TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/29 95/10/0080

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Veröffentlicht am 29.06.1998
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
70/02 Schulorganisation;

Norm

B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art20 Abs1;
SchOG 1962 §5 Abs2 idF 1975/323;
SchOG 1962 §5 idF 1975/323;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der B in G, vertreten durch Dr. Christian Moser, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Neutorgasse 24, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 5. August 1994, Zl. 1009/2-III/4/94, betreffend Zurückweisung eines Antrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1993, Zlen. 92/10/0464, 0464, 0466, sowie Zl. 93/10/0163, und die Beschlüsse vom 13. Dezember 1993, Zl. 93/10/0191 und Zl. 93/10/0164, sowie vom 24. Jänner 1994, Zl. 93/10/0125, verwiesen. Im vorliegenden Beschwerdefall ist insbesondere folgender Sachverhalt von Bedeutung: Die mj. Johannes und Beatrix B. besuchten im Schuljahr 1991/92 die

5. bzw. 2. Klasse und das Internat an der Höheren Internatsschule des Bundes G (HIB). Die Erziehungsberechtigten bezahlten die "Platzgebühren" für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung im Internat nicht. Mit Schreiben vom 7. September 1992 teilte der Schulleiter dem Erziehungsberechtigten mit, daß die Kinder im Schuljahr 1992/93 nicht als voll- bzw. halbinterne Schüler aufgenommen werden könnten, wenn die Platzgebühren nicht bis 14. September 1992 gezahlt werden. Dem Schulbesuch als externe Schüler stehe nichts im Wege. Die Erziehungsberechtigten leisteten keine Zahlung. Am 15. September 1992 teilte ihnen der Schulleiter die "Entscheidung" mit, die Kinder nicht ins Internat aufzunehmen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin (die Mutter der Minderjährigen) Berufung. Diese wurde mit Bescheid vom 12. Oktober 1992 zurückgewiesen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 1992,

Zlen. 92/10/0464, 0465, 0466, als unbegründet abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wurde u.a. dargelegt, Schule und Internat einer Höheren Internatsschule bildeten eine Einheit; mit der Aufnahme in die Schule (vgl. § 3 bis 5 SchOG) sei daher ipso iure die Aufnahme in das Internat verbunden.

Am 7. Februar 1994 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bundesminister für Unterricht und Kunst betreffend ihre Kinder Johannes und Beatrix B. "die bescheidmäßige Festsetzung und Fälligstellung des öffentlich-rechtlichen Internatsbeitrages für Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in der öffentlichen Bundeserziehungsanstalt G".

Die belangte Behörde wies den Antrag gemäß § 38 Abs. 1 iVm § 5 Abs. 2 des Schulorganisationsgesetzes, BGBl. Nr. 242/1962 idF der 5. Schulorganisationsgesetz-Novelle vom 29. April 1975, BGBl. Nr. 323/1975 (SchOG), zurück und sprach aus, daß "die Festsetzung und Fälligstellung der Internatsbeiträge für 1991/1992 nicht erfolgt". Begründend wurde nach Zitat des § 5 SchOG dargelegt, mit Erledigung der belangten Behörde vom 2. Mai 1991, Zl. 26213/31-I/3a/91, sei im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Finanzen für das Schuljahr 1991/92 die Jahresgebühr für vollinterne Schüler einer Höheren Internatssschule des Bundes in der Höhe von S 31.000,-- festgelegt worden. Diese Festlegung der Höhe der Jahresgebühr sei durch generelle Weisung an die Direktionen der Höheren Internatsschulen des Bundes erfolgt; eine für die Erlassung einer Rechtsverordnung erforderliche Kundmachung im Bundesgesetzblatt sei nicht vorgenommen worden, weil ursprünglich die Rechtsansicht vertreten worden sei, daß es sich um ein Entgelt im privatrechtlichen Sinne handle. Nach nunmehriger Rechtsansicht der belangten Behörde könne die Verpflichtung der Erziehungsberechtigten, eine Gebühr in bestimmter Höhe zu leisten, nur durch Rechtsverordung, nicht aber durch eine an nachgeordnete Organe gerichtete Weisung begründet werden. Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 2 SchOG in der Fassung der 5. SchOG-Novelle ("durch gesonderte Vorschriften geregelte oder zu regelnde Einhebung") sei nicht nur eine bloße Ermächtigung, sondern die Verpflichtung, die Einhebung derartiger Beiträge durch eine Rechtsverordnung zu regeln, abzuleiten. Der Bundesminister habe die Festsetzung der Höhe der Internatsbeiträge jedoch nur in Form einer Verwaltungsverordnung, nicht aber einer Rechtsverordnung vorgenommen. Wegen des Fehlens einer Rechtsverordnung betreffend die Festsetzung der Höhe des Internatsbeitrages sei der Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich im Recht auf eine "inhaltlich und verfahrensrechtlich dem Schulorganisationsgesetz und dem Verfahrensrecht gemäße öffentlich-rechtliche Festsetzung von öffentlich-rechtlichen Internatsbeiträgen für Unterbringung von Zöglingen in einer öffentlich-rechtlichen Erziehungsanstalt" verletzt. Eine Verletzung in diesem Recht käme nur in Betracht, wenn auf den zugrundeliegenden Sachverhalt (Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der Kinder der Beschwerdeführerin im öffentlichen Schülerheim im Schuljahr 1991/92) gesetzliche Regelungen anzuwenden wären, die die Behörde zur Festsetzung "öffentlich-rechtlicher Internatsgebühren" ermächtigten (und verpflichteten); denn das geltend gemachte Recht setzt eine diesem korrespondierende Pflicht der Behörde zur Festsetzung der Gebühren auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung voraus.

Eine auf den in Rede stehenden Zeitraum (das Schuljahr 1991/92) anwendbare gesetzliche Regelung, die die Behörde zur Festsetzung "öffentlich-rechtlicher Internatsgebühren" ermächtigte, besteht indes nicht. Die Frage der Pflicht, für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung der Kinder der Beschwerdeführerin einen Beitrag zu entrichten (bzw. der Pflicht der Behörde, einen solchen Beitrag vorzuschreiben) ist hinsichtlich der maßgeblichen Rechtslage zeitraumbezogen zu beurteilen; es ist daher die im fraglichen Zeitraum (Schuljahr 1992/92) geltende Rechtslage zugrunde zu legen.

§ 5 SchOG in der im fraglichen Zeitraum geltenden, zuletzt durch die 5. SchOG-Novelle (BGBl. Nr. 323/1975) geänderten Fassung lautet:

"§ 5. Schulgeldfreiheit

(1) Außer der durch andere gesetzliche Vorschriften vorgesehenen Schulgeldfreiheit an öffentlichen Pflichtschulen ist auch der Besuch der sonstigen unter dieses Bundesgesetz fallenden öffentlichen Schulen unentgeltlich.

(2) Die durch gesonderte Vorschriften geregelte oder zu regelnde Einhebung von Lern- und Arbeitsmittelbeiträgen, Unfallversicherungsprämien und eines höchstens kostendeckenden Beitrages für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in öffentlichen Schülerheimen wird hiedurch nicht berührt. Sonstige Schulgebühren dürfen nicht eingehoben werden."

§ 5 Abs. 2 erster Satz SchOG läßt - als Ausnahme vom Grundsatz der Schulgeldfreiheit nach § 5 Abs. 1 leg. cit. - die "durch gesonderte Vorschriften geregelte oder zu regelnde Einhebung ... eines höchstens kostendeckenden Beitrages für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in öffentlichen Schülerheimen" zu. "Gesonderte Vorschriften", die auf den zu beurteilenden Sachverhaltszeitraum bezogen anzuwenden wären, bestehen indes nicht. Der zeitliche Anwendungsbereich der gemäß § 5 Abs. 3 SchOG idF der 15. SchOG-Novelle, BGBl. Nr. 512/1993 erlassenen Verordnung des Bundesministers für Unterricht und Kunst über Beiträge für Schülerheime und ganztägige Schulformen, BGBl. Nr. 428/1994, erstreckt sich schon im Hinblick auf die Regelung ihres Inkrafttretens (§ 9) nicht auf das Schuljahr 1991/92.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführte "Erledigung" bildet mangels entsprechender Kundmachung keine Grundlage für die rechtmäßige Vorschreibung eines Beitrages. Ebensowenig erscheint die Festsetzung von Beiträgen unmittelbar auf Grund des § 5 Abs. 2 SchOG zulässig. Mit § 5 Abs. 2 SchOG hat der Gesetzgeber ein Regelungssystem geschaffen, in dem die Vorschreibung von Beiträgen für die Unterbringung, Verpflegung und Betreuung in öffentlichen Schülerheimen "gesonderte Vorschriften" voraussetzt. Da nach dem Gesagten gesonderte Vorschriften, deren zeitlicher Anwendungsbereich den in Rede stehenden Zeitraum umfaßt, nicht erlassen wurden, liegen die Voraussetzungen der Vorschreibung von Beiträgen für das Schuljahr 1991/92 nicht vor. Für die Festsetzung von Beiträgen gegenüber der Beschwerdeführerin bestand somit keine gesetzliche Grundlage; die belangte Behörde war weder berechtigt noch verpflichtet, dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Festsetzung der Beiträge zu entsprechen. Die Zurückweisung des Antrages entsprach somit dem Gesetz; die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erlässe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1995100080.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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