TE Bvwg Erkenntnis 2019/12/4 L511 2003855-1

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Veröffentlicht am 04.12.2019
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Entscheidungsdatum

04.12.2019

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art. 133 Abs4

Spruch

L511 2003855-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 21.02.2013, XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) in Verbindung mit § 67 Abs. 10 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1. Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]

1.1. Mit Schreiben vom 30.01.2013 teilte die SGKK dem Beschwerdeführer mit, dass auf dem Beitragskonto der Firma XXXX [im Folgenden: GmbH] nach Aufhebung des Konkursverfahrens, der Bezahlung der Quote und der Zahlung aus dem Insolvenzentgelt-Fonds ein Rückstand in Höhe von insgesamt EUR 9.079,11 offen aufscheine, wovon im Wege der Ausfallshaftung nach § 67 Abs. 10 iVm 58 Abs. 5 ASVG der Rückstand aus den Beiträgen Februar und März 2011 in der Höhe von EUR 2.648,84 zuzüglich der Verzugszinsen geltend gemacht werde. Dem Schreiben war ein Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom selben Tag beigelegt.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, für die Zeit vom 31.01.2011 bis zur Insolvenzeröffnung eine Liquiditätsaufstellung bzw. Geschäftsunterlagen beizubringen, die die Überprüfung der Gleichbehandlung der Verbindlichkeiten gegenüber der Sozialversicherung mit allen anderen Verbindlichkeiten ermögliche, sowie zusätzliche Beweisanbote einzubringen.

1.2. Mit Haftungsbescheid vom 21.02.2013, Zahl: XXXX , verpflichtete die SGKK den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 iVm § 58 Abs. 5 ASVG als Geschäftsführer der GmbH, zur Zahlung eines Rückstandes von EUR 2.648,84 innerhalb von 14 Tagen bei sonstiger Exekution. Zusätzlich sei der Beschwerdeführer verpflichtet, ab 07.12.2012 bis zur Einzahlung Verzugszinsen in der Höhe von derzeit 8,38% p.a. von EUR 2.638,55 zu entrichten.

Die Summe setze sich laut beigelegtem Rückstandsausweis vom 21.02.2013 aus "Beiträgen Rest" der Monate 02/2011 bis 03/2011 sowie Verzugszinsen zusammen.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer ab dem 13.01.2010 alleiniger Geschäftsführer der GmbH gewesen sei. Die im Rückstandsausweis dargestellten Beträge seien bei der Primärschuldnerin uneinbringlich. Der Beschwerdeführer habe trotz Aufforderung vom 30.01.2011 keine Gründe vorgebracht, welche ihn ohne sein Verschulden daran gehindert hätten, die ihm obliegenden Verpflichtungen (Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge) zu erfüllen und auch keine Gründe oder Beweisanbote für die Gleichbehandlung der Sozialversicherung beigebracht, weshalb von seinem Verschulden auszugehen und die persönliche Haftung auszusprechen gewesen sei.

1.3. Mit E-Mail vom 08.03.2013 erhob der Beschwerdeführer gegen oben bezeichneten Bescheid fristgerecht Einspruch (nunmehr: Beschwerde).

Der Beschwerdeführer führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, es sei zu keinerlei Gläubigerbevorzugung gekommen und übermittelte in der Anlage den Konkursantrag vom 20.04.2011 sowie eine Kopie des bei der Konkurseröffnung beim Konkursgericht hinterlegten Gläubigerverzeichnisses der GmbH.

1.4. Mit E-Mail vom 22.03.2013 übermittelte der Beschwerdeführer über Aufforderung der SGKK ergänzend Kontoauszüge der GmbH von Jänner bis April 2011.

2. Mit Vorlagebericht [VB] vom 02.04.2013 (LH1) wurde das Beschwerdeverfahren von der SGKK der damalig zuständigen Rechtsmittelbehörde, der Landeshauptfrau von Salzburg [LH] vorgelegt, welche den VB dem Beschwerdeführer zu Kenntnis brachte (LH2).

3. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Salzburg anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (OZ 1).

3.1. Über Ersuchen des BVwG übermittelte der Beschwerdeführer am 27.10.2015 eine Auflistung der Zahlungsausgänge von Februar 2011 bis April 2011 und verwies darauf, dass bis zur Konkurseröffnung alle Forderungen nach Faktureneingang zu 100 % fristgerecht erledigt worden seien. Da der Konkurs "ohne Eigenverwaltung" abzuwickeln gewesen sei, sei ihm in der Folge eine Gläubigerungleichbehandlung nicht möglich gewesen (OZ 7, 10).

3.2. Die SGKK übermittelte auf Ersuchen des BVwG am 03.11.2015 den Kontoauszug der GmbH sowie eine Liste der gemeldeten Dienstnehmer und verwies darauf, dass es sich bei der GmbH um einen selbstabrechnenden Betrieb gehandelt habe (OZ 8, 9).

II. ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1. Der Beschwerdeführer vertrat ab 13.01.2010 als alleiniger Geschäftsführer die GmbH selbständig. Mit Beschluss des LG Salzburg vom 21.04.2011, XXXX wurde der Konkurs über die GmbH eröffnet und die Gesellschaft infolge Eröffnung des Konkursverfahrens aufgelöst. Mit Beschluss vom 11.09.2012 wurde der Konkurs nach Schlussverteilung aufgehoben und die Firma am 17.10.2014 gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht.

1.2. Die Summe der verfahrensgegenständlichen offenen Forderungen am Beitragskonto der GmbH setzt sich laut Rückstandsausweis gemäß § 64 ASVG vom 21.02.2013 wie folgt zusammen:

Beiträge Rest für 01/2011-03/2011

EUR 2.638,55

Verzugszinsen (§59 Abs. 1 ASVG) bis 21.04.2011

EUR 10,29

Summe

EUR 2.648,84

1.3. Bei der GmbH handelt es sich um einen selbstabrechnenden Betrieb gemäß § 58 Abs. 4 ASVG. Die "Beiträge Rest" beinhalten keine Dienstnehmeranteile (OZ 9).

1.4. Der Beschwerdeführer tätigte von Februar bis April 2011 Ausgangszahlungen idHv EUR 29.189,13, wobei laufende Faktureneingänge der Monate Februar bis April 2011 zur Gänze beglichen wurden. In diesem Zeitraum erfolgte am 17.02.2011 die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für den Jänner 2011 idHv EUR 2.741,63, weitere Zahlungen an die SGKK erfolgten nicht (OZ 10).

1.5. Ein Nachweis über die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten im Zeitraum Februar bis April 2011 liegt nicht vor (OZ 10, Kontoauszüge).

2. Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1. Die Beweisaufnahme, aus der sich auch der unter I. dargelegte Verfahrensgang ergibt, erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumenten und Unterlagen

im nicht durchnummerierte Verfahrensakt der GKK:

* Rückstandsausweis vom 30.01.2013 und 21.02.2013 (RA)

* Bescheid der SGKK vom 21.02.2013 (B)

* Kontoauszüge der GmbH von Februar bis April 2011 (Kontoauszüge)

* Einspruch des Beschwerdeführers vom 28.03.2013 (Bsw)

im hg. Gerichtsakt:

* Aufstellung der Zahlungsausgänge von Februar bis April 2011 (OZ 10)

* Kontoauszug der SGKK (OZ 9)

* Firmenbuchauszug der GmbH (OZ 18)

2.2. Beweiswürdigung

2.2.1. Der Zeitpunkt des Beginns der Geschäftsführertätigkeit sowie die Konkurseröffnung und -aufhebung ergeben sich aus dem österreichischen Firmenbuchauszug (OZ 18), an dessen Richtigkeit kein Anlass zu zweifeln bestand.

2.2.2. Die Höhe des Haftungsbetrages ergibt sich aus dem Rückstandsausweis vom 21.02.2013 und wird vom Beschwerdeführer der Höhe nach auch nicht bestritten (Bsw).

2.2.3. Dass die GmbH ein selbstabrechnender Betrieb ist ergibt sich aus der Auskunft der GKK im Verfahren, aus der sich auch ergibt, dass auf Grund von IEF-Zahlungen keine Dienstnehmeranteile (mehr) in den "Beiträgen Rest" enthalten sind (OZ 9).

2.2.4. Die getätigten Überweisungen und die vollständige Zahlung von eingegangenen Rechnungen ergeben sich aus den vorgelegten Kontoauszügen, der Aufstellung der Zahlungen und den dazu erfolgten Ausführungen des Beschwerdeführers (OZ 10). Soweit der Beschwerdeführer im Hinblick auf die nicht erfolgten Zahlungen an die SGKK ausführt, er habe bis zur Konkurseröffnung "alle Forderungen nach Faktureneingängen bzw. Gebührenmitteilungen jeweils zu 100% fristgerecht erledigt", ist festzuhalten, dass dies nicht zutrifft. Bei der GmbH handelte es sich um einen sog. "Selbstabrechnerbetrieb". Diese ermitteln die Sozialversicherungsbeiträge (Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile) für alle Beschäftigten selbst und melden diese mittels (monatlicher) Beitragsnachweisung an die GKK. Die Einzahlung der Beiträge hat ohne separate Vorschreibung zu erfolgen, wobei diese Beiträge am letzten Tag des Kalendermonates fällig sind, in den das Ende des Beitragszeitraumes fällt. Die Zahlungen für die Beiträge für die Beitragsmonate Februar und März 2011 hätten daher gemäß § 58 Abs. 1 und § 59 Abs. 1 ASVG ohne Faktureneingang spätestens mit 15. März bzw. 15. April 2011 erfolgen müssen (vgl. VwGH 22.12.1998, 96/08/0349).

2.2.5. Dass kein Nachweis über die fälligen offenen Gesamtverbindlichkeiten vorliegt, ergibt sich unmittelbar aus dem Schreiben des Beschwerdeführers, welches keine Hinweise auf die Verbindlichkeiten, sondern ausschließlich eine Auflistung der getätigten Zahlungen enthält (OZ 10).

3. Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 24 VwGVG) ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung auch nach Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 GRC unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist (vgl. dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.2. Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt war weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4. Rechtliche Beurteilung

4.1.1. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] iVm § 414 Abs. 1 und Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (§ 17 VwGVG).

4.1.2. Die Beschwerde ist rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2. Abweisung der Beschwerde

4.2.1. Gemäß § 67 Abs. 10 ASVG haften die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Gesellschaft, Kommanditgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

4.2.2. Die Vertreterhaftung nach § 67 Abs. 10 ASVG ist eine dem Schadenersatzrecht nachgebildete Verschuldenshaftung. Danach haftet der Vertreter für bei der Primärschuldnerin uneinbringlich gewordene (nicht schon für bloß rückständige) Beiträge insoweit, als ein Kausalzusammenhang zwischen der Uneinbringlichkeit und einer schuldhaften (leichte Fahrlässigkeit genügt) und rechtswidrigen Verletzung der den Vertretern auferlegten sozialversicherungsrechtlichen Pflichten besteht (VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 mwN). Voraussetzung für die Haftung eines Vertreters nach § 67 Abs. 10 ASVG ist zunächst die objektive, gänzliche oder zumindest teilweise Uneinbringlichkeit der betreffenden Beiträge bei der Primärschuldnerin. Zur Beurteilung der Uneinbringlichkeit bedarf es nicht notwendigerweise der vollständigen Abwicklung (bis zur Aufhebung) des Konkurses, Uneinbringlichkeit ist vielmehr bereits anzunehmen, sobald im Lauf des Insolvenzverfahrens feststeht, dass die Beitragsforderung im Konkurs mangels ausreichenden Vermögens nicht oder zumindest nur zum Teil wird befriedigt werden können (VwGH 20.06.2018, Ra 2018/08/0039 mwN).

4.2.3. Der Beschwerdeführer war im gegenständlich betroffenen Zeitraum Geschäftsführer der GmbH, und somit die zur Vertretung berufene Person der Primärschuldnerin iSd § 67 Abs. 10 ASVG. Die Primärschuldnerin wurde am 17.10.2014 wegen Vermögenslosigkeit amtswegig gelöscht, so dass eine objektive Uneinbringlichkeit der aushaftenden Beträge bei der Primärschuldnerin vorliegt. Die Heranziehung des Beschwerdeführers als Vertreter der GmbH zur Haftung für deren uneinbringliche Beitragsschulden erfolgte daher dem Grunde nach zu Recht.

4.2.4. Als haftungsbegründend kommt (seit der Novellierung des § 58 Abs. 5 ASVG mit BGBl I 2010/62 [SRÄG 2010]) die Verletzung all jener Pflichten in Betracht, deren Verletzung dafür kausal sein kann, dass Beiträge nicht bei Fälligkeit entrichtet und später uneinbringlich werden, etwa die Verletzung der Meldepflichten, die Abfuhrpflicht der einbehaltenen Dienstnehmerbeiträge sowie die Zahlungspflicht. Eine kausale schuldhafte Pflichtverletzung ist immer schon dann anzunehmen, wenn der Vertreter keine Gründe anzugeben vermag, weshalb er ohne sein Verschulden gehindert war die ihm obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen und nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Beitragsschulden rechtzeitig zur Gänze oder zumindest anteilig entrichtet wurden (VwGH 12.01.2016, Ra2014/08/0028). Im Hinblick auf den Haftungsumfang ist bei Nichtentrichtung von Beitragsschulden darauf abzustellen, ob der Vertreter die Beitragsschulden (ohne rechtliche Grundlage) insoweit schlechter behandelt als sonstige Verbindlichkeiten, als er diese bedient, erstere aber unberichtigt lässt, bzw. im Fall des Fehlens ausreichender Mittel nicht für eine zumindest anteilsmäßige Befriedigung auch der Forderungen der Gebietskrankenkasse Sorge trägt. Einen zur Haftung herangezogenen Vertreter trifft dabei eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, weil ohne diese Mitwirkung jener Anteil, der durch das schuldhafte Verhalten uneinbringlich geworden ist, nicht festgestellt werden kann. Bei entsprechendem Nachweis haftet ein Vertreter (bei Nichtentrichtung von Beitragsschulden) nur für die Differenz zwischen jenem Betrag, der bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger zu entrichten gewesen wäre und der tatsächlich erfolgten Zahlung (zur detaillierten Berechnungsmethode des Haftungsbetrages nach der Zahlungstheorie siehe VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 uHa 29.01.2014, 2012/08/0227 und den dort ergänzend aufgezeigten alternativen Berechnungsmethoden sowie weiteren Nachweisen). Tritt ein haftungspflichtiger Vertreter diesen Nachweis nicht an und erbringt kein entsprechendes Beweisanbot, so erstreckt sich die Haftung auf die gesamten uneinbringlichen Beitragsverbindlichkeiten der Primärschuldnerin im Haftungszeitraum (vgl. VwGH 07.10.2015, Ra2015/08/0040 mwN). Für nicht abgeführte, aber einbehaltene Dienstnehmeranteile bzw. für Beitragsausfälle, die auf schuldhafte Meldepflichtverletzungen zurückzuführen sind, haften Vertreter jedoch ohne Bedachtnahme auf die Frage der Gleichbehandlung mit anderen Gläubigern und ohne Bedachtnahme auf die bei Fälligkeit oder bei tatsächlich erfolgter Lohnzahlung noch vorhandenen Mittel im Ausmaß der Uneinbringlichkeit dieser Beiträge grundsätzlich zur Gänze (VwGH 27.11.2014 2012/08/0216 mwN).

4.2.5. Zumal es sich gegenständlich weder um einbehaltene Dienstnehmeranteile noch um Beitragsausfälle auf Grund schuldhafter Meldepflichtverletzungen handelt, ist der Haftungsbetrag bei entsprechenden Nachweisen auf die Differenz zwischen jenem Betrag, der bei Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger zu entrichten gewesen wäre und der tatsächlich erfolgten Zahlung zu reduzieren.

4.2.5.1. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer zwar eine Aufstellung sämtlicher Zahlungen vorgelegt, aus der sich klar ergibt, dass Zahlungen an andere Gläubiger geleistet wurden, (nicht jedoch an die SGKK). Die vorgelegten Kontoauszüge und die Auflistung der Zahlungsausgänge lassen aber weder Rückschlüsse über den Umfang der liquiden Mittel im maßgeblichen Zeitraum vor Insolvenzeröffnung, noch Rückschlüsse auf die Gesamtheit der offenen Verbindlichkeiten zu, weshalb sich aus den vorliegenden Unterlagen keine Zahlungsquote errechnen lässt.

4.2.5.2. Da der Beschwerdeführer somit - trotz entsprechender Aufforderung durch die SGKK und das BVwG - keine geeigneten Unterlagen vorgelegt hat, welche eine Berechnung ermöglichen würde, ist von einer Haftung für die gesamten offenen Beitragsverbindlichkeiten auszugehen (vgl. dazu insbesondere VwGH 12.01.2016, Ra 2014/08/0028 mwN), und die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

III. ad B) Unzulässigkeit der Revision

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (§ 25a Abs. 1 VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs. 4 B-VG).

Wie sich aus der oben unter A) Punkt II.4.2. wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, besteht zu § 67 Abs. 10 eine umfangreiche und einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die vorliegende Entscheidung weicht von dieser Rechtsprechung auch nicht ab, sondern stützt sich maßgeblich auf diese Judikatur.

Der Entfall der mündlichen Verhandlung steht weder mit der Judikatur der Höchstgerichte noch mit der Judikatur des EGMR in Widerspruch, siehe dazu insbesondere VwGH 26.01.2017, Ra2016/07/0061 mwN, und es ergeben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen.

Schlagworte

Beitragsrückstand, Geschäftsführer, Gleichbehandlung, Haftung,
Nachweismangel, Pflichtverletzung, Uneinbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:L511.2003855.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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