TE Bvwg Beschluss 2020/1/13 W209 2224650-1

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Veröffentlicht am 13.01.2020
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Entscheidungsdatum

13.01.2020

Norm

AuslBG §12b
B-VG Art. 133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz 2

Spruch

W209 2224650-1/3E

W209 2224659-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes PFLUG und Philipp KUHLMANN als Beisitzer in der Beschwerdesache des XXXX , XXXX , XXXX , und des XXXX , XXXX , XXXX , beide vertreten durch Mag. Robert BITSCHE, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/35, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom 20.05.2019, GZ: 08114 / GF:

3984829, betreffend Nichtzulassung des XXXX zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG nach Beschwerdevorentscheidung vom 12.09.2019, GZ: 960/08114/ABB-Nr. 4004806/2019, beschlossen:

A)

Die Beschwerdevorentscheidung wird gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. XXXX (im Folgenden: Zweitbeschwerdeführer), ein 1988 geborener türkischer Staatsangehöriger, stellte am 11.03.2019 beim Amt der Wiener Landesregierung, Magistratsabteilung 35, einen Antrag auf Rot-Weiß-Rot-Karte als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG. Laut der dem Antrag angeschlossenen Arbeitgebererklärung soll der Zweitbeschwerdeführer bei der XXXX e.U. des XXXX (im Folgenden: Erstbeschwerdeführer) für die berufliche Tätigkeit "Softwareentwicklung und Verkaufsberatung" mit einem monatlichen Bruttolohn von € 3.132,00 Vollzeit an einem Arbeitsplatz im eigenen Betrieb beschäftigt werden. Die Vermittlung von Ersatzkräften sei erwünscht. Dem Antrag waren weiters eine Reisepasskopie, ein Zeugnis über die Ablegung einer Ergänzungsprüfung aus Deutsch für die Zulassung als ordentlicher Studierender an der Technischen Universität Wien vom 17.02.2014, ein Bachelor-Abschluss für das Fach Chemie-Ingenieur der T.C. Hacetteppe Universität Ankara und ein Bachelor-Abschluss für Business Administration der Anadolu Universität in Eskisehir des Zweitbeschwerdeführers, allesamt in Kopie und deutscher Übersetzung, vorgelegt.

2. Mit Schreiben vom 11.03.2019 übermittelte die Magistratsabteilung 35 den Antrag der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit dem Ersuchen um schriftliche Mitteilung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG vorliegen.

3. Mit Schreiben vom 09.04.2019 ersuchte die belangte Behörde (im Folgenden: AMS) den Erstbeschwerdeführer um Vorlage von Qualifikationsnachweisen des Zweitbeschwerdeführers für den Bereich Softwareentwicklung und um Bekanntgabe der genauen Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers (Softwareentwicklung oder Verkaufsberatung).

4. Mit Schreiben vom 26.04.2019 informierte das AMS den Erstbeschwerdeführer über die Voraussetzungen für die Zulassung von Ausländern als sonstige Schlüsselkraft. Demnach müsse der Antragsteller mindestens 55 Punkte nach den Kriterien der Anlage C des § 12b Z. 1 AuslBG erreichen. Nach den bisher vorgelegten Unterlagen könnten dem Zweitbeschwerdeführer jedoch nur 25 Punkte für die allgemeine Universitätsreife und 10 Punkte für sein Alter angerechnet werden. Die vorgelegten Sprachzertifikate dürften nicht älter als 12 Monate sein.

5. Mit Schreiben vom 30.04.2019 gab der Erstbeschwerdeführer bekannt, dass der Zweitbeschwerdeführer einen Softwareentwicklungskurs besucht und sich danach weiterentwickelt habe, sodass seine Qualifikationen für die in Aussicht genommene Beschäftigung ausreichen würden. Für die Verkaufsberatung seien technisches Know-how und technische Lösungskompetenz erforderlich. Als kleine Firma sei es immer von Vorteil, wenn das Personal vielschichtig bewandert sei. Dem Schreiben wurde das Curriculum des Chemie-Studiums an der T.C. Hacetteppe Universität Ankara angehängt.

6. Mit Schreiben vom 09.05.2019 übermittelte der Erstbeschwerdeführer ein Zertifikat über die Ablegung einer Englisch Prüfung IELTS des Zweitbeschwerdeführers vom 19.01.2019.

7. Mit Schreiben vom 17.05.2019 übermittelte der Erstbeschwerdeführer abermals die Sprachzertifikate und das Diplom der Anadolu Universität des Zweitbeschwerdeführers und führte aus, dass der Zweitbeschwerdeführer sich selbst mit Delphi Xe beschäftigt habe und sich in Java auskenne. Da 80-90 % der Kundschaft türkisch spreche, sei Türkisch von Vorteil und wichtig, dass der Zweitbeschwerdeführer Systeme verstehen, erklären und auch verkaufen könne. Der Zweitbeschwerdeführer würde diesen Anforderungen entsprechen, aber man würde natürlich auch anderes Personal mit diesen Qualifikationen akzeptieren.

8. Mit angefochtenem Bescheid vom 20.05.2019 wies das AMS die Zulassung des Zweitbeschwerdeführers zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft nach Anhörung des Regionalbeirates gemäß § 12b Z. 1 AuslBG ab und führte dazu begründend aus, dass durch den Nachweis von Englisch- und Deutschkenntnissen zwar die erforderlichen Punkte gemäß Anlage C zum AuslBG erreicht worden seien. Da aber weder ein Nachweis über die Qualifikation im Bereich Softwareentwicklung noch ein Nachweis über Berufserfahrung in diesem Bereich vorlägen, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Zweitbeschwerdeführer dem Anforderungsprofil der beabsichtigten Beschäftigung entspreche.

9. Gegen diesen Bescheid erhoben sowohl der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die damit begründet wurde, dass der Zweitbeschwerdeführer, wie von der Behörde festgestellt, die erforderliche Mindestpunkteanzahl nach der Anlage

C erreiche und das AMS übersehe, dass die Nachweise über die Qualifikation im gegenständlichen Fall nicht Voraussetzung für die Erlangung des Aufenthaltstitels seien, da es sich um eine "sonstige Schlüsselkraft" handle. Sohin seien alle Voraussetzungen für die Erteilung einer Rot-Weiß-Rot-Karte seitens des Zweitbeschwerdeführers gegeben.

10. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 12.09.2019 wies das AMS die Beschwerde ab und begründete dies damit, dass für das Kriterium "Qualifikation" der Anlage C aufgrund des Chemieingenieursstudiums 30 Punkte vergeben werden könnten. Der Zweitbeschwerdeführer sei bislang in Österreich als Kraftfahrer, Servicekraft und Chemiker beschäftigt gewesen. Berufserfahrung im Beriech Softwareentwicklung sei keine dargelegt worden. In der Kategorie "ausbildungsadäquate Erfahrung" der Anlage C könnten somit keine Punkte vergeben werden. In der Kategorie "Sprachkenntnisse" könnten für Deutsch 15 und für Englisch 10 Punkte vergeben werden. In der Kategorie "Alter" könnten 10 Punkte vergeben werden. Die erforderliche Mindestpunkteanzahl von 55 Punkten werde damit erreicht. Laut Arbeitgebererklärung sei beabsichtigt, den Zweitbeschwerdeführer als "Softwareentwickler und Verkaufsberater" einzusetzen, und seien hierfür Kenntnisse als Softwareentwickler maßgeblich. Nach den vorliegenden Informationen betreibe der Erstbeschwerdeführer ein Unternehmen namens " XXXX ". Es liege eine Gewerbeberechtigung für "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik" vor. Auf der Homepage des Unternehmens seien aktuell inhaltlich keine Informationen abrufbar. Welche Dienstleistungen konkret angeboten werden, könne nicht festgestellt werden. Zuletzt sei für die Tätigkeit als Softwareentwickler beim Erstbeschwerdeführer eine Rot-Weiß-Rot-Karte für einen Studienabsolventen des Bachelorstudiums der Wirtschaftsinformatik erteilt worden. Dieses Dienstverhältnis sei mit 31.03.2019 wieder beendet worden. Es sei daher davon auszugehen, dass die Stelle wieder mit einer Person, die über qualifizierte Fachkenntnisse als Softwareentwickler verfügt, besetzt werden solle. Nach den übermittelten Unterlagen habe der Zweitbeschwerdeführer 2012 ein Studium als Chemieingenieur abgeschlossen. In der Folge sei er an der Technischen Universität Wien als ordentlicher Hörer des Masterstudiums Chemie und Technologie der Materialien gemeldet gewesen. Für den Zweitbeschwerdeführer seien bisher eine Beschäftigungsbewilligung als Kraftfahrer für 20 Wochenstunden sowie eine Beschäftigungsbewilligung als Servicekraft für 20 Wochenstunden erteilt worden. Beide Beschäftigungen seien vorzeitig beendet worden. Zuletzt sei für den Zweitbeschwerdeführer eine Rot-Weiß-Rot-Karte für die Tätigkeit als Chemiker in der Lebensmittelproduktion, gültig vom 21.08.2018 bis 21.08.2020, erteilt worden. Diese Beschäftigung sei mit 30.10.2018 beendet worden. Zum nunmehr vorgelegten Diploma Supplement der Anadolu Universität vom 10.07.2017 über einen Studienabschluss in Business Administration sei nicht nachvollziehbar, wann der Zweitbeschwerdeführer dieses Studium absolviert habe. Laut den Daten des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger lägen seit August 2013 Versicherungszeiten in Österreich vor, der Zweitbeschwerdeführer sei als Student in Österreich gemeldet und im Jahr 2016 auch beschäftigt gewesen. Dieses Diploma Supplement könne daher nicht als Ausbildungsnachweis anerkannt und herangezogen werden. Darüber hinaus würden damit auch keinerlei Kenntnisse als Softwareentwickler dokumentiert. Weder aus den vorliegenden Unterlagen noch aus den Beschäftigungsdaten seien Kenntnisse des Zweitbeschwerdeführers im Bereich der Softwareentwicklung dokumentiert. Es sei nicht ersichtlich, dass der Zweitbeschwerdeführer über Kenntnisse in Java-Programmierung oder über Fachkenntnisse oder eine praktische Erfahrung im EDV-Bereich verfügt. Entgegen der Darstellung in der Beschwerde müssten alle geforderten Kenntnisse auch für die beantragte Person nachgewiesen werden. Es werde festgestellt, dass alle Kenntnisse im geforderten Umfang auch vom Zweitbeschwerdeführer nicht belegt werden könnten und somit von einer allfälligen Ersatzkraft Kenntnisse und Qualifikationen verlangt werden würden, die der Zweitbeschwerdeführer selbst nicht nachweisen könne. Die Voraussetzungen gemäß § 12b Z. 1 AuslBG für die Zulassung zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft seien damit insgesamt nicht erfüllt.

11. Im Vorlageantrag vom 23.09.2019 wurde auf die Ausführungen in der Beschwerde verwiesen und ergänzend ausgeführt, dass die entsprechenden Punkte und ein Jobangebot vorlägen, sodass sämtliche Voraussetzzungen für die Zulassung als Schlüsselkraft gegeben seien. Die vom AMS geforderten weiteren Qualifikationsnachweise seien nicht erforderlich. Das AMS verkenne die Rechtslage.

12. Mit Schreiben vom 08.10.2019 übermittelte der Zweitbeschwerdeführer einen Nachweis über einen am 13.07.2019 abgeschlossenen 79-stündigen Online-Kurs "Java Programming Masterclass for Software Developers" sowie eine am 08.10.2019 ausgestellte Arbeitsbestätigung, der zufolge der Zweitbeschwerdeführer von 01.02.2018 bis 30.08.2018 bei der Firma

XXXX mit Sitz in Istanbul als Softwareentwickler gearbeitet habe und über gute Kenntnisse in den Programmiersprachen Java und C# verfüge.

13. Am 22.10.2019 einlangend legte das AMS die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Zweitbeschwerdeführer, ein 1988 geborener türkischer Staatsangehöriger, verfügt über einen Studienabschluss an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer sowie über Englisch- und Deutschkenntnisse (zumindest) auf dem Niveau B1.

Laut Arbeitgebererklärung vom 11.03.2019 soll der Zweitbeschwerdeführer für den Erstbeschwerdeführer, der Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik durchführt, im Ausmaß von 40 Wochenstunden als Softwareentwickler tätig werden und dafür eine Entlohnung von €

3.132,00 brutto monatlich erhalten. Die Vermittlung von Ersatzkräften ist erwünscht.

Der Zweitbeschwerdeführer hat von 01.02.2018 bis 30.08.2018 bei der Firma XXXX als Softwareentwickler gearbeitet und am 13.07.2019 einen 79-stündigen Online-Kurs "Java Programming Masterclass for Software Developers" abgeschlossen.

2. Beweiswürdigung:

Der Inhalt der Arbeitgebererklärung sowie die Ausbildung und Sprachkenntnisse des Zweitbeschwerdeführers ergeben sich aus der Aktenlage.

Die Feststellungen zur Arbeitserfahrung und dem vom Zweitbeschwerdeführer absolvierten Programmierkurs ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen, die keinen Anlass boten, an deren Echtheit zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice, die in Angelegenheiten des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ergangen sind, das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und einer aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Die im vorliegenden Fall anzuwendenden maßgebenden Bestimmungen des AuslBG lauten:

§ 12b idF BGBl. I Nr. 94/2018:

"Sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen

§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

2. ...

und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall."

Anlage C idF BGBl. I Nr. 94/2018:

Zulassungskriterien für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z 1

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung oder spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten in beabsichtigter Beschäftigung

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2 4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A1) Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A2) Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B1)

5 . 10 . 15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A2) Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwend (B1)

. 5 10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre bis 40 Jahre

15 10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte Zusatzpunkte für Profisportler/innen und Profisporttrainer/innen

90 20

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:

Gemäß § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat.

Im gegenständlichen Fall erweist sich die bekämpfte Beschwerdevorentscheidung in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Festzuhalten ist zunächst, dass der Zweitbeschwerdeführer die geforderte Mindestpunktzahl (55) für sonstige Schlüsselkräfte gemäß § 12b Z. 1 nach der Anlage C des AuslBG erreicht und dies auch von der belangten Behörde außer Streit gestellt wurde. Durch sein Alter, den Studienabschluss an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer und seine Englisch- und Deutschkenntnisse auf dem Niveau B1 erreicht er insgesamt 65 Punkte.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung der Zulassung des Zweitbeschwerdeführers zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft gemäß § 12b Z. 1 AuslBG damit, dass der Zweitbeschwerdeführer zwar die nach der Anlage C geforderte Mindestpunktzahl erreicht, aber keine Kenntnisse als Softwareentwickler belegen konnte. Von einer allfälligen Ersatzkraft würden somit Kenntnisse und Qualifikationen verlangt, die der Zweitbeschwerdeführer selbst nicht nachweisen konnte.

Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass der Zweitbeschwerdeführer im Zuge des Verfahrens einen absolvierten Programmierkurs sowie Arbeitserfahrung als Softwareentwickler belegen konnte. Dass der Zweitbeschwerdeführer keine einschlägige Berufsausbildung als Softwareentwickler nachgewiesen hat, schadet nicht, weil Schlüsselkräfte alternativ zu einer formellen Berufsausbildung auch spezielle Kenntnisse oder Fertigkeiten geltend machen können, die nicht durch formale Ausbildungsnachweise dokumentiert sind (vgl. Deutsch/Nowotny/Seitz, AuslBG2 §§ 12-13 Rz 52).

Die Bereitschaft, eine § 12b Z. 1 AuslBG entsprechende Mindestentlohnung (für über 30-Jährige) zu gewähren, ist in der dem Antrag vom 11.03.2019 beigelegten Arbeitgebererklärung dokumentiert. Das dort in Aussicht gestellte Entgelt von € 3.132,00 brutto monatlich entspricht dem 2019 geforderte Mindestentgelt für über 30-Jährige. Anhaltspunkte, dass der Erstbeschwerdeführer nicht bereit ist, die nunmehr (2020) geltende Mindestentgeltgrenze von €

3.222,00 einzuhalten, sind nicht ersichtlich.

Sonstige Ausschlussgründe wurden seitens des AMS nicht behauptet und sind auch auf Grund der Aktenlage nicht evident.

Gemäß § 12b AuslBG ist vor der Zulassung zu einer Beschäftigung als sonstige Schlüsselkraft eine Arbeitsmarktprüfung gemäß § 4 Abs. 1 iVm § 4b leg.cit. (Ersatzkraftstellungsverfahren) durchzuführen.

Die Prüfung der Arbeitsmarktlage erübrigt sich nur dann, wenn seitens des Arbeitgebers die Stellung jeder Ersatzkraft begründungslos abgelehnt wird (vgl. VwGH 14.10.2016, Ra 2016/09/0094, mwN). Dies trifft im gegenständlichen Fall nicht zu. Der Erstbeschwerdeführer gab in der Arbeitgebererklärung an, dass die Vermittlung von Ersatzkräften erwünscht sei, und bekräftigte auch im weiteren Verfahren, an anderen qualifizierten Personen interessiert zu sein.

Demensprechend wäre das AMS verhalten gewesen, dem Erstbeschwerdeführer jene ihrer Meinung nach als bevorzugt zu behandelnden Arbeitssuchenden, die fähig und bereit sind, den von der beschwerdeführenden Partei zu besetzenden Arbeitsplatz zu den angebotenen Bedingungen auszufüllen, namhaft zu machen (vgl. dazu das Erkenntnis des VwGH vom 06.03.1997, 94/09/0387, mwN).

Durch die Unterlassung eines Ersatzkraftstellungsverfahrens hat die belangte Behörde den entscheidungswesentlichen Sachverhalt nur sehr unzureichend festgestellt und damit keine für eine Entscheidung in der Sache nach § 28 Abs. 2 VwGVG ausreichenden "brauchbaren Ermittlungsergebnisse" geliefert, was das Bundesverwaltungsgericht dazu berechtigt, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen (vgl. VwGH 23.02.2017, Ra 2016/09/0103).

Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses erübrigte sich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ermittlungspflicht, Ersatzkraft, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2224650.1.00

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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