TE Vwgh Erkenntnis 1998/6/30 98/05/0048

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Veröffentlicht am 30.06.1998
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Index

L10011 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Burgenland;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs3;
GdO Bgld 1965 §77 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Lorenz Prawits in Schützen am Gebirge, vertreten durch Dr. Manfred Moser, Rechtsanwalt in Pötsching, Wr. Neustädter Straße 57, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 2. Februar 1998, Zl. 02/02/139/1, betreffend eine Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Schützen am Gebirge, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Burgenland hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 7. Juli 1997 wurde unter I und II dem Beschwerdeführer ein baupolizeilicher Auftrag hinsichtlich konsensloser Werbeeinrichtungen und Baumaßnahmen erteilt. Unter III wurde ein am 4. Juli 1997 eingebrachtes Ansuchen als gegenstandlos erklärt. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer Berufung ein, die der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 3. November 1997 abgewiesen hat. Gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer die Vorstellung ein, in der er den Bescheid des Gemeinderates bezeichnete, darauf hinwies, daß es in der Gemeinde üblich sei, Sanierungsarbeiten ohne Bauverhandlung mit Duldung der Gemeinde auszuführen, die ihm teilgewordene Behandlung durch Organe der Gemeinde darlegte und ausführte, weshalb er sein ursprüngliches Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung zurückgezogen und ein neues Ansuchen eingebracht habe. Er schloß seine Ausführungen mit dem Hinweis, im Glauben an die Gesetzgebung "alle Bürger sind gleich" auf eine positive Erledigung seiner Vorstellung zu hoffen.

Mit Bescheid vom 2. Februar 1998 hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Vorstellung entspreche nicht dem § 77 Abs. 2 der Burgenländischen Gemeindeordnung, wonach eine Vorstellung den Bescheid zu bezeichnen habe, gegen den sie sich richte und einen begründeten Antrag zu enthalten habe. Die Ausführungen des Beschwerdeführers seien als Hintergrundinformationen über die im gegenständlichen Bauverfahren erfolgten Vorgänge zu verstehen, nicht jedoch als Begründung einer Vorstellung, weshalb die Vorstellung als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 77 Abs. 2 der Burgenländischen Gemeindeordnung, LGBl. Nr. 37/1965 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 6/1969, ist eine Vorstellung gegen einen nach Erschöpfung des Instanzenzuges erlassenen Bescheid eines Gemeindeorganes schriftlich einzubringen, sie hat den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet und einen begründeten Antrag zu enthalten.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der hinsichtlich des Erfordernisses des begründeten Antrages gleichlautenden Regelung des § 63 Abs. 3 AVG sind ein Berufungsantrag und eine Berufungsbegründung an sich unverzichtbarer Bestandteil einer Berufung im Sinne der zitierten Bestimmung. Der (Berufungs)Antrag bezeichnet das Thema, über welches die (Berufungs)Behörde abzusprechen hat und muß sinngemäß dahin lauten, den Bescheid zu beheben oder in bestimmter Weise abzuändern (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 24. April 1990, Zlen. 89/04/0252 und 89/04/0253, sowie vom 20. August 1992, Zl. 92/06/0080). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist den Verwaltungsverfahrensgesetzen allerdings eine formalistische Auslegung der Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages fremd; es ist erforderlich, aber auch ausreichend, daß eine Berufung (hier Vorstellung), die den gesetzlichen Erfordernissen entspricht, erkennen läßt, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. November 1993, Zl. 93/06/0171, und die dort angeführte hg. Judikatur).

Der Auftrag der Baubehörden lautete auf Entfernung konsenslos errichteter Werbeanlagen und anderer konsenslos errichteter Baulichkeiten und hatte weiters die Gegenstandsloserklärung des Baugesuches zum Inhalt. Der Beschwerdeführer legte in der Vorstellung auf zwei eng beschriebenen Seiten dar, weshalb die Baubehörden seiner Ansicht nach gegen ihn nicht mit einem Beseitigungsauftrag hätten vorgehen dürfen, wenn in anderen, gleichgelagerten Fällen ein derartiges Vorgehen toleriert werde. Er führte auch aus, welche Umstände zur Zurückziehung seines ersten Baugesuches und zur Einbringung eines zweiten Baugesuches geführt hatten. Er schloß seine Ausführungen mit der Hoffnung auf eine positive Erledigung seiner Vorstellung. Damit hat der Beschwerdeführer Gründe dargelegt, mit denen er seinen Standpunkt glaubte vertreten zu können. Nur darauf kommt es bei der Beurteilung, ob ein begründeter Antrag der Vorstellung vorliegt, an. Unwesentlich ist, ob die angeführten Gründe geeignet sind, den vom Einschreiter gewünschten Erfolg herbeizuführen. Es war auch klar erkennbar, daß er die Aufhebung des Beseitigungsauftrages und der Gegenstandsloserklärung seines Baugesuches anstrebte.

Da die Vorstellungsbehörde somit zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß der Vorstellung des Beschwerdeführers kein begründeter Antrag zugrundelag, und sie ihm damit zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigerte, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1998:1998050048.X00

Im RIS seit

06.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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