TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/24 98/01/0014

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Veröffentlicht am 24.06.1998
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des A in Neustift i.St., vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Lucas Lorenz, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. November 1997, Zl. Ia-12.787/3-1997, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 27. November 1996 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines am 2. Februar 1963 geborenen türkischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) ab. Er sei erst seit 1991 (Anmeldung am 17. Juli 1992) im Gebiet der Republik Österreich wohnhaft. Er übe den Beruf einer Küchenhilfe aus. Als besonders berücksichtigungswürdige Gründe habe er seine Eigenschaft als Konventionsflüchtling und die Absicht, sich in Österreich eine Existenz aufzubauen, geltend gemacht.

Die belangte Behörde gründete die Abweisung des Antrages im wesentlichen darauf, daß der Beschwerdeführer keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG geltend gemacht habe. Weder die Flüchtlingseigenschaft sei ein solcher besonders berücksichtigungswürdiger Grund, des weiteren sei es für jeden Bewerber um die österreichische Staatsbürgerschaft ohne Rücksicht auf die Dauer seines bisherigen Aufenthaltes selbstverständlich, sein weiteres Leben in Österreich verbringen zu wollen, noch sei es das berufliche Fortkommen, denn es diene in erster Linie der Sicherung des Lebensunterhaltes und sei damit eine zwingende Voraussetzung für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nach § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde. Der Beschwerdeführer beantragt, der Verwaltungsgerichtshof wolle den angefochtenen Bescheid "dahingehend abändern, daß dem Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen" werde; in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung an die belangte Behörde zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und neuerlichen Entscheidung.

Als Beschwerdegrund stützt sich der Beschwerdeführer vorwiegend auf das Argument, er sei im Verwaltungsverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen. Daher habe die belangte Behörde die "weitreichende Manuduktionspflicht des § 13 lit a AVG getroffen". Der Beschwerdeführer sei zwar aufgefordert worden, besonders berücksichtigungswürdige Gründe anzugeben, er habe daraufhin die belangte Behörde aufgesucht, dort aber die Auskunft erhalten, er möge die in seinem Antrag gemachten Angaben wiederholen. Hätte ihm die belangte Behörde mitgeteilt, daß die im Antrag genannten Gründe nicht ausreichten, hätte er weitere Gründe vorgebracht, welche in der Beschwerde ausgeführt werden (ua. sei dem Beschwerdeführer aufgrund der politischen Situation eine Rückkehr in die Heimat nicht möglich; er könne als Ausländer im Sinne des Tiroler Grundverkehrsgesetzes in Tirol keine Liegenschaft erwerben; es habe Bestrebungen des Bundesasylamtes gegeben, ihm die Flüchtlingseigenschaft abzuerkennen, die damit einhergehende Belastung habe zu einer ernsten Gefährdung seines Gesundheitszustandes geführt).

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer verkennt die Grundsätze des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn er die Abänderung des angefochtenen Bescheides und Verleihung der Staatsbürgerschaft begehrt, doch ist aus dem Eventualantrag in Verbindung mit dem übrigen Beschwerdevorbringen gerade noch erkennbar, daß er die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anstrebt.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG kann die Staatsbürgerschaft einem Fremden verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. kann von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 abgesehen werden, wenn es sich um einen Minderjährigen handelt oder wenn der Fremde seit mindestens vier Jahren ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik hat und ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund für die Verleihung der Staatsbürgerschaft vorliegt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. das Erkenntnis vom 3. September 1997, Zl. 96/01/0474, mwN.) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung.

Unbestritten ist, daß der Beschwerdeführer die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu § 13a AVG schon wiederholt ausgeführt, daß die Behörden des Verwaltungsverfahrens nicht verhalten sind, Unterweisungen zu erteilen, wie ein Vorbringen zu gestalten ist, damit dem Antrag allenfalls stattgegeben werden kann (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 181, wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Zudem ist es ständige Rechtsprechung, daß es nicht Aufgabe der Behörde ist, im Fall eines hinsichtlich des Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes für die Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht hinreichend belegten Ansuchens von sich aus Ermittlungen darüber anzustellen, ob allenfalls noch weitere, vom Antragsteller nicht näher ausgeführte Gründe in dieser Hinsicht vorliegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 21. September 1988, Zl. 88/01/0120, und vom 3. September 1997, Zl. 96/01/0474). Der behauptete Verfahrensmangel liegt demnach nicht vor. Daher unterliegt die diesbezügliche neue Sachverhaltsdarstellung in der Beschwerde dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltenden Neuerungsverbot.

Doch selbst bei zulässiger Geltendmachung dieser Umstände lägen keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe vor. Der Beschwerdeführer führt selbst aus, daß das Verfahren zur "Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft" nicht fortgesetzt wurde; somit droht dem Beschwerdeführer keine unfreiwillige Rückkehr in seine Heimat. Es ist demnach nicht nachvollziehbar, warum er eine solche Konsequenz fürchtet. Daß der Beschwerdeführer nicht in der Lage ist, in seine Heimat zurückkehren, ist darüber hinaus allenfalls im Zusammenhang mit dem Asylverfahren relevant, jedoch kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund des § 10 Abs. 3 StbG. Weshalb der nach dem Tiroler Grundverkehrsgesetz nicht zulässige Erwerb einer Liegenschaft "als Wertanlage" besonders berücksichtigungswürdig sein sollte, ist nicht nachvollziehbar. Daß der Erwerb einer Liegenschaft zur "Begründung des Lebensmittelpunktes" erforderlich sei, läßt sich nicht annehmen, beruht doch ein hoher Prozentsatz begründeter "Lebensmittelpunkte" auch von Inländern nicht auf dem Erwerb von Eigentum an Liegenschaften, sondern auf anderen Rechtsverhältnissen, wie etwa der Miete.

Mit der Ansicht, die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers stelle keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG dar, befindet sich die belangte Behörde auf dem Boden der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB. die Erkenntnisse vom 17. Dezember 1996, Zl. 95/01/0251, und vom 3. September 1997, Zl. 96/01/0474). Ebenso ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie meint, daß die Arbeitstätigkeit in Österreich der Sicherung des Lebensunterhaltes dient und eine zwingende Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darstellt, somit nicht zusätzlich als besonders berücksichtigungswürdiger Grund angesehen werden kann (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0091, und vom 3. September 1997, Zl. 96/01/0474).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998010014.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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