunden im Schichtbetrieb übersteigt und für die lange Woche die Arbeitszeit, die 41 Stunden im Normalbetrieb bzw 42,5 Stunden im Schichtbetrieb übersteigt. Die Entlohnung erfolgt gemäß Pkt 10 der Betriebsvereinbarung nach geleisteter Arbeitszeit mit Berücksichtigung des Punktes 7, entsprechend dem jeweils gültigen Kollektivvertrag.

b) Betriebsvereinbarung vom 01.01.2005

Mit der am 01.01.2005 zwischen der Beschwerdeführerin, dem Arbeiterbetriebsrat und dem Angestelltenbetriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung wurden für den Betrieb der Beschwerdeführerin Arbeitszeiten für die in diesem Betrieb tätigen Arbeitnehmer vereinbart. Gemäß IIIa dieser Betriebsvereinbarung beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit gewöhnlich 38,5 Stunden und wird für Arbeiter und Angestellte in der Normalschicht für Monat bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 09:20 Uhr, von 09:30 Uhr bis 12:05 Uhr und von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr sowie für Freitag von 07:00 Uhr bis 09:20 Uhr und von 09:30 Uhr bis 12:00 Uhr festgelegt. Die Arbeitszeit in den Hilfsbetrieben (Konstruktion, Werkzeugbau, Elektriker, Schlosser, Elektroniker, Lager, Hofpartie, Lehrlinge) beträgt für Monat bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 09:20 Uhr, von 09:30 Uhr bis 12:05 Uhr und von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr sowie für Freitag von 07:00 Uhr bis 09:20 Uhr und von 09:30 Uhr bis 12:00 Uhr. Betreffend die Arbeitszeit im Zweischichtbetrieb wird die Frühschicht für Montag bis Freitag von 05:50 Uhr bis 14:00 Uhr mit Pausen um 07:50 Uhr bis 08:00 Uhr, um 09:50 Uhr bis 10:00 Uhr und um 11:52 Uhr bis 12:00 Uhr und die Spätschicht von Montag bis Freitag von 14:00 Uhr bis 22:10 Uhr mit Pausen um 16:00 Uhr bis 16:10 Uhr, um 18:00 Uhr bis 18:10 Uhr und um 20:02 Uhr bis 20:10 Uhr, sowie Nachtarbeit am Sonntag/Montag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, am Montag/Dienstag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, am Dienstag/Mittwoch um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, am Mittwoch/Donnerstag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr und am Donnerstag/Freitag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, mit Pausen jeweils von 24:00 Uhr bis 00:10 Uhr, um 02:00 Uhr bis 02:10 Uhr und Um 04:00 bis 04:10 Uhr vereinbart. Anwesenheits- und Fehlleistungen werden mittels Magnetkarten über entsprechende Einrichtungen innerhalb des Betriebsgeländes erfasst, bzw bei Tätigkeiten außerhalb des Betriebsgeländes durch geeignete Arbeitsaufzeichnungen durch den Arbeitnehmer selbst geführt. Die gesamten Abwesenheits- und Fehlzeiten sowie ein allfällig bestehendes Zeitguthaben bzw Minusstunden werden mit der Lohnabrechnung in einer Aufstellung jedem betroffenen Arbeitnehmer ausgehändigt (XI. der Betriebsvereinbarung). Für den Zeitausgleich des Zeitsaldos aus der Verteilung der Normalarbeitszeit nach IV, VI bis VIII der Betriebsvereinbarung wird ein Zeitkonto registriert und kann in Form von freien Tagen und verlängerten Wochenenden nach den Regeln des XI. der Betriebsvereinbarung konsumiert werden. Diese Betriebsvereinbarung galt bis zum 31.12.2005. Sollte sie nicht mehr ausdrücklich weitergeführt werden oder einvernehmlich vorzeitig abgebrochen werden, gilt die Arbeitszeit aus der Betriebsvereinbarung vom 22.12.1986 (III. der Betriebsvereinbarung).

c) Betriebsvereinbarung vom 01.01.2009

Mit der am 01.01.2009 zwischen der Beschwerdeführerin, dem Arbeiterbetriebsrat und dem Angestelltenbetriebsrat abgeschlossenen Betriebsvereinbarung wurden für den Betrieb der Beschwerdeführerin Arbeitszeiten für die in diesem Betrieb tätigen Arbeitnehmer vereinbart. Gemäß IIIa dieser Betriebsvereinbarung beträgt die wöchentliche Normalarbeitszeit gewöhnlich 38,5 Stunden. In der Normalschicht wird die Arbeitszeit für Montag bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 09:20 Uhr, von 09:30 Uhr bis 12:05 Uhr und von 13:00 Uhr bis 16:30 Uhr sowie für Freitag von 07:00 Uhr bis 09:20 Uhr und von 09:30 Uhr bis 12:00 Uhr festgelegt. Betreffend die Arbeitszeit im Zweischichtbetrieb wird die Frühschicht für Montag bis Freitag von 05:50 Uhr bis 14:00 Uhr mit Pausen um 07:50 Uhr bis 08:00 Uhr, um 09:50 Uhr bis 10:00 Uhr und um 11:52 Uhr bis 12:00 Uhr und die Spätschicht von Montag bis Freitag von 14:00 Uhr bis 22:10 Uhr mit Pausen um 16:00 Uhr bis 16:10 Uhr, um 18:00 Uhr bis 18:10 Uhr und um 20:02 Uhr bis 20:10 Uhr, sowie Nachtarbeit am Sonntag/Montag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, am Montag/Dienstag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, am Dienstag/Mittwoch um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, am Mittwoch/Donnerstag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr und am Donnerstag/Freitag um 22:10 Uhr bis 05:50 Uhr, mit Pausen jeweils von 24:00 Uhr bis 00:10 Uhr, um 02:00 Uhr bis 02:10 Uhr und Um 04:00 bis 04:10 Uhr vereinbart. Anwesenheits- und Fehlleistungen werden mittels Magnetkarten über entsprechende Einrichtungen innerhalb des Betriebsgeländes erfasst, bzw bei Tätigkeiten außerhalb des Betriebsgeländes durch geeignete Arbeitsaufzeichnungen durch den Arbeitnehmer selbst geführt. Die gesamten Abwesenheits- und Fehlzeiten sowie ein allfällig bestehendes Zeitguthaben bzw Minusstunden werden mit der Lohnabrechnung in einer Aufstellung jedem betroffenen Arbeitnehmer ausgehändigt (XI. der Betriebsvereinbarung). Für den Zeitausgleich des Zeitsaldos aus der Verteilung der Normalarbeitszeit nach IV, VI bis VIII der Betriebsvereinbarung wird ein Zeitkonto registriert und kann in Form von freien Tagen und verlängerten Wochenenden nach den Regeln des XI. der Betriebsvereinbarung konsumiert werden. Diese Betriebsvereinbarung galt bis zum 31.12.2009. Sollte sie nicht mehr ausdrücklich weitergeführt werden oder einvernehmlich vorzeitig abgebrochen werden, gilt die Arbeitszeit aus der Betriebsvereinbarung vom 22.12.1986 (III. der Betriebsvereinbarung).

1.4.3 Zeitliche Kontrollsysteme im Betrieb der Beschwerdeführerin

1.4.3.1 Elektronische Zeiterfassung

Bei der Beschwerdeführerin besteht in ihrem Betrieb ein zeitliches Kontrollsystem in Form einer elektronischen Stechuhr (Terminal), die von den Arbeitnehmern - Angestellten, wie Arbeitern - bei deren Eintreffen und beim Verlassen des Betriebsgebäudes der Beschwerdeführerin zu betätigen ist.

Im rund 170 m langen Betriebsgebäude der Beschwerdeführerin befindet sich je ein Terminal dieser elektronischen Stechuhr zur elektronischen Zeiterfassung an den Ein-/Ausgängen zur Garderobe und zur Kantine jeweils etwa in der Mitte des langgestreckten Gebäudes, über welche man weiter in die Fertigungshallen (HiLight-Fertigung und Isolierteilfertigung und von dort in die weiteren Hallen) gelangt. Diese Terminals werden mittels Chips, welche den Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin übergeben wurden, bei Kommen und Verlassen des Betriebsgebäudes betätigt werden. Die Arbeitnehmer buchen mit ihrem Chip bei Eintritt in das Betriebsgebäude ein und buchen beim Verlassen des Betriebsgebäudes mit ihrem Chip aus. Das System erfasst die Zeit, an der ein Arbeitnehmer kommt und die Zeit, an der ein Arbeitnehmer das Gebäude verlässt sowie die Zeit der Anwesenheit.

1.4.3.2 Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmer in der Normalarbeitszeit

Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin, welche Normalarbeitszeit leisten, erfassten im maßgeblichen Zeitraum ihre Arbeitszeit im Wege des unter Pkt. 1.4.3.1 beschriebenen elektronischen Erfassungssystems, indem sie bei Ankunft im Betrieb der Beschwerdeführerin mittels Chip elektronisch beim Terminal "einstechen" und bei Verlassen des Betriebsgebäudes "ausstechen".

Es werden keine anderen Aufzeichnungen über die von Arbeitnehmern in der Normalarbeitszeit geleisteten Arbeitszeiten geführt. Es besteht auch kein anderes zeitliches Kontrollsystem als das elektronische Zeiterfassungssystem.

1.4.3.3 Arbeitszeiterfassung für Arbeiter in der Schichtarbeit

Arbeiter im Schichtbetrieb sind an fixe Zeiten der Schicht (Frühschicht, Spätschicht und Nachtschicht) gemäß den vorzitierten Betriebsvereinbarungen gebunden, für die sie eingeteilt sind. Für sie ist ein Schichtplan zu erstellen und die Arbeitszeit so einzuteilen, dass gesetzlich gewährleistete Mindestruhezeiten eingehalten und im Durchschnitt die wöchentliche Normalarbeitszeit innerhalb eines Schichtturnuns nicht überschritten wird (Pkt. 21 des Kollektivvertrages für Arbeiter für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie in der jeweiligen Fassung).

Auch die Arbeiter, die im Schichtbetrieb für die Beschwerdeführerin im maßgeblichen Zeitraum arbeiteten, erfassten im maßgeblichen Zeitraum ihre Arbeitszeit im Wege des unter Pkt. 1.4.3.1 beschriebenen elektronischen Erfassungssystems, indem sie bei Ankunft im Betrieb der Beschwerdeführerin mittels Chip elektronisch beim Terminal "einstechen" und bei Verlassen des Betriebsgebäudes "ausstechen".

Arbeiter, die im Schichtbetrieb für die Beschwerdeführerin im maßgeblichen Zeitraum arbeiteten, erhalten iSd XII. des Kollektivvertrages für Arbeiter für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie in der jeweiligen Fassung einen Akkordlohn (Stücklohn), bei dem die Höhe des Lohnes des Arbeitnehmers von der in einer bestimmten Zeiteinheit von ihm bzw einer Partie herzustellenden Menge von Produkten bzw von Einzelteilen abhängig ist. Zu diesem Zweck führten Arbeiter im Schichtbetrieb - je nach Arbeitsplatz und Produktionslinie nur für sich - im Falle eines Einzelarbeitsplatzes - oder für eine Partie von mehreren, in einer Produktionslinie auf einem Gruppenarbeitsplatz zusammenarbeitenden Personen sog Schichthefte. In solchen Schichtheften wurden im maßgeblichen Zeitraum, aber auch bereits zuvor und auch noch später, das jeweilige Datum, die konkret an diesem Tag gearbeitete Zeit - der Beginn der Arbeitszeit und das Ende - die gesamt an diesem Arbeitstag geleisteten Stunden, sowie die Stückzahlen sowie, wenn die Aufzeichnungen bei Gruppenarbeitsplätzen für eine ganze Partie von Arbeitnehmern gemeinsam aufgezeichnet wurden, auch die Namen der beteiligten Arbeitnehmer, verzeichnet.

Diese Schichthefte erhielten die Vorarbeiter, welche die Informationen in Listen zusammenfassten, welche die Stückzahl, die Arbeitszeit, die betreffende Person samt Personalnummer sowie die Information enthielten, ob es sich um einen Einzel- oder einen Gruppenarbeitsplatz handelte. Vom jeweiligen Vorarbeiter wurden diese Listen der Lohnverrechnung wöchentlich übergeben und von der Lohnverrechnerin weiterverarbeitet. Im Zuge dessen wurde von dieser eine Differenzliste zwischen der Arbeitszeit gemäß den übergebenen Listen und dem Abgleich mit der elektronischen Zeiterfassung erstellt, um die genaue Arbeitszeit einschließlich stundenweiser Absenzen gemäß den tatsächlich geleisteten Schichtzeiten zu erfassen. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit trug die Lohnverrechnerin in ein sog Monatsjournal bzw in sog Prämienlisten eingetragen.

Diese vorgeschilderte Erfassung der Arbeitszeit der in der Produktion im Schichtbetrieb tätigen Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin in Schichtheften wurde während des gesamten maßgeblichen Zeitraums lücken- und ausnahmslos vorgenommen.

Für Personen, die Schichtdienste leisten, war es im maßgeblichen Zeitraum und ist es noch faktisch unmöglich, vor dem Schichtanfang arbeiten zu beginnen, da der Schichtarbeitsplatz in aller Regel von einem anderen Mitarbeiter im Schichtdienst, der in der vorhergehenden Schicht eingeteilt ist, besetzt war bzw ist. Personen, die Schichtdienste leisten, konnten im maßgeblichen Zeitraum und können auch heute nicht über die Zeit ihrer eigenen Schicht hinaus tätig sein, da der Mitarbeiter im Schichtbetrieb, der in der darauffolgenden Schicht eingeteilt ist, den Schichtarbeitsplatz besetzt.

Aufgrund der Entlohnung von Arbeitnehmern im Schichtbetrieb in der Produktion war es auch nicht interessant, über vor dem Beginn der Schicht, zu der diese eingeteilt waren, oder nach Beendigung dieser Schicht zu arbeiten, da die vor Beginn ihrer Schicht produzierten Stücke der vorangegangenen Schicht und die nach Ende ihrer Schicht produzierten Stücke der nachfolgenden Schicht zugeordnet worden wären, nicht aber der eigenen Schicht, sodass eine solche Mehrarbeit nicht lohnwirksam für den jeweiligen Arbeitnehmer, der Mehrarbeit leistete, gewesen wäre.

Für die Verrichtung von Arbeiten im Schichtbetrieb in der Produktion der Beschwerdeführerin war es im maßgeblichen Zeitraum - und ist es noch -nicht erforderlich, dass sich ein Arbeitnehmer umziehen muss. Es bestand keine Notwendigkeit, spezielle Schutzkleidung zu tragen. Die Arbeitnehmer im Schichtbetrieb kamen und gingen in derselben Kleidung, in der sie im Schichtbetrieb in der Produktion arbeiteten.

Der Arbeitsbeginn und das Arbeitsende im Schichtbetrieb wurde - und wird noch - durch ein Klingelsignal von der Beschwerdeführerin bekannt gegeben.

Die Arbeiter im Schichtbetrieb der Beschwerdeführerin lebten und leben noch in den umliegenden Ortschaften in Osttirol. Sie mussten und müssen immer noch weite Anfahrtswege bei teilweise häufig, insbesondere im Winter, widrigen Witterungsbedingungen in Kauf nehmen. Zudem nutzten und nützen es noch viele Arbeitnehmer der Beschwerdeführerin die Möglichkeit einer Fahrgemeinschaft. Daher halten sich Arbeitnehmer im Schichtbetrieb mitunter schon vor der Zeit des Schichtbeginns oder nach Schichtende noch auf dem Firmengelände der Beschwerdeführerin auf, weil sie früher anreisten, um noch einen Kaffee zu trinken oder eine Zigarette zu rauchen oder um mit Kollegen zu plaudern. Für Arbeiter im Schichtbetrieb bei der Beschwerdeführerin wird diese Zeit als Freizeit verstanden und nicht als Arbeitszeit.

Für Arbeiter im Schichtbetrieb in der Produktion bestand im maßgeblichen Zeitraum in Form von Schichtheften und aufgrund des Dreischichtbetriebes zu festen Zeitintervallen ein zur elektronischen Zeiterfassung alternatives zeitliches Kontrollsystem, das die tatsächlich geleistete Arbeitszeit der im Schichtbetrieb in der Produktion der Beschwerdeführerin tätigen Arbeiter maß.

1.5 Zur Schmutzzulage

1.5.1. kollektivvertragsrechtliche Regelung

Der im maßgebenden Zeitraum geltende Kollektivvertrag für Arbeiter für die eisen- und metallerzeugende und -verarbeitende Industrie in der jeweiligen Fassung sieht ua vor:

"XIV. ZULAGEN UND ZUSCHLÄGE

Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen

1. Schmutzzulage

Für Arbeiten, die im Vergleich zu den allgemein üblichen Arbeitsbedingungen eine außerordentliche Verschmutzung von Körper und Bekleidung des Arbeitnehmers zwangsläufig bewirken, gebührt eine Schmutzzulage. Diese beträgt pro Stunde mindestens ...€ [....]" ...

"4. Gemeinsame Bestimmungen

Die Zulagen nach den Punkten 1 bis 3 gelten nur für arbeitsbedingte Belastungen und werden für jene Arbeitszeiten bezahlt, in denen die entsprechenden Arbeiten geleistet werden.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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