TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/3 I419 2223592-1

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Veröffentlicht am 03.12.2019
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Entscheidungsdatum

03.12.2019

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

I419 2223592-1/4E

I419 2223593-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Tomas JOOS als Vorsitzenden den fachkundigen Laienrichter Mag. Markus Hintner und die fachkundige Laienrichterin Maria Wodounik als Beisitzer und Beisitzerin über die Beschwerden von

1. XXXX GmbH und

2. XXXX,

beide vertreten durch RA Dr. Wilfried WEH Rechtsanwalt GmbH, gegen den Bescheid des AMS Bludenz vom 06.06.2019, Zl. 003987639|AMS||ABB|||1, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Erstbeschwerdeführer beantragte am 05.04.2019 bei der BH XXXX eine Rot-Weiß-Rot-Karte als Fachkraft in einem Mangelberuf zu erteilen, und zwar als "Wirtschafter, in eventu andere Hotelfachleute oder Gastronomiefachleute". Dieser solle im Hotelbetrieb der Zweitbeschwerdeführerin als Wirtschafter tätig werden und (gemäß späterer Stellungnahme) monatlich € 2.325,-- brutto auf Basis von 40 Wochenstunden erhalten.

Mit dem bekämpften Bescheid wies das AMS den Antrag (unter Verweis auf die vorangegangene Einräumung von Parteiengehör) ab, weil die gemäß der Anlage B zum AuslBG erforderlichen Mindestpunkte nicht erreicht würden.

Für die Qualifikation seien keine Punkte zu vergeben, weil es dem Erstbeschwerdeführer für die angesprochenen Mangelberufe an der nötigen Voraussetzung einer einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung fehle.

Betreffend die ausbildungsadäquate Berufserfahrung könnten nur Zeiten berücksichtigt werden, die nach einer entsprechenden Ausbildung lägen. Mangels einer solchen sei auch eine Universitätsreife nicht relevant, sodass auch in diesem Bereich keine Punkte vergeben würden.

Zu den Sprachkenntnissen entschied das AMS, dass von einem Nachweis auf Referenzniveau A2 ausgegangen werde, weil der erbrachte Nachweis für B1 bereits älter als ein Jahr sei. Dies folge "in Anlehnung" an diesen aus § 21a NAG.

Insgesamt seien damit 10 Punkte zu vergeben gewesen, sodass die Zulassung als Fachkraft in Mangelberufen nicht zu gewähren sei.

Beschwerdehalber wird dagegen vorgebracht, der Erstbeschwerdeführer habe nach acht Grundschuljahren eine dreijährige Mittelschulausbildung im Landwirtschaftsbereich und schließlich 2017 eine berufsbildende Mittelschule der Fachrichtung Gastronomie und Tourismus als Koch abgeschlossen.

Er habe im Hotelbetrieb der Zweitbeschwerdeführerin 15 Jahre lang als "Stammsaisonier" gearbeitet, und zwar in der Küche ebenso wie in der Landwirtschaft und der Haustechnik sowie als "Allrounder". Nach dem Unfalltod des Geschäftsführers habe dessen Witwe die Geschäftsführung inne, weshalb der Erstbeschwerdeführer mit Blick auf die Anforderungen von Arbeiten auch außerhalb der Saison existenziell sei, zu denen neben der Landwirtschaft Instandhaltung und Wartung, Reparaturen, die Pflege und Erhaltung der Außenanlagen und die Koordination von Handwerkern zählten.

Er habe auch - zuletzt im Oktober 2018 - jeweils eine Beschäftigungsbewilligung des AMS als Saisonnier innegehabt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Verfahrensgang wird festgestellt, wie oben in I. wiedergegeben.

Ferner wird festgestellt:

Der XXXX-jährige Zweitbeschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina. Er hat dort im Schuljahr 2016/17 eine Umschulung zum Koch absolviert. Nach eigenen Angaben hatte er zuvor eine 3-jährige landwirtschaftliche Fachausbildung abgeschlossen.

Die Sprachkenntnisse des Beschwerdeführers in Deutsch hat dieser mit ÖSD-Zertifikat B1 vom 20.11.2017 nachgewiesen, das mit seinem Antrag am 04.05.2019 vorlag.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde.

Die Konditionen der beabsichtigten Beschäftigung waren den Arbeitgebererklärungen des Erstbeschwerdeführers (16.01. und 16.05.2019) zu entnehmen.

Aus den Zeugnissen ergaben sich die weiteren Feststellungen zum Zweitbeschwerdeführer. Die Berufssystematik des AMS war dessen Homepage zu entnehmen (www.ams.at/bis/bis/index.php).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung

3.1 Voraussetzung der Zulassung als Fachkraft in einem Mangelberuf ist nach § 12a Abs. 1 AuslBG betreffend die Person (Z. 1 und 2), dass der Ausländer eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweist und die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B aufgezählten Kriterien erreicht. Die einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung ist daher immer erforderlich, auch wenn der Ausländer eine Universitätsreife oder einen tertiären Abschluss aufweist, weil das nur für die Punktevergabe von Bedeutung ist (so auch Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 [2018] Rz 44 zu §§ 12 f).

3.2 Nach der Rechtsprechung ist als Mindestanforderung für eine abgeschlossene Berufsausbildung ein österreichischer Lehrabschluss oder eine vergleichbare Ausbildung vorgesehen. Eine Ausbildung, die nur 18 Monate dauert, ist - so der VwGH - deshalb nicht geeignet, eine "abgeschlossene Berufsausbildung" im Sinne des § 12a AuslBG darzustellen (25.01.2013, 2012/09/0068). Demgemäß ist es auch eine kürzere Ausbildung nicht, wie im vorliegenden Fall jene etwa 12-monatige des Zweitbeschwerdeführers.

Die Lehrzeit für den Beruf Koch/Köchin beträgt nach Anlage 1 der Lehrberufsliste in der vom Gericht anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 186/2019 drei Jahre. Nach § 1 Z. 1 der Verordnung des BMWA über die Ausbildung in Lehrberufen in verkürzter Lehrzeit, BGBl. II Nr. 201/1997, können Lehrberufe, für die in der Lehrberufsliste eine dreijährige Lehrzeit festgelegt wurde, in einer um ein Jahr verkürzten Lehrzeit von Menschen erlernt werden, die nachweisen, dass sie eine allgemeinbildende höhere, eine berufsbildende höhere oder eine mindestens dreijährige berufsbildende mittlere Schule erfolgreich besucht haben.

Selbst wenn der seitens des Zweitantragstellers behauptete erfolgreiche dreijährige Besuch der landwirtschaftlichen Fachschule also nachgewiesen wäre, würde die Umschulung des Zweitbeschwerdeführers zum Koch keine abgeschlossene Ausbildung in diesem Sinn darstellen, weil sie keine zwei Jahre gedauert hat.

3.3 Die geltend gemachte Ausbildung - Umschulung zum Koch - ist also keine abgeschlossene Berufsausbildung im Sinn des § 12a AuslBG. Sie wäre auch keine "einschlägige", wie die folgenden Überlegungen zeigen:

Nach der genannten Bestimmung muss der zuzulassende Ausländer eine einschlägige Berufsausbildung abgeschlossen haben, bei einer Fachkraft also eine zweifelsfreie Qualifikation in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13 AuslBG) festgelegten Mangelberuf.

Betreffend vor Jahresende 2019 eingebrachte Anträge gemäß § 20d Abs. 1 Z. 2 AuslBG (Zulassungsverfahren für Fachkräfte) ordnet § 3 Fachkräfteverordnung 2019 an, dass sie nach dieser Verordnung zu erledigen sind.

3.4 Nach § 1 Abs. 2 Fachkräfteverordnung 2019 sind für eine Beschäftigung bei einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in Vorarlberg für das Jahr 2019 unter anderem folgende Mangelberufe, in denen Ausländerinnen und Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a AuslBG zugelassen werden können (Z. 7): "Wirtschafter/innen, andere Hotel-, Gaststättenfachleute, Heimverwalter/innen".

In § 2 ist festgelegt, dass die Bezeichnungen der Berufe jenen der Berufssystematik des AMS entsprechen. In dieser sind Berufe zu (vierstellig codierten) Berufsarten gebündelt, die sich daher ihrerseits aus mehreren (sechsstellig codierten) Berufen zusammensetzen. Diese jeweiligen Berufe, sofern sie nicht nur als Helfer/Helferin bezeichnet sind, fallen unter den (die) bezeichnete(n) Mangelberuf (Mangelberufsart), wenn sie dessen (deren) Codierung gemeinsam haben. (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz2 [2018] 620).

3.5 In dieser Hierarchie ist der Beruf "Wirtschafter/in (Hotel- und Gastgewerbe/Heimverwaltung)" (Code 510116) der Berufsart "Hotel- und Gastgewerbekaufmann/-frau" zugeordnet (Code 5101). Der Beruf "Koch/Köchin (Hotel- und Gastgewerbe)" (Code 520119) unterfällt hingegen nicht dieser Berufsart (sondern der Berufsart "Koch/Köchin", 5201).

Die Umschulung zum Koch wäre demnach selbst bei hinreichender Dauer, um sie als abgeschlossene Ausbildung ansehen zu können, keine einschlägige für den Mangelberuf "Wirtschafter".

Dem Vorbringen ist nicht zu entnehmen, inwiefern die Umschulung zum Koch als eine einschlägige oder gar - im Hinblick auf die Dauer - abgeschlossene Berufsausbildung in Bezug auf "andere Hotel-, Gaststättenfachleute" sein sollte, zumal es sich nicht um den Mangelberuf "Gaststättenköch(e)innen" handeln kann (520128), der in Abs. 1 Z. 34 Fachkräfteverordnung 2019 eigens (als bundesweit festgelegt) angeführt ist und ein Unterfall von "Koch/Köchin" ist.

3.6 Nach all dem ist davon auszugehen, dass der Zweitbeschwerdeführer keine abgeschlossene Ausbildung in einem Mangelberuf nachgewiesen hat, sodass es auf die Punktevergabe zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerden nicht ankommt. Somit kann auch dahinstehen, ob das AMS sich bei der Punktevergabe für die Sprachkenntnisse des Zweitbeschwerdeführers zu Recht auf § 21a NAG bezog. Nach dieser Bestimmung erfolgt der Nachweis der Kenntnisse der deutschen Sprache mittels eines allgemein anerkannten Sprachdiploms einer durch Verordnung bestimmten Einrichtung. Das Sprachdiplom darf zum Zeitpunkt der Vorlage nicht älter als ein Jahr sein. Demgegenüber beinhaltet das AuslBG zu den Anlagen A bis C keine Anordnung darüber, wie alt der Nachweis der Sprachkenntnisse bei seiner Vorlage sein darf.

3.7 Da demnach eine Zulassung nach § 12a AuslBG nicht zu erfolgen hatte, ist der bekämpfte abweisende Bescheid im Ergebnis zu Recht ergangen. Die Beschwerden dagegen waren demnach als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zu den Kriterien des Nachweises für die in § 12a AuslBG verlangte Qualifikation. Ferner ist die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Unterbleiben einer Verhandlung:

Der Sachverhalt war im Sinne des § 24 Abs. 4 VwGVG entscheidungsreif, weshalb von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden konnte. Dem Entfall der Verhandlung stand auch Art 6 EMRK nicht entgegen, weil lediglich rechtliche Fragen zu klären waren (vgl. VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159 mwH).

Schlagworte

Berufsausbildung, Fachkräfteverordnung, Punktevergabe,
Qualifikation, Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:I419.2223592.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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