TE Vwgh Beschluss 2020/2/12 Ra 2019/17/0117

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Veröffentlicht am 12.02.2020
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Index

34 Monopole
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §39 Abs2
GSpG 1989 §50 Abs4

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick, Hofrätin Dr. Koprivnikar sowie Hofrat Dr. Terlitza als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision des K O in T, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 4. März 2019, Zl. LVwG-S-181/001-2018, betreffend Übertretungen des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. Dezember 2017 wurde der Revisionswerber wegen zweier Übertretungen des § 50 Abs. 4 Glücksspielgesetz (GSpG) bestraft und über ihn zwei Geldstrafen sowie zwei Ersatzfreiheitsstrafen gemäß § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG verhängt. Der Revisionswerber wurde schuldig erkannt, er habe gegen seine Mitwirkungspflicht gemäß § 50 Abs. 4 GSpG verstoßen, weil er in seiner Eigenschaft als anwesender Lokalverantwortlicher und für die Betreuung der Glücksspielgeräte vom Inhaber Beauftragter und Bereithalter von Glücksspieleinrichtungen den Organen der Abgabenbehörde nicht umfassend Auskünfte erteilt habe, weil er u.a. trotz Aufforderung die Auskunft über den Zugangscode für die Freischaltung der Geräte verweigert habe, obwohl auf der Videoaufzeichnung ersichtlich gewesen sei, dass er die vorgefundenen Geräte zu einer bestimmten Zeit eingeschaltet habe. Weiters habe er den Organen der Abgabenbehörde die Durchführung von Testspielen nicht ermöglicht, weil er noch vor dem Zutritt der Organe zum Extraraum, in dem die fünf Glücksspielgeräte betriebsbereit und spielbereit aufgestellt gewesen seien, diese Geräte mittels eines Funktasters heruntergefahren habe und die Geräte trotz ausdrücklicher Aufforderung nicht wieder hochgefahren habe.

2        Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet abgewiesen. Der Revisionswerber wurde zur Zahlung der Kosten des Beschwerdeverfahrens verpflichtet. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das LVwG für nicht zulässig.

3        Das LVwG traf Feststellungen zur Durchführung der Kontrolle, der Befragung des Revisionswerbers und seinem Verhalten während der Kontrolle sowie zur Durchführung der unionsrechtlich gebotenen Kohärenzprüfung der Bestimmungen des GSpG. Es erläuterte seine Beweiswürdigung sowie die rechtliche Beurteilung und die Strafbemessung.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

5        2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8        In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

9        2.2.1. Vorweg ist auszuführen, dass eine Kontrolle nach § 50 Abs. 4 GSpG nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes grundsätzlich der Überwachung der Bestimmungen des GSpG und nicht nur der Überwachung der Einhaltung des in den §§ 3 und 4 GSpG normierten Glücksspielmonopols dient. Sinn und Zweck einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG ist es, einen Sachverhalt festzustellen, der die Beurteilung ermöglicht, ob die Bestimmungen des GSpG und nicht nur jene das Glücksspielmonopol des Bundes betreffenden Bestimmungen eingehalten werden (vgl. VwGH 14.3.2018, Ra 2017/17/0937, mwN).

10       Die vom Revisionswerber behauptete Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols des Bundes und eine etwa daraus folgende Unanwendbarkeit der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen des GSpG, insbesondere der sich darauf beziehenden Strafbestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG, bewirkt daher nicht zwangsläufig die Rechtswidrigkeit einer Kontrolle gemäß § 50 Abs. 4 GSpG und ein unionsrechtlich begründetes Anwendungsverbot des § 52 Abs. 1 Z 5 GSpG. Auf die unionsrechtlichen Ausführungen des Revisionswerbers war daher nicht weiter einzugehen (vgl. z.B. VwGH 29.4.2019, Ra 2019/17/0024, mwN).

11       2.2.2. Darüber hinaus wird zur Zulässigkeit der Revision vorgebracht, es liege eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung deshalb vor, weil das LVwG bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 AVG eine Verfahrensverbindung vorgenommen habe. Es stehe nicht im Belieben des LVwG, eine Mehrzahl an Beschwerdeverfahren, welche in keinem erkennbaren sachverhaltsbezogenen Konnex zueinander stünden, zur gemeinsamen Verhandlung zu verbinden. Dadurch werde Sinn und Zweck einer Beschwerdeverhandlung untergraben. Der Rechtsvertreter des Revisionswerbers habe sich dagegen ausgesprochen, die Beschwerdesache mit acht weiteren Beschwerdesachen, die in keinerlei erkennbarem Konnex stünden, zu verbinden. Eine ausreichende Erörterung sei bei der Verhandlung von neun Beschwerdesachen nicht möglich. Dies habe etwa dazu geführt, dass das Vorbringen des Revisionswerbers, er habe die an ihn gestellten Fragen im Rahmen der Niederschrift wahrheitsgetreu und umfassend beantwortet, „unerörtert“ geblieben sei. Der Revisionswerber habe unter Hinweis auf die Videoaufzeichnungen Passwörter bekannt gegeben und die Durchführung von Testspielen durch das Bereitstellen von Geld ermöglicht. Es habe keine ordnungsgemäße Beschwerdeverhandlung stattgefunden.

12       Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht auch für die Verwaltungsgerichte die in § 39 Abs. 2 AVG für die Verwaltungsbehörden vorgesehene Möglichkeit, den Gang des Verfahrens dahingehend zu bestimmen, mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden und sie wieder zu trennen. Dabei hat sich das Verwaltungsgericht - wie auch die Verwaltungsbehörden - von den Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen (vgl. dazu VwGH 17.11.2015, Ra 2015/03/0058).

13       Dem Verhandlungsprotoll der zur gemeinsamen Verhandlung verbundenen Beschwerdesachen ist zu entnehmen, dass es sich bei diesen verbundenen Rechtssachen jeweils um Bestrafungen nach dem GSpG, Beschlagnahmen nach dem GSpG und Einziehungen nach dem GSpG gehandelt hat und in allen Verfahren derselbe Rechtsvertreter eingeschritten ist. Inwieweit das LVwG vor diesem Hintergrund mit seiner Vorgangsweise der Verbindung der Beschwerdesachen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sein soll, wird mit der bloßen Behauptung, die Rechtssachen stünden in keinem Konnex, nicht aufgezeigt. Im Hinblick darauf, dass der Rechtsvertreter in der Verhandlung Beweisanträge gestellt und konkrete Vorbringen erstattet hat, ist nicht nachvollziehbar, weshalb ihm ein sein Beschwerdevorbringen ergänzendes Vorbringen, der Revisionswerber habe seine Mitwirkungspflicht erfüllt, in der Verhandlung nicht möglich gewesen ist. Sollte sich die Revision mit ihrem Vorwurf, das Vorbringen des Revisionswerbers sei „unerörtert“ geblieben, gegen die Beweiswürdigung des LVwG richten, so wäre ihr zu entgegnen, dass sie nicht aufzeigt, weshalb die Beweiswürdigung des LVwG in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden sein sollte (vgl. VwGH 18.12.2019, Ra 2018/17/0122). Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung stellt sich in diesem Zusammenhang daher nicht.

14       2.2.3. Schließlich bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision vor, das LVwG habe gegen die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Verletzung von Mitwirkungspflichten verstoßen, weil ein Verstoß gegen eine solche Mitwirkungspflicht in zeitlicher Hinsicht nur dann vorliege, wenn der zur Mitwirkung Verpflichtete bis zum Ende der Amtshandlung die geforderte Mitwirkung verweigere (Hinweis auf VwGH 17.6.2004, 2002/03/0111). Es sei daher in zeitlicher Hinsicht auf den Abschluss der Amtshandlung abzustellen. Der Revisionswerber habe im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme alle an ihn gestellten Fragen beantwortet, weshalb ihm nicht angelastet werden könne, nicht umfassend Auskünfte erteilt zu haben. Es sei ein willkürliches Verhalten, den Revisionswerber unter Hinweis auf die Straffolgen zu Beginn der Niederschrift zu belehren und ihn in weiterer Folge trotz Auskunft dennoch zu bestrafen.

15       Die Nichtbeachtung eines Gebots zur Mitwirkung an einer Amtshandlung, wie es in § 50 Abs. 4 GSpG vorliegt, stellt ein Unterlassungsdelikt dar, das bereits mit der Nichtbefolgung dieses Gebotes vollendet ist (vgl. VwGH 31.10.1986, 86/10/0018; 25.6.2013, 2012/08/0300).

16       Dem Revisionswerber wurde im vorliegenden Fall weder in der ersten noch in der zweiten Tatumschreibung allein angelastet, er habe Fragen nicht beantwortet bzw. Auskünfte nicht erteilt: Vielmehr wurde ihm in der ersten Tatumschreibung angelastet, er habe zu Beginn der Amtshandlung angegeben, mit den Geräten nichts zu tun zu haben und für diese Geräte sodann trotz Aufforderung keinen Zugangscode bereit gestellt. In der zweiten Tatanlastung wurde ihm vorgeworfen, die Geräte noch vor Beginn der Kontrolle im Extraraum mittels Funktastatur abgeschaltet und sodann trotz Aufforderung nicht wieder eingeschaltet zu haben. Beide Übertretungen waren somit - auf der Basis der Sachverhaltsfeststellungen des LVwG - bei Beginn der erst später aufgenommenen Niederschrift bereits vollendet, sodass das behauptete Abweichen von der hg. Judikatur nicht vorliegt.

17       2.3. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 12. Februar 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019170117.L00

Im RIS seit

11.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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