TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/24 98/04/0096

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Veröffentlicht am 24.06.1998
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs5;
GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des C D in P, vertreten durch Dr. P und Dr. L, Rechtsanwälte in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. März 1998, Zl. Ge-214148/32-1998/Pan/Neu, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Landeshauptmann von Oberösterreich mit dem als Ersatzbescheid für den mit hg. Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0292, aufgehobenen Bescheid vom 4. November 1996 ergangenen Bescheid vom 16. März 1998 dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut "Versicherungsmakler" in einem näher bezeichneten Standort gemäß § 87 Abs. 1 Z. 1 und 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 1 und 5 sowie § 87 Abs. 2 GewO 1994. Zur Begründung führte der Landeshauptmann im wesentlichen aus, im gegenständlichen Fall sei unbestritten, daß sowohl ein Ausschlußgrund gemäß § 13 Abs. 1 GewO 1994 als auch ein solcher nach § 13 Abs. 5 leg. cit. vorliege. Der Beschwerdeführer hafte für eine Forderung der OÖ Gebietskrankenkasse betreffend eine näher bezeichnete Gesellschaft m.b.H. persönlich. Die OÖ Gebietskrankenkasse habe über telefonische Anfrage mitgeteilt, daß per 10. März 1998 ein Beitragsrückstand in der Höhe von S 397.000,-- bestehe. Der Beschwerdeführer habe seit Juni 1997 eine monatliche Ratenzahlung von S 100,-- geleistet. Diese Ratenzahlung könne wohl nicht als eine ernste Bemühung, den bestehenden Beitragsrückstand abzustatten, angesehen werden, da die Höhe des Beitragsrückstandes im Vergleich zur monatlich geleisteten Ratenzahlung eine verschwindende Größe darstelle, die zu keiner realen Tilgung der bestehenden Schuld führen könne. Demnach sei diese Ratenzahlung als Alibihandlung zu qualifizieren und diese fällige Forderung als nicht befriedigbar durch den Beschwerdeführer anzusehen, sodaß der Beschwerdeführer seiner Zahlungspflicht bei Fälligkeit nicht nachkomme. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Nachweise über die Bezahlung von Rückständen bei der OÖ Gebietskrankenkasse beträfen jene einer anderen Gesellschaft. Neben dieser Forderung der OÖ Gebietskrankenkasse bestünden noch zahlreiche "Exekutionen, die unbeglichen geblieben" seien. Obwohl der Beschwerdeführer zur Vorlage von Nachweisen über die Bezahlung der offenen Exekutionen aufgefordert worden sei, habe er lediglich Beweisanbote gemacht, ohne konkrete Unterlagen vorzulegen. Da auf Grund der Mitwirkungspflicht dem Beschwerdeführer die Vorlage der erbetenen Nachweise obliege, gehe die mangelnde Vorlage dieser Belege zu seinen Lasten, sodaß diese Exekutionen als offen zu betrachten seien. Als eine derartig nicht als bezahlt nachgewiesene Exekution sei die Forderung der R-Bank in der Höhe von S 945.633,-- anzusehen. Ebensowenig sei die Bezahlung der Vergleiche über die Forderungen der W. in der Höhe von S 700.065,80 und der Republik Österreich in der Höhe von S 212.305,-- nachgewiesen. Auch hinsichtlich der Bezahlung der Forderung der Sparkasse B. in der Höhe von S 316.917,20 sei lediglich eine Anfrage an einen Rechtsanwalt angeboten worden, ohne irgendwelche Zahlungsbelege vorzulegen. Diese Liste der als nicht bezahlt nachgewiesenen Forderungen lasse sich noch fortsetzen. Dieses Erhebungsergebnis zeige, daß der Beschwerdeführer zahlreiche offene Forderungen habe und diese bei Fälligkeit von ihm nicht beglichen worden seien, da andernfalls keine offenen Exekutionen bestehen dürften. Damit sei eindeutig nachgewiesen, daß der Beschwerdeführer seiner Zahlungspflicht bei Fälligkeit nicht nachkomme, sodaß die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 als nicht gegeben zu erachten seien. Da auch keine Nachsicht gemäß § 26 GewO 1994 erwirkt worden sei und die Voraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. nicht erfüllt seien, bestehe der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 zu Recht. Darüber hinaus sei auch (aus näher dargelegten Gründen) der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes macht er im wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe auch im fortgesetzten Verfahren nur mangelhaft erhoben und unrichtig beurteilt, welche konkreten Forderungen tatsächlich gegen den Beschwerdeführer noch offen aushafteten. Das gegenständliche Verwaltungsverfahren sei gemäß § 39 Abs. 2 AVG vom Grundsatz der Offizialmaxime beherrscht. Es wäre daher Sache der belangten Behörde gewesen, die vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise über die offenen Forderungen durchzuführen, anstatt sich auf eine Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Vorlage von Nachweisen zu berufen. Die belangte Behörde übersehe, daß der Beschwerdeführer für einen Beitragsrückstand der genannten Gesellschaft m.b.H. bei der OÖ Gebietskrankenkasse in der Höhe von S 397.000,-- nie in Anspruch genommen worden sei. Vielmehr habe ihm ein Mitarbeiter der OÖ Gebietskrankenkasse mitgeteilt, daß an ihn keine Forderungen gestellt würden. Die monatlichen Ratenzahlungen von monatlich S 100,-- würden vielmehr von einer anderen Person entrichtet. Aus sämtlichen die in Rede stehende Gesellschaft m.b.H. betreffenden Unterlagen gehe hervor, daß den Beschwerdeführer hinsichtlich dieser Forderung keine Haftung treffe. Tatsächlich hafte er gegenüber der OÖ Gebietskrankenkasse lediglich für einen Beitragsrückstand in der Höhe von S 140.000,-- aus einem anderen Rechtsgrund. Im Hinblick auf den wesentlich geringeren Rückstand stellten seine monatlichen Raten von S 2.000,-- gewiß keine "Alibihandlung" dar. Die weiteren von der belangten Behörde relevierten Forderungen seien bereits zu einem erheblichen Teil bezahlt, ein Umstand, der aus seinen Beweisanboten hervorgehe, hätte man diese auch berücksichtigt. So seien von der Forderung der R-Bank bereits S 500.000,-- durch den Schuldner und ein Betrag von S 165.622,-- durch den Beschwerdeführer bezahlt worden. Er habe bereits bei der belangten Behörde darauf hingewiesen, daß Bestätigungen über diese Zahlungen von ihr zweifelsohne leichter zu erlangen seien, als vom Beschwerdeführer als Privatperson. Von der Forderung der W. Versicherung in der Höhe von S 700.065,80 habe er bereits Zahlungen in der Höhe von S 180.754,-- geleistet. Weitere Zahlungen seien von einem solidarisch haftenden Mitschuldner geleistet worden, sodaß von der Gesamtforderung nur mehr ca. S 450.000,-- aushafteten. Auch in diesem Fall wäre die Behörde gehalten gewesen, im Amtsweg eine Bestätigung einzufordern. Von der Forderung der Republik Österreich gegen den Beschwerdeführer seien tatsächlich nur mehr etwa S 190.000,-- offen, wobei ihm mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Linz vom 21. Jänner 1997 Ratenzahlungen in der Höhe von je S 2.000,-- bewilligt worden seien. Es liege daher in der Natur der Sache, daß infolge der Ratenzahlung bei weitem noch nicht die gesamte Forderung durch den Beschwerdeführer habe abgebaut werden können. Den Kredit bei der Sparkasse B. habe er im Rahmen seiner Bürgschaftsverpflichtung durch eine Zahlung von insgesamt S 390.480,-- im November 1996 zur Gänze abgedeckt. Er sei mit Schreiben dieser Sparkasse vom 21. November 1996 aus der Haftung entlassen worden und beabsichtige, beim Mitbürgen Regreß zu nehmen. Infolge ihres mangelhaft durchgeführten Verfahrens gehe die belangte Behörde davon aus, daß gegen den Beschwerdeführer zahlreiche Forderungen offen aushafteten, die in dieser Form jedoch nicht bzw. nicht mehr bestünden. Mit den weiteren Ausführungen bekämpft der Beschwerdeführer die Rechtsansicht der belangten Behörde, es sei auch der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 gegeben.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht das Vorliegen des Entziehungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994, meint aber, es seien entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 leg. cit. erfüllt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem im gegenständlichen Verfahren ergangenen Erkenntnis vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0292, dargelegt hat, ist nach seiner ständigen Rechtsprechung die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage des Gewerbetreibenden erwartet werden kann, daß er neben den bisher aufgelaufenen Zahlungspflichten auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, daß die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, daß das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden.

Im vorliegenden Fall räumt der Beschwerdeführer auch in der Beschwerde ein, daß gegen ihn mehrere fällige Forderungen offen sind. Damit steht auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens fest, daß er nicht über die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung aller gegen ihn gerichteten offenen Forderungen verfügt, sodaß entsprechend der oben dargelegten Rechtslage die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von der Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 2 GewO 1994 jedenfalls nicht erfüllt sind.

Wenn es auch zutrifft, daß im Verfahren zur Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 GewO 1994 die Behörde gemäß § 39 Abs. 2 AVG zur amtswegigen Erforschung des Sachverhaltes verpflichtet ist und den Gewerbeinhaber nur insofern eine Mitwirkungspflicht trifft, als dieser amtswegigen Ermittlungspflicht faktische Grenzen gesetzt sind, so vermag der Beschwerdeführer mit seinem diesbezüglichen Vorbringen dennoch eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht darzutun, weil, wie oben dargelegt, selbst unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 nicht erfüllt sind und es somit den vom Beschwerdeführer der belangten Behörde vorgeworfenen Verfahrensverstößen an der erforderlichen Relevanz im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG mangelt.

Bei diesem Ergebnis erweist sich die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Entziehung der Gewerbeberechtigung des Beschwerdeführers schon aus dem Grund des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 als frei von Rechtsirrtum, sodaß es sich erübrigt, in die Prüfung der Frage einzutreten, ob auch der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. gegeben wäre.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998040096.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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